Cecilia schrieb:Ich habe immer gesagt: Sollte mich jemand vergewaltigen, mein Kind, Schwester etc, dann kann sich die Person sicher sein, dass ihm das gleiche, nur schlimmer widerfahren wird. Ja genau, ich denke dabei an einer dieser Rachezügen von vergewaltigen Frauen aus diversen Filmen.
Sollte so jemand aber nach so einer Tat, auch zb mein Kind töten, würde ich ihn nicht leben lassen.
Das ganze mal hypothetisch betrachtet: Solle ich eurer Meinung nach dann auch die Todesstrafe kriegen? Oder differenziert ihr auch nach Motiven? Eine Mutter die eine Vergewaltigung und Tod an ihrem kind rächt, würde ich niemals in den Todestrakt schicken. Höchstens Blumen.
Das ist eine sehr schwierige Situation, die man sicher auch nicht mit ein paar Sätzen in einem (Mystery)Forum durchspielen kann.
Erst mal: Solche Rachegedanken sind völlig nachvollziehbar. Jeder hat in so einer Situation das Recht, sich solche Dinge auszumalen. Das würde ich nicht anders machen.
Schwierig wird es, wenn man das dann auch umsetzt. Da macht man eine psychische Ausnahmesituation geltend, um einen Menschen zu töten. Was, wenn der Täter damals auch in einer psychischen Ausnahmesituation war? Da kann man sich noch darüber streiten, welche dieser Ausnahmesituationen "verständlicher und gerechtfertigter" waren, aber unterm Strich haben dann beide auf Basis einer solchen Lage einem anderen schweres Leid zugefügt.
Und lösen wir uns mal von dem Täter, der dieses Leid vielleicht "verdient" haben mag: Haben dessen Angehörige das Leid auch verdient? Haften sie quasi für dessen Taten moralisch mit?
Rachephantasien, solange sie nicht umgesetzt werden, können heilsam sein. Oder auch nicht, sie können auch das Leben der Opfer oder deren Angehörigen noch viel weiter erschweren. In so einem Fall hilft sowieso nur eine gute psychologische Betreuung. Das wichtigste in so einem Fall ist, dass man irgendwann damit abschließen kann.
Generell ist Selbstjustiz eine ganz schlechte Idee.
Wie schnell erwischt man den Falschen - und dann? Was wenn es sich herausstellt, dass es doch nicht der Täter war und die Mutter einen völlig Unschuldigen getötet hat? Was dann? Forderst Du dann die Blumen zurück? Bekommt die Mutter des zu Unrecht aus Rache Getöteten dann Deine moralische Zustimmung (und die Blumen), die andere Mutter zu töten?
Wir leben in einer komplexen Gesellschaft. Viele Menschen mit vielen einzelnen Leben.
Das hat viele Vorteile. Aber auch Nachteile. Ein Nachteil (individuell betrachtet) ist, dass man seinen Rachegelüsten nicht nachgeben darf. So berechtigt man diese selbst auch ansehen mag. Der Staat hat das Gewaltmonopol. Das ist manchmal schwer zu ertragen, aber in den allermeisten Fällen ist das die allerbeste Idee. Und das funktioniert nur, wenn man das nicht unterminiert.
Jedes System, sei es nun der Rechtsstaat, die Demokratie, das Sozialsystem, die Gewaltenteilung oder was auch immer wir an sozialen Errungenschaften im Laufe der Menschheitsgeschichte entwickelt haben, hat Nachteile. Es gibt Fälle, in denen es nicht gut funktioniert oder scheinbar nicht gut funktioniert. Aber wenn wir es in manchen Fällen dann einfach anders machen, verlieren wir diese Systeme. Man kann nicht ein bisschen Rechtsstaat haben oder ein bisschen Demokratie. Entweder man ist da konsequent oder man hat es nicht.
Es gehört zum Leben in einer Gesellschaft, Dinge zu ertragen. Auch manchmal unerträglich scheinende.