Der Mensch Jens Söring
29.07.2020 um 11:49calligraphie schrieb:wenn du die Korrespondenzen des JS gelesen hättest.Nur eine Verständnisfrage: Calligraphie, meinst Du die Weihnachtsbriefe 84/85 an EH?
calligraphie schrieb:wenn du die Korrespondenzen des JS gelesen hättest.Nur eine Verständnisfrage: Calligraphie, meinst Du die Weihnachtsbriefe 84/85 an EH?
josef70 schrieb:Ich empfinde seine Schilderungen für glaubwürdig.@josef70
Rosenmontag schrieb:zum besseren Verständnis, welche meinst Du? Welche der vielen Gesichten, die er erzählt hat empfindest du glaubwürdig? Die, dass EH ihre Eltern im Drogenrausch ermordet hat? Oder die , dass es die Landstreicher waren oder aber EH im Komplott mit zwei Freunden.Von meiner Seite gibt es weder zu diesem noch zu einem anderen Fall irgendwelche Spekulationen. Ich finde ihn in seinen Ausführungen glaubhaft. V.a. in denen, in denen er sagte damals blauäugig gehandelt zu haben. Ob er es nun war oder nicht, kann ich nicht bewerten. Wenn nicht, hat er für eine Jugendsünde bitter gebüßt. Betrachtet man sein Urteil heute, wie in einigen Dokus gezeigt, kommen schon Zweifel.
Evl. meinst aber seine zahlreichen Geständnisse als Solotäter das Ehepaar Haysom ermordet zu haben.
josef70 schrieb:. Betrachtet man sein Urteil heute, wie in einigen Dokus gezeigt, kommen schon Zweifel.es könnten aber auch Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Dokus auftreten. War bei mir so, nachdem ich feststellen musste wir einseitig der Fall Jens Söring dargestellt wurde.
Rosenmontag schrieb:es könnten aber auch Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Dokus auftreten. War bei mir so, nachdem ich feststellen musste wir einseitig der Fall Jens Söring dargestellt wurde.Das habe ich auch so gesehen und meine Meinung nicht unbdeingt zu Gunsten von JS gebessert. Aber man weiss es nicht. Ich bin Zwiegepalten.
Mr.Stielz schrieb:Jetzt ist ein neuer Artikel erschienen:Und bei Andrew Hammel gab es gleich am folgenden Tag (gestern) einen interessanten Kommentar:
josef70 schrieb:JugendsündeEin brutaler Doppelmord ist eine Jugendsünde? Na ja, kann man so sehen, muss aber nicht. Ich finde das eine sehr unpassende Beschreibung der Tat.
Rick_Blaine schrieb:Auch hier gibt es Unterschiede in den typischen Haftzeiten z.B. bei sogenannten "lebenslänglichen" Strafen: man vergleiche nur mal die typische Zeit in einem bayerischen mit der typischen Zeit in einem Berliner Gefämgnis. Mal ganz abgesehen davon, dass der Gesetzgeber, das darf man annehmen, damals als das Strafgesetzbuch geschrieben wurde, mit dem Wort "lebenslänglich" sicherlich nicht gemeint hatte, "15 Jahre." Dass die meisten Deutschen meinen, 15 Jahre seien "lebenslang" hat mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu tun, also einer Entscheidung, die nicht auf der normalen demokratischen Genese eines Gesetzes beruht.In Bayern lebt man ja auch noch im finsteren Mittelalter was den gesamten Strafvollzug angeht.
Miss_Paula schrieb:Und bei Andrew Hammel gab es gleich am folgenden Tag (gestern) einen interessanten Kommentar:Ein sachlich geschriebener und mit guten Argumenten belegter Kommentar. Ein Begnadigungssystem wie das der USA öffnet der politischen Opportunität und damit der Willkür Tür und Tor.
