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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

101 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Arbeit, Wirtschaft, Mindestlohn ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 15:43
@Heide_witzka

Nein, natürlich nicht, ich sehe das hier aber auch nicht als Lösungsfindung mit dem Ziel es dann als gesammeltes Werk an irgendeine Partei zu schicken sondern als Meinungsaustausch.
Ich habe (hier) gelernt mich mit solchen "genauen" Äußerungen zurück zu halten, weil dann (vor allem, wenn die eigene Meinung schon im Eingangspost benannt wird), der Fokus nur noch auf dieser liegt statt auf dem Thema an sich.
Es geht nicht darum was ich denke oder vorschlage, ich bin nur eine Meinung von vielen, sondern darum verschiedene Meinungen zu sammeln, zu hören, ggf. zu hinterfragen.

Wenn du meinen persönlichen Fall willst was Einschränkungen und sowas angeht:
Ich kaufe, wenn ich nicht gerade für meine Katzen mit einkaufe, für mich selbst für unter 10€ die Woche ein, ich habe nicht mal einen Kühlschrank, der frisst nämlich zu viel Strom. Ich habe keine überaus kostspieligen Hobbies oder Bedürfnisse, keinen Anspruch auf viel Platz. Meine Prioritäten liegen woanders. Aber ich bin nicht die Welt und schon gar nicht der Durchschnitt und nur weil ich so lebe oder es kann bedeutet das noch lange nicht, dass es auch anderen zuzumuten ist oder sein sollte. Andere haben andere Bedürfnisse und diese sollten in einem angemessenen Maß respektiert werden.
Die Frage ist also in welchem? Um sich ein Bild dazu machen zu können wäre es gut oder notwendig so viele verschiedene Stimmen und Meinungen, Lebenssituationen usw zu hören wie möglich.
Alles andere würde sonst entweder auf Egozentrik oder Einzelfälle aufbauen oder wäre reine Spekulation/Zumutung.
Ich möchte mir keine (feste) Meinung zu den Bedürfnissen oder Umständen anderer Menschen bilden bzw irgendwas in der Form äußern, das mir dann als so eine zugeschrieben wird. Ich kann deshalb nicht in Form von nackten (festen) Zahlen darüber urteilen was andere Menschen brauchen oder bräuchten um zufrieden zu sein. Ich bin aber der Meinung, dass sie zufrieden sein sollten oder mindestens das verdient hätten, wenn sie so einer Arbeit nachgehen, nur schon weil sie einer Arbeit nachgehen, ganz gleich welcher.
Mein Ziel ist also nicht "die Zahl" sondern der Meinungsaustausch an sich.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 15:52
Zitat von gastricgastric schrieb:Und genau da kommen wir eben zur frage, was ist möglich, was ist nötig? Ich sags dir, wie es ist: ich komme nicht auf 100€ im monat an reinen lebensmittelkosten und das, obwohl ich hochwertig einkaufe
OK, für 3 EUR am Tag essen - das ist keine Einschränkung und Spitzenqualität? Ich nehme mal an Du bist Vegetarier und backst Dir Deine Backwaren selber. Wenn man sich alleine mal ein süßes Stück am Nachmittag holt sind 2/3 des Tagesbudgets schon weg. Dh morgens mittags und abends dann Nudeln mit Salz?


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 15:53
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Man kann aber nicht von jedem Erwarten, neben der Arbeit sich auch noch höher zu qualifizieren.
Und genau das meine ich mit "brauchen wir die Geringverdiener vielleicht einfach, damit sich alle anderen ihre guten Löhne leisten können?"
Wer das Glück hat, aus welchen Gründen und Umständen auch immer, in der Lage zu sein sich "hoch zu arbeiten" - herzlichen Glückwunsch.
Es geht auch gar nicht darum deren Leistungen, Mühen und Arbeit zu schmälern oder klein zu reden, sondern darum die vermeintlich "mindere" Arbeit mehr anzuerkennen und wert zu schätzen. Viele Menschen, die diese Arbeiten machen haben nämlich einfach nicht die Möglichkeit "etwas anderes" zu machen oder sich "hoch zu arbeiten" und das nicht, weil sie faul sind, sich keine Mühe geben oder nicht genug tun, sondern, weil sie ihre eigene Geschichte haben, die sie dahin geführt hat und ihnen kaum eine andere Wahl lässt.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:00
Zitat von cejarcejar schrieb:Dh morgens mittags und abends dann Nudeln mit Salz?
Tatsächlich kommst du auf 3€ oder weniger, wenn du Nudeln/Reis/Kartoffeln mit Tomatensoße oder Gemüse isst :D
Brot und Müsli (nicht das Markenmüsli, das ist teuer) sind auch noch drin aber ja, sonst... kein Fleisch, nichts Süßes :D
Schon gar nicht vom Bäcker, der Fastfoodkette oder etwas anderes "zubereitetes".


