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Welches Buch lest ihr gerade?

7.342 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Welches Buch lest ihr gerade?

04.07.2018 um 09:44
Hat jemand von Euch schon das Buch "Die Unzerbrechliche " von Michelle Knight oder das Buch "Hope" von Amanda Berry gelesen ? Beide waren Entführungsopfer von Cleveland.

Wenn Ihr es / sie gelesen habt, würde mich Eure Meinung hierzu einmal interessieren.


Wikipedia: Entführungen von Cleveland, Ohio


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06.07.2018 um 23:47
Jim Thompson - Bad Boy

118150

Der 1953 verfasste erste Teil der Autobiographie des Noir-Meisters bis zu seinem 22. Lebensjahr 1928. Obwohl chronologisch verfasst, doch sehr anekdotenhaft und nicht tiefergehend analysierend - anders als in seinen Krimis.

Sein Leben selbst ist bestimmt von der Familiensituation seiner Eltern. Sein Vater war Jurist in Oklahoma, verscherzte es sich jedoch mit seiner Klientel, ging nach Fort Worth, Texas, und verspekulierte das ganze Geld, sodass am Ende die Familie mittellos war.

James (Jim) musste von frühem Alter neben der Schule sein Geld in Nebenjobs verdienen, arbeitete auf der Farm seines Großvaters, als Schauspieler, als Hoteljunge, soff und spielte, war eine Zeitlang auf Ölfeldern in Texas und versuchte Al Capones Whiskey-Dealer übers Ohr zu hauen. Letzteres brachte ihn in Konflikt mit den Prohibitionsermittlern und mit seiner Mutter floh er 1928 in Richtung Nebraska, um dort ein Studium zu beginnen.

Der Text endet, als das altersschwache Auto auf dem Weg nach Nebraska den Geist aufgibt.

Cliffhanger. Der zweite Teil seiner Autobiographie heißt Roughneck und erschien ein Jahr später.


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07.07.2018 um 09:08
Friedrich Schleiermacher - Einleitung zur Platon-Übersetzung

16220536466Original anzeigen (0,2 MB)

Der von Schleiermacher 1804 als Einleitung zu seinen Platon geschriebene Essay ist ein eigentümliches Dokument, das mehr über Schleiermachers Arbeitsweise als über Platon selbst aussagt.

Er klassifiziert die Dialoge Platons in primäre, sekundäre und tertiäre Werke, die zueinander in Bezug stehen, und extrapoliert drei Schaffensperioden. Dabei nimmt er keinerlei Bezug auf historische Dokumente bzw. auf Analysen vor seiner Zeit.

Diese werkimmanente, hermeneutische Methode kann auch dem Zeitumstand geschuldet sein, dass Schleiermacher mehr oder weniger keinen Zugang zu solchen Sekundärquellen hatte, für mich als Leser des 21. Jahrhunderts bleibt jedoch nur noch die Faszination, wie Schleiermacher an die Analyse der Texte herangeht und in welch gut lesbarem Stil er seinen Text verfasst.

Die Einleitung ist in der Fassung des Akademie-Verlags (Berlin, DDR) aus dem Jahre 1985 auch online zu lesen:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/platons-werke-2430/3


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10.07.2018 um 00:29
Samar Yazbek - Die gestohlene Revolution

ARTK CT0 9783312006724 0001

2012 und 2013 unternahm die bereits im Exil lebende syrische Journalistin illegal drei Reisen in den Raum von Idlib, vor allem nach Saraqib. Die aus der Provinz Latakia stammende Autorin war als Alawitin in die Revolution involviert und strebte zunächst mit vielen anderen Demonstranten ein zivilgesellschaftliches und demokratisches Syrien an.

Bei ihren Reisen dokumentiert sie einerseits die brutalen Luftangriffe des Assad-Regimes auf Wohngebiete, andererseits die immer stärkere Präsenz sich auch befehdender islamistischer Organisationen, deren Kämpfer zum Teil ohne Hindernis von der Türkei aus nach Syrien einreisen.

