suicidecat schrieb am 11.05.2021:Als Mensch finde ich es total in Ordnung auch mal tierische Produkte zu essen genauso wie es andere Lebewesen machen. Allerdings könnte ich keine Tiere essen bei denen ich eine soziale Bindung habe, wie zum Beispiel Menschen oder Tierarten mit denen ich aufgewachsen bin.
Also ich würde sagen, dass Du nicht generell Tiere liebst sondern dass Du bestimmte Tierarten liebst. Also Du liebst Hunde, Hamster, Wellensittiche. Die würdest Du niemals schlachten, braten, essen, das fändest Du schrecklich, weil Du ein Herz für diese Tierarten hast. Und wenn jemand das täte, fändest Du das ebenfall schrecklich, sehr abstoßend.
Aber andere Tiere isst Du gerne, gelegentlich, selten oder auch öfter. Zum Beispiel? Eine Kuh. Ein Schaf. Ein Schwein. Diese Tiere liebst Du nicht, weil sonst würdest Du sie ja nicht essen. Vielleicht hast Du eine Kuh lieb, wenn Du ihr begegnest. Aber Du hast keine emotionale Bindung, die Dir das Gefühl gibt, dass deren Schlachtung und Verspeisung etwas inakzeptables ist, was Du nicht erträgst.
Du bist also nicht tierlieb sondern zB hundelieb, katzenlieb etc... So würde ich das vielleicht beschreiben. Trifft das zu Deiner Ansicht nach und wenn nicht, inwiefern und warum?
Bei mir ist es vielleicht andersherum. Ich mag Tiere generell, aber nicht alle. Liebe - schwer zu sagen. Tierlieb würde man mich nicht nennen. Habe auch keine Haustiere. Bin da nicht so begeistert. Aber Fleisch, Fisch und Eier esse ich nicht. Neulich hatte ich vegane oder vegetarische Fischstäbchen gekauft. Sie liegen immer noch im Kühlschrank und stinken dort vor sich hin. Ich ekle mich so davor, dass ich sie nichtmal anfassen mag. Der Geruch vom Sonntagsbraten meiner Eltern - bah. Früher fand ich das lecker. Heute: Ätzend. Hat was Perverses.
Generell hat sich bei mir so ein Bewusstsein entwickelt, dass ich einfach nicht mehr verstehe, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, so ein Tier, zB eine Kuh, einfach zu töten, zerschneiden, braten und essen. Das erscheint mir so brutal, so abartig, wirklich extrem abstoßend und verstörend. Ich mache mir doch auch keine Gedanken darüber, wie wohl ein Mensch, den ich kenne, schmecken würde etc... Sicher ist eine Kuh nicht so "toll" wie ein Mensch, nicht so intelligent, vielseitig etc.. aber wenn ich vor einer stehe, ist da ein lebendiges Wesen vor mir. Es hat Augen, die mich anschauen, es atmet, es bewegt sich, offensichtlich hat es ein Bewußtsein - wie ich. Es ist also lebendig. An den Reaktionen sehe ich deutlich: Es hat Gefühle. Es bekommt vielleicht Angst, wenn es mich sieht. Und je genauer ich hinschaue, desto deutlicher sehe ich auch, das die Tiere einen Charakter haben, eine Persönlichkeit.
Einmal war da eine Kuh, die wollte Äpfel, die am Baum hingen. Irgendwie hat sie mir das signalisiert und ich habe ihr einen Apfel zugeschoben, den sie aß. Sie schaute mich dann erwartungsvoll an: Bitte mehr. Leider war ich in dem Moment nicht auf sowas eingestellt und bin weiter gelaufen. Als die Kuh das sah, konnte ich ihr ihre Enttäuschung ansehen. Sie ließ den Kopf hängen und trottete davon. Sie tat mir leid und es tat mir leid, dass ich nicht weitergemacht hatte. Einmal war ich im Zoo und betrachtete einen richtig großen Affen - ich glaube, ein Menschenaffe. Wir schauten uns an, er schaute uns an. Er stand da und schaute uns an und wir ihn. Er hinter der Scheibe und wir davor. Es fühlte sich so an, als wäre da ein Mensch vor uns in einem Affenkörper gefangen und eingesperrt. Seine Augen, sein Blick war menschlich. Und ich hatte das Gefühl, dass es ihm unangenehm war. Diese Nähe. Er schien mir so unglücklich, so enttäuscht wendete er sich ab und ging davon. Auch da war da dieses Gefühl: Ein ganz lebendiges, bewusstes Wesen, eine Präsenz, so wie bei jedem Menschen auch. Wie könnte man nur so drauf sein, so ein Wesen - ich will es nichtmal Tier nennen - zu töten und essen? Aber Menschen essen auch Affenfleisch. Und machen grausame Dinge mit diesen Geschöpfen.
Manchmal ist ein Käfer in meinem Zimmer. Ich fühle, dass das unschuldige Wesen sind. Sie sind so klein und verletzlich. Wie sie da vor sich hintapsen. Oder von Wand zu Wand fliegen mit Gebrumm. Selbst bei solchen Tieren kann ich nicht verstehen, wie man die einfach umbringen und dann aufessen kann. Die Leben doch. Die haben Augen. Die laufen, fliegen, krabbeln. Die sind doch nicht zum essen da. Wenn ich mich frage, was zum Essen da ist, dann denke ich vor allem an Früchte und Samen. Pflanzen selbst fühlen sich schon anders an. Sie sind eigentlich nicht zum essen da, sondern ihre Früchte und Samen sind es. Das ist das, was sie hervorbringen und daran sterben sie nicht, sie leiden auch nicht. Und das ist sehr nahrhaft, oftmals sehr gut für uns und teils schmeckt es auch.
Also ich bin nicht tierlieb, wirklich nicht. Aber sie sind für mich lebendige, bewusste, beseelte Wesen. Und der Gedanke, diese Geschöpfe zu töten, behagt mir nicht, noch weniger, sie zu essen. Sie wollen doch leben, oder nicht? Also ist das Liebe, ein Tier nicht töten und essen zu wollen?