Postmortem Fotografie

Im Moment ist der Trend auch "Es soll keine Arbeit machen." Das gilt für Gräber ebenso wie für Gärten, die gerade in "Steinwüsten" verwandelt werden. Daher, und auch durch das Wegfallen sozialer Bindungen, gibt es mehr anonyme Bestattungen ohne ein individuelles Grab. Die Bestattungskultur und der Umgang mit dem Tod und den Toten ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft und damit Teil des Lebens.

@cute_lenore
Sehr interessanter Beitrag, danke!

@Mailaika

Mailaika schrieb:Mit allem drum und dran kommen da schnell ein paar tausend Euro zusammen.

Allerdings. Und vor Allem könnten es die Lebenden wirklich brauchen.

Die Besetzung unseres Vaters, er wurde verbrannt, kostete an die € 4000,- Auch wir wählten den günstigsten Sarg, schließlich sollte er ja ein Raub der Flammen werden Aber angesehen wurden wir, als würden wir dem Toten nichts gönnen.

Habe dann brutal gesagt, der braucht es nicht mehr, der ist tot. Aber wir leben und müssen das alles zahlen.

@off-peak
Ganz offen gesagt halte ich die ganzen Bestattungsgesetze in Deutschland fuer reine Geldmacherei! Kein anderes Land macht da so einen Aufwasch drum, nur bei uns musst Du nen Kredit aufnehmen wenn jemand stirbt!

Meine Eltern und Großeltern hatten/haben eine Sterbevorsorge beim Wiener Verein. Ich muss sagen, die lief jetzt beim Tod meines Vaters sehr gut.
Wir haben in der Nacht vom Ableben erfahren (alleine das zu schreiben wühlt mich sehr auf), sind am frühen Morgen ins KH um uns zu verabschieden, und dann direkt zum Bestattungsinstitut, dort hat man uns gleich sehr einfühlsam beraten und auch wenns komisch klingt, das Beschäftigen mit Sarg, Urne, Parte udgl war schon der erste Schritt der Trauerarbeit. Gekostet hat weder die Verabschiedung/Feuerbestattung etwas, noch die Urnenbeisetzung, auch nicht der Leichenschmaus oder Blumenschmuck.
Um die Kurve zum Thema zu kratzen, mein Sohn war nicht da, als sein Opa starb und hätte ihn gerne noch vor der Verabschiedung gesehen. Das wäre möglich gewesen, aber es wurde davon abgeraten, da sich der Zustand des Toten von Stunde zu Stunde ändern kann. Meine Mutter erzählte, dass ihr Großvater binnen kürzster Zeit ein "zwetschkenblaues" Gesicht hatte, das sie nicht so schnell los wurde. Als ich mich von Papa im KH verabschiedete, hätte ich es nicht geschafft, Fotos zu machen, das hätte ich als Respektlosigkeit gesehen und bin mir sicher, dass Papa das auch nicht gewollt hätte. Mein Sohn ist froh, dass es keine Fotos gibt vom toten Opa, umsomehr schauen wir uns jetzt die von seiner Lebzeit an, und müssen auch schon ab und zu lachen.

sylvana schrieb:Mein Sohn ist froh, dass es keine Fotos gibt vom toten Opa, umsomehr schauen wir uns jetzt die von seiner Lebzeit an, und müssen auch schon ab und zu lachen.

das ist gut so, genau so hätte er es auch gewollt. Er lebt ja mit seinem Humor, und seinem ganzen Wesen in Euch sowieso weiter. Ihr seid sein Erbe. So seid ihr auf dem richtigen Weg. LG

sylvana schrieb:Als ich mich von Papa im KH verabschiedete, hätte ich es nicht geschafft, Fotos zu machen, das hätte ich als Respektlosigkeit gesehen und bin mir sicher, dass Papa das auch nicht gewollt hätte.

Ich würde auch nicht wollen, dass nach meinem Tod Fotos von mir gemacht werden. Meine Hinterbliebenen sollen mich lieber lebend in Erinnerung behalten.

Ich selbst habe im Laufe meines Lebens schon einige meiner Liebsten durch den Tod verloren, war teilweise während des Sterbeprozesses anwesend und habe sie dementsprechend auch nach ihrem Tod noch gesehen.
Da sind manchmal Bilder in meinem Kopf geblieben, die mich teilweise lange Zeit verfolgt haben. Ich hatte immer diese letzten Momente, das letzte Ansehen von ihnen vor Augen, statt ihr Leben und das, was wir gemeinsam erlebt haben. Ich bin froh, dass die Erinnerungen an sie zu Lebzeiten dann doch irgendwann die Oberhand genommen haben und ihr Anblick nach ihrem Tod immer mehr in den Hintergrund verschwand.

@Alarmi

Alarmi schrieb:Ganz offen gesagt halte ich die ganzen Bestattungsgesetze in Deutschland fuer reine Geldmacherei!

Definitiv. Ich verstehe ja, dass die Leute bezahlt werden sollten, aber wie nahezu überall im kapitalistischen Westen, gehen die Preise weit über einen anständigen Gewinn hinaus.

