@YoshiYoshi schrieb:Du hast recht, Selbstmord ist eine Gewalttat, aber solange man nicht andere mit in den Tod nimmt, oder so mit in den Selbstmord hineinzieht, kommt ja niemand außer der Selbstmorder zu schaden, und was er mit seinem Leben macht, ist ja ihm überlassen.
Es kommt niemand zu schaden??
Dieser Satz läßt mich nur fassungslos den Kopf schütteln, ich hoffe es liegt nur an einer Naivität deinerseits, daß du so einen Unsinn abläßt. Der Selbstmörder ist nicht mehr da, aber er hinterläßt quälende Fragen, Ängste, Traumata, die Hinterbliebene oft nach vielen Jahren noch nicht verarbeitet haben, denn jemanden durch Suizid zu verlieren ist noch viel schlimmer, als ein "normaler" Todesfall.
Und der Zugführer, vor dessen Zug sich jemand warf, der wird auch keine ruhige Nacht mehr haben können...
Viele Zurückgebliebene kommen selber nicht mehr zurecht und benötigen daraufhin Hilfe. Und sie verspüren auch -zurecht wohl- Wut, Hilflosigkeit, Ungewißheit...
Ich könnte dir von so einem Fall berichten, aber das möchte ich nach diesen groben Aussagen nicht mehr.
@GilbMLRSGilbMLRS schrieb:Nein, ich bin weder Idiot noch Soziopath aber mich kotzt es gewaltig an, dass das Innere eines Suizidanten nirgendwo zur Debatte steht, man verweist auf Hinterbliebene und nennt den Betroffenen einen Gewalttäter, stellt ihn womöglich noch auf eine Stufe mit Mördern ohne auch nur ein bisschen zu beleuchten, warum es so kam....
Mag es einen Grund haben, warum du so emotional an dieses Thema herangehst...?
(Du mußt nicht antworten.)
Natürlich muß man sich auch mit dem Selbstmörder beschäftigen, leider bringt das im Nachhinein nicht wirklich viel, also sollte es wichtiger sein, gefährdeten Menschen adäquate Hilfe zukommen zu lassen und die Signale richtig zu deuten. Was allerdings nicht nach Schema F verläuft, im Gegenteil kann die innere Not selbst den Nächsstehenden verborgen blieben.
Wenn du hier zu wenig für die Seite des Selbstmörders siehst, dann bringe doch etwas ein, anstatt so rabiat auf die völlig Falschen loszugehen. Du müßtest die Waagschalen gerechterweise zumindestens gleich gewichten.
Denn nur weil du die eine Seite hier als vernachlässigt empfindest, gibt dir, und niemandem sonst, dies das Recht, so abfällig über die weiteren Opfer so einer Tragödie zu reden. Denn WENN sich jemand erstmal umgebracht hat, sollte man sich wohl dorthin wenden, wo die Not am größten ist und das ist bei denen der Fall, die noch "greifbar da" sind.
Ich bleibe bei der Meinung, daß ein Selbstmord eine Gewalttat ist, und denke, sehr viele Menschen die einen in ihrer Umgebung erlebt haben, werden mir da vorbehaltslos zustimmen.
Muß denn Gewalt immer körperlich sein? Ahnst du nur im Entferntesten, welche
psychische Gewalt so ein Akt für einen Angehörigen ist, womöglich noch für jemandem, der seinen Liebsten durch Suizid verloren hat? Welche Wunde da gerissen wird? Vielleicht hast du deine persönlichen Erfahrungen oder Ansichten, aber deine Härte ist hier völlig fehl am Platze und psychologisch unangebracht, das wird dir jeder Fachmann bestätigen.
Und ja - auch sich selber tut man Gewalt an, ebenso wie man sich selber Gewalt antut, wenn man sich selber verletzt. Man muß sehr verzweifelt sein und äußerst leiden, um sich selber gegen den natürlichen Selbsterhaltungstrieb so zuzusetzen...
