Gendern zur Pflicht machen?

Optimist schrieb:Beim Gendern gehts aber eben hauptsächlich um Gefühle und Wahrnehmungen - nämlich ob sich jemand durch das gM nicht genug gesehen fühlt, obwohl ja alle mitgemeint sind.

Aber woher weißt du das? Wenn ich zum Beispiel an frühere Zeiten denke, wundere ich mich über diese Aussage, denn Frauen konnten lange Zeit nicht jeden Beruf machen, oder waren überwiegend Hausfrauen/Mütter. Auch in der Politik waren sie nicht erwünscht. Sie wurden so bei vielen Dingen ohnehin nicht angesprochen - und so sprach man eben nur die Männer an, was heute als generisches Maskulinum bezeichnet wird. Sprache ändert sich stetig - sie bleibt nie gleich.

Also stimmt diese Aussage wirklich, dass Frauen mitgemeint sind, obwohl sie lange nicht mal richtig Teil des Lebens waren? Gibt es das generische Maskulinum überhapt?

Hatori schrieb:Also stimmt diese Aussage wirklich, dass Frauen mitgemeint sind, obwohl sie lange nicht mal richtig Teil des Lebens waren?

ja, ich fühlte mich immer mitgemeint... und störte mich nie daran, dass mein Geschlecht nicht explizit genannt worden worden war.

Mein Beruf z.B. hatte auch eine männlich klingende Form (die als gM benutzt wurde). Das störte mich in keinster Weise und hielt mich nicht ab, diesen zu erlernen.
Und später machte ich auch noch eine andere Berufsausbildung - auch mit einer Berufsbezeichnung im gM. Da das Gleiche - war kein Hinderungsgrund.

Und so gehts vielen Frauen die ich kenne, die gehen zum Bäcker, hatten Lehrer und gehen zu Ärzten ohne sich dabei zu denken - huch, das sind ja vielleicht alles Männer ;)

Was ich damit sagen will:
Es ist eben wirklich immer nur Wahrnehmungssache der jeweiligen Person die mit dem gM konfrontiert wird.

Hatori schrieb:denn Frauen konnten lange Zeit nicht jeden Beruf machen, oder waren überwiegend Hausfrauen/Mütter.

das lag an gesellschaftlichen Strukturen, am System wenn sie dieses und jenes nicht durften oder es verpönt war, jedoch nicht an der Sprache.
Dass es dennoch manche so empfinden oder manche Studien es belegen, dass die Sprache da einen großen Einfluss hat, daran kann ich nichts ändern - ich habe das halt noch nie so gesehen.

Optimist schrieb:das lag an gesellschaftlichen Strukturen, am System wenn sie dieses und jenes nicht durften oder es verpönt war, jedoch nicht an der Sprache.

die Sprache spiegelt das aber wieder und bestätigt die Strukturen, erhält die Strukturen. Sprache hat Macht. Wie Worte, Sprache an sich benutzt wird ändert unseren Blickwinkel, beeinflusst unsere Denke, beschreibt unser Weltbild und transportiert es.

Tussinelda schrieb:die Sprache spiegelt das aber wieder und bestätigt die Strukturen, erhält die Strukturen. Sprache hat Macht. Wie Worte, Sprache an sich benutzt wird ändert unseren Blickwinkel, beeinflusst unsere Denke, beschreibt unser Weltbild und transportiert es.

Korrekt.

Die Macht des Genderns in der Sprache liegt darin, dass sie die Art und Weise beeinflussen kann, wie wir über Menschen und ihre Identitäten denken und sprechen. Indem wir geschlechtergerechte Sprache verwenden, können wir dazu beitragen, Vorurteile und Stereotypen zu bekämpfen, die mit traditionellen Geschlechterrollen verbunden sind.

Schnapspraline schrieb:Indem wir geschlechtergerechte Sprache verwenden, können wir dazu beitragen, Vorurteile und Stereotypen zu bekämpfen, die mit traditionellen Geschlechterrollen verbunden sind.

damit wird man aber mMn z.B. keinen einzigen Homophoben dazu bringen können, keine Voruteile mehr gegen Homosexuelle zu haben.
Und bei Transgender und Diverse glaube ich auch nicht, dass sich da irgendeine Meinung von Menschen ändert, die diesbezüglich Vorurteile haben.

