Jorkis schrieb:Es wäre zumindest denkbar (siehe David Chalmers), dass es Organismen gibt, die sich exakt identisch verhalten, aber eben keine Qualia haben.
Ich bin mir da nicht so sicher. Man kann vielleicht Automaten bauen, die sich analog zu Organismen verhalten, aber solche Automaten wären dann keine Durchfluss-Systeme, die in echt Hunger hätten und deswegen essen müssten, weil sie anderenfalls sterben würden. Deswegen denke ich, dass Organismen schon von der Natur her so angelegt sind, dass sie Qualia haben und deswegen so reagieren, wie es beobachtbar ist. Sogenannte Zombies halte ich für nicht realistisch.
Jorkis schrieb:Sprich, man müsste erklären, welchen Vorteil es für einen Organismus hätte, Qualia zu haben.
Ich denke, man müsste zunächst erklären, ob Organismen ohne Qualia überhaupt hätten entstehen können. Ohne Qualia gibt es keine Innenperspektive, und ohne Innenperspektive fehlt gewissermaßen die Verankerung, um als ein Selbst nach außen hin zu wirken. Ein Bewegungsmelder z.B. reagiert zwar auf einen äußeren Reiz, aber er tut das nicht willig (und schon gar nicht freiwillig), sondern nur deswegen, weil die elektronischen Bauteile das erzwingen.
Jorkis schrieb:Jedoch ist das Problem so schwerwiegend, dass manche deshalb eine materialistische Erklärung ablehnen.
Das Problem besteht in der Nichtreduzierbarkeit von Qualia auf physikalische Wechselwirkungen, so dass sich zeigt, dass eine monistische materialistische Sichtweise hier nicht hinreichend ist. Panpsychismus ist ein Versuch, hier die Flucht nach vorn anzutreten, indem man der Materie von vornherein und generell Qualia zuordnet, was dann aber andere Probleme nach sich zieht (Kombinationsproblem z.B.).
Ein anderer Versuch ist der Substanzdualismus, der neben der materiellen Welt eine geistige Welt postuliert, die beide unabhängig voneinander existieren. Hier ergibt sich dann das Problem der Interaktion, um eine passgenaue Stimmigkeit zu erreichen, was dann zu diversen Formen von okkasionalistischen Modellen.
Einen möglichen Ausweg bietet vielleicht eine Spielart von emergentem Dualismus, bei dem über Emergenz bei hinreichender Komplexität des materiellen Substrats das Geistige entsteht und einen eigenen Wirklichkeitsbereich aufschließt, in dem dann u.a. Qualia sowie gedankliche Operationen stattfinden, die zu Willenshandlungen führen sowie im Zuge weiterer Entwicklung dann komplexere Gedankengänge abstrakterer Natur erlauben.
Damit bleibt zwar immer noch die Anbindung an ein neuronales Korrelat bestehen, aber da die geistigen Prozesse auf einer anderen Wirklichkeitsebene ablaufen, die sich nicht auf die Physis reduzieren lässt, entfällt die Notwendigkeit, diese geistigen Prozesse aus der Physis heraus erklären zu müssen. Das Gehirn liefert die materielle Unterlage für die Prozesse, die dann in der Psyche ablaufen und dort ihrer Eigendynamik unterliegen.
Diese Eigendynamik lässt sich dann zwar als Neuronenaktivität detektieren, aber nicht aus ihr ableiten und mit psychischen Inhalten füllen, da hier der Zugang nur über die Außenperspektive gegeben ist, wenn man diese Neuronenaktivität misst. Kurz: das Qualiaproblem ist aus der Außenperspektive heraus nicht lösbar, und aus der Innenperspektive heraus stets nur als Einzelfall beschreibbar, aber nicht generalisierend erklärbar.
So weit meine Ansicht zu diesem Thema.