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Postmortem Fotografie

7.429 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Trauer, Memento Mori, Bilder Von Toten ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Postmortem Fotografie

13.11.2019 um 17:35
@Mazehare
sehr interessante Beiträge, danke ;)

tatsächlich gab und gibt es noch (Ost- u. Südeuropa z.B) solche speziellen Sargschuhe. Die abgebildeten sind für weibliche Verstorbene oder Kinder und sind wie man sieht aus Stoff. Der Frau auf dem Foto könnte man ebenfalls solche Slipper übergezogen haben, erkennt man leider nicht so genau.
Für männliche Personen gibt es solche "Sargschuhe" aus leder, sie sehen eigentlich wie normale Männerschuhe aus.

Über die Symbolik von Blumen als Trauerdekoration und Sargbeigabe habe selber schon einiges lesen können. Tatsächlich haben sie oft nicht allein einen dekorativen Zweck sondern dienen als Symbol für etwas im Zusammenhang mit dem Toten.

Ein gutes Beispiel dafür wären u.a. die Blumenkränze, die man unverheiratet verstorbenen Frauen, Mädchen und auch Kindern um die Stirn legte.
Sie sollen die verstorbene Person nicht allein schmücken und schön machen sondern dienen als Symbol der Jungfräulichkeit und Unschuld.


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Postmortem Fotografie

13.11.2019 um 20:13
ich bin immer immer "überwältigt" was man hier lernen / erfahren kann. Welche Bedeutung einfachste Dinge hatten, genial. Danke an alle für Eure guten Beiträge.

Ich fand übrigens auch einmal ein Gemälde, dass ein bekannter Maler von seinem eigenen verstorbenen kleinen Sohn malte...
da das kein Foto ist, stelle ich es hier nicht ein...
unglaublich...das eigene Kind stirbt und er malt das Kind..auf seinem Totenbett....auch eine Art Trauerarbeit...


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Postmortem Fotografie

02.01.2020 um 11:55
@musikengel
ich denke, Du meintest diese Bild:
Ruedi Anker 1869Original anzeigen (0,6 MB)

Das Totenportrait, welches der Schweizer Maler Albert Anker von seinem im Alter von 3 Jahren verstorbenen Sohn Ruedi malte.

Auf einer anderen Seite fand ich ein schönes, selbstgemaltes Abschiedsportrait von einem 5 Jahre alten Mädchen, das an Leukämie verstorben war.
Die ältere Schwester selber malte das Bild. Als sie sie sich am offenen Sarg von dem Mädchen verabschiedet hatte, wollte sie noch letztes Foto machen, brachte es aber nicht fertig. Später mit etwas Abstand malte sie dann das Totenportrait ihrer Schwester aus dem Gedächtnis.


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Postmortem Fotografie

02.01.2020 um 14:22
@cute_lenore
ja genau das meinte ich, danke schön.

Als 1. an Alle...ich wünsche Euch ein gutes, glückliches und gesundes neues Jahr 2020.

es ist ein wundervolles Bild..der Junge sieht so friedlich aus, und der Maler selbst konnte damit wahrscheinlich unglaublich seine Trauer verarbeiten. Es ist zwar kein Foto..diese Möglichkeit hatten die da wahrscheinlich auch noch nicht..aber trotzdem passt es hier her...es ist auch eine Art "Postmortem" den lieben Verstorbenen für immer in Erinnerung zu behalten.

Ich konnte übrigens kein Photo meines gerade verstorbenen Vaters machen, ich habe das nicht fertig gebracht..habe allerdings jede Menge Fotos von vorher..- auch im Krankenhaus, Reha usw...-
meine Schwester konnte das, ich hab die Fotos nie gesehen...
auch als er dann im Anzug im Sarg lag..diese Fotos habe ich nie gesehen...
ich habe es einfach nicht fertig gebracht...evtl. ändert sich das einmal...
dass ist dann allerdings eine Gradwanderung..weil dann der Schmerz noch mal 3 x so intensiv hereinbrechen wird...

die Trauer kommt immer mal wieder dann aber wie ein Tsunami ..gehört aber zur Trauerverarbeitung dazu, damit muss man leben.


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Postmortem Fotografie

02.01.2020 um 19:56
Ja, das ist aber bei jedem sehr inviduell.

Ich "muss"/möchte auch kein (vorhandenes) PM-Foto des Vaters ansehen, ich denke einfach nicht, dass es mir in irgend einer Weise gut tun würde. Und dabei belasse ich es...


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Postmortem Fotografie

10.02.2020 um 16:37
Ein Postmortem Portrait aus Dänemark mit einer sehr berührenden Geschichte, welche aufs
neue die Bedeutung des letzten Erinnerungsportraits für die Hinterbliebenen verdeutlicht.

