EnyaVanBran schrieb: Ein bissl und ein klein bissl mehr. Den Preis muss man zahlen wollen. Viele unterschätzen die Selbstständigkeit und geben nach kurzer Zeit wieder auf. Das muss einem eben liegen.
Ich glaube, man kann eben auch nicht immer abschätzen, was kommt. Mr Mary ist in der Gastro- und Eventbranche unterwegs - da kam durch Corona einiges in eine Schieflage. Erst monatelang zu, dann viel Personal weg ... er hat einen Freund, der eine kleine Schwarzwaldhütte betreibt (Vesper, einfach Übernachtungen, ....). Er ist am Durchdrehen, weil immer wieder völlig unerwartet Personal wegbricht (obwohl er richtig gut bezahlt). Aber die einsame Gegend macht den Job ziemlich unattraktiv.
Kohlhaas schrieb:Mir nötigt ein Mensch, der im kleinen Mittelstand selbstständig tätig ist, grundsätzlich erst mal Respekt ab. Es gibt viele AN, die mit ihrem AG unzufrieden sind, selber aber den Sprung in die Selbstständigkeit nicht wagen würden. 5-6 Wochen bezahlter Urlaub im Jahr, sechs Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, garantierte pünktliche Gehaltszahlung sind schließlich nicht zu verachten.
Ja, das sehen viele nicht - es ist aber mitunter auch wie mit Mietern und Vermietern - Idioten gibt es auf beiden Seiten. Du kannst in der Selbstständigkeit richtig Pech haben, erkranken, ... Da ist das als normaler AN einfacher.
Kohlhaas schrieb:Wenn du schilderst, dass ihr als Selbstständige nur 2 Wochen im Jahr Urlaub macht, mehr als einen Achtstundentag habt und ständig überlegen müsst, woher ihr die Aufträge an Land zieht, um AN und Betriebskosten und die eigene Altersvorsorge pünktlich zu bezahlen, ist das sicher nicht immer einfach.
Das ist in vielen Branchen so - siehe Beispiel mit dem Bekannten oben. Er muss halt noch viel "drum herum" machen, arbeitet aber gerade mindestens eine Schicht am Tag selbst, weil er einfach keine Leute herbekommt.
mitH2CO3 schrieb:Ich bin gerade etwas unsicher, ob ich ggf. das Thema verfehle, aber ich denke, dass es in vielen Bereichen Menschen gibt, die sog. „Autoritätsprobleme“ haben.
Ich glaube, es gibt auch Leute mit sehr überzogenen Erwartungen. Wenn es dann nicht so ist, dann ... und es gibt eben auch sehr unterschiedliche "Cheftypen" - vom Kumpeltyp bis zum unnahbaren Anzugträger. Da ist es eben auch eine individuelle Sache, wie man da klar kommt. Und es gibt Leute, wo es nie passt, es gibt immer was zu meckern und zu heulen.
EnyaVanBran schrieb:Ich denke, jeder hat das Recht, nach seinen Leistungen bezahlt zu werden. Und meistens ist es eben so, dass der Chef die meiste Arbeit hat. Zumindest ist das bei uns so.
Mitunter tendieren AN auch dazu, ihre Leistungen völlig zu überschätzen. Bei Mr Mary im Betrieb hat kürzlich jemand probegearbeitet, die trotz erklärtem Dresscode am ersten Tag in anderen Klamotten auftauchte, dann wurde das Probearbeiten verschoben. Dann hat sie ewig diskutiert, warum man außerhalb der Pausen nicht mal kurz aufs Handy schauen kann. Überhaupt wusste sie alles besser und wollte gleich ins Management mit rein ....
