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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

37 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wissenschaft, Moral, Ethik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 12:14
Die moralische Pflicht der Wissenschaft oder wenn ist, was nicht sein darf

Aus einem anderen Thread ist eine interessante private Diskussion erwachsen, die ich für eine gute Grundlage für eine Diskussion erachte. Es geht hierbei um die moralische Frage der Wissenschaft. Die grundlegende Frage lautet, was darf Wissenschaft und was darf sie nicht?

Diese Frage meine ich nicht im Kontext ethisch verwerflicher Experimente, sondern viel mehr im Lichte des reinen Erkentnisgewinns und der Verantwortung der Wissenschaft, was mit diesen Erkenntnissen passiert.

Als Beispiel möchte ich das bekannte Libet-Experiment anführen und die Fragestellung verdeutlichen. Da das Experiment bis heute für Diskussionen sorgt, bitte ich es im Geiste der 70er Jahre zu betrachten:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/neue-erkenntnisse-zur-willensfreiheit-wie-das-gehirn.976.de.html?dram:article_id=371055

Wikipedia: Libet-Experiment
„Und zwar haben sie auf eine Uhr geschaut und sollten sich den Zeigerstand der Uhr merken – das war ein Punkt, der sich ziemlich schnell gedreht hat: Wann habe ich den Ruck verspürt, den Finger zu bewegen?

Dann hat er gemessen, wann sie tatsächlich den Finger bewegt haben und hat rausgefunden: Der Ruck, den Finger zu bewegen, dieses Gefühl, jetzt will ich den Finger bewegen, hat 300 Millisekunden stattgefunden, bevor sich der Finger tatsächlich bewegt hat.

Gleichzeitig hat er noch Hirnströme gemessen, das Bereitschaftspotential, und hat herausgefunden, eine halbe Sekunde vorher – also noch einmal 200 Millisekunden vor dem Ruck – hat sich schon eine typische Veränderung dieser Hirnaktivität ergeben. Das ist dann viel diskutiert worden, weil es so wirkt, als würde das Hirn entscheiden, wann sich der Finger bewegt, und 200 Millisekunden später haben wir dann als Personen den Eindruck, wir würden den Finger bewegen wollen, aber in Wirklichkeit ist alles schon entschieden.“
Wenn wir diese Erkenntnis nun annehmen und aufgrund der Ermangelung eines Gegenarguments annehmen, dass dies wahr wäre, sind die Auswirkungen mit einer besonders großen Sprengkraft versehen. Gesellschaftlich stehen wir dann vor der Frage, ob ein Verbrecher wirklich für sein Verbrechen verantwortlich ist oder, ob dies auf unterbewusste Vorgänge zurückzuführen ist und der Täter dementsprechend seine Tat nicht aus einem freien Willen heraus begangen hat. Es stellt sich die Frage, ob man dafür nun bestraft werden kann, wenn man die Tat überhaupt nicht bewusst ausführen wollte.

Dies stellt die Rechtssprechung in diesem Fall natürlich vor einen riesigen Scherbenhaufen. So ist diese bis dato auf den freien Willen ausgelegt und darauf, dass ein Täter für seine Tat zur Rechenschaft gezogen wird.

Wir kommen also an den Punkt, wo man die Frage stellen muss, ob Libet nun die Verantwortung für den Niedergang der Rechtssprechung tragen würde, wenn es so gekommen wäre. Welche moralischen und ethischen Überlegungen muss die Wissenschaft anstellen, wenn es darum geht neue Erkenntnisse zu gewinnen? Wer trägt die Verantwortung für die beschriebenen Beobachtungen?

Vince Ebert, promovierter Diplomphysiker äußerte sich in seiner Kolumne dazu:

https://www.spektrum.de/kolumne/was-waere-wenn-wissenschaft-moralisch-waere/1551994
Die Methode der Wissenschaft ist deswegen so erfolgreich, weil sie gerade nicht an moralische Autoritäten gebunden ist und weil sie unideologisch an Fragen herangeht, deren Antworten uns vielleicht verstören oder sogar ärgern könnten. Wer dagegen eine wie auch immer geartete Moral vor den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess stellt, verhindert in letzter Konsequenz Erkenntnis. Denn er belegt die Erforschung von unliebsamen Hypothesen mit einem Tabu. Darüber hinaus sollte sich Wissenschaft auch nicht um Konsensmeinungen scheren. Wären 99 Prozent aller Mediziner der Meinung, dass der Wirkmechanismus der Homöopathie funktioniert, dann änderte diese überwiegende Mehrheit nichts daran, dass die Aussage trotzdem falsch ist. Über die Gesetze der Naturwissenschaft kann man nicht demokratisch abstimmen.
Wir gelangen also an einen Punkt, an dem die Wissenschaft nicht mehr rein rational betrachtet werden kann, sondern auch aus einem philosophischen Blickwinkel. Auf der einen Seite steht der unbedingte Drang nach neuen Erkenntnissen und auf der anderen Seite die Wirkung solcher Erkenntnisse.

Dem entgegen steht die folgende Position, vertreten durch Helmut Schmidt, ehemaliger Bundeskanzler, verfasst in der Zeit:

https://www.zeit.de/1982/25/gesellschaftliche-moral-des-wissenschaftlers
Sicher, ohne einen Politiker wie Roosevelt und seine politischen Berater – übrigens auch ohne Einsteins Ratschlag – wäre es vielleicht nicht zur Anwendung der Atombombe gekommen. Aber ohne Otto Hahn und Lise Meitner und ohne andere Wissenschaftler hätte auch der Politiker nicht die Möglichkeit gehabt, eine derartige Waffe in seine Pläne und in sein tatsächliches Handeln hineinzunehmen.

Keiner von beiden, weder der Politiker noch der Wissenschaftler, kann die Verantwortung auf den anderen abschieben. In der Verantwortung hängen sie vielmehr unauflöslich ineinander. Beiden scheint es auf manchem Gebiet so zu gehen wie dem Zauberlehrling, dem die Kontrolle über den wundertätigen Besen entglitten ist. Nun wird der Besen zum Unheil, und niemand hatte es gewollt.
Ich denke ich treffe auf Zustimmung, wenn ich sage, dass die Welt ohne Atombombe eine bessere wäre. Was würden wir Einstein und dem Rest der Forschungsgruppe also sagen, wenn wir vor Ort gewesen wären? "Behaltet dieses Wissen bitte bitte für euch. Es wird unserer Gesellschaft nicht gut tun".

Ich will nun natürlich kein ellenlanges Essay zur Thematik verfassen, sondern viel mehr etwas Input für eine Diskussion liefern. Was glaubt ihr? Was ist wichtiger? Der Erkenntnisgewinn oder der Schutz der Gesellschaft? Muss Wissenschaft sich mit diesen moralischen Fragen auseinandersetzen oder liegt die Frage, was aus dem Wissen gemacht wird nicht beim Wissenschaftler? Wie sollten wir mit Ergebnissen verfahren, die unser Gemeinwohl gefährden? Es geht mir nicht primär um Libet oder Einstein, sondern eher um die fundamentale Frage nach der Moral der Wissenschaft.

