sacredheart schrieb: Ich habe auch den Eindruck, dass eine gewisse Sorglosigkeit im Umgang mit Geld eher zunimmt. Wenn ich mir bei uns Berufsanfänger angucke, die ja noch nicht so viel zusammengespart haben können, dann gönnen die sich zum Start schon mal gerne ein Auto für über 50.000 Euro. Es kann ja auch jeder tun was er will, aber es langweilt dann, wenn die sich beschweren, dass sie gar nicht wissen, wo das Geld bleibt.
Du kannst nun halt auch alles finanzieren - letztes Weihnachten hat unser Real damit geworben, dass du die Lebensmittel vom Weihnachtseinkauf in Raten abzahlen kannst. Autos werden ja oft finanziert, ein anderes Problem sind nun auch Wohnraum, egal ob Miete oder Kaufen - das haben die Preise ja auch heftigst angezogen. Bei meiner Tochter auf dem Gymnasium sind z.B. Macbooks auch fast "Standardausstattung", wo du dir sagst "Hä?".
Dazu kommt noch Anspruchsdenken. Mr. Mary hat vorhin mit einem Gastrobetreiber telefoniert - dem sind während Corona einige Angestellte abhanden gekommen und 3/4 der Leute, die das Arbeitsamt vorbeischicken wollte, kommt erst gar nicht zum Vorstellungsgespräch "Gastro ist nichts für mich, also lieber bleibe ich arbeitslos ...".
sacredheart schrieb:Wir hatten mal eine Azubi, eigentlich ein ganz liebes Mädchen, die mir auch mal erzählte, dass sie mit dem Geld absolut nicht auskommt. Aber die kam jeden Tag mit nem fertigen Riesenbaguette von der Tanke und einem Latte machiato von selbiger Tanke an. Wenn ich nur 1000 Euro im Monat habe und für eine Mahlzeit am Tag für 1 Person schon nen Zehner lege, dann klappt das halt nicht.
Ich glaube, ganz viele Leute kapieren wirklich nicht, dass es v.a. auch das "Kleinzeug" ist, was finanziell am Ende ein riesiges Loch reißt. Genauso ist es die Liebe zum Fastfood. Bei uns im tiefsten Schwarzwald gab es ewig keins - als dann endlich ein Burger King aufmachte (gute 35km von hier) sind da wirklich Leute als Sonntagsevent hingefahren. Dabei ist das Zeug nicht nur ungesund, sondern auch teuer.
Wir hatten schon Eltern, die ihr Kind nicht mit auf Klassenfahrt geschickt haben, weil es in der Jugendherberge nur Tee und Wasser gab "mein Kind trinkt nur Softdrinks" - darauf waren die auch noch stolz.
sacredheart schrieb:Allerdings ist es ja noch mal ne Hemmschwelle Freunde um Geld anzuschnorren. Bei ihr mussten glaube ich immer die Eltern nachbessern. Die hatten ja auch versäumt, ihr so ein paar Grundideen mit auf den Weg zu geben.
Ich glaube, wenn du Bekannte anschnorrst, ist es schon ziemlich weit gekommen. Wären meine Kinder nun pleite, wäre ich nicht begeistert, aber würde sie raushauen. Meine Schwester hat sich auch mit Freund ein Haus gekauft, dann war Schluss und mein Vater hat ihm zähneknirschend die Hälfte abgekauft, sonst wäre sie durch die ganzen Steuern, etc. auch bei Wiederverkauf auf einem riesigen Schuldenberg gesessen.
Stan_Marsh schrieb: Ja, wobei ich manchmal schon nachvollziehen kann, dass sich auch sozial benachteilige Leute gerne was gönnen. Haus, schöne Wohnung, Auto, Urlaub, etc. alles nicht drin, aber wenigsten Kaffee und Brötchen, das muss doch möglich sein...
Ja, viele richtig arme Leute haben eben auch wenig Infrastruktur. Ich habe ja schon oft geschrieben - ich habe 10 Jahre lang auch unter dem Existenzminimum gelebt - das beinhaltete, dass ich keinen Kühlschrank hatte (hätte gar kein Platz dafür gehabt) und nur eine Kochplatte. Sonntags habe ich dann auch ab und an z.B. einen Döner geholt, obwohl das mein Budget gesprengt hat. Aber es gab das Gefühl, doch irgendwie "dazu zu gehören", nachdem viel anderes nicht ging.
Allerdings ist es ja gerade das, was dafür sorgt, dass sie da nie wieder aus dem Loch kommen, wenn sie das häufig machen.
Stan_Marsh schrieb: Mir wäre das auch viel zu teuer, wenn man das über die Zeit rechnet. Obwohl ich solche täglichen Ausgaben nicht merklich spüren würde. Ist halt immer einfacher auf etwas zu verzichten, was man sich locker leisten könnte.
Solche Ausgaben sind schon so eine Art "Armensteuer", wenn man mehr Spielraum hat, dann kann man viel eleganter optimieren und auch eine Menge Geld sparen.
Das stimmt auch - ich fahre halt zu Aldi oder kaufe irgendwo Sonderangebote, während die Rentnerin ohne Auto und mit kleiner Rente halt mit dem Bus zu Real fährt, weil Aldi mit Öffis nicht zu erreichen ist. Kommt auch auf das "Mindset" an - wenn ich das als "Luxus" ansehe, mir was zu essen zu kaufen, dann empfinde ich es als Verzicht, wenn ich das nicht mache. Wenn du gelernt hast, dir leckere Pausenbrote selbst zu schmieren, dann siehst du das nicht so.