GilbMLRS schrieb:..kaum einer kommt auf die Idee, dass eine Krankheit dafür verantwortlich sein kann, keiner sieht den Aspekt, dass ein Suizidant eben nicht den selben Blick auf die Dinge hat wie ein kerngesunder Mensch, dems gut geht, keiner akzeptiert, dass in der Wahrnehmung eines Betroffenen evtl. gar kein anderer Ausweg ersichtlich ist...
Natürlich hat ein Selbstmörder einen verzerrten Blick auf die Realität und wird gar keinen Ausweg mehr als eben diesen sehen, das habe ich an keiner Stelle bestritten, ebenso wenig daß diese Menschen in vielen Fällen ganz dringend Hilfe benötigen würden, aber in einer "gesund sein müssenden" Gesellschaft einfach übersehen werden.
Auch bestreite ich die durch Krankheit, meistens schwerste Depressionen, andere Sichtweise nicht.
Aber du sagst doch selber, in seiner WAHRNEHMUNG existiert kein anderer Weg mehr, diese Wahrnehmung stimmt aber nicht mit der Realität überein.
Vor allem aber bringt sich der Selbstmörder in der Hoffnung auf ein endgültiges Ende oder eine Erlösung von seiner Qual um, doch wieweit WEISS er, ob seine Hoffnung tatsächlich erfüllt wird?
Ich finde es zu einfach, hier klassisch schwarz-weiß zu denken und den Selbstmörder als Opfer unanfechtbar in Schutz zu nehmen, ihn ausschließlich als wundes, gefangenes Tier, das von seinem Leiden erlöst werden möchte, zu sehen, vor allem, weil man ihn selber damit überhaupt keinen Gefallen tut! Er ist krank, ja. Aber er ist nicht durch seine Krankheit gestorben sondern durch seine freie Willensentscheidung, und mag diese auch noch so sehr durch diverse Faktoren beeinflußt worden sein, hat er sich BEWUSST für den Tod entschieden. Vielleicht aus Perspektivlosigkeit, vielleicht aus Hoffnung, vielleicht aus ganz anderen Gründen, derer es viele geben kann. Aber ER hat sich ENTSCHIEDEN und damit, sofern es denn Menschen um ihn gab, mit dieser Entscheidung auch andere negativ beeinflußt und wenn man diese Situation rein objektiv beobachtet kann man den Anteil Rücksichtlosigkeit bzw. Egoismus nicht einfach so unter den Tisch kehren.
Indem man die Ursachen beziehungsweise die ausschlaggebenden Faktoren psychischer Probleme auf Ebenen sucht, die einem selber unbeeinflußbar und darum als nicht existente Möglichkeit erscheinen, legt man sich selber eine Kette um, ohne es vielleicht überhaupt zu bemerken.
Ich unterstütze den Ansatz, daß JEDER aus seinen Tiefen wiederaufsteigen kann. Je schwieriger die Hindernisse sich dabei auftuen desto geneigter ist man an die Auswegslosigkeit zu denken, wobei die scheinbare Lösung Suizid auftaucht. Je massiver die Einflüsse die von außen auf uns einströmen werden, desto kleiner und hilfloser fühlen wir uns diesen gegenüber, machtlos in einer abwärts sinkenden Spirale gefangen.
Ich kenne manche Menschen, denen mehrere Psychiater unabhängig voneinander aufgrund enormer Suizidgefährdung nicht mehr als noch ein paar Monate zu leben gegeben haben da sie enormst schlimme Schicksalsschläge erlitten hatten welche wiederum zu psychischen Erkrankungen führten, und, was soll ich sagen, diese besagten Personen leben nicht nur noch, sondern sind mit der Zeit, ganz langsam und Stück für Stück, gewachsen anstatt einzugehen, auch wenn ihnen das damals unmöglich vorkam.
Beispiele für außergewöhnliche psychische Leistungen der Menschen gibt es immer wieder. Wir nennen sie nur außergewöhnlich, weil sie sich so aus der dahinvegetierenden Masse hervor heben, doch in Wirklichkeit haben wir noch nie ernsthaft darüber nach gedacht, ob diese Menschen nicht vielleicht einfach nur das Beste aus sich heraus geholt haben und ob wir dies alle ebenso können da in jedem Menschen ein gleiches Grundpotential enthalten sein muß.