Ich hoffe auf eine spannende Diskussion.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 12:22
Beispiel: Die Wissenschaft (bzw. ein paar Wissenschaftler) findet heraus, das im Jahr 2025 die Welt tatsächlich und im Wortsinne untergeht. SpoilerDas hat natürlich nichts mit einem obskuren Maya-Kalender zu tun :troll:

Es handelt sich um einen tatsächlichen Fakt, da gibt es keine Grauzone mehr. Nun könnte dieses Ergebnis publiziert werden.
Oder eben nicht, um keine anhaltende Massenpanik auszulösen.

Geht es dir um diese Moral?

Meine Meinung: Wissenschaft sollte, noch mehr als Satire, ausnahmslos alles dürfen. Auch wenn es vielleicht nicht immer schmeckt.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 12:32
Zitat von KFBKFB schrieb:Es handelt sich um einen tatsächlichen Fakt, da gibt es keine Grauzone mehr. Nun könnte dieses Ergebnis publiziert werden.
Oder eben nicht, um keine anhaltende Massenpanik auszulösen.

Geht es dir um diese Moral?
Ganz genau. Auch ein gutes Beispiel. Wenn der unumstößliche Weltuntergang bevorsteht würden die Leute sehr wahrscheinlich marodierend um die Häuser ziehen. Man würde besser fahren, wenn man es nicht weiß.
Zitat von KFBKFB schrieb:Meine Meinung: Wissenschaft sollte, noch mehr als Satire, ausnahmslos alles dürfen. Auch wenn es vielleicht nicht immer schmeckt.
Also wärst du dafür, dass der Untergang der Welt veröffentlicht wird?


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 12:35
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Man würde besser fahren, wenn man es nicht weiß.
Sicherlich, global betrachtet wäre das eine sinnvollere Entscheidung.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Also wärst du dafür, dass der Untergang der Welt veröffentlicht wird?
Ja, aus rein egoistischen Gründen allerdings.



Randnotiz: Gehört dieser Thread nicht eher noch in die Rubrik Philosophie?


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13.02.2019 um 12:40
Wenn ein Verbrecher keine Verantwortung tragen könnte, könnte es keiner. Also hat man dem Richter auch nichts vorzuwerfen. Die Dinge geschähen so wie sie einfach müssten. ^^


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 14:33
Zitat von AtroxAtrox schrieb:
weil es so wirkt, als würde das Hirn entscheiden, wann sich der Finger bewegt, und 200 Millisekunden später haben wir dann als Personen den Eindruck, wir würden den Finger bewegen wollen, aber in Wirklichkeit ist alles schon entschieden.
Na ganz so würde ich das nicht bewerten, denn wissenschaftlich betrachtet SIND wir ja unser Gehirn und das unser Hirn sich ne kleine Bedenkzeit lässt um ggf eine Erinnerung abzurufen, die uns davor schützt den Finger nochmal auf einer heiße Herdplatte abzulegen ehe der Bewegungsimpuls erst als psychomotorische und dann tatsächliche Bewegung freigegeben wird ist meiner Ansicht nach keine Schmälerung des "freien Willen", sondern eine evolutionär installierter Schutzmechanismus den nicht nur der Mensch hat, er lässt sich lediglich beim Menschen am ehesten unter Laborbedingungen messen.

Sieht man auch gut bei meinem Mann.
Aus genetischen Gründen hinterlasse ich selbst keine Fingerabdrücke und obwohl ich keinen Putzfimmel habe hasse ich Fingerpatscher auf meinem Monitor wie die Pest.
Wenn er mir am Rechner was erklärt, dann sieht man genau wie seine Finger zucken, aber sein Gehirn weiß eben "Du möchtest die Finger behalten" und deswegen stoppen sie vor meinem Monitor.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Gesellschaftlich stehen wir dann vor der Frage, ob ein Verbrecher wirklich für sein Verbrechen verantwortlich ist oder, ob dies auf unterbewusste Vorgänge zurückzuführen ist und der Täter dementsprechend seine Tat nicht aus einem freien Willen heraus begangen hat.
...
Dies stellt die Rechtssprechung in diesem Fall natürlich vor einen riesigen Scherbenhaufen.
Keineswegs.
Warum denn glaubst Du wird grade bei schweren Straftaten juristisch ein erheblicher Unterschied gemacht zwischen einem lange und ausführliche geplantem Verbrechen bei dem ggf sogar das Motiv noch besonders bescheuert und niederträchtig war und Straftaten die ohne diese gründliche Überlegung, Planung, Miteinbeziehung möglicher Folgen und Nebeneffekte abgelaufen ist, sondern extrem Zeitnah durch einen massiven Stimulus ausgelöst und ohne weiterreichenden Denkprozess ausgeführt wurde.
Man spricht dann von einer Affekthandlung und wenn diesbezüglich kein nennenswerter Zweifel besteht wird die Tat vollkommen anders beurteilt und bestraft ein Vergehen, dass lange und gründlich durchdacht, geplant und auch über einen längeren Zeitraum hindurch durchgeführt wird.

Nichts Scherbenhaufen, sondern altbekannte Fakten die bei der Beurteilen von Straftätern auch nicht erst seit gestern eine erhebliche Rolle spielen.

Hinzu kommen dann ja noch einmal separat Fragen wie ob nicht irgendwelche Beeinträchtigungen oder sogar eine Unzurechnungsfähigkeit vorliegt, die Schuldfähigkeit also hinterfragt werden muss ob sie nicht vermindert oder etwa gar nicht vorhanden ist.

Lange Rede kurzer Sinn:
Ich denke die Erkenntnis, das nicht jede Handlung einem vergleichbaren Planungsausmaßunterliegt, Absichten unterschiedlich sind und auch Erwachsene durch bestimmte Auslöser zu Handlungen greifen können die sie bereits Minuten später selbst als falsch einstufen findet in unserem Strafrecht bereits sehr umfassende Beachtung.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Wir kommen also an den Punkt, wo man die Frage stellen muss, ob Libet nun die Verantwortung für den Niedergang der Rechtssprechung tragen würde, wenn es so gekommen wäre.
Dem wäre auf keinen Fall so.
Er hat Reaktionsmuster von Fingerbewegungen untersucht.
Das nennt man Grundlagenforschung und die ist wie Vince Ebert bereits sagt immer wertfrei.
Oft sind die Ergebnisse nicht einmal harte Fakten, sondern nur Thesen die Ansätze zur Weiterforschung geben.
Das führt leider auch dazu, dass Populärwissenschaft durchaus in die Irre leiten kann, wenn ein mündiger Mensch die Ergebnisse zwar in sein Wissen aufnimmt, weils interessant ist (oder als Grundbildung angesehen wird) aber selbst mit dem Wissen, dass ein Ergebnis bereits viele Jahre alt ist nicht prüft was andere Wissenschaftler im Ausblick daraus gemacht haben.

Jeder von uns kennt den Pawlowschen Hund, meist aus der Schule.
Da hat man dieses (sehr alte) Experiment so verkürzt und vereinfacht dargestellt, damit es geeignet ist als Beispiel für Konditionierung genutzt zu werden.
"Hund wird in der Konditionierungsphase immer gefüttert kurz nachdem eine Glocke bimmelt, nach einer Weile verknüpft er die Glocke so unweigerlich mit Futter, dass sein Speichelfluss immer angeregt wird wenn die Glocke bimmelt, selbst wenn es gar kein Futter gibt -> Konditionierung."

