Misuteri schrieb:Was hältst du denn von der Theorie, dass beide am gemeinsam am Tatort waren?
Das wäre für mich jedenfalls um einiges glaubwürdiger als die Alleintäterschaft von Söring und würde auch die wirren, sich widersprechenden Washington-Geschichten von EH halbwegs erklären.
Allerdings hätte dieses Szenario auch so einige logische Schwächen. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass einer der beiden in Washington war. Jemand hat Essen für zwei Personen aufs Zimmer bestellt und ein Scheck von Söring wurde im Hotel eingelöst. Dass das Hotel beide Male keine Uhrzeit vermerkt hat, konnte derjenige ja nicht ahnen.
Und die Kinokarten stammen aus drei verschiedenen Kinos. Söring und EH hätten dann also nach der Tat in die drei Kinos gehen müssen, um die Karten aus den Mülleimern zu holen. Da wäre es doch logischer gewesen, sich die Karten aus einem Kino zu besorgen. Und warum dann überhaupt Karten für drei Vorstellungen? Fürs Alibi hätte die 17 und die 22-Uhr-Vorstellung gereicht. Die Möglichkeit, dass die Karten aus dem Mülleimer geholt wurden, hat mich nie besonders überzeugt.
Es wäre auch ein sehr schwaches Mord-Alibi. Als Alibi für die Eltern mag es ja noch okay sein, aber diese Kinokartenalibi war ja schon in den 80ern ein Klischee.
Am wahrscheinlichsten ist für mich immer noch, dass EH die Tat begangen hat. Sie hat, im Gegensatz zu Söring, ein sehr starkes Motiv: jahrelanger, abgrundtiefer Hass. Sie kann, im Gegensatz zu Söring, nicht glaubhaft erzählen, was sie in Washington gemacht hat. Sie hat sich den Tod ihrer Eltern gewünscht. Söring dagegen hat die Eltern nur einmal für ein paar Minuten getroffen.
Ich denke mal, 99,99 Prozent der Menschen wären nicht zu so einer schrecklichen Tat fähig. Die Eltern wurden ja nicht erschossen, was in den USA ja leider sehr häufig passiert, sondern mit dem Messer fast enthauptet. Also unfassbar grausam. Wenn ich dann bedenke, dass EH nicht nur ein starkes Motiv hatte, sondern auch noch psychisch krank und zu dieser Zeit auf Droge war, kann ich mir sogar vorstellen, dass sie zu den 0,01 Prozent gehört, die - unter diesen Umständen - dazu fähig sind.
Söring dagegen kannte die Eltern nicht. Bei ihm konnte sich kein jahrelanger Hass entladen, bei ihm müsste es ja dann Kaltblütigkeit und Empathielosigkeit gewesen sein. In diesem Fall wäre es aber sehr ungewöhnlich, dass so ein Mensch dieses enorme Gewaltpotenzial nur einmal im Leben zeigt. Er ist in dieser Hinsicht nie auffällig geworden, nicht vorher und nicht nachher. Obwohl er seit 25 im Ami-Knast ist, wo Gewalt nicht gerade selten ist.
Aber wie ich schon mehrfach sagte, ich schließe kein Szenario aus, das theoretisch irgendwie möglich ist.