Alarmi schrieb:Kein anderes Land macht da so einen Aufwasch drum,

Also die USA hinken da sicherlich nicht nach.

Alarmi schrieb:musst Du nen Kredit aufnehmen wenn jemand stirbt!

Durchaus. Wie gesagt, € 4000,-, und das war die günstige Variante. Es gab auch keine große Beerdigung, daher wurde auch kein Essen serviert.

Alleine so um die € 1500,- nur für Sarg! Den nur wenige Leute ein paar Minuten lang sehen, denn danach wird er verbrannt. € 1500,- einfach verbrannt. Dafür bekomme ich schon eine kleine Küchenzeile, die Jahrzehnte lang hält.

In Anbetracht solcher Ausgaben sollte man sich wirklich eine Ansparmöglichkeit/Versicherung für seine Erben ausdenken, damit die mit der Beerdigung nicht pleite gehen.

@off-peak
der Sarg für unseren Vater (Feuerbestattung) hat €720,- gekostet. Ist auch nicht grade ein Schnäppchen, aber es hätte noch günstigere gegeben, aus gehärteten Karton zB, was für eine Feuerbestattung ja ausreicht.
Womit ich nicht relativieren möchte, dass die Kosten für eine Bestattung schon sehr hoch sind.

off-peak schrieb:Also die USA hinken da sicherlich nicht nach.

Da ist es aber freiwillig! Wenn Du Bock hast kannst Du die Asche von Tante Erna auf den Kaminsims stellen, interessiert keine Sau!

off-peak schrieb:Alleine so um die € 1500,- nur für Sarg! Den nur wenige Leute ein paar Minuten lang sehen, denn danach wird er verbrannt.

Wenn er ueberhaupt gesehen wird. Es gibt mehr als genug Leute, die keine Trauerfeier mit Sarg machen sondern nur eine Beerdigung mit der Urne! Warum reicht es dann nicht, den Toten in ein Laken oder aehnliches einzuwickeln? In den Niederlanden darf man zum Beispiel auch Weidenkoerbe verwenden. Die verbrennen auch deutlich schneller.

@Alarmi

Alarmi schrieb:Warum reicht es dann nicht, den Toten in ein Laken oder aehnliches einzuwickeln?

Es könnten alte Regelungen sein, die noch keiner aufgehoben hat. Und natürlich will wer dran verdienen.

Alarmi schrieb: In den Niederlanden darf man zum Beispiel auch Weidenkoerbe verwenden. Die verbrennen auch deutlich schneller.

Siehste, geht ja. Aber wie @sylvana sagte, kann man offenbar auch Särge aus Pappkarton kaufen. Für Feuerbestattungen ideal. Wusste ich damals nicht, oder es gab sie eventuell auch nicht. Jedenfalls wurden wir vom Verkäufer nicht gerade auf die kostengünstigen Angebote aufmerksam gemacht.

off-peak schrieb:Jedenfalls wurden wir vom Verkäufer nicht gerade auf die kostengünstigen Angebote aufmerksam gemacht.

Das waere ja dann doppelt frech, aber wuerde ich nicht ausschliessen!

man darf als Angehörige übrigens in Deutschland auch direkt bei der "Verbrennung" dabei sein .das wusste ich vorher auch nicht. Allerdings nur zu bestimmten Zeiten und Tagen, und die passen den meisten Berufstätigen eh nicht in den Kram.
es war auch bei meinem Vater ein sehr einfacher Sarg...
apropos..wie gesagt, ich kannte so etwas vorher nicht..ist schon doof, wenn man dann gefragt wird, was mit den Metallteilen passieren soll !
also die Schrauben und Nägel, die er ein Jahr vorher für einen komplizierten Bruch eingesetzt bekommen hatte (Titan), und ein Goldzahn.

wie gesagt, wenn man das alles nie vorher erlebt hat und nicht kennt, verschlägt es einem manchmal die Sprache, und ich bin selten sprachlos.

das klingt so lieblos, so wie wenn der Mensch jetzt nur noch in seine Einzelstücke zerlegt wird.

@Alarmi
@off-peak
@sylvana
In den Niederlanden ist das Bestattungsrecht wesentlich liberaler, das Bestattungswesen innovativer als bei uns.
Dort werden neben Pappsärgen auch einfache, roh gezimmerte preisgünstige Holz- oder Korbsärge ganz ohne Metallbeschläge oder sonstige nicht verrottbare Bestandteile angeboten.
Ausgekleidet sind die Särge wahlweise mit einem schlichten Baumwolltuch oder innen roh und der Verstorbene wir dann lediglich auf
Moos, Rindenmulch oder Stroh, also natürliches Material gebettet. Eingewickelt (bekleidet oder unbekleidet bleibt jedem selbst überlassen) nur in ein schlichtes Leichentuch.
Somit kann der Tote am Ende biologisch komplett abbaubar dem stofflichen Kreislauf überlassen werden, so gesehen.

Original anzeigen (0,3 MB)


für eine Feuerbestattung ist in Holland auch kein kompletter Sarg nötig, nur das Leichentuch. Lediglich auf einem einfachen sogen, Babrbrett als Unterlage.


