@Geisonik Das "klar widerlegt" ist eben Sichtweise.
Für einige ist eben auch mal subjektives ein Beleg, für andere ein Gerichtsurteil absolutes Non-Plus-Ultra solange es im gleichen Sinn urteilte.
Das ist genau der Punkt. „Die anderen“ sehen das naturgemäß umgekehrt. Ich habe den Eindruck, man diskutiert, wird sich nicht einig und ein paar Wochen später wird wieder so getan als wäre alles klar gewesen („wo bleiben die Beispiele“). So einfach ist es eben nicht. Es handelt sich hier um ein ideologisch durchtränktes Thema. Mein Bild ist, dass um jeden Preis verhindert werden muss, dass auch nur der Eindruck entsteht, Männer könnten aufgrund ihres Geschlechts Opfer von Diskriminierung sein. Wie
@Abahatschi bereits fragte, wo liegt das Problem, wenn es eine solche gibt? Fällt dann die Opferexklusivität weg? Dass es „nur“ um die „Wahrheit“ oder „Fakten“ geht, das glaube ich schlichtweg nicht, dafür wird hier mit zu viel Zeitaufwand diskutiert. Man stelle sich vor, wir würden über den Krümmungsgrad von Gurken diskutieren und alle 4 Wochen kommt jemand und sagt „Wo bleiben die Argumente, dass 17 Grad und nicht 22 Grad korrekt sind?!“.
Ich sehe immer noch nicht, wo das Argument „
das BverfG hat es eben so entschieden“ besonders stark sein sollte. Schauen wir uns doch mal die Fakten an:
- Der Artikel 12a des GG wurde 1956 nachträglich aufgenommen. "Alte weiße Männer" haben, vor dem Hintergrund der damaligen Rollenbilder, der politischen Situation und der Erfahrungen aus dem Krieg bestimmt, dass es eine Wehrpflicht rein für Männer geben soll. Damals entsprach das dem gesellschaftlichen Konsens. Trotz Wahlrecht von Männern und Frauen ging diese Regelung im Bundestag mit einer 2/3 Mehrheit durch. Hätte man damals gefragt, ob Frauen auch zur Armee dürfen, hätte vermutlich die Mehrheit abgelehnt - auch die Frauen. Das war eben das damalige Bild.
- Das Bundesverfassungsgericht hat in erster Linie die Aufgabe, über das Grundgesetzt zu "wachen". Es prüft Gesetze u.a. auf Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Wenn wir nun in unserem Grundgesetz einen Artikel 12a stehen haben, weil er eben damals aufgenommen wurde, dann ist er Teil der Verfassung. Das heißt jegliche Gesetzgebung orientiert sich daran. Bestenfalls das Bundesverfassungsgericht selbst kann hier etwas tun.
- Und genau dieses argumentierte, dass der Artikel 12a ein "lex specialis" gegenüber dem "lex generalis" (Artikel 3) darstellt. Mit anderen Worten, wurde die damalige politische und durch Rollenbilder geprägte Entscheidung bestätigt. Verkürzt: Es ist ok, weil es damals absichtlich nachträglich so eingefügt wurde. Die Entscheidung ist damit per Definition durch den Zeitgeist geprägt, weil die Vorgabe aus dem 1956 stammt.
Und genau dieses Argument kann ich damit schlichtweg nicht nachvollziehen. Man stelle sich das mal mit anderen "Gruppen" vor (ja, genau für das Argument "es steht halt so im Gesetzt" darf man diesen Vergleich anstellen, auch wenn er in anderen Fällen womöglich nicht angebracht ist). Wenn wir schon von "systematischer" Diskriminierung sprechen, dann ist es doch gerade eine solche Ungleichbehandlung, die auch noch durch Gesetze und Gerichte "bestätigt" wird.
Vor der sogenannten "Kreil-Entscheidung" im Jahr 2000 las sich Artikel 12a 4 so:
Kann im Verteidigungsfalle der Bedarf an zivilen Dienstleistungen im zivilen Sanitäts- und Heilwesen sowie in der ortsfesten militärischen Lazarettorganisation nicht auf freiwilliger Grundlage gedeckt werden, so können Frauen vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 55. Lebensjahr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zu derartigen Dienstleistungen herangezogen werden. Sie dürfen auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten. Dieser wurde nachträglich geändert zu ...
"Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden." weil der EuGH einen Widerspruch zur Gleichbehandlungsrichtlinie sah. Man hat also eine festzementierte Ungerechtigkeit aufgehoben, die 50 Jahre lang durch unser Grundgesetzt Bestand hatte. Derselbe EuGH, der sich ein paar Jahre später übrigens nicht zur einseitigen Männerwehrpflicht äußern wollte, weil das eine Sache der Mitgliedsstaaten sei (eine große Hilfe ist er damit nämlich auch nicht). Klar ist - eine Entscheidung gegen die reine Männerwehrpflicht hätte noch viel gewaltigere politische Folgen gehabt.
Wenn ich also als junger Mann mit zarten 18 Jahren deshalb gegen meinen Willen und unter Haftandrohung eingezogen und um ein Lebensjahr erleichtert wurde, weil es eben "damals nachträglich und absichtlich so in das Grundgesetzt aufgenommen wurde" (wegen genau der Rollenbilder, die die Frauen vom Dienst an der Waffe abhielten!), dann ist das doch eine relativ zynische Begründung.
Man muss diese Ansicht nicht teilen, das ist ja alles ok. Es ist lediglich meine Kritik an der Aussage "es ist keine Diskriminierung, weil es eben so entschieden wurde". Man kann dem zustimmen, oder eben nicht. Ich werde hier auch nicht mehr alles bis ins kleinste weiterdiskutieren. Mir ist nur wichtig: Bitte nicht so tun, als gäbe es hier überhaupt keinen Diskussionsbedarf bei diesem "starken Argument".Das Argument "Männer haben das damals entschieden" will ich jetzt nicht nich mit einbringen. Das finde ich übrigens noch besser als das mit der Gerichtsentscheidung (wenn auch nicht überzeugend). Dafür gibt es nunmal wieder andere Punkte, die man betrachten muss - bevor mir also vorgeworfen wird, ich würde die ganze Zeit springen, spare ich mir das
:)