Ich muss
@MissMary zustimmen, unbezahlte Praktika sind immer eine Möglichkeit, um positiv im Gedächtnis zu bleiben und so unter Umständen später an einen Job oder eine Ausbildung zu kommen.
Ich hab ja selbst eine ziemlich schiefe Biographie. Ich leide seit meiner Jugend unter psychischen Beeinträchtigungen. Das Abi habe ich noch mit einem mittelmäßigen Abschluss geschafft, aber ein familiärer Schicksalsschlag kurz vor Beginn meines Studiums hat dann dafür gesorgt, dass ich dieses schon nach einem Semester abgebrochen habe und dann erst mal eine Ausbildung beginnen wollte. Weil ich in dem Jahr keine mehr gefunden habe, hab ich die Wartezeit mit einem zehnmonatigen Praktikum in einem Kindergarten überbrückt, durch dass ich es geschafft habe, einen Platz für die Erzieherausbildung zu kriegen.
Aber meine Probleme waren dadurch noch da. Musste die Ausbildung immer wieder unterbrechen, um in stationäre Therapie bzw. eine Tagesklinik zu gehen und habe sie dann nach mehreren Jahren ganz abgebrochen. Da war ich dann schon Mitte 20, habe aber erst mal 11 Monate eine medizinisch-berufliche Reha gemacht, um zum einen wieder Vollzeit arbeitsfähig zu werden, mir zum anderen endlich mal richtig Gedanke drüber zu machen, in welche Richtung meine berufliche Zukunft gehen soll und meine Pläne dann auch in Form von zwei zum Teil mehrmonatigen Praktika auszutesten.
Meine Erfahrungen mit der Arbeitsagentur in dieser Zeit waren durchwachsen. Was mir geholfen hat: Hartnäckigkeit, die Unterstützung der Fachleute in der Reha und eben auch die einschlägig absolvierten Praktika. Damit, dass ich eine Umschulung nur überbetrieblich machen durfte, musste ich mich abfinden. Mit der pauschalen Aussage, dass es meine Wunschausbildung als seine solche Umschulung nicht gibt, wollte ich es nicht. Ich habe selbst recherchiert und ein Berufsförderungswerk, das einzige in ganz Deutschland, dass die entsprechende Umschulung anbietet, gefunden. So auf den eigenen Fehler aufmerksam gemacht, blieb der Arbeitsagentur kaum etwas anderes übrig, als mir diese spezielle Ausbildung zu bewilligen. Obwohl es vorher z.B. hieß, mir würde keine Umschulung zur Kauffrau bewilligt, weil dieser Zweig so überlaufen wäre, Stellen in meinem jetzigen Beruf aber noch viel schwieriger zu kriegen, weil seltener, sind (ich arbeite als Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste in einer Bibliothek - man vergleiche die durchschnittliche Anzahl von Büro je Stadt mit dem von Bibliotheken je Stadt).
Diesen Eignungstest der Arbeitsagentur musste ich übrigens trotzdem machen, wenn man sich nicht ganz blöd anstellt ist der durchaus machbar und eher eine Formsache. Das dreizehnseitige Gutachten meiner Psychologin und die Praktikumsberichte hatten vermutlich mehr Gewicht.
Auch den Umstand, dass ich mittlerweile unbefristet im öffentlichen Dienst arbeite, verdanke ich unbezahlten Praktika, zum Teil noch denen, die ich damals im Rahmen der Umschulung absolviert habe. Wie gesagt, die Stellen in meinem Berufsfeld sind rar gesät, sodass da niemand auf jemanden wartet, der die Ausbildung noch nicht mal in einem Betrieb absolviert hat. Demnach war ich nach meinem Abschluss erst noch eine Weile arbeitslos, ehe ich mich aufgerafft habe und in einer Bibliothek, in der ich zuvor schon war, angefragt habe, ob ich noch mal ein unbefristetes Praktikum machen kann. Einfach, um Arbeitserfahrung zu sammeln. Die fällt ja nun auch nicht vom Himmel.
Aus diesem Praktikum entwickelte sich zuerst eine von der Agentur geförderte, befristete Stelle. Als dann bei mir in der Nähe in einer anderen Bibliothek eine Stelle ausgeschrieben wurde, hatte ich zum einen Erfahrung, zum anderen ist es in meiner Branche üblich, dass die Bibliotheksleitungen untereinander telefonieren, um die tatsächlichen Qualifikationen eines Bewerbers abzufragen. Man kennt sich hier zumindest innerhalb der Region halt persönlich. So kam ich letztendlich dahin, wo ich heute bin.