quaerere1 schrieb:Tatsächlich ist mir auch so eine Begegnung, das mir der Typ erst hinterherfuhr, dann um die Ecke parkte und ausstieg und mir entgegen kam, auch in Erinnerung und ich bekam echt Angst, da ich auch etwas ländlich wohnte, damals noch nicht so viele Autos abends unterwegs waren, war die Situation auch sehr bedrohlich. Ich drehte um und rannte, der Typ hinter mir her und ich hatte irres Glück das ein älteres Ehepaar seinen Hund ausführte die ich ansprach und die mich dann nach Hause brachten, der typ ist dann zurück in sein Auto und ist uns noch ne Weile gefolgt.
Das ist wirklich erschreckend, wie vielen Mädchen und jungen Frauen das offenbar mindestens schon einmal im Leben passiert ist. Ich schwanke zwischen der gleichen Einschätzung, wie Du sie geäußert hast, dass damals wie auch heute die Gefahr des Fremden, der plötzlich hinter einem Busch vorgesprungen kommt oder Kinder mit Bonbons in sein Auto lockt, systematisch überschätzt wird, während die wahre Gefahr des Missbrauchs im direkten und oft engsten sozialen Umfeld von Kindern lauert, wo man es sich selber als Eltern aber gar nicht vorstellen kann, so dass hier die Gefahr eben im Vergleich unterschätzt und leider oft auch übersehen wird.
Aber wenn ich dann höre, wie viele Menschen, insbesondere Frauen solche Geschichten erlebt haben oder zumindest jemanden kennen, die es erlebt hat, dann bekommt man doch einen anderen Eindruck. V.a. wenn man bedenkt, wie viele dabei auch sagen, dass sie das damals nicht den Eltern und schon gar nicht der Polizei erzählt haben.
Offenbar kommt es dabei ja aber wohl eher selten zu wirklichen Übergriffen, anscheinden gibt es da ja durchaus ein gewisses Klientel, dem es fürs Aufgeilen schon reicht zu sehen, dass sie die Macht haben, ein Kind oder junges Mädchen in schlimme Angst versetzen können.
quaerere1 schrieb:Auch wenn das jetzt nochmal off-topic ist, eine meiner Freundinnen wurde vergewaltigt und die Eltern sind mit ihr zur Poizei. Man muß wissen das damals das noch sehr viel anders bei der Polizei war, es waren fast nur Männer, die die Vernehmung durchführten und recht unsensibel waren. Ein älterer Kripomann hat doch allen Ernstes sie gefragt, ob der Typ sie wirklich gegen ihren Willen vergewaltigt hat und warum es dann, wenn es so gewesen ist, es überhaupt passiert ist. Denn und jetzt kommt der Klopper, wie soll man in ein Nadelöhr einen Faden reinbekommen, wenn die Nadel nicht ruhig ist.
Diese Geschichte ist einfach nur unfassbar und macht sprachlos. Ich denke, wenn sich bei der Polizei heute jemand so eine Behandlung eines so jungen Opfers leisten würde, würde er mindestens strafversetzt werden. Insofern kann man schon sehen, dass es insgesamt ein verändertes Verständnis und Sensibilität für solche Themen gibt.
Ich habe aber auch deutlich später, Ende der 1990er-Jahre ähnliche Erfahrungen gemacht. Als eine Freundin und ich im Park von einem wichsenden Exhibitionisten belästigt wurden, hat der Polizist, der deutlich genervt davon war, die Anzeige jetzt aufnehmen und bearbeiten zu müssen, zweimal nachgefragt, ob wir uns sicher waren, dass es auch wirklich ein wichsender Exhibitionist gewesen ist und wir da nicht vielleicht nur jemanden gesehen hätten, der dringend mal pinkeln musste und deshalb mit runtergelassener Hose und dem Schwanz in der Hand im Gebüsch stand.
Und als sich im Zug mal zwei Sitzbänke weiter ein alter Mann einen runtergeholt hat, während er mich (rückwärts auf der Bank einer Viersitzgruppe sitzend und deshalb in seine Richtung schauend) intensiv angestarrt hat und ich den Schaffner drauf aufmerksam gemacht habe, der zufällig vorbei kam, ist der zu dem Mann gegangen und hat ihm gesagt: "Also hören Sie, wenn Sie das nochmal machen, fliegen Sie hier aber raus!" (Der Mann war alt, und ich frage mich, wieso der Schaffner ihm zutraute, innerhalb von 5 bis 10 Minuten gleich noch mal einen hochzubekommen....) Mehr ist dem Typen aber nicht passiert.
Mich haben beide Situationen nicht sehr belastet, weil ich jeweils nicht alleine war, mich also sicher und nicht direkt bedroht gefühlt habe, weil ich schon Mitte 20 war und das ganze deshalb zwar durchaus verstörend, aber nicht so verwirrend und beängstigend empfunden habe, wie ein Kind und weil ich selbstbewusst genug war, jeweils um Hilfe und Unterstützung zu bitten - bei Polizei und dem Schaffner. Aber wenn man dann sieht, wie die damit umgehen, wird einem schon ganz anders.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich kann mir schon vorstellen, dass der Täter vor und auch nach der Tat an Claudia zahlreiche junge Mädchen und Frauen belästigt hat, vielleicht auch deutlich bedrohlicher und weitreichender als die Mitschülerin, die sehr glimpflich davon gekommen ist, dass diese Opfer das aber nie offiziell irgendwo zu Protokoll gegeben haben. Und das es deshalb eine guet Chance besteht, dass sich noch heute mit so viel Abstand Frauen melden können, die vielleicht Hinweise zu dem Täter geben können.