Die Ursache: Eine Andeutung. von Thomas Bernhard
Wieder mal ein Buch von Bernhard. Hab mich irgendwie an dem Mann festgefressen.
Es ist ein autobiographisches Werk. Er erzählt von seiner Kinheit und Pubertät im Heim in Salzburg, in der Schrannengasse. Es tobt gerade der zweite Weltkrieg und auch Salzburg ist davon betroffen. Bernhard erhält vom Nazi-Aufseher Grünkranz die Erlaubnis, in der Schuhkammer die Violine zu praktizieren. Es stank zwar und es war bitterkalt, aber es waren seine liebsten Stunden, weil er sich ganz der Musik hingeben konnte. Ansonsten verband er das Heim mit viel Schlimmen, große Schlafsäle, böse Erzieher natürlich, strenger Unterricht und kalte Duschen als Strafe.
In den fortgeschrittenen Jahren des Krieges gab es dann gar keinen Unterricht, weil sie fast täglich in die Bunker laufen mussten, wegen Fliegeralarm. Dort war es wahnsinnig stickig und elendig, manche verendeten dort auch. Schließlich wird auch Salzburg getroffen und die Innenstadt liegt zum Teil in Trümmern, im dom ist die Kuppel heruntergestürtzt und hat die heiligen Teile der Kirche zerstört.
Nach dem Krieg wurde Grünkranz durch "Onkel Franz" ausgetauscht. Das Hakenkreuz wurde abgehängt und das Jesukreuz aufgehängt. Onkel Franz war genauso unerbittlich und hat auch geschlagen, mit der Faust auf den Hinterkopf. In diesem Heim wurde extra ein Fenster aufgelassen, damit Bernahrd Samstag morgens rausgehen kann und bis zur deutschen Grenze laufen, wo er dann illegal über die Grenze schlich und dann in Traunstein den Zug zu seinem Familienhaus nahm. Direkt nach dem Krieg war die Grenze irgendwie dicht oder so.
Bernhards Vater war kein typischer Österreicher, also war sehr philosophisch interessiert, vertrat die Ideale der Aufklärung und brachte dem kleinen Thomas die französische Philosohie nahe. Er war alternativen Lebensentwürfen durchaus aufgeschlossen. Bernhard tat sich auf dem Gymnasium schwer, das Gymnasium war "mir unmöglich geworden", und eines Tages ging er zum Arbeitsamt, anstatt zum Gymnasium und er fing eine Lehre in einem Lebensmittelladen an. Dann endet das Buch.
Aus dem Buch:
Wahrscheinlich ist in Internaten und vornehmlich in solchen
unter den extremsten menschensadistischen und
naturklimatischen Bedingungen wie in der Schrannengasse das
Hauptthema unter den Lernenden und Studierenden, unter den
Zöglingen kein anderes als das Selbstmordthema, alles andere
also als ein wissenschaftlicher Gegenstand, ein solcher
Gegenstand nicht aus der Studienmasse heraus, sondern aus
dem ersten, alle gemeinsam am intensivsten beschäftigenden
Gedanken heraus, und der Selbstmord und der
Selbstmordgedanke ist immer der wissenschaftlichste
Gegenstand, aber das ist der Lügengesellschaft unverständlich.
Hier ist sogar das ganze Buch als PDF:
https://www.rodoni.ch/bernhard/ursache.pdf