Frauenmorde im Elbe-/Weserraum
23.09.2013 um 18:43
hallo und guten tag,
ich lese auch in diesem thread interessiert mit, mir fiel auf, daß vermehrt fragen auftauchten, was die 70er-jahre wohl für eine zeit gewesen seien.
hier mal von mir ein erfahrungs- und allgemeinbildungsbericht:
äußerlich erschienen die 70er naturgemäß düster. das lag z.b. daran:
es gab noch nicht so viele fahrzeuge, die durch ihre beleuchtung für erhellung sorgten.
ebenso gab es noch nicht so viele straßenlaternen, markante gebäude wurden nachts nicht dauerbeleuchtet.
ebenso war es usus, daß schaufensterbeleuchtungen, nach geschäftsschluß (um 18:00!) ausgeschaltet wurden.
private, ausufernde weihnachtsbeleuchtung..., damals undenkbar!
eine der sensationellsten erfindungen der siebziger (neben dem kukident-drei-phasen-reiniger) war die künstliche beleuchtung für den weihnachtsbaum (wobei man dies schon fast als gotteslästerung empfand!).
damals war jeder spätestens zu den 20:00 uhr-nachrichten daheim, heute geht es doch schon eher "rock-around-the-clock".
am rande: ich durchquerte einmal mit dem pkw die tschechoslowakei. abends, ab 19:00 (im september), waren die kleinen orte wie tot, da war nichts: keine beleuchtung, keine bewohner, minutenlang, kilometerweit, kam einem kein auto entgegen. es gab damals sogar die regelung, daß fahrzeuge ab 19:00 in ortschaften 70 (oder gar 80) km/h fahren durften (statt tagsüber 50 km/h).
das war 1990...
nun zum inneren, gesellschaftlichen dunkel: bis ende der 60er-jahre lebte die bundesrepublik deutschland noch im nachkriegszeitalter: traditionelle rollenverteilung, mann arbeitet, frau versorgt die kinder und kocht und putzt und ist nebenbei noch hübsch. die ehe war selbstverständlich das einzig wahre. die kinder hatten zu parieren (und spätestens um 20:00 zu hause zu sein!) volljährig wurde man erst mit 21 jahren (ab 01.01.1975 mit 18)!
die wahre autorität im ort war der pfarrer, er achtete auf sittlichkeit (heiraten konfessionsübergreifend hatte ein geschmäckle, homosexualität - um gottes willen! am karfreitag mußte das radio ausbleiben(!), hätte ein wirt seine gaststätte an dem tag aufgamacht, er wäre vom überfallkommando abgeführt worden!
hinzu kommt das braune gedankengut, das damals noch tief in der bevölkerung (original) verwurzelt war.
gegen all dies begannen nun die jungen leute, aber auch nach und nach erwachsene (vor allem frauen) aufzubegehren, es wurde bunter, heller und lustiger.
frauen bestanden fortan auf gleichberechtigung, wollten ihr eigenes leben leben und selbst geld verdienen. hierzu gehörte auch, sich alleine, ohne männlichen beschützer (bzw. aufpasser), frei fortzubewegen, wann und wo frau wollte.
hinzu kam der wunsch nach moderner, fröhlicher, bunter, unabhängiger mode und wohnungseinrichtung: z.b. wurden nun die tapeten kreischend bunt (die berühmten kringelmuster), der letzte modeschrei waren miniröcke (eher zu groß geratene gürtel!) und die berühmten "hot-pants", getragen am besten zusammen mit langen stiefeln.
die jugend allgemein wollte frei und unabhängig sein, wollte etwas von der welt sehen, etwas erleben und in bewegung sein. da damals, wie bereits geschrieben, die wenigsten ein auto besaßen, kam ganz rasant das trampen (oder auch das "per-anhalter-fahren") auf...
zum thread-thema: nimmt man nun all diese komponenten zusammen, war es also ab anfang der 70er massenweise der fall, daß zu nächtlicher stunde (selbstverständlich auch am tage) junge frauen allein, in minirock bzw. "hot-pants", trampend am straßenrand standen (was ihr gutes recht war, kein thema!) und auf (zumeist ältere) männliche autobesitzer trafen, die oftmals noch in alten klischees verhaftet waren (mann bzw. papa hat das sagen, plötzliche konfrontation mit "unverhüllter" weiblichkeit, respektlosigkeit bzw. haß gegenüber dem, in ihren augen, flitchen bzw. dirnenhaften auftreten der anhalterinnen, ...galt natürlich auch für alle anderen situationen!).
tja, und all dies führte dann zu dieser, scheinbar ominösen (ich hoffe, nun nicht mehr!) häufung von delikten an (zumeist jungen) frauen, so jedenfalls erklärt es sich das kleine fritzchen (= domlau)...
anmerkung: ich erinnere mich gerade daran, wie ich selbst anfang der siebziger, als 10jähriger (ohne wissen der eltern), sonntags öfter per anhalter zu meinem ältesten bruder gefahren bin, ich hatte immer solche sehnsucht nach ihm. der bruder lebte übrigens in der kleinstadt in einer hippie-kommune, ich war so stolz auf meine cord-jacke, mit der man damals gleich ein revoluzzer war (jeans-jacke = rocker!), siebziger-jahre halt...
jedenfalls danke ich dem lieben gott und den netten menschen, die mich mit ihrem auto mitnahmen, daß mir dieser leichtsinn nicht zum verhängnis wurde!
in der hoffnung, einen sinnvollen beitrag für diesen thread geleistet zu haben...
mfg: domlau
mfgg