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:09
Zitat von cejarcejar schrieb:OK, für 3 EUR am Tag essen - das ist keine Einschränkung und Spitzenqualität? Ich nehme mal an Du bist Vegetarier und backst Dir Deine Backwaren selber. Wenn man sich alleine mal ein süßes Stück am Nachmittag holt sind 2/3 des Tagesbudgets schon weg. Dh morgens mittags und abends dann Nudeln mit Salz?
Da habe ich auch kurz überlegt. Ich bin selbst Vegetarier und rechne im Schnitt mit 120€ im Monat an Lebensmittel, also 30€/Woche aber merke immer wieder, dass ich damit anstoße, weshalb ich das Budget wohl erhöhen werde. Desweiteren versuche ich, so gut es geht darauf zu achten, was genau ich da kaufe (wenn es auch nicht immer leicht ist).


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:19
Um das mal in eine andere Richtung zu bringen:
Weil der Mindestlohn von 12€ gerade so viel im Gespräch ist (bei SPD, die Linken meine ich würden auch lieber 13€ sehen..).
Welche Auswirkungen denkt ihr würde das haben? Massive Arbeitsplatzverluste und andere Horrorszenarien wurden schon 2015 prognostiziert, haben sich aber alles andere als bewahrheitet, im Gegenteil. Der Mindestlohn damals hatte eigentlich eher positives Auswirkungen.
Nun wäre die Erhöhung auf 12€ natürlich schon etwas drastischer. Würde man die aktuell 2 jährigen Erhöhungen so weiter laufen lassen, hätten wir einen Mindestlohn von 12€ frühstens 2030 - 2032.
Denkt ihr eine Erhöhung jetzt würde zu den vorher prognostizierten Arbeitsplatzverlusten, Wirtschaftseinbrüchen usw führen? Oder wäre es (wie 2015) viel Trubel um nichts?


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:27
Zitat von YaaCoolYaaCool schrieb:Denkt ihr eine Erhöhung jetzt würde zu den vorher prognostizierten Arbeitsplatzverlusten, Wirtschaftseinbrüchen usw führen? Oder wäre es (wie 2015) viel Trubel um nichts?
Da die Coronakrise auch die Wirtschaft nicht verschont denke ich dass es günstigere Zeitpunkte für eine derart massive Erhöhung geben könnte.
Die dadurch unweigerlich steigenden Kosten landen dann beim Endverbraucher, der auch in grossen Teilen momentan wirtschaftlich schlechter dasteht.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:29
Zitat von Heide_witzkaHeide_witzka schrieb:Da die Coronakrise auch die Wirtschaft nicht verschont denke ich dass es günstigere Zeitpunkte für eine derart massive Erhöhung geben könnte.
Denkst du eine schrittweise Erhöhung, die aber schneller geht als bisher bis 2030, wäre sinnvoll bzw machbar?


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:31
Zitat von YaaCoolYaaCool schrieb:Denkst du eine schrittweise Erhöhung, die aber schneller geht als bisher bis 2030, wäre sinnvoll bzw machbar?
Halte ich in jedem Fall für sinnvoller. Erhöhen, schauen wie Wirtschaft und Verbraucher damit klar kommen, wenn noch oder wieder was geht weiter erhöhen.
Die Spanne in einem Sprung zu überbrücken halte ich für riskant.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:31
Zitat von cejarcejar schrieb:OK, für 3 EUR am Tag essen - das ist keine Einschränkung und Spitzenqualität? Ich nehme mal an Du bist Vegetarier und backst Dir Deine Backwaren selber. Wenn man sich alleine mal ein süßes Stück am Nachmittag holt sind 2/3 des Tagesbudgets schon weg. Dh morgens mittags und abends dann Nudeln mit Salz?
Veganer sogar. Aber das ist im grunde recht einfach. Ein sack kartoffeln, ein sack reis, eine packung nudeln, eine packung gries, eine packung haferflocken und ich hab die grundsubstanz für mehr als eine woche sowohl frühstück als auch abendessen. Dazu dosenzeug oder getrocknetes auf kante (erbsen, linsen, bohnen, TK zeugs). Der rest des geldes geht für frisches drauf und "ersatzprodukte". Wenn man das ganze natürlich auf ein tagesbudget runterbricht, dann klingt das nach nicht viel. Gib mir täglich 3€ und ich muss wohl hungern, gib mir einmal monatlich 100€ und ich komm klar. Mein wochenbudget für alles alltägliche (einkauf, sprit, katzen (ausser tierarzt)) liegt bei 100€.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 16:39
Zitat von Heide_witzkaHeide_witzka schrieb:Die Spanne in einem Sprung zu überbrücken halte ich für riskant.
Ich denke das wird auch nicht passieren, man muss den einzelnen Parteien (vor allem den Arbeitgebern) schließlich auch die Zeit geben sich darauf vorzubereiten, einzustellen und anzupassen.
Würden dadurch diverse Preise steigen, wäre das erstmal gar nicht sooo schlimm. Schlussendlich tun sie das ja sowieso. Solange das in einem gewissen Rahmen bleibt. Nur würde dadurch wohl die Diskussion um das Arbeitslosengeld(2) wieder größer werden, da das ja eigentlich auch "Teilhabe an sozialem und Kultur" ermöglichen soll.