So politics kept Haysom and Soering in prison much longer than they would have if political factors hadn’t played a role.Quelle:
Rick_Blaine schrieb:Dass die meisten Deutschen meinen, 15 Jahre seien "lebenslang" hat mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu tun, also einer Entscheidung, die nicht auf der normalen demokratischen Genese eines Gesetzes beruht.Die Entscheidung beruht auf dem Grundgesetz, auf Art. 1 Abs. 1 GG. Ohne diese verfassungskonforme Auslegung hätte das BVerfG § 211 StGB für verfassungswidrig erklären müssen - und der Gesetzgeber hätte Gelegenheit gehabt, ein Gesetz mit zeitigen Freiheitsstrafen und "normaler demokratischer Genese" zu schaffen.
Ray. schrieb:In Bayern lebt man ja auch noch im finsteren Mittelalter was den gesamten Strafvollzug angeht.Dem würde ich widersprechen. In Bayern ist das "härter zulangen" zwar durchaus Bestandteil der Landesfolklore (außer man ist Strauß-Sohn oder Bayern-Präsident...). Ob es aber in anderen Bundesländern rechtsstaatlicher oder - gemessen an den Zielen des Strafvollzugs - konstruktiver zugeht, da habe ich so meine Zweifel. Für Schwarz-Weiß-Denken ist jedenfalls wenig Platz.
monstra schrieb:Dem würde ich widersprechen. In Bayern ist das "härter zulangen" zwar durchaus Bestandteil der Landesfolklore (außer man ist Strauß-Sohn oder Bayern-Präsident...). Ob es aber in anderen Bundesländern rechtsstaatlicher oder - gemessen an den Zielen des Strafvollzugs - konstruktiver zugeht, da habe ich so meine Zweifel. Für Schwarz-Weiß-Denken ist jedenfalls wenig Platz.Nun wirklich konstruktiver ist es in ganz Deutschland nicht. Eigentlich traurig da man ja durchaus weiß wie es besser geht. Trotz allem schießt Bayern im Vergleich noch den Bock ab.
josef70 schrieb:Von meiner Seite gibt es weder zu diesem noch zu einem anderen Fall irgendwelche Spekulationen. Ich finde ihn in seinen Ausführungen glaubhaft. V.a. in denen, in denen er sagte damals blauäugig gehandelt zu haben. Ob er es nun war oder nicht, kann ich nicht bewerten. Wenn nicht, hat er für eine Jugendsünde bitter gebüßt. Betrachtet man sein Urteil heute, wie in einigen Dokus gezeigt, kommen schon ZweifelIch denke das macht zum (Groß)Teil auch die Faszination Jens Söring aus. Manchmal denkt man, dass man nun weiß, ob er unschuldig ist oder eben nicht und je mehr man von ihm sieht, desto mehr zweifelt man dann doch daran.
Rick_Blaine schrieb:Und bevor jemand gleich wieder Schnappatmung wegen des "schlimmen amerikanischen Systems" bekommt, in Deutschland ist das ja auch vorhanden. Auch hier gibt es Unterschiede in den typischen Haftzeiten z.B. bei sogenannten "lebenslänglichen" Strafen: man vergleiche nur mal die typische Zeit in einem bayerischen mit der typischen Zeit in einem Berliner Gefämgnis. Mal ganz abgesehen davon, dass der Gesetzgeber, das darf man annehmen, damals als das Strafgesetzbuch geschrieben wurde, mit dem Wort "lebenslänglich" sicherlich nicht gemeint hatte, "15 Jahre." Dass die meisten Deutschen meinen, 15 Jahre seien "lebenslang" hat mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu tun, also einer Entscheidung, die nicht auf der normalen demokratischen Genese eines Gesetzes beruht.Danke dass Du darauf hinweist. Bei allen bekannten Schwächen des us-amerikanischen Justizwesens gibt es immerhin eine demokratische Kontrolle. Hierzulande macht jeder Richter was er will oder was er glaubt, das seinem Justizminister gefällt (solange er noch eine Bevörderungschance sieht). Und das Bundesverfassungsgericht nimmt mittlerweile die Rolle einer dritten Kammer ein.