Der Selbstmörder ist an seinem absoluten Nullpunkt angekommen.
Gilb ich weiß selber, wie sich dieser "Punkt" anfühlt.
Und an diesem Punkt wurde mir klar, daß ich es zumindest mir selber unmöglich machen werden, mich selber zu töten, (eine Ausnahme wäre eine völlig auswegslose Gesundheitssituation mit erheblichem Leiden, aber hier geht es ja hauptsächlich um psychische Faktoren) weil ich etwas gesehen habe, nämlich jene Verbindung zu einer Kraftquelle die dem Menschen mit seiner Mithilfe aus jedem Abgrund zu geleiten fähig ist. Soll ich da etwa die Ausnahme sein, oder habe ich nur etwas erkannt, daß es für alle zu erkennen gibt?
Warum nutzen wir bloß nicht das Jetzt und vertrauen lieber blind auf eine Erlösung, ohne selber an dieser mitzuarbeiten? Das kann nicht der Sinn des Lebens sein.
Ich kann nur betonen, daß in JEDEM die Kraft ruht, seinen individuellen Erlebnissen angepaßt, sich aus einer scheußlichen Situation zu befreien und es besser zu machen. Vielleicht empört dich auch das, aber ich halte es für die Realität, denn unser Leben ist das was wir daraus machen und nicht das, was wir daraus machen
lassen, das Potential dafür steckt in uns allen und würden wir es nutzen bekämen wir auch wieder mehrAchtung vor uns selber.
GilbMLRS schrieb:Suizid ist ein Ausdruck von Selbstbestimmung, nicht alles, was man macht muss anderen gefallen!! Man lebt nicht für andere, man lebt für sich selbst....und man stirbt auch für sich selber.
Jeder ist eine Insel? Nein, das ist eine sehr unsoziale Ansicht die nicht der Realität entspricht. Warum willst du diesen harten Schritt eines Selbstmörders unbedingt so verklärt darstellen?! Wir sind mit einem sozialen Netzwerk umgeben, somit haben wir Verantwortung für Familie, für Ehefrauen und -männer, für unsere Kinder... wäre es anders könnten wir uns in der Tat wann immer wir wollen aus dem Staub machen.
So funktioniert das Leben aber nicht, denn es ist auf Harmonie aufgebaut.
Eben sagtest du noch, daß der Selbstmörder aufgrund von Krankheit in seine für ihn auswegslose Lage kam und seine Wahrnehmung verändert ist, jetzt aber sprichst du von reiner Selbstbestimmung, das paßt nicht zusammen aber es paßt hingegen zu deinem, ich möchte fast sagen, "romantisierten" Bild dieser Tat.
GilbMLRS schrieb:Mag sein, dass es jemanden gibt der trauert
Mir wird wirklich übel bei so einer Ansicht .... hast du irgendeine Ahnung von dem Schock der Zurückgelassen, nur eine winzige Ahnung....?! Du redest als hätte jemand seine Lieblingsblume in den Mülleimer schmeißen müssen und nicht mehr.
Von einer Bekannten von mir brachte sich vor vielen Jahren eine ihrer nächststehenden Personen um, sie hat es bis heute nicht verarbeitet (trotz Therapie) und wird diese klaffende Wunde, dieses Trauma, ihr Leben lang mit sich herumtragen.
GilbMLRS schrieb:Muss keiner gut finden aber ich lebe in erster Linie für mich
Nein, so eine Einstellung darf man auch nicht gut finden, denn sie ist einer der Hauptgründe für diese kaputte Welt und kranke Menschheit.
GilbMLRS schrieb:Und eine ausschließlich gegen sich selbst gerichtete Gewalttat wird nirgendwo (vom Soldatengesetz abgesehen) bestraft.
Na dann kann es ja unmöglich eine Gewalttat sein. Omg.
Gilb, wenn dir Mitgefühl wirklich etwas sagt, dann kannst du es unmöglich nur für denjenigen empfinden, der Suizid begangen hat, sondern mußt(!) es auch für die Hinterbliebenen empfinden.