Ist eine offene Aufbahrung gewünscht braucht lediglich das Leichentuch etwas aufgeschlagen werden.

Also diese pragmatische Herangehensweise der Niederländer gefällt mir! Ist doch fast makaber, alles so aufwändig und teuer herzurichten, und dann zu verbrennen. Selbst wenn man, wie wir das gemacht haben, eine Verabschiedung am Sarg macht. Kremiert (heul!!!!!) wurde Papa dann 4 Tage später - eine schlichte Kiste hätte es sicher auch getan.

@sylvana
@cute_lenore
Papa hätte schon einen Sarg gewollt, soviel Würde hätte er dann doch gewollt. allerdings ohne jeglichen Schnick-Schnack. (normale Ausstattung, kein hochwertiges Zeug) Er wäre dann ein Kostensparer gewesen..ABER trotz allem hätte er sich ein würdevolles Begräbnis gewünscht. Auch mit Feuerbestattung.
Bei der Pietät haben sie uns - als Beispiel - auch bei dem Blumenschmuck beraten...
- sorry - sauteuer - alles um so eine Beisetzung drumherum...
sie empfahlen eine großes Herz mit lauter roten Rosen, nur von der engsten Familie..(Frau und 2 Töchter).
haben wir gemacht , und ich / wir bereuten es nie. Es war wunderschön, neben der Urne während der Trauerfeier, auchanschließend auf dem Friedhof und hat ganz lange gehalten, davon habe ich Fotos gemacht...ein bißchen Hochachtung vor dem Verstorbenen, in welcher Form auch immer , sollte schon sein - ist aber meine persönliche Meinung. Und das wird dann halt auf diese Weise ausgedrückt.

In unserem Umkreis gibt es -mindestens- einen Bestatter, der ausdrücklich mit günstigen Preisen wirbt und wohl auch durch die Medien bekannt ist.

Den haben wir dennoch nicht gewählt, sondern einen uns jahrelang bekannten.

Fast jeder, "arm" oder "besser situiert", gibt ganzjährig soviel Geld für letztlich überflüssigen Kram aus...ausgerechnet da jetzt den Sparfuchs raushängen zu lassen, wäre mir nichtmal in den Sinn gekommen.

Hier mal ein Überblick über die diversen Bestattungsarten in Deutschland. Wie die Gesetze in Österreich sind, weiß ich nicht, aber in der Schweiz z.B. gibt es keinen Friedhofszwang. Um einen Sarg kommt man in Deutschland wohl nicht herum. Selbst bei einer islamischen Beerdigung, bei der der Tote nur in ein Leichentuch gewickelt begraben wird, wird vor der Grablegung ein Sarg verwendet. Was das Fotografieren von Verstorbenen angeht, gibt es auch Kulturen, in denen es nicht gestattet ist, Fotos von Verstorbenen zu machen. Und es gibt auch Kulturen, bei denen schon das Betrachten von Aufnahmen (Fotos, Videos u.Ä.) der Verstorbenen zu Lebzeiten als Tabu gilt.

Bestattungsarten in Deutschland (Archiv-Version vom 05.07.2019)

shadowline schrieb:Fast jeder, "arm" oder "besser situiert", gibt ganzjährig soviel Geld für letztlich überflüssigen Kram aus...ausgerechnet da jetzt den Sparfuchs raushängen zu lassen, wäre mir nichtmal in den Sinn gekommen.

Also meine alleinerziehende Mutter verstarb als ich 18 war, mein Vermögen von Konfirmationsgeld war da leider schon weg.

Es sind ja auch nichtnur die Kosten der Beerdigung. Wenn ich mich im Bekanntenkreis umsehe kommen meistens die Zeit davor schon Kosten für Pflege, medizinische Behandlungen, Hospiz und co
Auch, wenn die Angehörigen die Pflege übernehmen ist es wirklich sehr teuer im Sterben zu liegen und leider ist es für viele eben nicht finanziell möglich überhaupt würdevoll zu sterben geschweige denn wie gewünscht bestattet zu werden

Ich hätte es angemessen gefunden wenn meiner Mama ein Denkmal gebaut wurden wäre, ist aber finanziell unmöglich.

@shadowline
Mit Sparfuchs hat das wohl weniger zu tun. Oft ist das Geld halt einfach nicht da.
Meine Eltern haben vorgesorgt und haben beide eine Sterbeversicherung und so mussten wir uns um das finanzielle bei der Beerdigung meines Papas keine Gedanken machen.
Mein Mann und ich wollen so eine Versicherung jetzt auch abschließen.
Wir haben zwar noch einbisschen was im Sparstrumpf, aber den werden wir wohl zu Lebzeiten noch brauchen 🤷‍♀️

shadowline schrieb:Fast jeder, "arm" oder "besser situiert", gibt ganzjährig soviel Geld für letztlich überflüssigen Kram aus...ausgerechnet da jetzt den Sparfuchs raushängen zu lassen, wäre mir nichtmal in den Sinn gekommen.

Warum genau ist eine ueberteuerte Beerdigung kein "ueberfluessiger Kram"?