EclipseFirst schrieb:Hierzulande macht jeder Richter was er will oder was er glaubt, das seinem Justizminister gefällt (solange er noch eine Bevörderungschance sieht).Woher hast du denn diese "Weisheiten"? Da würde ich gerne mal ein Beispiel sehen. Zumal ja in Strafsachen ab Langericht meistens nicht nur ein Richter beteiligt ist, sondern mehrere, darunter ehrenamtliche (Schöffen). Und was am Amtsgericht der Einzelrichter in Bußgeld- oder Familiensachen macht, interessiert einen Justizminister nicht die Bohne. Den interessieren übrigens auch die meisten Strafsachen ab Landgericht aufwärts nicht.
EclipseFirst schrieb:Und das Bundesverfassungsgericht nimmt mittlerweile die Rolle einer dritten Kammer ein.Das ist falsch. Zwar kassiert das Bundesverfassungsgericht verfassungswidrige Gesetze, macht aber nichts darüber hinaus. Es macht insbesondere keine eigenen Gesetze, sondern es ist natürlich Sache der Legislative, welches neue Gesetz sie anstatt des verfassungswidrigen Gesetzes nun neu beschließt.
EclipseFirst schrieb:Es ist nicht immer das deutsche Wesen, an dem die Welt genesen muss.Das ist richtig - vorausgesetzt, man hat überhaupt das deutsche (Justiz-)Wesen begriffen. Welches mit dem us-amerikanischen nun gar nicht vergleichbar ist, wobei es nicht um die globale Frage "besser" oder "schlechter" geht. Ist halt anders.
Andante schrieb:Welches mit dem us-amerikanischen nun gar nicht vergleichbar ist, wobei es nicht um die globale Frage "besser" oder "schlechter" geht. Ist halt anders.Das ist zwar eine gängige Meinung, die aber gar nicht so umfassend zutrifft. Wenn man so wie ich, erst in Deutschland Jura studiert und dann in den USA, passiert es sehr häufig, dass man in der Vorlesung oder im Seminar plötzlich sagt: "ach, schau an, das ist ja wie in Deutschland!" Die entscheidenden Grundsätze des Rechts sind, besonders im Strafrecht, in beiden Staaten nahezu immer die gleichen.
Andante schrieb:EclipseFirst schrieb:Na ja, höchste Gerichte geben schon öfter mal der Versuchung nach, anstatt sich ganz und gar auf die Ausführung bestehender Gesetze und ihre Interpretation zu konzentrieren, auch quasi legislativ tätig zu werden. Das gilt im übrigen sowohl für das BVerfG als auch den amerikanischen Supreme Court. "Legislating from the bench" (Gesetze von der Richterbank aus machen) nennt man das hier. Ideal wäre es freilich, wenn alle Richter dieser Versuchung widerstehen würden.
Und das Bundesverfassungsgericht nimmt mittlerweile die Rolle einer dritten Kammer ein.
Das ist falsch. Zwar kassiert das Bundesverfassungsgericht verfassungswidrige Gesetze, macht aber nichts darüber hinaus. Es macht insbesondere keine eigenen Gesetze, sondern es ist natürlich Sache der Legislative, welches neue Gesetz sie anstatt des verfassungswidrigen Gesetzes nun neu beschließt.
Rick_Blaine schrieb:Anders geregelt sind die Fragen, wer der "Richter" ist, der die Schuld feststellen muss, in Deutschland eine Kammer, in den USA eine Jury, und natürlich Fragen des Strafmasses, die aber keine juristischen sondern politische Fragen sind.Da ist aber doch ein erheblicher Unterschied zu D. In den USA entscheidet die Jury, also ausschließlich Laienrichter, über die Schuldfrage. Das Strafmaß setzt dann der Berufsrichter fest. Inwieweit das Strafmaß dann eine politische Frage ist, weiß ich nicht, dazu kenne ich mich im US-Recht zu wenig aus.
Rick_Blaine schrieb:Na ja, höchste Gerichte geben schon öfter mal der Versuchung nach, anstatt sich ganz und gar auf die Ausführung bestehender Gesetze und ihre Interpretation zu konzentrieren, auch quasi legislativ tätig zu werden.Das geht nicht, weil Gerichte eben nicht Gesetze verkünden, im Bundesgesetzblatt veröffentlichen und kaum den zuständigen Bundespräsidenten dazu bringen können, von ihnen gemachte "Gesetze" zu unterschreiben.