Sowohl syrische islamistische Gruppierungen wie die Nusrat-Front oder Ahrar al-Scham wie auch die hauptsächlich aus Ausländern rekrutierte ISIS wollen ein islamisches Staatsgebilde, und in Interviews nehmen sich deren Warlords kein Blatt vor den Mund: Alawiten und Kurden gehören ausgerottet.

Für Yazbek sind es die Islamisten jeglicher Coleur, welche die Revolution in Syrien gestohlen haben, und sie fragt sich, ob es Zufall gewesen ist, dass zu Beginn der Revolution hochrangige Islamisten aus syrischen Gefängnissen entlassen wurden.

Aber auch die Kampfesweise der ursprünglich mit demokratischen Zielen kämpfenden Freien Syrischen Armee (FSA) lässt einen erschaudern. Ein Kämpfer aus Latakia bekennt offen, Menschen ohne zu zaudern ermordet zu haben, wenn er ein Auto brauchte oder Hühner in einem Dorf stahl.

Sympathisch ist mir da wirklich keine einzige Bürgerkriegspartei. Die einen errichten unverschämt ihre Operationszentren in Siedlungsgebieten, die anderen werfen ihre Bomben auf diese Siedlungen, in denen noch Zivilisten leben. Und dritte köpfen Nicht-Sunniten, wenn die nicht bei drei auf dem Baum sind.

Und viel hat sich in den letzten fünf Jahren daran wohl nicht geändert, wenn man die Infos - egal von wem bzw. welcher Seite - verfolgt.

Ihr eigentliches Ziel, Schulprojekte und Hilfsprojekte für leidende Frauen zu initiieren, konnte sich Yazbek in die Haare schmieren. Nach ihrer dritten Reise ist sie desillusioniert und enttäuscht zurück ins Exil nach Paris gegangen, obwohl sie sich vorgenommen hatte, in Saraqib zu bleiben. Die Islamisten, mit denen sie konfrontiert war und mit denen sie gesprochen hat, haben ihr den letzten Nerv gezogen, und als Alawitin fühlte sie sich auch in "befreiten" Gebieten ihres Lebens bedroht. Das Assad-Regime hätte sie sowieso eingebuchtet.

Infolinks im Spoiler

https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/die-gestohlene-revolution/978-3-312-00672-4/
http://www.taz.de/!5237173/ (Interview)
https://oe1.orf.at/artikel/418490
https://www.swr.de/swr2/literatur/buch-der-woche/samar-yazbek-die-gestohlene-revolution-reise-in-mein-zerstoertes-syrien/-/id=8316184/did=16392220/nid=8316184/1xy3hkd/index.html
https://www.ardmediathek.de/radio/SWR2-Buch-der-Woche/Buch-der-Woche-Samar-Yazbek-Die-gestoh/SWR2/Audio-Podcast?bcastId=7994764&documentId=31350986




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11.07.2018 um 12:45
ich lese gerade unter anderem

51wuC0kCo6L. SX311 BO1204203200


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14.07.2018 um 00:11
Ein wiederentdeckter Schatz zur zeitgenössischen Philosophie aus meiner Studienzeit:

Alfred North Whitehead: Science and the Modern World, 1925, Cambridge University Press

Whiteheads (doch sehr späte) Beiträge zur Philosophie schätze ich insbesondere aufgrund seiner kollegialen Distanz zu Russell und der Hinwendung zu C.S. Peirce - die leider noch immer oft ignoriert wird.

Im Vergleich zu seinen andern Schriften ein leicht zugängliches Werk.

Die deutsche Übersetzung von Hans Günter Holl im Suhrkamp-Verlag nimmt dem Original nicht viel.

Empfehlenswert.


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14.07.2018 um 16:42
Ich lese aktuell Philip K. Dick - Zeit aus den Fugen


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14.07.2018 um 22:31
Bin jetzt mit 4321 von Auster fertig und muss sagen eine echte Empfehlung.