Klingt simpel. Liest man aber ein Buch, belegt einen Leistungskurs in Biologie oder studiert ein Fach das sich solchen Dingen widmet taucht plötzlich ein vollkommen neuer Begriff am Horizont auf:
"Appetenz".
Pawlow hatte niemals vor den abschließenden Beweis für Konditionierung zu erbringen.
Er war ein Grundlagenforscher, der sich auf das System der Wissenschaft verlassen hat und dem gebietet das seine Ergebnisse, sofern sie als bedeutsam angesehen werden von anderen Wissenschaftlern nicht nur reproduziert sondern auch hinterfragt und weiterentwickelt werden.

Es ist also nicht Pawlows Schuld, dass jeder zu wissen glaubt die Glocke ließe jeden konditionierten Hund lossabbern.
Es ist ein normaler Vorgang in der Wissenschaft, dass umfassend belegt wurde, dass das Ganze nicht funktioniert, wenn der Hund gar keinen Hunger hat, die Appetenz fehlt.
Zu diesem Schluss konnte er selbst auch gar nicht kommen, weil er mit einer Spezies gearbeitet hat bei der die Situation "hat keinen Hunger/keinen Bock auf Futter" nicht regelmäßig genug auftritt um sich im Versuch abzuzeichnen.

Aber deswegen enthält ja auch jedes Paper das einen solchen Versuch beschreibt nicht nur Beschreibungen von Versuch, Aufzählungen und Auswertungen der Ergebnisse, sondern stets auch eine Diskussion und einen Ausblick in dem bereits vom Versuchsleiter selbst eingebracht wird wo noch weiterer Forschungs- bzw Klärungsbedarf ist und welche Ergebnisse auch anders interpretiert werden könnten, würde man die Studie minimal öffnen.
Noch darüber hinaus "Prüfstudien" zu erstellen steht jedem Wissenschaftler frei und nur diese Gesamtheit macht die Unabhängigkeit der Wissenschaft von "gut" und "böse" überhaupt erst möglich.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Wir gelangen also an einen Punkt, an dem die Wissenschaft nicht mehr rein rational betrachtet werden kann
Dem kann ich nicht zustimmen.
Wissenschaft muss rational betrachtet werden, sonst handelt es sich nicht um Wissenschaft, also zumindest wenn wir von Naturwissenschaft reden, wie die Geisteswissenschaften das handhaben weiß ich nicht.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Ich denke ich treffe auf Zustimmung, wenn ich sage, dass die Welt ohne Atombombe eine bessere wäre. Was würden wir Einstein und dem Rest der Forschungsgruppe also sagen, wenn wir vor Ort gewesen wären?
Wir hätten
1. ihm einen Vortrag über den "Beifahrereffekt" halten können, denn keiner von uns weiß ob Einstein all das je veröffentlicht hätte, wäre ihm der "Ausgang" bekannt geworden
und hätten uns im Gegenzug von ihm
2. erklären lassen dürfen, dass die Menschheit eine Gefahr KENNEN muss um sie absichtlich zu meiden.
Einstein hat niemandem einen Bauplan für eine Atombombe verkauft.

Er hat physikalische Tatsachen ausgearbeitet, einen Fehler richtig gestellt:
"Atom" bedeutet nämlich "nicht teilbar". Nicht nur Bomben, auch Atomkraftwerke, atomare Antriebe usw haben seine Aussage, dass das falsch ist bestätigt und gleichzeitig wussten die Menschen die die Atombomben bauten was für einen Schaden sie anrichten würden, ebenso wie die Entscheidung Atome zu teilen um Strom zu gewinnen fiel als es immer mehr Nachfrage nach Elektrizität gab, aber wenig Angebote und unterm Strich hat die Deckung dieses Angebotes viel dazu beigetragen, damit das Informationszeitalter in dem wir heute leben überhaupt nur möglich wäre.
Einstein wäre begeistert, wenn er hätte miterleben dürfen, dass Menschen weltweit vernetzt sind und Informationen austauschen können, dass Wissen zu erlangen nicht mehr in dem ihm noch gut bekanntem Umfang von dem Geld abhängt, dass eine Familie für die Bildung ihrer Kinder auf den Tisch legen kann.

3. Was hättest Du geantwortet, wenn Einstein Dich gefragt hätte was Du für wahrscheinlicher hältst:
- 1. das JEDE Nutzung von Atomkraft, egal ob positiv oder negativ niemals existiert hätte (das schließt übrigens die Nuklearmedizin ebenso ein wie die Atombombe), nur weil EIN cleverer Wissenschaftler sich entschieden hätte seine Erkenntnisse nicht zu veröffentlichen.
oder
2. Wenn er nicht veröffentliche hätte, was dazu geführt hat, dass auch die Risiken zumindest erwähnt wurden und dann halt Jahre später ein weniger begabter Physiker mal auf gut Glück irgendwas zusammengebastelt und damit aus Versehen die halbe Erde weggesprengt hätte?
Einsteins Erkenntnisse waren ein Ausgangspunkt für die Atombombe, das ist korrekt.
Aber man betrachte nur einmal den kleinen Vorfall im Bikini Atoll.
Ein "einfacher Test", der eine Insel und paar Testobjekte umfassen sollte hat ein komplettes Atoll unbewohnbar gemacht und weit über den geplanten Rahmen hinaus "gerumpelt", weil die Konstrukteure bescheuert genug waren die Berechnungen und vorhersagen mit einem ANDEREN Isotop zu machen als dann bei der Zündung eingesetzt wurde.

Wenn solche "Fehler" schon aufgetreten sind obwohl ein Herr Einstein sehr umfassend und objektiv darauf aufmerksam gemacht hat wovon wir da sprechen und was da alles mit reinspielt usw....
Dann darf man durchaus die Frage stellen was passiert wäre, wenn er sich zum Schweigen entschieden hätte und ein weniger kluger Wissenschaftler, der ggf sogar noch weniger unabhängig gewesen wäre sondern klarere Instruktionen in Sachen "Erfinde mal ne coole Waffe." gehabt hätte einfach mal rumprobiert hätte...

Heute haben wir das Privileg die Bomben auf Hiroshima und Nagasaki übel zu finden, hätte irgendein Spinner einfach mal rumprobiert hätte es "Fat Man" vielleicht gar nicht gegeben, weil "Little boy" mal eben grad Japan eingeebnet hätte oder es bereits nach vorherigen Tests die "Weltmacht USA" gar nicht mehr gegeben hätte, incl beträchtlicher Landmassen.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Der Erkenntnisgewinn oder der Schutz der Gesellschaft?
Wie schützt man eine Gesellschaft vor einer Gefahr die man nicht benennt und ausführlich erklärt?

