@Aldaris Aldaris schrieb:Würde man heute eine Abstimmung anleiern, ich bin mir sicher, dass ein Großteil "JA" zur Todesstrafe sagen würde.
Das ist wahrscheinlich auch stimmungsabhängig.
Kurz nach einem der (seltenen, extrem seltenen) Sexualmorde an einem Kind geht das sicher, vor allem in der betroffenen Region, in den hochroten Bereich.
Der Gedanken der Vergeltung ist wahrscheinlich ganz tief in uns drin und ist wahrscheinlich evolutionär ganz vorteilhaft: Tust Du mir was an, dann tu ich Dir was an. Also lass mich besser in Ruhe. Oder etwas in der Art.
Zivilisation ist auch immer der Versuch mit dem Tier in jedem von uns eine funktionierende Gesellschaft zu schaffen. Strafrecht zB. zu institunalisieren statt Blutrache oä.
Aber drei Punkte könnten doch auch bei der hochemotionalen Frage der "Kinderschänder" ein wenig zum nachdenken anregen:
- Die Tatsache, dass der Täter sehr häufig der eigene Vater ist. Das Kind sich also mit der Frage auseinandersetzen darf, inwieweit es "Schuld" am Tode des eigenen Vaters ist nachdem er hingerichtet wurde. Dass die Opfer von Missbrauch in der eigenen Familie oft genug Schuldgefühle entwickeln usw. ist nun wirklich kein Geheimnis und damit umzugehen braucht heute schon oft Jahre an Therapie etc. Die Verarbeitung der Tat in solchen Fällen wird durch die Hinrichtung des Vaters nicht unbedingt leichter.
- Dann gibts natürlich die Fälle von überforderten Müttern, die ihre eigenen Kinder töten. Da wird auch nicht jeder sofort bereit sein, den ersten Stein zu werden.
- Und schliesslich
hatten wir gerade das Wiederaufnahmeverfahren im Mordfall "Peggy", wo jemand unschuldig ein Jahrzehnt im Gefängnis sass.
Die Eltern von Peggy mögen dem Mörder ihrer Tochter alles mögliche gewünscht haben -
aber wie sähe es jetzt in ihnen (und in Deutschland) aus, wenn sich herausgestellt hätte, dass man den Falschen verurteilt und eben dann auch hingerichtet hätte..?
Selbst wenn wir die Todesstrafe in diesem Fall gehabt hätten, sie angewendet hätten - ich bezweifle, dass wir sie nach der öffentlichen Diskussion wg. der Hinrichtung eines Unschuldigen noch lange beibehalten würden...
Das "Wegsperren" solcher Täter schützt die Opfer und schützt unser Rechtssystem (da ein Fehlurteil korrigierbar bleibt) genug. Ohne, dass man als Staat Blut an den Händen haben muss und sich im Effekt vom Täter vorschreiben lässt, wie weit "die Würde des Menschen" tatsächlich geht...