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15.07.2018 um 13:13
Charles Bukowski - Das Schlimmste kommt noch

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Die autobiographisch angelehnte Geschichte Hank Chinaskis bis zu seinem 21. Lebensjahr am Tag des Angriffs Japans auf Pearl Harbor. Wie Bukowski ist Hank in Deutschland geboren und wächst in einer Unterschichtsfamilie in Los Angeles auf. Der Vater wird zur Zeit der Wirtschaftskrise arbeitslos.

Hank ist ein eher hässliches Kind und wird von seinem Vater regelmäßig wegen Nichtigkeiten mit einem Ledergürtel ausgepeitscht. Seine Fluchtwelt wird die Literatur und später in der High School wie im College zusätzlich noch Alkohol und Gewalt.

Physisch ist er benachteiligt: ungeschickt im Sport und während der Pubertät von extremer Akne geplagt, wegen der er sogar für ein Jahr von der Schule genommen wird. Bezüglich Bildung und Arbeitswelt ist er antriebslos, schafft aber dennoch den High-School-Abschluss. Den Berufseinstieg in eine Handelskette verbockt er mit einer Schlägerei, womit er ans College geht, um Journalismus zu studieren. Dieses Studium bricht er jedoch ab, nachdem er von seinem Vater rausgeschmissen worden ist, als dieser die Kurzgeschichten Hanks entdeckt und gelesen hat.

Nun verfällt er immer mehr dem Alkohol, demoliert im Rausch ein angemietetes Zimmer und am Ende ist ein Automatenboxkampf mit einem mexikanischen Kind eine Metapher für sein Leben: selbst ein Einarmiger kann ihn umnieten.

In diesem Text wird ein sehr reduziertes Weltbild vermittelt, und Hank steht dem Leben mit einem zynischen Nihilismus gegenüber, welches sich in zum Teil atemberaubend guten Dialogen äußert. Dennoch bleibt eigentlich eine kurze Passage einer Reflexion an einem Fluss, welche diesen Nihilismus am besten ausdrückt:
Tausende von Fischen waren da draußen und fraßen sich gegenseitig auf. Mäuler, die schluckten. Und Ärsche, die es wieder ausschieden. Die ganze Welt bestand aus nichts als Mäulern und Ärschen. Aus Fressen und Ausscheiden. Und Ficken.
Diese Weltsicht greift er am Ende wieder auf, als er zum ersten Mal in die Welt der Obdachlosen eintaucht und "Penner" wie Menschen der "normalen" Welt miteinander vergleicht und zum Schluss kommt, dass beide Welten für ihn nicht erstrebenswert sind und er am liebsten eigentlich alleine ist.

Interessant ist das Bekenntnis, dass er in den späten 30er Jahren am College offen für Hitler und den Nationalsozialismus eingetreten ist, einerseits wegen eines allgemeinen Deutschenhasses, dem er sich nicht anschließen will und kann, andererseits wegen des Selektionsgedankens.

Die Verantwortung für seine Pro-Nazi-Einstellung schiebt er auf Dritte ab, die ihn mehr oder weniger nicht haben anders handeln lassen können, obwohl er eigentlich gar kein Überzeugungsnazi gewesen sei und sich nur einen Spaß habe machen wollen. Ich sehe das nicht ganz so verniedlichend, aber jeder kann sich ein Bild machen, hier die Passage:
Der Krieg in Europa lief ausgezeichnet - für Hitler. Die meisten Studenten hatten keine besondere Meinung dazu. Im Gegensatz zu den Dozenten, die fast durchweg linksorientiert und deutschfeindlich waren. Einen rechten Flügel schien es beim Lehrkörper nicht zu geben, bis auf Mr. Glasgow in Wirtschaftslehre, doch der hielt sich sehr zurück.