Würdest Du wirklich lieber sagen "Da kommt eine Sonnenfinsternis, bitte geht ALLE in Eure Wohnungen und schaut auf KEINEN Fall in den Himmel?"
Oder lieber:
"Genießt, dieses beeindruckende Naturschauspiel, aber schützt nicht nur Eure eigenen Augen mit einer entsprechenden Brille sondern auch die Eurer Kinder und warnt auch jeden, den ihr ohne Brille sehr, weil er diese Warnung nicht mitbekommen bzw nicht verstanden hat."
?
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Wenn der unumstößliche Weltuntergang bevorsteht würden die Leute sehr wahrscheinlich marodierend um die Häuser ziehen. Man würde besser fahren, wenn man es nicht weiß.
Das ist Deine Meinung.
Es wäre auch möglich, dass sie Gedanken haben wie:
"Wir sollten dringend mal mit nem Kuchen und ner Flasche Saft zu unseren Nachbarn gehen.. seit Jahren zerren wir einander vor Gericht wegen Zaunfarben und Pflastersteinen, die 1cm auf unser Grundstück ragen, nutzen wir es, dass wir erkennen durften WIE unwichtig all dieser Mist ist und biegen das grade, ehe es zu spät ist.
Vielleicht stünden massenweise überarbeite Manager in Obdachlosenheimen und würden Essen ausgeben, weil ihnen die Überlegung, dass der Manager der Konkurrenz sich in genau 4 Monaten ein noch geileres Auto kaufen wird und man unbedingt vorher ein noch geileres Modell haben muss im Anbetracht so richtig echter Problematiken ggf endlich mal ausreichend bescheuert erscheint.

Ich vermute stark das es Beides gäbe, die, die dringend noch mal eben den Erzfeind um die Ecke bringen oder das Protzhaus eines bösen Bonzen stürmen "müssen".
Aber auch mehr als genug Menschen die zusammenrücken und sich Ärgern, das nicht bereits vor langer Zeit getan zu haben.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Also wärst du dafür, dass der Untergang der Welt veröffentlicht wird?
Ich definitiv.
Nicht nur, weil man sonst Menschen die Möglichkeit nimmt frei zu entscheiden was sie mit der Restzeit machen möchten.
Menschen sind vielschichtig und nur weil einige ausflippen, marodieren oder, oder, oder hat niemand das Recht die gesamte Menschheit zu entmündigen.

Außerdem lehrt uns die Erfahrung eins (und widerlegt gut 90% aller Verschwörungstheorien).
Solche Dinge lassen sich nicht geheim halten.
Irgendwer quatscht IMMER und dann passiert zwangsläufig etwas das so oft viel üblere Folgen hat als die Veröffentlichung einer unangenehmen Tatsache:

Aus Panik, Halbwissen und falsch verstandenen Schilderungen entstehen Gerüchte, die zu einer Panik und ggf gar einer Hetzjagd auf irgendwelche Sündenböcke führen.
Und SOWAS pfeift niemand mehr zurück, auch nicht durch die Entscheidung doch noch die gesamten Fakten publik zu machen.
Der Zug ist dann abgefahren.

Aus Unwissenheit ist noch nie etwas Gutes entstanden und ob Menschen Wissen für etwas Gutes oder Schlechtes nutzen, dass lässt sich nie vorher sagen und nur sehr bedingt kontrollieren.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 15:58
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Ganz genau. Auch ein gutes Beispiel. Wenn der unumstößliche Weltuntergang bevorsteht würden die Leute sehr wahrscheinlich marodierend um die Häuser ziehen. Man würde besser fahren, wenn man es nicht weiß.
Warum? Spielt doch keine Rolle.

Wenn es überhaupt keine Chance zum Erhalt von irgendwas gibt, verfliegt jegliche Verantwortung.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Also wärst du dafür, dass der Untergang der Welt veröffentlicht wird?
Definitiv.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 16:17
Zitat von KFBKFB schrieb:Meine Meinung: Wissenschaft sollte, noch mehr als Satire, ausnahmslos alles dürfen. Auch wenn es vielleicht nicht immer schmeckt.
Die Meinung teile ich gar nicht, obwohl ich sehr rational bin und sehr die Errungenschaften der Wissenschaft schätze.
Wir sind in einer technischen Entwicklung angelangt, in der wir ernsthaft überlegen müssen, ob die Grenze alleine die Wissenschaft oder die Moral fest legt. Sollte ich den Supervirus erschaffen, weil ich es kann?
Eine schwierige Frage, aber eine, die ich für mich damit beantworte, dass inzwischen moralische Erwägungen mit eine Rolle spielen müssen.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 16:21
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Sollte ich den Supervirus erschaffen, weil ich es kann?
Die Frage ist doch nicht "soll" sondern "darf". Wenn du es kannst, darfst du auch. Ob du es solltest, ja, das hängt von deiner moralischen Überzeugung ab.


Edit: Außer es werden Gesetze geschaffen, morden könntest du ja auch aber darfst du nicht.

Frage: Wenn dein Supervirus eine kleine Chance mit sich bringt, der Schlüssel zu einem Bündel Krankheiten zu sein; dann erschaffen oder lieber doch nicht wegen der falschen Hände in die er geraten könnte?


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 16:23
Zitat von KFBKFB schrieb:Die Frage ist doch nicht "soll" sondern "darf". Wenn du es kannst, darfst du auch.
Ich meinte damit "dürfen". Nein, Wissenschaft darf nicht alles. Sie muss sich wie alles andere moralischen Erwägungen unterwerfen.


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13.02.2019 um 16:34
Zitat von KFBKFB schrieb:Frage: Wenn dein Supervirus eine kleine Chance mit sich bringt, der Schlüssel zu einem Bündel Krankheiten zu sein; dann erschaffen oder lieber doch nicht wegen der falschen Hände in die er geraten könnte?
Na ja, das ist eben die Frage der moralischen Abwägung. Erschieße ich den Bankräuber, um die Geisel zu retten? Werfe ich eine Atombombe auf eine Stadt, um Menschen zu retten?
Diese Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten.

Wir sind aber an einem Punkt angelangt, an dem wissenschaftliche Erkenntnis zwar gewaltigen Nutzen bietet, aber auch gewaltige Gefahren. Und wir müssen Risiken und Nutzen - letztlich im Einzelfall - gegeneinander abwägen.
Das Beispiel mit dem Virus ist extrem. Ein Virus könnte in der heutigen Zeit die allermeisten Menschen töten, egal, ob er nun bewusst oder durch einen Unfall verbreitet wird.
Da würde z.B. ein enormer Schaden einem möglicherweise nur geringem Nutzen gegenüber stehen. Selbst wenn man mit der Entdeckung dieses Virus Alzheimer heilen könnte, was sicher eine phantastische Leistung wäre, so erkauft man sich diesen Nutzen mit einer enormen potentiellen Gefahr.

Wir können sicherlich diverse Einzelfälle diskutieren. Aber generell kann es in meinen Augen keine absoluten Werte geben, die immer gelten. Es kann keine schrankenlose Meinungsfreiheit geben, keine schrankenlose Kunstfreiheit und keine schrankenlose wissenschaftliche Freiheit.
Denn Wissenschaft ist kein Selbstzweck. Sie sollte die Menschheit weiter bringen und ihr dienen.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 17:34
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Wir sind aber an einem Punkt angelangt, an dem wissenschaftliche Erkenntnis zwar gewaltigen Nutzen bietet, aber auch gewaltige Gefahren. Und wir müssen Risiken und Nutzen - letztlich im Einzelfall - gegeneinander abwägen.
Das Beispiel mit dem Virus ist extrem. Ein Virus könnte in der heutigen Zeit die allermeisten Menschen töten, egal, ob er nun bewusst oder durch einen Unfall verbreitet wird.
Da würde z.B. ein enormer Schaden einem möglicherweise nur geringem Nutzen gegenüber stehen. Selbst wenn man mit der Entdeckung dieses Virus Alzheimer heilen könnte, was sicher eine phantastische Leistung wäre, so erkauft man sich diesen Nutzen mit einer enormen potentiellen Gefahr.