Dazu braucht es immer wieder Aufklärung usw. Jedoch glaube ich nicht, dass Gendern Aufklärung bewirken kann.
Da kommt in dem Denken dieser Leute mMn eher sowas auf:
meine Güte, reicht es nicht, dass die ihre Straßenfeste haben und in Serien das alles thematisiert wird (was ich übrigens sehr gut finde) - müssen die uns jetzt auch noch mit dem Gendern belästigen?

Wie gesagt, ich denke, mehr Aufklärung (wie das eben auch in so manchen Serien im wahrsten Sinne des Wortes spielerisch geschieht) ist viel effektiver als nun unbedingt das Gendern (mit Sonderzeichen) "salonfähig" zu machen.

Optimist schrieb:Aber ich denke, auch allgemein kann man das nicht so pauschal sagen.

Achso.
Aber über Genderbefürworter:innen kann man allgemeine Urteile fällen?

Optimist schrieb:Man kennt doch die Leute gar nicht im Einzelen, die sich übers Gendern beklagen, was die konsumieren oder auch nicht.

Ich rede natürlich von denen, die sich sowohl zum Thema Medien, als auch zum Thema Gendern äußern.

Optimist schrieb:damit wird man aber mMn z.B. keinen einzigen Homophoben dazu bringen können, keine Voruteile mehr gegen Homosexuelle zu haben.

Homosexualität und Gendern sind übrigens Sachverhalte, die sich nicht unbedingt stark überlappen. Wenn man homosexuell ist, ist man nicht unbedingt ein Befürworter des Genderns, und ob alle Genderbefürworter sich auch für die Rechte der Homosexuellen stark machen, weiß ich nicht (es kann sein, aber muss nicht zwingend der Fall sein).

fischersfritzi schrieb:Ich rede natürlich von denen, die sich sowohl zum Thema Medien, als auch zum Thema Gendern äußern.

ich glaube, wir reden hier bisschen aneinander vorbei.

martenot schrieb:Homosexualität und Gendern sind übrigens Sachverhalte, die sich nicht unbedingt stark überlappen. Wenn man homosexuell ist, ist man nicht unbedingt ein Befürworter des Genderns, ....

da hast du natürlich Recht. Von der Seite muss man das nämlich auch mal sehen.

Optimist schrieb:das lag an gesellschaftlichen Strukturen, am System wenn sie dieses und jenes nicht durften oder es verpönt war, jedoch nicht an der Sprache.

Ich sehe das auch so wie @Tussinelda :

Tussinelda schrieb:die Sprache spiegelt das aber wieder und bestätigt die Strukturen, erhält die Strukturen.

Früher wurden ja auch abscheuliche Wörter für Menschen benutzt. Das würde diese These unterstreichen.

Hatori schrieb:Früher wurden ja auch abscheuliche Wörter für Menschen benutzt. Das würde diese These unterstreichen.

das mag ja wirklich auf manche Worte (und somit partiell auf Sprache) zutreffen. Dennoch sehe ich es nicht so, dass die Sprache nun wirklich so viel im Denken und somit bei Vorurteilen bewirken kann.

Wer z.B. Rassist ist, der wird es blieben, auch wenn er bestimmte Worte nicht mehr sagt oder sogar die Menschen die er nicht mag dann politisch correkt benennt.

Und so ähnlich sehe ich das auch beim Gendern.

Optimist schrieb:ich glaube, wir reden hier bisschen aneinander vorbei.

Dann erklär doch bitte nochmal was du meinst.
Ich hatte hier meinen Eimdruck formuliert, darauf hast du geantwortet und jetzt meinst du wir reden aneinder vorbei? Wo denn genau?

Optimist schrieb:Dennoch sehe ich es nicht so, dass die Sprache nun wirklich so viel im Denken und somit bei Vorurteilen bewirken kann.

Vielleicht nicht bei älteren Menschen, aber wenn man Jüngeren eine gewisse Sprache beibringt, mag das einen Effekt haben.

Ich sag immer, Sprache macht Menschen (oder habe das irgendwo so aufgeschnappt). :)

Würde ich z.B. jeden Tag "Na, du A....", zu meinem Kumpel sagen, wird er vielleicht irgendwann keine Lust mehr auf mich haben.

Optimist schrieb:Wer z.B. Rassist ist, der wird es blieben, auch wenn er bestimmte Worte nicht mehr sagt oder sogar die Menschen die er nicht mag dann politisch correkt benennt.

Ja, das denke ich auch. Tatsächlich lese ich von Menschen mit populistischen oder konservativen (nein, ich will diese beiden Gruppen ausdrücklich nicht vermischen) Ansichten gerne mal in den soz. Medien Posts, in denen sie Gendersprache extra überspitzt nutzen. Einfluss hat diese Form der Sprache auch nicht auf sie. Aber nur weil wir da differenzieren, heißt das ja nicht, dass andere das auch können.