Das Portrait zeigt die 1890 im Alter von nur 10 Jahren an Dipthterie verstorbene Astrid Brandes, aufgebahrt auf einem Sofa.
Sie war die Tochter des Kulturwissenschaftlers und Schriftstellers Georg Brandes.
Der trauernde Vater wünschte sich sehnlichst ein letztes Portait zur Erinnerung an sein verstorbenes Kind urz nach seinem Tod.
Entschlossen wickelte er den bereits hergerichteten Leichnam seiner Tochter in ein Laken und fuhr damit in der Straßenbahn zu einem Kopenhagener Theater, wo sich zufällig ein professioneller Fotograf aufhielt, um Portraits von den Theaterschauspielern zu machen.

Zunächst verhalten und zögerlich damit, statt eine lebende Person ein Kind auf dem Totenbett zu fotografieren, erklärte sich der
Fotograf aber, beeindruckt von dem was der trauernde Vater auf sich genommen hatte ein.
Ein kleiner Raum des Theaters wurde mit Requisiten wie eine Wohnstube (Hausaufbahrung) gestaltet, das Mädchen auf einem Sofa aufgebahrt. Und so ein schönes Abschiedsportrait für die Familie erstellt.

20180118184808 0

Das letzte Bild des verstorbenen Mädchens.
Statt in traditionell weiß hat man ihr das (schwarze) Sonntagskleid angezogen. was sicher seinen Grund hatte


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Postmortem Fotografie

10.02.2020 um 16:42
@cute_lenore
Zitat von cute_lenorecute_lenore schrieb:das (schwarze) Sonntagskleid
Das Kleid muss im Original nicht schwarz gewesen sein, das erscheint nur so in einer s/w Fotografie. Das könnte blau, grün, braun oder dunkelrot gewesen sein. Mehr als die Farbe erstaunt ich aber, wie alt hier eine 10jährige hergerichtet wurde. Die sieht ja aus wie eine junge erwachsene Frau.


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10.02.2020 um 18:07
@off-peak

ich denke da spielt die unterbewusste, subjektive Wahrnehmung eine Rolle. Allein durch die Bezeichnung "Schwarz-Weiß" nehmen wir auf den Bildern dunkle Farben auch als Schwarz wahr und auf der anderen Seite extrem helle, Licht reflektierende Töne als Weiß. Das hängt auch von den Lichtverhältnissen beim Erstellen des Fotos bzw. vorhandenen Schatten ab.

Und unter Familien- oder Frauenportraits aus vergangenen Jahrhunderten, welche Personen in ihrer Sonntagskleidung zeigen ist häufig in der Beschreibung "trägt ihr schwarzes Sonntagskleid..." zu lesen.
Somit wird dann mit einem dunklen Kleid gleich auch "schwarzes Kleid" assoziiert.

Aber Du hast recht, es könnte sich auch um ein sehr dunkles Rot, Grün oder Blau handeln. Es gibt ja sogar den Farbton "Schwarz/Nachtblau".

Verstorbene auf der Totenbahre wirken oft - das ist hie auch auf zahlreichen der eingestellten Portraits zu sehen - älter als sie zu Lebzeiten waren.
Zwar erschlaffen mit Eintritt des Todes alles Muskeln, entspannen somit, auch die Gesichtszüge. Das Gesicht wirkt dann friedlich, entspannt eben, kann aber durch die Leichenstarre auch härter, ausdruckslos erscheinen.
Auch das (wie Du schon schreibst "Herrichten" des Verstorben kann zum Eindruck beitragen). Formelle Kleidung, hier das schwarze oder dunkle hochgeschlossene Sonntagskleid, das hinten gekämmte, hochgesteckte Haar.

Auch ich hatte das Mädchen beim ersten Betrachten des Bildes, ohne die Beschreibung gelesen zu haben für etwas älter gehalten.


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11.02.2020 um 09:38
@cute_lenore
@off-peak
ein wunderschönes Bild, trotz aller Trauer sehr friedlich und mit dieser Hintergrundgeschichte dazu, was für ein kämpfender Vater, wie schwer muss der Verlust gewesen sein.

Vielleicht hat man ihr auch das Haar bewusst hochgesteckt um die Schönheit ihres Gesichtes bewusst zu machen und zu wahren.


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Postmortem Fotografie

15.02.2020 um 13:32
Und niemand wundert sich darüber, dass der Vater die Tochter im Leichentuch mit der Straßenbahn transportiert hat?

Ich vermute, das Mädchen sollte auf dem Erinnerungsfoto so aussehen, wie es dem Vater am besten gefiel. Das Kleid aus wertvollem Stoff entspricht dem Berufsstand des Vaters. Der Blütenkranz und das Gemälde der Lilien im Hintergrund stehen symbolisch für Jungfräulichkeit. Das hochgesteckte Haar deutet darauf hin, dass sie bereits als Teenager gesehen wurde. Möglicherweise gab es erste Anzeichen der Pubertät.