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23.04.2020 um 16:51
Zitat von YaaCoolYaaCool schrieb:Nur würde dadurch wohl die Diskussion um das Arbeitslosengeld(2) wieder größer werden, da das ja eigentlich auch "Teilhabe an sozialem und Kultur" ermöglichen soll.
Jede Erhöhung des Mindestlohns zieht natürlich einen Rattenschwanz weiterer "Probleme" nach sich.
Allerdings gewinnt man jeder Erhöhung und der zwingend nachfolgenden Abarbeitung der ebenso zu erledigenden Arbeiten an Kompetenz.
Corona abwarten, rauf auf 10.-€ mit dem Mindestlohn, abwarten wie die Republik damit klar kommt, bei Bedarf und wenn möglich noch weiter hochsetzen.
Anders wird es nicht gehen.
Es allen Menschen recht getan ist ein Ding das keiner kann. (5.-€ ins Phrasenschwein).
Ist aber was dran.
Die Bedürfnisse sind halt unterschiedlich, wie man ja auch hier im Thread bei der überschaubaren Beteiligung schon sehen konnte.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 17:08
Zitat von Heide_witzkaHeide_witzka schrieb:bei der überschaubaren Beteiligung
Ja, schon etwas schade :D
Nächstes Jahr sind wieder Wahlen, oder sehe ich das falsch? Spätestens dann wird es wohl wieder ein größeres Thema werden.

Denkst du der "Einstiegs-Mindestlohn" von 8,50€ 2015 war zu gering (weil dann die Steigerung nicht so lange dauern würde)? Oder denkst du er war angemessen?


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 17:19
Zitat von YaaCoolYaaCool schrieb:Kann man davon leben? Ja. Kann man "gut" davon leben? Das bleibt die Frage.
Wie du richtig angedeutet hast ist das primär vom Wohnort und den allgemeinen Ausgaben abhängig. Vor allem als Alleinstehender ist man ja in der Regel ungebunden. Da spricht nichts dafür in einer teuren Gegend wohnen zu müssen, Haustiere zu halten oder sich ein Auto zuzulegen. Bei 600 € für Miete, Wasser, Wärme und Strom bleiben gute 600 € zum „Verleben“. Haken tut es spätestens bei der Altersvorsorge.
Zitat von YaaCoolYaaCool schrieb:Weil der Mindestlohn von 12€ gerade so viel im Gespräch ist (bei SPD, die Linken meine ich würden auch lieber 13€ sehen..).
Welche Auswirkungen denkt ihr würde das haben? Massive Arbeitsplatzverluste und andere Horrorszenarien wurden schon 2015 prognostiziert, haben sich aber alles andere als bewahrheitet, im Gegenteil.
Allein schon ernsthaft zu glauben, dass man komplexe Systeme wie den Markt vollumfänglich verstehen kann, zeugt doch von geistiger Beschränktheit.


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23.04.2020 um 18:09
Zitat von Heide_witzkaHeide_witzka schrieb:Klar möchte man das.
Ist man dann auch willens eigene Anstrengungen zu unternehmen um aus dem Niedriglohnsektor heraus zu kommen?
Abendschule?
Zusätzliche Qualifikationen erwerben?
Das ist auch zu kurz gedacht.
Der Niedriglohnsektor muss finanziell aufgewertet werden und Arbeitnehmer dürfen nicht abwandern.
Irgendwer muss auch die unpopulären Jobs machen, sind schließlich nicht selbstverständlich, ansonsten bricht der verwöhnte und geregelte Alltag zusammen.