Unter Intellektuellen galt es als populär und selbstverständlich, für einen Kriegseintritt gegen Deutschland zu sein, um den Faschismus einzudämmen. Mich dagegen reizte es überhaupt nicht, in einen Krieg zu ziehen, um das Leben zu verteidigen, das ich hier führte, oder die trübe Zukunft, die mir wahrscheinlich bevorstand. Ich hatte keine Freiheit. Ich hatte garnichts. Unter Hitler würde ich vielleicht ab und zu sogar etwas fürs Bett kriegen und mit mehr als einem Dollar Taschengeld in der Woche rechnen können. Soweit ich sehen konnte, hatte ich nichts, das sich zu verteidigen lohnte. Und da ich in Deutschland geboren war, empfand ich eine ganz natürliche Loyalität und konnte es nicht leiden, daß man alle Deutschen als Unholde und Idioten hinstellte. (In den Kinos ließ man Wochenschauberichte mit doppelter Geschwindigkeit laufen, so daß Hitler und Mussolini wie übergeschnappte Irre herumhüpften). Außerdem fand ich es undenkbar, mich der Haltung meiner deutschfeindlichen Dozenten einfach anzuschließen. Aus innerer Abneigung und purem Trotz beschloß ich, ihnen Kontra zu geben. ‚Mein Kampf’ hatte ich nie gelesen, und ich hatte auch keine Lust dazu. Hitler war für mich ein Diktator wie jeder andere, nur daß er mir statt einer Standpauke beim Abendessen vermutlich den Schädel oder die Eier weggepustet hätte, falls ich gegen ihn in den Krieg zog.

Wenn sich die Dozenten endlos über das Unheil des Faschismus und die bösen Nazis verbreiteten (wir mußten „nazi“ immer mit einem kleinen „n“ schreiben, sogar am Anfang eines Satzes), sprang ich manchmal auf und ließ irgendwelche Sprüche los:

„Das Überleben der menschlichen Rasse hängt ab von selektivem Verantwortungsbewußtsein!“ Was heißen sollte: Paß auf, mit wem du ins Bett gehst. Aber das wußte nur ich. Es machte wirklich alle stocksauer. Ich hatte keine Ahnung, wie ich auf all dieses Zeug kam.

„Demokratie krankt unter anderem daran, daß lauter Durchschnittsbürger eine durchschnittliche Figur zum Präsidenten wählen, und der sorgt dann dafür, daß es bei uns vollends öde und apathisch und durchschnittlich zugeht!“

Ich vermied jede direkte Anspielung auf Juden und Schwarze, denn die hatten mir nie Ärger gemacht. Meine Schwierigkeiten waren immer von weißen Nichtjuden ausgegangen. Ich war also kein Nazi aus Veranlagung oder eigenem Entschluß, sondern die Lehrer zwangen es mir mehr oder weniger auf, weil sie sich alle so sehr glichen und dasselbe dachten und stur antideutsch eingestellt waren. Hinzu kam, daß ich irgendwo gelesen hatte, man könne um so wirkungsvoller agieren, je weniger man von einer Sache verstand oder daran glaubte. In der Beziehung war ich gegenüber meinen Lehrern entscheidend im Vorteil.

„Wenn man einen Ackergaul mit einem Rennpferd kreuzt, kommt etwas heraus, was weder schnell noch stark ist. Eine neue Herrenrasse wird nur durch gezielte Züchtung entstehen!“

„Es gibt keine guten oder schlechten Kriege. Das einzig Schlechte an einem Krieg ist, wenn man ihn verliert. In allen Kriegen haben beide Seiten für eine sogenannte ‚gute Sache’ gekämpft. Aber nur die Sache des Siegers steht dann vor der Geschichte als gerecht und nobel da. Es kommt nicht darauf an, wer recht oder unrecht hat. Das einzig Entscheidende ist, wer die besten Generäle und die bessere Armee hat!“

Es machte mir großen Spaß. Ich konnte vom Stapel lassen, was mir gerade einfiel.
Mitstudenten jedenfalls haben ihm ihre Sympathie für den Nationalsozialismus bekundet und ihn sogar zu einem Treffen einer Gruppe namens "Amerika für Amerikaner" eingeladen. Das hat aber - wie immer - wegen seiner Probleme mit Sozialkontakten nicht geklappt, das Treffen hat in Saufen und einer Schlägerei geendet.