Wir können sicherlich diverse Einzelfälle diskutieren. Aber generell kann es in meinen Augen keine absoluten Werte geben, die immer gelten. Es kann keine schrankenlose Meinungsfreiheit geben, keine schrankenlose Kunstfreiheit und keine schrankenlose wissenschaftliche Freiheit.
Denn Wissenschaft ist kein Selbstzweck. Sie sollte die Menschheit weiter bringen und ihr dienen.
Word. Ein anderes ganz klassisches Beispiel wäre da auch die Stammzellforschung um der schon seit etlichen Jahren eine ethische Kontroverse tobt.

In dieser steht zumeist das Pro und Contra, zwischen der Zerstörung bzw. Tötung von frühen menschlichen Embryonen und der irgendwann daraus erhofften Heilung schwerer Krankheiten wie Parkinson, Diabetes oder Querschnittlähmung, im Mittelpunkt sowie auch, daß man zerstörte oder beschädigte Organe mittels Stammzelltherapie irgendwann wieder nachwachsen lassen kann. Von möglichen Risiken und Nebenwirkungen für die Behandelten jetzt mal abgesehen.

Bei der Behandlung verschiedener Krebserkrankungen finden im Übrigen bereits heute schon Stammzelltransplantationen statt.

Ähnlich heiß diskutiert werden auch die Grenzen der Gentechnik, sowohl was die Anwendung bei Tieren und Nutzpflanzen wie auch in der Medizin betrfft. Auch um das Thema künstliche Intelligenz gibt es viele (nicht ganz unberechtigte) Befürchtungen auf verschiedenen Ebenen, nicht nur was z.B. die Bescheidung privater Daten oder die gezielte (subtile) Manipulation von Internetnutzern via Algorithmen hin zu einem gewünschten Konsumverhalten betrifft, sondern auch im Hinblick auf die rasenden Entwicklungsfortschritte und der damit verbundenen Frage, ab wann der "Schöpfer" eigentlich noch sein "Geschöpf" oder das "Geschöpf" bereits seinen "Schöpfer" kontrolliert.

Es gibt sicherlich noch viele weitere Beispiele, auch aus der Wissenschaftsgeschichte, das würde hier allerdings wohl den Rahmen sprengen. Ein sehr spannendes und kontroverses Thema ist es jedoch nach wie vor. Wenn nicht aktuell sogar mehr denn je.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 18:17
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Diese Frage meine ich nicht im Kontext ethisch verwerflicher Experimente, sondern viel mehr im Lichte des reinen Erkentnisgewinns und der Verantwortung der Wissenschaft, was mit diesen Erkenntnissen passiert.
Verwerfliche Experimente können eine Folge der Erkenntnisse sein. Auch Wissenschaftler sind Menschen und wie jeder Mensch haben auch sie gute und schlechte Eigenschaften, bzw. Gutes, oder eben auch Schlechtes im Sinn. Profitgier könnte durchaus eine Rolle spielen. Ihnen per se hehre Ziele zu unterstellen, halte ich für äußerst gewagt

Die Wissenschaft könnte eventuell bald Menschen erschaffen, ganz ohne biologische Erzeuger. Ein bisschen Stammzellen hier, ein bisschen Stammzellen da und fertig ist der Genmix Mensch aus dem Reagenzglas. Super und nun? Wem gehört dieser Mensch? Wird dieser Mensch direkt sein eigener Herr sein? Wo ist die Grenze? Die Wissenschaft könnte dann doch auch gleich Hybride nach dem Vorbild griechischer Mythologie erschaffen.
Warum nicht Menschen optimieren für diverse Zwecke, nach dem Vorbild von Huxley's schöne neue Welt. Genetischer Mischmasch für Sklavenarten, Mechaniker, Haushaltshilfen und damit alles einwandfrei funktioniert, eine elitäre Kaste.
Sollte sich Wissenschaft damit befassen? Geht doch schließlich nur um Erkenntnisgewinn und ob man überhaupt könnte. Kann ja die Wissenschaft nichts für, wenn es irgendwer tatsächlich macht, oder?
Auch die Kernspaltung diente nur dem Erkenntnisgewinn. Ich hoffe die Opfer von Hiroshima und Nagasaki wissen den Erkenntnisgewinn ausreichend zu würdigen. @fed ich kenne Deine Meinung zu. Wir hatten diese Unterhaltung schon vor Jahren. Lass und das bitte nicht wiederholen :D

Man könnte auch gleich erforschen, ob Rassismus genetisch veranlagt ist. Dann auch im gleichen Atemzug auch ob tatsächlich „rassische“ Unterschiede zwischen Ethnien existieren. Mensch gleich Mensch, oder Mensch gleich Unmensch? Auch hier geht es im Grunde doch nur um den Erkenntnisgewinn. Doch wer gewinnt denn wirklich von solchen Erkenntnissen? Ich nicht und wahrscheinlich auch 99,9% der Menschheit nicht, aber die Wissenschaftler haben an Erkenntnis gewonnen. Und was bringt die Erkenntnis nun? Was wenn diese Erkenntnisse nach dem Prinzip des Ahnenerbe verwendet werden? Was wenn die Wissenschaft damals schon so weit gewesen wäre, derartige Erkenntnisse zu gewinnen? Wäre sie frei jeglicher moralischer Verwerfung nachdem die Erkenntnisse zur Rechtfertigung von Massenmorden verwendet worden wären? Gab es eben schon.

Medizinische Experimente am Menschen, wie Lobotomie, oder Konditionierung durch Stromschläge, Wissenschaft eben. Erkenntnisgewinn ist natürlich durchaus möglich, aber auch zu jedem Preis und frei jeglicher moralischer Verantwortung?