Hatori schrieb:Würde ich z.B. jeden Tag "Na, du A....", zu meinem Kumpel sagen, wird er vielleicht irgendwann keine Lust mehr auf mich haben.

naja, das ist ganz klar und das sehe ich auch als etwas anderes an, wäre nämlich eine Beleidigung.

Nur gehts ja beim Gendern darum, dass da Gruppen bezeichnet werden - also niemanden der speziell vor einem steht (so jemanden würde ich ja sowieso nur mit seinem Namen anreden).
Und da sehe ich nach wie vor keine Diskriminierung, keine Zurücksetzung oder Abwertung und schon gar keine Beleidigung wenn man über gemischte Gruppen mittels des gM spricht.
Ich weiß ja, das das Andere anders sehen, aber ich teile eben diese Auffassung nicht.

keine Diskriminierung, keine Zurücksetzung oder Abwertung...wenn man über gemischte Gruppen mittels des gM spricht.

wenn es danach ginge, müsste sich ja eine Mehrheit der Frauen herabgesetzt fühlen, aber noch ist ja eine Mehrheit dafür, weiterhin das gM zu benutzen.

fischersfritzi schrieb:Dann erklär doch bitte nochmal was du meinst.

ich konnte mit deiner Antwort nichts anfangen, weil die in meinen Augen irgendwie nicht zu meiner Aussage passte.
Aber das jetzt aufzudröseln, hätte ich jetzt nicht so die richtige Lust (bitte nicht übel nehmen, ist nicht gegen dich gemeint)

Optimist schrieb:das mag ja wirklich auf manche Worte (und somit partiell auf Sprache) zutreffen. Dennoch sehe ich es nicht so, dass die Sprache nun wirklich so viel im Denken und somit bei Vorurteilen bewirken kann.

das ist aber erwiesen.

Hatori schrieb:Also stimmt diese Aussage wirklich, dass Frauen mitgemeint sind, obwohl sie lange nicht mal richtig Teil des Lebens waren? Gibt es das generische Maskulinum überhapt?

Zu dieser Frage habe ich heute zufällig einen interessanten Artikel gelesen:

https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/das-generische-maskulinum-gab-es-schon-im-althochdeutschen-18787538.html

Unter anderem sprechen sie vom Begriff "Bürger".
Nun bin ich kein Sprachwissenschaftler und kann das inhaltlich nicht bewerten. Aber offenbar sind generisch maskuline Formen, zumindest bestimmte Begriffe, schon "recht lange" in Gebrauch und es wurden Männer wie Frauen gemeint.

fischersfritzi schrieb:Und Ordensmensch sagen,

Geht leider nicht, da maskulin und schließt damit dann wieder alle anderen aus
https://www.duden.de/rechtschreibung/Mensch_Lebewesen_Individuum

Tussinelda schrieb:Person ist eine geschlechtsneutrale Bezeichnung.

Es mag sein, dass das geschlechtsneutral verwendet wird, aber der Duden und ich sind uns einig, dass Person feminin ist
https://www.duden.de/rechtschreibung/Person

@alibert
ein Mensch ist immer neutral, genau wie eine Person. Es gibt da keine Ableitung auf irgendein Geschlecht, keine andere Form. Ist der Säugling nur ein männlicher Säugling? Gibt es da überhaupt eine feminine Form? Das wurde hier auch alles schon genauestens erläutert, per links von Sprachwissenschaftlern.
Müssen wir das noch einmal durchkauen?

Hatori schrieb:Gibt es das generische Maskulinum überhapt?

Es gibt das generische Maskulin. Und das ist auch klar definiert. Das ist unteranderem auch geschlechtsneutral. Es kommt eben auf den Kontext an.

Tussinelda schrieb:das ist aber erwiesen.

Mit zweifelhaften Studien....

alibert schrieb:Geht leider nicht, da maskulin und schließt damit dann wieder alle anderen aus

Nein, das ist falsch.

Aber es zeichnet sich gerade ab, dass es wohl keine Lösung gibt, die dich zufrieden stellt.
Da hilft nur, einfach gar nix sagen.
Schweigen ist Gold.

Aniara schrieb:Es gibt das generische Maskulin. Und das ist auch klar definiert.

Vielleicht greift meine Frage zu weit zurück, aber wer hat das so festgelegt?