Diese Kurzsichtigkeit bzw. einseitige Betrachtungsweise einfach etwas besseres zu lernen oder sich weiterbilden zu lassen und alle Probleme sind/wären gelöst merke ich verstärkt bei Akademikern, die auch darunter leiden würden, würde keiner mehr die unpopulären Jobs machen.

Finanzielle Aufwertung und Würdigung vieler Tätigkeiten sollte Priorität haben.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 18:16
Zitat von Rhapsody3004Rhapsody3004 schrieb:Diese Kurzsichtigkeit bzw. einseitige Betrachtungsweise einfach etwas besseres zu lernen oder sich weiterbilden zu lassen und alle Probleme sind/wären gelöst merke ich verstärkt bei Akademikern.
Ganz davon zu schweigen, dass wenn wir mal davon ausgehen alle würden das tun und sich so toll bilden es dazu führen würde, dass diese "gut bezahlten" Jobs irgendwann dermaßen überlaufen wären, dass sie in ihrem Wert sinken würden :D
Das gute Hamsterrad eben. Selbst wenn niemand mehr die "Drecksarbeit" machen müsste würden das dann die neuen "Niedriglohn-Jobs" werden, die Bildung würde an Wert verlieren bzw müsste man sich dann eben noch mehr bilden und noch weiter aufsteigen um seinen Lebensstandard irgendwie halten zu können.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 21:32
Meiner Meinung nach müssten alle Jobs, die etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beitragen gleich bezahlt werden. Sicher kann man das abstufen, nach Verantwortung oder erforderlicher Bildung, aber das halte ich nicht für sinnvoll. Auch eine Putzfrau oder ein Müllmann ist wichtig für die Gesellschaft und warum sollte so eine Person weniger Geld verdienen als ein Manager einer großen Firma oder ein Arzt. Natürlich haben die dafür studiert, aber dafür haben sie auch Spaß an ihrem Job, den die Putzfrau nicht hat. Da sollte wenigstens die Bezahlung gleich sein. Und warum sollte ein Fußballer ein vielfaches verdienen wie ein Wissenschaftler? Der Verdienst sollte natürlich auch reichen, um gut zu leben, wofür man auch die Mittel hätte, würde nicht ein Bruchteil der Bevölkerung einen Großteil des Geldes besitzen. Ich weiß das ist utopisch, aber da heißt das Problem wohl Kapitalismus.

Aber auch wenn man nicht gleich eine Revolution anzettelt ;) , wäre ein höherer Mindestlohn eine gute Möglichkeit um schlecht bezahlte Jobs vielleicht etwas attraktiver zu machen. Gut möglich, dass man auch so vom Mindestlohn leben kann, aber es sollte klar sein, dass etwas mehr als der derzeitige Mindestlohn nicht zu viel zum Leben ist. Finanzieren könnte man das mit dem Geld der oberen 1%. Ja ja, böse Enteignungen, böser Kommunismus. Aber erzählt mir nicht, dass ein Multimilliardär eine Million vermissen würde, oder dass es ihm wirklich etwas ausmachen würde 1 Auto weniger zu haben. Einer Putzfrau dagegen könnte das echt helfen. Das wäre langfristig sinnvoll.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

23.04.2020 um 22:44
https://www.focus.de/finanzen/news/arbeitsmarkt/kein-instrument-zur-armutsbekaempfung-arbeitgeberverband-warnt-vor-mindestlohn-von-12-euro_id_11345355.html

Kampeter meint es ist nicht die Aufgabe des Mindestlohns Renten zu sichern oder gegen Armut zu wirken. Er bildet lediglich die Tarifentwicklung ab.
Also quasi... nicht die Löhne sind zu niedrig sondern die Ausgaben (Lebenshaltungskosten, Mieten, Steuern..) zu hoch?


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

24.04.2020 um 07:43
Das Problem ist, dass du es mit Mindestlohn oft nicht schaffst, optimale Strukturen zu schaffen, die dir an anderer Stelle Geld einsparen. Beispiele:

(a) Wohnraum. Da kommt es sehr darauf an, wo sich der Mindestlohnjob befindet. Kleine/ billige Wohnungen sind nicht im Überfluss vorhanden (Gründe: großes Risiko für den Vermieter, wenn der Mieter unter der Pfändungsgrenze liegt, daher auch oft Vermietung an Studenten, deren Eltern Miete garantieren und die nach einem überschaubaren Zeitpunkt wieder ausziehen) - bei uns in der Gegend ist es so, dass die Mindestlohnarbeiter, die ich kenne, meist in der Peripherie wohnen - dahin, wo die Öffis seltener fahren (bei uns gibt es Dörfer, wo im 19 Uhr der letzte Bus durchbraust).