———————-
Ob ich den Tag des Weltunterganges weiß, die Welt wird dennoch untergehen. Von daher kann ich es auch wissen. Deswegen halte ich das Beispiel leider für schlecht gewählt :D


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 20:44
Zitat von FedaykinFedaykin schrieb:
Atrox schrieb:
Also wärst du dafür, dass der Untergang der Welt veröffentlicht wird?
Definitiv.
Mal ganz abgesehen von meinem Einwand, dass die Veröffentlichung auch zu positiven Wendungen führen könnte und bei sowas eh nie alle zuverlässig die Schnauze halten, die Tatsachen zu präsentieren also sinnvoller ist als zuzuschauen wie sich Halbwahrheiten und Annehmen per Stille Post durch die Bevölkerung fressen, füge ich die Frage hinzu wer eigentlich das RECHT hätte dem Rest der Menschheit eine solche Info vorzuenthalten.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Sollte ich den Supervirus erschaffen, weil ich es kann?
Wenn Du darlegen kannst, dass die Erschaffung dieses Virus zu sinnvollen Erkenntnissen führen könnte und möglicherweise z.B. zur Entwicklung neuer Impfverfahren beitragen würden, dann könnten die entsprechenden Stellen die Du um Erlaubnis fragen musst, durchaus ihre Zustimmung geben.
Selbstverständlich vorausgesetzt Du verfügst über die notwendigen Abschlüsse und Berechtigungen usw und hast einen Arbeitsplatz in einem Institut, dessen Struktur nicht nur dazu geeignet ist während der Entwicklung das Unfallrisiko zu minimieren, sondern auch sicherzustellen, dass unbefugter Zugriff ausgeschlossen ist und alle sonstigen Auflagen (und das sind NICHT wenige) erfüllt sind.
Diese Genehmigung bedeutet allerdings immer noch nicht, dass Du auch jemanden findest der den Spaß finanziert.
Also _etwas_ komplizierter und vor allem reglementierter als manch einer sich das hier vorstellt ist das Ganze dann doch.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Eine schwierige Frage, aber eine, die ich für mich damit beantworte, dass inzwischen moralische Erwägungen mit eine Rolle spielen müssen.
Was Du moralisch für Dich entscheidest ist aber Dein Bier.
Staatsanwalt und Richter wird es so gar nicht beeindrucken, wenn Du ihnen vorträgst, dass Du Dir moralisch eingehend Gedanken gemacht hast, bevor Du in Deinem Keller mal eben so ein Supervirus zusammengepanscht hast.
Die interessiert ob Du das durftest und Dich an die Richtlinien gehalten hast.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Werfe ich eine Atombombe auf eine Stadt, um Menschen zu retten?
Diese Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten.
Also ich lasse mich seltenst zu Pauschalaussagen hinreißen, aber das man keine Menschen rettet indem man eine Atombombe auf eine Stadt wirft ist tatsächlich etwas das ich mal pauschal behaupten würde.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Das Beispiel mit dem Virus ist extrem. Ein Virus könnte in der heutigen Zeit die allermeisten Menschen töten, egal, ob er nun bewusst oder durch einen Unfall verbreitet wird.
Da würde z.B. ein enormer Schaden einem möglicherweise nur geringem Nutzen gegenüber stehen. Selbst wenn man mit der Entdeckung dieses Virus Alzheimer heilen könnte, was sicher eine phantastische Leistung wäre, so erkauft man sich diesen Nutzen mit einer enormen potentiellen Gefahr.
Deswegen besteht eine anständige Risikokalkulation ja auch nicht nur aus der Frage "Welcher mögliche Nutzen steht welchem möglichem Schaden gegenüber?" sondern die Höhe der möglichen Eintrittswahrscheinlichkeit von Erfolg UND vor allem möglichem Schaden sind fundamentale Anteile dieser Abwägung.
Zitat von LibertinLibertin schrieb:Ein anderes ganz klassisches Beispiel wäre da auch die Stammzellforschung um der schon seit etlichen Jahren eine ethische Kontroverse tobt.

In dieser steht zumeist das Pro und Contra, zwischen der Zerstörung bzw. Tötung von frühen menschlichen Embryonen und der irgendwann daraus erhofften Heilung schwerer Krankheiten
Das hin- und her hab ich nie verstanden...
Wir sprechen ja hier in aller Regel von "Embryonen" die weit jünger sind als die, die noch legal abgetrieben werden dürfen und über die seltsame "Moral", dass Stammzellgewinnung aus Schwangerschaftsabbrüchen ebenfalls in den Köpfen irgendwelcher Menschen verwerflich ist.
Also Embryonen (und wir reden hier absichtlich von "Stammzellhaufen" und nicht von "kleinen Menschen") als medizinischen Abfall zu entsorgen ist moralischer als sie in der wissenschaftlichen Forschung zu verwenden.
Den Sinn hab ich noch nie verstanden.
Zitat von LibertinLibertin schrieb:Von möglichen Risiken und Nebenwirkungen für die Behandelten jetzt mal abgesehen.
Das hat man bei jeder wirksamen Therapie und grade Patienten mit degenerativen Nervenerkrankungen dürften im Schnitt ein höheres Verständnis für Nebenwirkungen haben als jemand mit einem milden Heuschnupfen.
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Verwerfliche Experimente können eine Folge der Erkenntnisse sein.
Dafür kann dann aber doch der Grundlagenforscher der über diese Erkenntnisse gestolpert ist nichts.
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Ich hoffe die Opfer von Hiroshima und Nagasaki wissen den Erkenntnisgewinn ausreichend zu würdigen.
Das ist eine andere Frage, man kann zumindest nicht behaupten, das Japan zu den Ländern gehört, die Gewinnung und Nutzung von Atomenergie (gleiche Erkenntnisgrundlage) über die Maßen ablehnen.
Geht man Zeitzeugenberichte durch, dann sind die Opfer nicht so gut zu sprechen auf den guten Truman, der die Ausradierung zweier Städte angeordnet hat, aufgrund der japanischen Einstellung gegenüber Militär und Gehorsam was Befehle angeht sind aus europäischer Sicht sehr wenige "sauer" auf die Bomberpiloten, die (wenn man einen anderen Blick auf Militätstrukturen hat) hätten sagen müssen "Sorry, aber das mach ich auf gar keinen Fall, eine Bombe abwerfen, die die Differenzierung zwischen militärischen und zivilen Zielen von vorn herein vollkommen unmöglich macht."
Ein erstaunlich hoher Anteil sieht eine hohe Verantwortung beim Kaiser, der einfach mal "zu blöd" war um zu kapitulieren obwohl bereits jeder wusste, dass die Sache gelaufen ist (und Kritik am Kaiser ist in der japanischen Kultur auch nicht grade weit verbreitet).

Von Zeitzeugen aber, die Albert Einstein und Co für die Grundlagenforschung an den Pranger stellen habe ich bisher nichts gehört.

Dann müsste man Grundlagenforschung auch komplett verbieten.

Einstein war an dem Erkenntnisgewinn beteiligt, dass die namensgebende Eigenschaft, das ein Atom unteilbar sei falsch ist und das bei der Spaltung und bestimmter Reaktionen Energie u.A. in Form von Wärme entsteht.

Diese Grundlagenerkenntnis macht ihn aber weder zum Teilhaber aller je erbauten Kernkraftwerke noch weist sie ihm eine Mitschuld an der Nutzung für Waffenzwecke zu.
Er hat da nichts "erfunden" oder "entwickelt" sondern eine physikalische Tatsache beschrieben die in unserem Universum nun einmal so ist.
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Dann auch im gleichen Atemzug auch ob tatsächlich „rassische“ Unterschiede zwischen Ethnien existieren.
Das ist grade u.A. in der Physiologie und der Evolutionsbiologie durchaus nicht uninteressant.
Genetische Abweichungen wie z.B. die, die es gewissen Stämmen der Urbevölkerung im Himalaja ermöglicht in Höhen zurecht zu kommen die für unsereins selbst mit viel "Gewöhnung" kaum zu überstehen sind sind durchaus interessante Erkenntnisse, wenn man zumindest teilweise aufklären möchte wie unsere Spezies sich über den Globus verteilen und dabei derart umfassend anpassen konnte, denn das ist in diesem Umfang keiner einzigen anderen Spezies gelungen.
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Auch hier geht es im Grunde doch nur um den Erkenntnisgewinn. Doch wer gewinnt denn wirklich von solchen Erkenntnissen?
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:ch nicht und wahrscheinlich auch 99,9% der Menschheit nicht, aber die Wissenschaftler haben an Erkenntnis gewonnen. Und was bringt die Erkenntnis nun?
Du erwartest nicht wirklich, dass jeder Wissenschaftler vor Abschluss seiner Studien vorhersagen kann wohin die Ergebnisse führen?
Wäre das möglich gäbe es doch gar keine Notwendigkeit mehr für irgendwelche Studien.