Auch aus dieser ideologischen Perspektive ist es interessant, dass das Buch mit Pearl Harbor abschließt und die antijapanische Kriegsbegeisterung mit kühler Distanz eines Einzelgängers beobachtet wird:
Jetzt waren sie aufgescheucht. Die Horde war in Gefahr.
Auch wenn vor allem die Dialoge streckenweise sehr treffend gestaltet sind, habe ich doch so meine Probleme mit einem Text, der die menschliche Existenz auf körperliche Grundfunktionen reduziert. Umso mehr, als dies sein Spiel zu sein scheint, denn Hank liest während seiner Jugendzeit praktisch die komplette Weltliteratur, welche er in der Stadtteilbibliothek vorfinden kann. Dies jedoch besteht im Roman nur aus "Namedropping". Und mehrfach wird betont, dass Gespräche über Literatur langweilig sind.

Vielleicht bedient Bukowski halt auch sein eigenes, sich gut verkaufendes Klischee, und dass der einzige, dem Hank Respekt zollt, ein gewisser Becker ist, den er für den besten unveröffentlichten Autor Amerikas hält, geht halt nebenbei mit. 35 Jahre nach Erscheinen ist Ham on Rye, wie der Roman im Original in Anlehnung an Salinger genannt wurde, etwas abgegriffen und hinterlässt einen nahezu schon primitiv zu bezeichnenden Eindruck.


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19.07.2018 um 10:52
Doktor Faustus von Thomas Mann

So, 670 Seiten sind durch.

Ist es Zufall, dass das Buch ohne das Nachwort 665 Seiten lang ist und somit fast 666? Nein, denn es geht um einen Komponisten, der sich mit dem Teufel verbindet, um große Werke zu schreiben. Dafür muss er aber leiden. Wegen starker Migräne ist er lichtempfindlich. Sein Leben versenkt sich immer mehr im Extremen. Große, fruchtbare Schaffensperioden wechseln sich mit Zeiten großer körperlicher Schmerzen ab. Zugang zu ihm erhielt der Teufel, als er sicher bei einer Dirne mit einer Geschlechtskrankheit ansteckt. In diese verliebt er sich und reist wegen ihr bis nach Pressburg. Der Kontakt verliert sich, die Liebe bleibt und er widmet ihr in einem seiner Werke die Klangfolge ae e a es , was für haetera esmeralda steht, also "die Dirne Esmeralda" und in vielen Variationen wiederholt wird. Die beiden Ärzte, die er wegen der Krankheit besucht, sterben kurz nachdem sie Adrian, so heißt der Komponist, behandeln wollen. Von da an nimmt der Teufel immer mehr seinen Körper ein, er verbunkert sich in Einsamkeit und nur zwei Leute dürfen ihn duzen.

Der Roman ist ein Klassiker und spiegelt sehr gut wieder, wie sich die Gesellschaft durch den ersten Weltkrieg verädert hat. Das Bürgertum, wie es seit dem Biedermeier bestand, war in Auflösung begriffen, ihre Wahrheiten als scheinheilige Lügen entlarvt (es geht um Frauen, die fremdgehen, Frauen, die Rauschmittel nehmen, Ehen, wo sich die Partner hassen, Hauptsache einen guten Mann finden, Unannehmlichkeiten, weil die Herren schon vor dem Abend besoffen sind, etc.).

