Doors schrieb:Manchmal denke ich, diese Idealisierung bzw. Gleichsetzung von "Kein Geld = wirklich frei" kann nur in den Köpfen derer entstehen, die stets in behüteten Wohlstandsverhältnissen aufgewachsen sind bzw. leben.
Ich war oft und lange genug arm um zu wissen, dass "kein Geld haben" die ärgste Form der Sklaverei darstellt, verbunden mit Existenzängsten.
Dieses.
Es ist bei einigen ja teilweise auch "hip" möglichst so zu tun, als würde man mit wenig auskommen.
Dieses: "Ich kaufe ja nur Second Hand und brauche keine neue Kleidung!" oder auch teilweise
dieser Lidl-Kleidung-Trend, den es vor einigen Jahren gab.
Ich stöbere auch gerne im Second Hand Laden oder auf Flohmärkten und habe da auch schon
gute Sachen gefunden, aber als Person, die schon oft die gebrauchte Kleidung ihrer eignen
Mutter tragen musste oder bei der die Eltern darauf bestanden haben, dass man auch mal
die Kleidung bei Lidl oder Aldi oder Kik tragen soll, habe ich keine Lust darauf, nur sowas
zu tragen. Dann immer dieses: "Wenn du dein eigenes Geld verdienst, dann kannst du
dir kaufen, was du willst. Aber wir bezahlen dir jetzt nur das hier von Kik/Takko/Aldi/Lidl!"
sowie entsprechendes Mobbing in der Schule.
Für mich wirkt das dann teilweise schon wie "cultural appropriation".
Ich gehe sehr gerne shoppen und habe inzwischen auch einige, wenn auch wenige, Marken,
die mir gefallen. Ich bin nicht krass markenbezogen und oft reicht mir Kleidung, die irgendwie
cool aussieht.
Trotzdem gönne ich mir gerne einmal etwas von Urban Outfitters, Designual oder Superdry oder
kaufe mir mal vegane Docks. Ansonsten bin ich mal im Only oder Vero Moda.
Das ergänze ich dann aber tatsächlich um viel Second Hand.
Als Person, die so aufgewachsen ist, dass die Eltern selbst bei H & M oder New Yorker gesagt haben,
dass das jetzt echt teuer sei und man dann nur manchmal zum Geburtstag von dort Sachen
bekommen hat und das dann immer so dargestellt worden ist, als hätte man ja jetzt auch
"echt teure" und "hochwertige" Sachen bekommen, ist es für mich auch immer ein Stück
der Freiheit einfach allein shoppen zu gehen und sich Sachen auszusuchen.
Kann man als dekadente Konsumbitch ansehen, aber ich habe sehr gerne schöne Sachen,
wenn man sich Geld erarbeitet hat und ich "belohne" mich sehr gerne.
Und wenn man das alles in Relation sieht, ist mein Geschmack tatsächlich relativ Mittelschicht.
Ich kenne andere bei denen alles von Chanel und die Taschen von Luis Vuitton oder
Michael Korrs sein müssen. Dazu dann Make-up und Parfüm nur von Chanel.
Schmuck nur echtes Silber/Gold/Weißgold vom Juwelier und dann teure Uhren.
Immer nur die neuesten iPhones und Uhren von Apple.
Dagegen renne ich immer mit meinen Jutetaschen rum und meiner Alverde Kosmetik
und Pflegeprodukten von Eigenmarken aus der Drogerie sowie Modeschmuck.
Smartphone von vor mehr als fünf Jahren von Samsung mit vielen Rissen auf dem Display.
Gibt halt immer diese "Hipster", die mit Absicht so extrem alte Handys aus den 00er Jahren haben
und dann sagen, dass sie sich bewusst gegen ein Smartphone entscheiden (letztens beobachtet
bei welchen, die Kunst machen) und die dann ja so "alternativ" sind, dass sie bei allem die Nase
rümpfen, was "Konsum" sein könnte.
Ich habe eben schon die Ansicht, dass man, wenn man etwas Geld verdient, das man sich erarbeitet hat,
dann auch stolz darauf sein kann, dass man sich "schöne, neue Sachen" leisten kann.
Bin halt mit so einer: "Sowas können wir uns nicht leisten! Das ist für Leute, die mehr verdienen!"-Mentalität
aufgewachsen.
Aber ich bin eben auch nicht dieses andere Extrem bei dem alles teuer und von irgendwelchen Marken
sein muss.
Ich bin halt schon glücklich, wenn ich in einer schönen und ruhigen Gegend in einer Wohnung wohne
und mir diese mit IKEA-Möbeln einrichten kann.
Und nicht so wie meine Eltern im Brennpunkt wohnen muss, weil: "Wo anders kann man sich die Wohnungen
heutzutage nicht leisten!" und die sich Möbel nur von Poco oder Ebay und Facebook Kleinanzeigen oder
gebraucht von Bekannten holen.
Und dann kenne ich eine, die schon mit Anfang 30 sich ein eigenes Haus gekauft hat, weil das
"eine gute Anlage" ist und der es wichtig war, dass die Möbel "Etwas Besonderes und nicht nur Ikea" sind.
Das sind eben ganz andere Schichten.
Ich hatte aber eben schon Freundschaften aus genau solchen Schichten.
Momentan bin ich ja auf einer Art "Privatschule" und man merkt eben schon in Nebensätzen,
wer aus etwas besseren Schichten kommt.
Da hört man dann, wo sie überall mit 16 oder 18 verreist sind oder einen Austausch gemacht haben
und auf welchen teuren Privatunis sie und ihre Geschwister studiert haben. Ja, die Unis haben
halt die Eltern bezahlt und diese Privatschule ist jetzt auch "das Letzte", das die Eltern noch
bezahlen. Sei ja normal, dass man mit 18 ein Konto mit mehreren Tausend für "Studium und Reisen" hat.
Angesichts dessen, dass ich sowas eben nicht kenne, reizt mich aber ein Partner aus solchen Schichten.
Da bin ich ganz ehrlich. Außerdem war und bin ich auch öfters mit solchen Leuten befreundet, denn
das hat ja nichts mit dem sonstigen Charakter zu tun und tendenziell habe ich auch festgestellt,
dass viele aus diesen Schichten ganz andere Einstellungen und oft eine andere Bildung haben,
die oft sehr kompatibel mit mir ist und oft etwas darstellt, das ich teilweise vermisse.
Sicherlich käme ich auch mit einem Partner klar, der in etwa auf dem gleichen Level ist, das ich mir
erarbeite und der eventuell eine ähnliche Geschichte hat und den entsprechenden Ehrgeiz und gleiche
Ziele hat.
Nach "unten" möchte ich mich aber nicht orientieren.