Und dieser "99,9% der Menschheit hat nichts davon-Einstellung" ist es übrigens zu verdanken, dass Menschen die an besonders seltenen Gendefekten leiden kaum bis gar nicht darauf hoffen dürfen, dass je Geld und Aufwand in die Erforschung von Diagnostik und Therapie investiert wird, denn "den allermeisten Menschen bringt es nichts und ist deswegen nicht von Interesse, nicht einmal dann, wenn man einen Erfolg garantieren könnte und da es so etwas in der Forschung nicht gibt...
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Medizinische Experimente am Menschen, wie Lobotomie
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Erkenntnisgewinn ist natürlich durchaus möglich, aber auch zu jedem Preis und frei jeglicher moralischer Verantwortung?
Hier Verwechselst Du "Forschung" und "Anwendung".
Die Lobotomie wurde nicht erfunden, weil jemand mit einem Eispickel in der Hand gestolpert ist und danach seine Stimmungsschwankungen weg waren, sondern weil langwierige, komplexe Untersuchungen, Studien, Versuche usw bestimmten Bereichen des Gehirns bestimmte Aufgaben zuweisen konnten und die Tatsache, dass eine Lobotomie bei bestimmten Zuständen zu Linderung oder gar "Heilung" führte zur damaligen Zeit ein beachtenswerter Durchbruch war, der aber nichts mit Erkenntnisgewinnung durch Grundlagenforschung zu tun hatte, sondern nur als Folge daraus möglich wurde.


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 21:19
Zitat von FraukieFraukie schrieb:Und dieser "99,9% der Menschheit hat nichts davon-Einstellung" ist es übrigens zu verdanken, dass Menschen die an besonders seltenen Gendefekten leiden kaum bis gar nicht darauf hoffen dürfen, dass je Geld und Aufwand in die Erforschung von Diagnostik und Therapie investiert wird, denn "den allermeisten Menschen bringt es nichts und ist deswegen nicht von Interesse, nicht einmal dann, wenn man einen Erfolg garantieren könnte und da es so etwas in der Forschung nicht gibt...
Wenn, dann liegt das einzig und allein daran, dass Pharmaunternehmen keinen Gewinn aus seltenen Krankheiten ziehen können und ganz sicher nicht daran, dass ich nichts davon habe. Das ist doch ein gutes Beispiel dafür, dass es in vielen Bereichen der Forschung gar nicht um Erkenntnis geht, sondern um daraus den größtmöglichen Profit zu ziehen und nicht noch unterm Strich draufzuzahlen. Aber natürlich, Menschen wie ich sind schuld, dass Pharmaforschung nicht in seltene Krankheiten investiert. Man kann es sich auch einfach machen und Verantwortung auf Andere übertragen :troll:

Es geht nicht darum Grundlagenforschung zu verbieten, sondern um eine moralische Verpflichtung. Warum nicht milliardenschwere Pharmaunternehmen, die das Geld mit Krankheiten verdienen, dazu verpflichten auch Forschung für seltene Krankheiten zu betreiben. Ansonsten ist das reinste Rosinenpickerei. Womit man Geld verdienen kann, darin wird investiert und wenn man nicht genug verdient, verteuert man ein Medikament einfach mal um 5000%. Ist das moralische Verpflichtung?
https://mobil.stern.de/gesundheit/toxoplasmose-mittel-daraprim--ex-hedgefonds-manager-verteuert-medikament-um-5000-prozent-6464562.html
Aber vermutlich sind auch daran Menschen wie ich schuld :palm:
Zitat von FraukieFraukie schrieb:Von Zeitzeugen aber, die Albert Einstein und Co für die Grundlagenforschung an den Pranger stellen habe ich bisher nichts gehört.
Habe ich irgendwas davon geschrieben, dass sie an den Pranger gehören? Ich sehe nichts dergleichen. Einsteins Erkenntnis, dass Kernspaltung möglich ist, hat die Atombombe nur ermöglicht, nicht entwickelt. Entwickelt hat sie ein anderer Wissenschaftler, der alles andere als glücklich über ihren Einsatz war und seine Verantwortung selbst erkannt hat:
“Now, I am become Death, the destroyer of worlds.”
Wikipedia: Robert Oppenheimer
Vielleicht war es ihm auch ein Trost nicht selbst auf den Knopf gedrückt, oder den Befehl gegeben zu haben. Er hätte sie aber auch nicht entwickeln müssen, da ihm klar gewesen sein wird, was sie anrichten könnte. Dann hätte er moralische Verantwortung übernommen. Womöglich wäre sie dann durch andere Wissenschaftler an anderen Orten entwickelt worden.
Als 1945 die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, war Einstein entsetzt.
Zuerst war er für den Bau der Atombombe, aus Angst vor den Nazis. Danach war entsetzt.
https://m.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Einstein-und-die-Atombombe-id2728346.html

Wie gesagt, es geht nicht im geringsten darum Grundlagenforschung zu verbieten, oder anzuprangern, sondern rein um die Frage, ob Wissenschaft eine moralische Verpflichtung haben sollte und ja, das sollte sie. Sonst kann man auch weiterhin beim Standpunkt bleiben, dass nicht Waffen Menschen töten


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 21:28
Wie weit sollte man das ganze denn treiben?

Sollte der geniale Physiker, der die Weltformel entdeckt hat, sich selbst ins Irrenhaus einweisen, um das Wissen geheim zu halten, weil es ja auch für Waffen oder ähnliches genutzt werden könnte?
Blödsinn, dann siegt am Ende nur Frau von Zahnd :troll:
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Wir kommen also an den Punkt, wo man die Frage stellen muss, ob Libet nun die Verantwortung für den Niedergang der Rechtssprechung tragen würde, wenn es so gekommen wäre.
Nun wäre das Rechtssystem, wenn es zu einem Scherbenhaufen geworden wäre, zurecht zu einem Scherbenhaufen geworden, da es vollkommen an der Realität vorbei designet wäre. Die Fehler des Rechtssystems könnte man ja kaum Libet anlasten. Merkwürdiges Beispiel.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Verantwortung der Wissenschaft, was mit diesen Erkenntnissen passiert
Man sollte sich Gedanken dazu machen, was damit gemacht werden kann und gegebenenfalls Warnungen aussprechen. Eine Verantwortung für alles, was mit den Erkenntnissen, die ein Wissenschaftler gewinnt, gemacht wird, kann kein Wissenschaftler übernehmen.