Der running gag ist immer noch, dass das Arbeitsamt jemanden geschickt hat, der sollte als Vollzeitspül- und Küchenhilfe anfangen - alleinerziehende Mutter, seit 12 Jahren arbeitslos. Sie hatte gleich eine riesige Klappe, wie überqualifiziert sie doch sei und hat auch angeboten, sie könnte ins Management einsteigen. Die Spülleistung war sehr mäßig - war aber egal, weil sie nach einem Tag sowieso die Segel gestrichen hat, weil man ihn "keine individuellen Weiterentwicklungsmöglichkeiten angeboten hat, sie viel schlauer war als der Rest und das niemand abkonnte ...".
sacredheart schrieb:Ich würde erst mal zwischen sichtbaren AGs (kleinere Firma) oder für den Einzelnen unsichtbare AGs (Tesla, Amazon, Mercedes-Benz) unterscheiden. Beim erlebbaren AG dürfte der Eindruck vor allem aus echtem Erleben stammen.
Ich denke, das ist echt sehr differenziert. Mein Opa war hier der Dorfbäcker - der hatte zu seinen Gesellen ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Dafür hat der Geselle auch ohne zu Murren wochenlang die Bäckerei alleine geschmissen, als Opa einen Bandscheiben-
vorfall hatte, als die Ehe kriselte und Alkohol ein Problem war, lebte der Geselle bei meinen Großeltern, bis wieder alles in der Spur war und es war selbstverständlich, dass man sich gegenseitig auf große Familienfeiern einlädt.
Mr Mary arbeitete nun in einigen Gastrobetrieben (neben dem Eventbusiness). Da gibt es - trotz vergleichbarer Größe- auch echt Unterschiede: Beim Einen durften wir, als die Kids noch klein waren, z.B. kostenfrei den Pool nutzen (zu begrenzten Zeiten, aber es war echt nett), bei dem anderen müssen die Mitarbeiter für Getränke in der Schicht bezahlen und sich testieren lassen, wenn sie Leitungswasser zapfen ... sind halt völlig unterschiedliche Sichtweisen.
sacredheart schrieb:Und im Bild des Fabrikbesitzers, der mit dicken Herrenringen an den Händen, Zylinder, Monokel und Zigarre mit weißem Schal um den Hals die Halle inspiziert, ein Glas Champagner in der Hand, errötenden jungen Frauen in den Hintern kneift und faul wirkenden Arbeitern mit einer kurzen Reitgerte eins überzieht, finde ich mich jetzt auch nicht recht wieder.
Auch da... Ich habe in den Semesterferien zweimal in einem Hotel gejobbt, wo der Besitzer einfach sehr kühl und arrogant war. Er sprach z.B. die Zimmermädchen nicht an, sondern ließ immer das head housekeeping ausrufen, wenn er ein Anliegen hatte. Das gleiche im Restaurant. Das war vor dem Mindestlohn und er hat die Leute echt ziemlich ausgebeutet.
Positive Nebeneffekte: Es war ein riesiger Zusammenhalt unter den Kollegen und, da er so unsympathisch war, haben die Leute ohne Skrupel auch ihre persönlichen Vorteile ausgelebt. Z.B. hat die Wäscherin immer heimlich noch nebenher ihre eigene Wäsche gemacht, der Koch heimlich Essen für die Angestellten zum Mitnehmen gekocht, .... Vermutlich wären die Leute ehrlicher gewesen, wenn er netter gewesen wäre.
EnyaVanBran schrieb:Es kommt eben immer wieder vor, dass man von Leuten deshalb etwas schief angeguckt wird (um es salopp zu sagen). Ich hatte in der Hundeschule z.B. eine Dame, die hat sich nie zur Gruppe gesellt, wenn wir Pause hatten. Bis mir dann mal eine andere Kursteilnehmerin gesteckt hat, dass sie meint, ich wäre hochnäsig, wegen Firma und so. Dabei hat diese Frau nicht ein einziges Wort mir mir gewechselt, hat mich also nur aufgrund unserer Firma abgestempelt :D
Ach ... das ist ja nicht dein Problem, sondern deren Problem. Es gibt immer wieder Leute, die da seltsam agieren.