Gleichzeitig mit dem Zerfall des Kaiserreiches und seines gesellschaftlichen Zustandes verschlechtert sich auch der Zustand Adrians. Das fand ich sehr gut daran. Die langwierigen Beschreibungen der Kunstwerke fand ich eher mühselig, weil man sich als Musiklaie kaum etwas drunter vorstellen kann, außer man versteht Wörter wie Kontrapunktik, chromatische Leiter, Polyphonie...
Dass der Roman mit der Erzeugung von Spannung nichts zu tun hat, ist bei einem Werk von Thomas Mann natürlich selbstverständlich. Wer in der Erwartung weiterliest, dass es spannend oder auch unterhaltsam wird, der sollte das Buch erst gar nicht anfangen.

Der Roman ist von 1947, Thomas Manns Spätwerk, Exilliteratur. Der Erzähler, der zwischen Geschichte und Leser zwischengeschaltet ist, ist ein Freund Adrians und befindet sich gerade in der Zeit des zweiten Weltkriegs, ist jedoch untergetaucht und schreibt aus seiner geheimen Behausung irgendwo in Deutschland (passend zur realen Situation des Autors, der in England im Exil war). Beide Erzählstränge (Adrian stirbt höchst verwirrt, 55-jährig, 1940) gehen am Ende zusammen. Am Ende des Buches, es ist kurz nach dem Krieg, heißt es rückblickend über die Kriegszeit:

Deutschland, die Wangen hektisch gerötet, taumelte dazumal auf der Höhe wüster Triumphe, im Begriffe, die Welt zu gewinnen kraft des eigenen Vertrages, des es zu halten gesonnen war, und den es mit seinem Blute gezeichnet hatte. Heute stürzt es, von Dämonen umschlungen, über einem Auge die Hand und mit dem andern ins Gruaen starrend, hinab von Verzweiflung zu Verzweiflung. Wann wird es des Schlundes Grund erreichen?


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22.07.2018 um 16:08
Ich habe mal zwei alte Romane von den Regalen geholt, die ich lange nicht gelesen habe.
Beides Romane die zur Zeit der Bauernkriege spielen.

Jacob Ow von Benno Voelkner (1953)
 KK 8650Original anzeigen (0,2 MB)

Der Ursächer von Quirin Engasser (1939)

 KK 8651Original anzeigen (0,2 MB)


 KK 8652Original anzeigen (0,4 MB)


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23.07.2018 um 22:25
Michael Tsokos: Die Klaviatur des Todes.

Und gerade bestellt:
Michael Tsokos: Die Zeichen des Todes

Ich lese die Bücher von Herrn Tsokos einfach gerne, so gut geschrieben, vor allem BEschrieben.


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29.07.2018 um 13:34
1532864034648-1075064720Original anzeigen (0,9 MB)

da isses :)


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29.07.2018 um 16:16
51pJJfzbsGL. SX325 BO1204203200


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30.07.2018 um 11:08
@cat_and_go
Das kenn ich gar nicht :o: Ich dachte, mir fehlt nur die Klaviatur des Todes. Wie findest du es denn?


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Dr.Manhattan Diskussionsleiter
ehemaliges Mitglied

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31.07.2018 um 10:06
hab mir alle don juan bücher von castaneda für nen schmalen taler aufgetrieben - die geh ich jetzt alle durch ... ist genau mein ding. ich steh schon immer auf indianer.
obs jetzt wie manche meinen rein erfunden ist , ist mir eigentlich egal - man merkt einfach dass da substanz ist - also ist dann wohl castaneda der wahre don juan. egal ... ich glaub den kack - und fühl mich sehr gut bei den büchern. manchmal ist es sogar spannend - also immer wenn carlos peyote nimmt - und don juan ihm quasie sagt: "wenn dus verkackst kannste draufgehen xD" diese ganzen wesen sind genau mein ding.


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31.07.2018 um 10:19
@KFB
Habs noch nicht angefangen zu lesen.
Das buch ist in 2017 heraus gekommen, also noch relativ neu.


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31.07.2018 um 20:30
Die Bibel.
Die Lutherische selbstverständlich :)


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02.08.2018 um 08:14
OJ is innocent and I can prove it. - William C. Dear


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03.08.2018 um 14:03
Blutsbrüder - Ernst Haffner


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