@Encomium Vielen Dank für Ihre Darstellung und Einschätzung. Sie sind mir bekannt, aus der FAZ und der NDR Doku und ich wertschätze Ihren Part als Aufklärer sehr.
Was in der BRD ab 1986 (evtl. Flucht in die BRD) oder in Deutschland 1990 passiert wäre, wissen wir nicht. Sich darüber auszutauschen, könnte spannend sein. In diesem Sinn ist meine Antwort zu verstehen, als juristische Laiin, zwei Jahre älter als JS.
Zu: Gericht, Kammer, Strafrecht
Welches Gericht hätte angeklagt? Köln/Bonn? Größere Nähe, Kenntnis, "Verständnis" zum diplomatischen Personal? Vorhandensein von "Wohlwollen"?
Das Verfahren hätte eine Jugendkammer geführt, mit Berufsrichtern und Schöffen und StA und Verteidigern, mit Wissen zum Jugendstrafrecht, mit (Fach-)Erfahrung mit Heranwachsenden, kurz: mit einem anderen Blick als das Gericht in den USA.
Zur Erinnerung: Es geht um den Aspekt der "Fairness" des Verfahrens; unter welchen Bedingungen wäre in Deutschland ein Urteil ergangen, unabhängig von seiner Ausgestaltung.
Ein Gutachter (mit Fachwissen und -erfahrung zu Heranwachsenden) hätte seine Einschätzung zu JSR oder ESR dargelegt, die Reife und Persönlichkeit begutachtet.
Dazu aus Ihrer Quelle:
Waren bei einem Heranwachsenden demnach noch „Entwicklungskräfte in größerem Umfang wirksam“, ist er einem Jugendlichen gleichzustellen.
Quelle:
https://www.strafverteidiger-hamburg.com/jugendstrafrecht/jugendstrafrecht-heranwachsenden/Und weiter aus Ihrer Quelle:
Hinweise die gegen eine Gleichstellung mit einem Jugendlichen sprechen sind z.B.:
eine gewisse Lebensplanung,
Fähigkeit zu selbstständigem Urteilen und Entscheiden,
Kompetenz zu zeitlich überschauendem Denken,
Fähigkeit, Gefühlsurteile rational zu unterbauen,
ernsthafte Einstellung zur Arbeit,
gewisse Eigenständigkeit zu anderen Menschen usw.
Besonders jugendtypische Charakterzüge können u.a. sein:
ungenügende Ausformung der Persönlichkeit,
Hilflosigkeit (die sich nicht selten hinter Trotz und Arroganz versteckt),
naiv-vertrauensseliges Verhalten,für den Augenblick leben,
starke Anlehungsbedürftigkeit,
spielerische Einstellung zur Arbeit,
Neigung zum Tagträumen,
Hang zu abenteuerlichem Handeln,
Hineinleben in selbstwerterhöhende Rollen,
mangelhafter Anschluss an Altersgenossen (usw.)
Diese Checkliste (Stand heute) darf hier gerne kommentarlos so stehen, ohne Abarbeitung, jeder darf sich seine stillen Gedanken dazu machen.
Im JSR gilt dazu der Grundsatz "in dubio pro reo" , im Zweifel JSR anwenden.
Eine Vielzahl von Gedanken, Einschätzungen, Bewertungen, Haltungen, Verständnis, die in Virginia nicht stattfanden.
Was erst in den letzten Jahren vor heute wissenschaftlich bekannt ist, die Motivation der Unterstützer vielleicht gestärkt hat, ist die Erkenntnis, dass die Reifung des Gehirns bis zum 25. Lebensjahr stattfinden kann.
Was, aus meiner Erinnerung, uns damals Mitte der 80er mit Beginn des Studiums unterschwellig mitgegeben wurde, war: Studierende werden verzögert erwachsen, erst mit Beginn des Arbeitslebens.
Reminder: Studieren in 1986 war anders als seit "Bolognia".
Die Ausführung der Taten wirkt "erwachsen" , die JS zugeschriebene Motivation nicht.
Die Zahlen - max 25 Jahre (Ihre Einschätzung Encomium für D) versus 2 x Lebenslänglich in den USA - sprechen für sich.
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Zur tatsächlichen Tat(-beteiligung) JS's mache ich mir keine Gedanken, bin da ohne Meinung. Beim Prozessbeginn fünf Jahre nach der Tat konnte einiges Wichtige (z. B. das Wochenende im Hotel) nicht mehr nachermittelt werden. Mich würden selbst aktuelle DNA-Ergebnisse nicht überzeugen. Der Fall erscheint wie ein "dead case". Wunder passieren, nur wann? Wenn das Tatwerkzeug auftaucht?