(b) Aus der Lage ergibt sich das Transportproblem. Entweder schafft man ein Auto an, was ja auch eine unkalkulierbare Kostenstelle darstellt, da du dir ja keinen Neuwagen leisten kannst (laufende Kosten, Reparaturen, Unterstellkosten) - oder du versuchst es mit Öffis (schlechte Verbindung, hoher Zeitaufwand, teuer). Oder du behilfst dir. Irgendwie. Die wenigsten Mindestlohnjobs finden zwischen 8 und 17 Uhr statt, wo die meisten Öffis fahren. Oft ist die Verbindung auch megaumständlich (Umsteigen, fehlende Anschlüsse).

(c) Einkauf - hast du kein Auto, dann kannst du oft Supermärkte mit einem billigeren Preisniveau gar nicht gut erreichen (z.B. Aldi hat bei uns immer in irgendwelche Industriegebiete gebaut, wobei auch Aldi gar nicht mehr so billig ist).

Das sind so die drei Stellschrauben meiner Meinung nach, die erst mal festlegen, wie gut es mit dem Mindestlohn überhaupt klappt. Oft sind die Entscheidungen dann voneinander abhängig: also: man entschließt sich, die teuere Wohnung zentral zu nehmen und aufs Auto zu verzichten = dann fließt die Ersparnis nicht zu dir, sondern in die Miete.

Du jonglierst dann mit dem Rest. Bei Essen kann man schon viel sparen (mal vorausgesetzt, du isst trotzdem gesund), aber nur, wenn du eine gute Infrastruktur hast (Küche, Kühlschrank, Kochkenntnisse). Besitzt man eine Waschmaschine? Brauchst du ein Festnetz?

Dann noch den Bereich, den du persönlich beeinflussen kannst: Teuere Angewohnheiten (Rauchen, Alkohol, Lieferdienste), Haustiere, Interessenlage (Hobbys). Ich denke "den Mindestlohnempfänger" gibt es nicht.


Ich habe hier ja schon öfters geschrieben - ich bin mit 16 daheim ausgezogen und bekam dann keine finanzielle Unterstützung mehr - ich habe 10 Jahre lang oft unter dem Existenzminimum gelebt, dafür aber auch subventionierte Angebote (Mensaessen) in Anspruch genommen, während ich erst eine Ausbildung gemacht, dann das Abi nachgemacht habe, studiert habe ...

Es macht innerlich was mit dir, was du mir nicht ansiehst - aber die Prägung ist da. Ich kann mich noch so gut erinnern - ich konnte mir damals ernsthaft kein Zimmer im Studentenwohnheim leisten - ich habe das billigste Zimmer genommen, im Keller eines schrägen Rentnerehepaars, in der Peripherie, vier Kilometer von der Uni. Ich habe kein Öffiticket gekauft, sondern bin Fahrrad gefahren - das regelmäßig geklaut wurde (obwohl immer Second Hand) - was dazu führte, dass ich z.B. unverhältnismäßig viel Zeit brauchte, um in die Uni zu kommen, da ich dann laufen musste - das waren 1,5 nutzlose Stunden am Tag (außer für Fitness) und man musste an ein paar sehr dunklen Ecken vorbei.

Gerade, als ich ein Auslandssemester machen wollte - da habe ich mir einen Zettel mit "Schottland" an den Spiegel gehängt und eisern gespart - einmal am Tag gegessen (Mensa), alles gelaufen, keine neuen Klamotten gekauft (alles, was ich besaß, passte damals in einen 70l Rucksack). Man überlegt, du entwickelst irre Strategien (z.B. gab es in Uninähe einen herrenlosen Apfelbaum - die schmeckten nicht, waren aber kostenlos). Ich hatte auch keinen Fernseher. Rückblickend saß ich (v.a. am Wochenende) halt ganz viel in meinem 8qm Kellerloch, ohne Radio, ohne Fernseher. Aber ich hatte eine Perspektive.

Ich glaube - so geht es vielen Mindestlohnempfängern auch. Du erkennst ihre Not gar nicht, weil man versucht, so zu tun, als sei man "normal". Es muss ein unfassbarer Frust sein, wenn du 40 Stunden die Woche arbeitest, aber dann im Regen nach Hause läufst, um das bisschen, was du hast, möglichst wieder optimal auszugeben.


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Mindestlohn - Ziele, Sinn und Auswirkungen

24.04.2020 um 08:01
@MissMary
Es sollte doch trotz der unterschiedlichen Faktoren, wie du sie anfangs beschreibst, möglich sein, ein Mindestlohnlevel zu finden, dass für jeden reicht.


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