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Postmortem Fotografie

15.02.2020 um 19:26
@Mazehare
Zitat von MazehareMazehare schrieb:Und niemand wundert sich darüber, dass der Vater die Tochter im Leichentuch mit der Straßenbahn transportiert hat?
Vielleicht fiel nicht auf, dass sie tot war und man glaubte, er fährt mit ihr ins KH?


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Postmortem Fotografie

16.02.2020 um 10:37
@off-peak

Ich meinte eher, dass ich mich darüber wundere.
Das ist doch sehr ungewöhnlich.
Die ganze Aktion zeigt, wie wichtig dem Vater das Foto war, aber es ist schon extrem.


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Postmortem Fotografie

16.02.2020 um 11:13
Ich habe mich auch darüber gewundert. Denn der Vater hätte den Fotografen doch bitten können, zu ihm nach Hause zu kommen. Das hätte außerdem noch den Vorteil gehabt, dass das Umfeld, in dem das Mädchen fotografiert wurde, das eigene gewesen wäre und das Bild für die Angehörigen realistischer gewirkt hätte.

So wirkt das eher wie eine schöne Geschichte, die um das Foto gestrickt wurde.


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16.02.2020 um 21:23
@AlteTante
Zitat von AlteTanteAlteTante schrieb:So wirkt das eher wie eine schöne Geschichte, die um das Foto gestrickt wurde.
Die möglicherweise gar nicht wahr ist, meinst Du?

Vielleicht ist es sogar eine Inszenierung, extra für Leute, die solche Bilder sammeln.


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Postmortem Fotografie

16.02.2020 um 23:38
Die Geschichte scheint zu stimmen. Brandes fühlte sich ohnmächtig, weil er im Krankenhaus nicht zu seiner sterbenskranken Tochter gelassen wurde (Ansteckungsgefahr) und die ganze Familie war wie gelähmt, als sie so plötzlich starb. Der Fotograf hatte schon kurz vor Astrids Erkrankung und Tod ein Foto von ihr mit ihrer Schwester gemacht, im Auftrag der Eltern:

Edith und Astrid Brandes 1890

Quelle:
https://tidsaand.no/tidslinjen/1890/november/19/georg-brandes-tiarige-datter-astrid-dor-av-difteri


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Postmortem Fotografie

17.02.2020 um 08:57
und sie war so ein wunderhübsches Mädchen. Schrecklich. Sehe gerade auch beim Vergrößern des Bildes, sie hat auf dem Bett liegend noch die Augen auf und eine Art Puppe sitzt auf ihrem Bauch. Vielleicht ihre Lieblingspuppe.
die Schicksale hinter solchen Bildern sind immer schlimm. Das ganze Leben noch vor sich gehabt.


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17.02.2020 um 09:31
@musikengel

Ja, die Puppe ist gleichzeitig auch ein Hinweis darauf, dass sie noch ein Kind ist. Sie bleibt für immer in diesem Übergangsstadium (Sie ist von Efeu umgeben, und Efeu steht für Ewigkeit.).


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17.02.2020 um 09:38
@Mazehare
habe ich wieder was dazu gelernt. Danke schön.


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Postmortem Fotografie

17.02.2020 um 15:29
Es wäre damals sicher relativ einfach gewesen dem Körper eines in ein Tuch gewickelten, nur 10 Jahre alten Kindes
unter dem Eindruck eines schlafenden oder von Krankheit erschöpften Kindes zu transportieren.
Das die Geschichte, der "Dramaturgie" geschuldet über die Jahre auch etwas modifiziert wurde ist sicher nicht von der Hand zu weisen.

Das sie aber komplett inszeniert wurde, um das Bild etwa für spätere Sammler interessant zu machen, dem würde ich widersprechen.

Dagegen sprechen auch die weiteren Informationen zur Historie der Familie Brandes.
danke für das Teilen Links hierzu @Mazehare
Astrid war zu Lebzeiten wirklich schon eine bildhübsche junge Dame, trotz des Alters.


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17.02.2020 um 15:53
@cute_lenore

Zudem war Brandes in Kopenhagen kein Unbekannter. Er gehörte damals zur "High Society", war dann aber etwas zu "progressiv" für die kleine Hauptstadt. Sein Bruder Edvard war Politiker, sein Bruder Ernst war Journalist und Schriftsteller. Auch Georg Brandes private Eskapaden waren damals Gesprächsthema. Astrid wurde übrigens in Deutschland geboren, sie und ihre Schwester haben eine deutsche Mutter. Tragischerweise wurde 1890 zum ersten Mal das Diphterietoxin (Giftstoff, der mit den Bakterien in den Körper gelangt) erfolgreich mit Hitze behandelt und als Antitoxin an Tieren getestet. Es gelang dadurch der Nachweis der Immunisierung durch diese Behandlung. 1891 wurden Versuche an Menschen unternommen, allerdings ohne Erfolg. Erst 1894 hatte man den Impfstoff so weit optimiert, dass er erstmals erfolgreich an Menschen getestet werden konnte.

Quellen:

Wiki Georg Brandes

Wiki Diphterie


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