sanatorium schrieb:Was kennt ihr eigentlich für Leute das ihr nicht zu Misanthropen wurdet?
@sanatoriumGute Frage. Ich mach mir über das Thema allgemein zur Zeit viel Gedanken. Ich vermeide gesellschaftliche Dinge auch so gut es geht. Ach, was heißt so gut es geht...ich vermeide sie immer, weil ich auch nicht sonderlich gerne viel mit Menschen zutun habe. Aber nicht aus Hass, zumindest fühle ich keinen Hass. Ich sehe einfach kaum Überschneidungspunkte. Man kann halt meist miteinander nicht viel anfangen, so meine Erfahrung.
Ansonsten habe ich das Glück (was ich erst vor kurzer Zeit so richtig erkannt habe), dass ich wundervolle Eltern habe. Die haben mich extrem selbstbewusst und frei erzogen. Es gab keine Erwartungen. Ich kann mich nichtmal erinnern, dass meine Mutter je wirklich wütend auf mich war. Sie ist die typische Philanthropin, sie liebt erstmal jeden Menschen. Und mein Vater ist so straight und stur in seiner sozialen Ader, dass ich wirklich sehr stolz auf ihn bin. Er ist bescheiden, immer freundlich, offen und sehr loyal. Die beiden sind tolle Vorbilder und ich liebe sie sehr. Ich glaube das hat mich abgehalten in die Misanthropie "abzurutschen". Durch den Alkoholismus meiner Mutter in meiner Kindheit, hab ich viel Feindseligkeit von den Nachbarn erlebt. Wir waren halt die "Schmuddelfamilie" in deren Auge, weil meine Ma ja eh nur ne olle Säuferin ist. Das passte den Herrschaften der gehobenen Mittelschicht so nicht in den Kram. Interessiert hat es nicht, ob uns das in den Kram passte...keiner wollte wissen wie sehr mein Vater, mein Bruder und ich gelitten haben. Im Gegenteil. Ich war ganz alleine, keiner durfte mehr mit mir spielen. Und einige Nachbarskinder sahen das auch als Steilvorlage um mich als ihr Opfer auszusuchen. Ich kenne auch Gewalt, ich weiß wie es ist isoliert zu werden und Angst zu haben. Gejagt zu werden nach der Schule und dann nach hause zu kommen, wo die Mutter besoffenen im dunklen Haus herum torkelt. So waren viele Jahre in meiner Kindheit. Tagein tagaus...
Obwohl, es gab damals doch auch einiges Schönes. Mein Bruder ist ein wundervoller Mensch und hat mich viel mitgenommen, wenn er mit seinen Kumpels unterwegs war. Ich fands toll und hab mich sehr beschützt gefühlt. Ich als kleines Mädchen und um mich herum ein paar Metaler die soooo lieb waren. Wahrscheinlich deswegen mein Musikgeschmack und mein Hang zu Männern mit Bart und langen Haaren
:D.
Dafür hab ich lange Zeit meine Mutter gehasst. Bis ich irgendwann mal gerallt habe, was für ne abartig starke Frau sie ist. Sie wurde als Kind sehr schwer misshandelt und Liebe hat sie erst sehr spät erfahren, dies hat bei ihr dann halt zum Alkoholismus geführt. Ich hab es immer so aufgefasst, als hätte sie mich damit strafen wollen. Und deswegen hab ich sie lange gehasst. Und mich. Sehr sogar. Kein Plan wie ich das überwunden habe...aber mir gehts viel besser. Irgendwie konnte ich los lassen.
Auch heute noch tanze ich nicht auf den Tischen. Bin lieber alleine und find vieles an der Gesellschaft richtig scheiße. Ich versuche aber Stück für Stück die restliche Wut noch los zu lassen. MICH lähmt Wut, von Hass ganz zu schweigen. Je besser es mir geht, desto mehr kann ich anderen auch geben. Ich mag Harmonie und auch wenn ich nie Interesse an gesellschaftlichen Dingen (Party, Geburtstage, was weiß ich...) haben werde und Freundschaften mir auch eher nicht zu sagen, so kann ich dennoch gewisse Arten von Beziehungen zu Menschen aufbauen und sie genießen. Ich mag meine Arbeitskollegen sehr, wir verstehen und super und lachen auch viel. Sowas find ich schön. Bin aber auch froh, wenn ich abends daheim bin.