@martenot Ehemalige Wohnorte zu vermissen finde ich absurd. Wenn es mir irgendwo gefällt, dann bleibe ich zumindest in der Nähe. Wenn's mir nicht (mehr) gefällt, ziehe ich ohne Groll von dannen. Home is were you hang yourself! Ich bevorzuge gut hanseatisch "Mein Feld ist die Welt" - auch wenn sie sich seit Jahrzehnten auf einen öden Landstrich in Südtondern beschränkt.
Zur Frage nach "Heimat" und "Zuhaus" habe ich mich schon mal ausgelassen:
Heimatkunde aus meinem Munde (und dem anderer):
Ach ja, die liebe Heimat - ohne die es keine Heimatmusik, keine Heimatfilme und keine Heimatromane gäbe.
Wie schrieb Wiglaf Droste noch:
Schön ist die Heimat
So man sie hat
Schön auch der Hering
Besonders der Brat-.
Für Dialektiker:
wensd niad fuaddgäisd
halzdas
dahoim
niad lang as.
(Eugen Oker, Oberpfälzer Schriftsteller.)
Ich halte es da eher mit dem Spruch: Any place I hang my hat is home.
"Home is where you hang yourself", sagt meine Frau. Heimat ist da, wo man sich aufhängt, vermutlich aus Langeweile. Manchmal ist Heimat aber auch da, wo einen andere aufhängen (wollen) - dazu genügt es, Asylbewerber, Kriegsflüchtlinge oder -vertriebene zu befragen.
Heimat ist mir persönlich so etwas von egal. Ich habe mich frühzeitig von meinem Elternhaus entfernt, bin durch die BRD gezogen, im Ausland gewesen - so etwas wie "Heimat" war mir immer zu schwammig, um mir wichtig zu sein. Es gibt Orte, an denen ich mich lieber aufhalte, als an anderen, wo ich mich wohler fühle - aber mit "Heimat" hat das nichts zu tun. Heimat kann überall sein - oder muss auch nirgends sein.
Ich als Exil-Hanseat halte es da lieber mit Albert Ballin:
"Mein Feld ist die Welt"
"Heimat" klingt mir zu sehr nach Ganghofer, Sepp-Depp und Wildecker Herzbuben.
Wer zu tief verwurzelt ist, übersteht einen Ortswechsel nicht.
Ich bin ein ebenso heimatloser wie vaterlandsloser Gesell.
Es gibt Orte, an denen ich mich aufhalte und Orte, an denen ich lebe.
Ich hänge jedoch an keinem dieser auswechselbaren Orte.
Damit komme ich seit mehr als einem halben Jahrhundert ganz prima zurecht.
"Home is a grave", wie meine Liebste sagt. Was durchaus doppeldeutig sein kann: Ich kann mich in der Heimat wie begraben fühlen - oder erst im Grab heimisch werden. Letzteres wohl zwangsläufig.
Ich lebe hier am Rand der BRD, wohne und arbeite da recht gern, weil das Land platt ist, die Leute schweigsam sind und das Wetter depressiv macht.
Ich kenne hier mittlerweile nahezu jede/n BewohnerIn (gibt ja nicht so viele), jede Strasse, jeden Baum und jeden Strauch. Ich fühle mich verankert und akzeptiert, wenngleich nicht von allen. Aber ich will ja auch nicht jedermanns Freund sein.
Ist das schon Heimat oder noch Zuhause? Ist Heimat immer nur dort, wo man herkommt? (Na, dahin sehne ich mich nicht zurück!) Oder ist Heimat vielleicht ein imaginärer Sehnsuchtsort, dort, wo man gerade nicht ist? Heimat als Fata Morgana?
Brauchen Menschen Heimat? Bietet ihre Heimat auch Platz für Menschen, die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind? Schliesst die vertraute Heimat das "Fremde" aus?
Ist man ohne Heimat heimatlos und entwurzelt? Ist Heimat immer nur dort, wo man gern ist?
So viele Fragen, die sich sicherlich nur individuell beantworten lassen.