Ich würde halt sagen, dass eine deontologische Ethik in der Wissenschaft, rein praktisch die einzig anwendbare Ethik ist. Man kann, gerade bei Grundlagenforschung, schlecht sagen, wie die Ergebnisse nun genutzt werden. Ein Konsequentialismus macht da keinen Sinn. Man könnte die Handlungen ja erst im Nachhinein bewerten.

Ich weiß vorher nicht, ob eine Atombombe oder ein Atomreaktor gebaut wird. Ich werde es nicht sein, der sie baut und habe dementsprechend wenig Einfluss darauf, was gebaut wird. Wieso sollte ich die Verantwortung dafür tragen? Weil ich es theoretisch ermögliche, eine Atombombe zu bauen? Sollen dann auch konsequenterweise Eltern und Großeltern von Verbrechern mitinhaftiert werden, weil sie es durch die Zeugung ermöglicht haben, dass der/die betroffene Kriminell wird?


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 21:59
Zitat von IzayaIzaya schrieb:Ich weiß vorher nicht, ob eine Atombombe oder ein Atomreaktor gebaut wird. Ich werde es nicht sein, der sie baut und habe dementsprechend wenig Einfluss darauf, was gebaut wird. Wieso sollte ich die Verantwortung dafür tragen?
Ein Wissenschaftler hat sie entwickelt und gebaut. Ist also nicht so, als hätte ein Wissenschaftler „nur“ die Erkenntnis gehabt


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 22:15
Zitat von der_wichtder_wicht schrieb:Ein Wissenschaftler hat sie entwickelt und gebaut. Ist also nicht so, als hätte ein Wissenschaftler „nur“ die Erkenntnis gehabt
Das war aus der Sicht Einsteins, nicht aus der Oppenheimers...


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 22:21
Guten Abend zusammen

Erstmal vielen Dank für die vielen interessanten Beiträge. Ich bin jetzt endlich mal dazu gekommen in Ruhe zu lesen und wirken zu lassen.

Ich bin mal so frei und picke ein paar Zitate raus, die mir besonders aufgefallen sind.
Zitat von KFBKFB schrieb:Meine Meinung: Wissenschaft sollte, noch mehr als Satire, ausnahmslos alles dürfen. Auch wenn es vielleicht nicht immer schmeckt.
Wissenschaft sollte alles dürfen ist mir als Claim deutlich zu hart. Ich persönlich plädiere schon seit Jahren gegen Versuche an Primaten, sehe Tierversuche prinzipiell aber als notwendiges (und nützliches) Übel. Für Primaten sollten die gleichen Maßstäbe gesetzt werden, wie bei Humanstudien. Diese Gleichstellung setzt manche Primatenexperimente auf eine Studie mit Mengeles Experimenten. Im asiatischen Bereich ist besonders krass, was von den Ethikkommissionen durchgewunken wird. Ich persönlich glaube also, dass die Gesetze hier aus ethischer Sicht einen Rahmen bieten, der noch zu weit gefasst ist.

Dies sehe ich allerdings nicht als zentrale Frage des Threads. Als ich noch ein junger Student war programmierte ich mal einen Roboter darauf, Kollisionen mit Hindernissen zu vermeiden. Für mich war dies ein Programm, welches man nicht mal im entferntesten negativ nutzen könnte. Mein Betreuer nahm mir diese Illusion. Er sagte, ändere die Vorzeichen und du hast ein Zielerfassungssystem. Das hat mich durchaus geprägt, so sehr, dass meine Studenten diese Predigt heute von mir hören.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Denn Wissenschaft ist kein Selbstzweck. Sie sollte die Menschheit weiter bringen und ihr dienen.
Ein wichtiger Punkt. Der Nutzen ist aber häufig eine Frage der Perspektive. Nutzen für den einen kann auch Leid für den anderen bedeuten. @der_wicht sprach es an. Wenn ich als Grundlagenforscher irgendwelche Rassentheorien begründen kann, helfe ich damit auch denen, denen ich überhaupt nicht helfen will. Wäre es also aus dieser Sicht denkbar, dass die Wissenschaft sich Fragen ersparen sollte auf die man am besten keine Antwort finden will?
Zitat von FraukieFraukie schrieb:Du erwartest nicht wirklich, dass jeder Wissenschaftler vor Abschluss seiner Studien vorhersagen kann wohin die Ergebnisse führen?
Hier muss ich @Fraukie zustimmen. Je nach Forschungsbereich ist es oft ein „wir schauen uns mal an, wie das funktioniert“ ohne eine fest definierte Arbeitshypothese. Da kann man natürlich die Frage stellen, ob man Erkentnisse teilt, die die Welt zu einem schlechteren Ort machen. Eine andere Frage ist, ob die Grundlagenforschung hier in der Verantwortung ist diese Frage zu stellen.


Ich habe mir zu dem ganzen Themenkomplex noch kein abschließendes Urteil erlaubt. Widersprüche sind also durchaus möglich ;)


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Die moralische Pflicht der Wissenschaft

13.02.2019 um 22:43
@Izaya
Endet die Verantwortungskette der Wissenschaftler direkt bei demjenigen, der den Erkenntnisgewinn zu verantworten hat? Alles, was danach, darauf basierend, von Wissenschaftlern erdacht wird, spielt in der Verantwortungskette keine Rolle mehr?

Ich komme mir gerade wie ein Anti-Wissenschaftler vor :D
So ist es keinesfalls. Wissenschaft ist elementar und wichtig. Wissenschaft soll Wissen schaffen, dafür ist sie gedacht und das ist auch gut so. Bezogen auf die Eingangsfrage finde ich es dennoch richtig der Wissenschaft und den Wissenschaftlern eine moralische Verpflichtung aufzuerlegen, aber u.U. zu mancher Forschung zu verpflichten (Pharma+Medizin), andere zu begrenzen (Erschaffung genetischer Übermenschen)

@Atrox
Zitat von FraukieFraukie schrieb:Du erwartest nicht wirklich, dass jeder Wissenschaftler vor Abschluss seiner Studien vorhersagen kann wohin die Ergebnisse führen?
Sehe ich anders. Wir reden von den klügsten Köpfen der Welt. Wenn irgendwer erdenken kann, welche Gefahren hinter manchen Erkenntnissen stecken, dann wohl genau diese Menschen und darüber sollten sie sich Gedanken machen müssen. Das gehört dazu, wenn man Verantwortung übernimmt und trägt.
Zitat von AtroxAtrox schrieb:Wäre es also aus dieser Sicht denkbar, dass die Wissenschaft sich Fragen ersparen sollte auf die man am besten keine Antwort finden will?
Ersparen muss nicht sein, aber durchaus begrenzen. Selbstreplizierende Nanobots, Künstliche Intelligenz, Menschen klonen, usw.
Gedankenspiel selbstreplizierende Nanobots
Wikipedia: Graue Schmiere
Wenn kein biologisches Leben mehr möglich ist, wer trägt dann die Verantwortung? Niemand, weil keiner daran schuld ist, was aus einer Erkenntnis gemacht wird? Haben Wissenschaftler die moralische Verpflichtung die Finger davon zu lassen, oder überwiegt der Erkenntnisgewinn und der mögliche Nutzen in einer fernen Zukunft?


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