Der Fall Sonja Engelbrecht
28.11.2021 um 12:58Momomo schrieb:Ich kann mir aber nicht vorstellen, so auffällig wie Sonja vom Äußeren war, dass sie in dieser Nacht niemand im Bereich der Dachauer- oder Seidlstraße, des Stachus´ oder Hauptbahnhofs gesehen hat, wenn sie dort gewesen wäre.Den Rückschluss halte ich für nicht zulässig.
Ich war am Donnerstag in der Stadt (ich wohne eher ländlich), um Schuhe zum Schuster zu bringen. Vom Parkplatz zum Schusterladen, musste ich ein ganzes Stück laufen. Die einzigen Leute, an die ich mich noch grob erinnere sind
- der Schuster (bei dem ich vorher noch nie war, den ich also zum ersten Mal gesehen haben und mit dem ich ca. 5 Minuten geschäkert, also gewitzelt habe, weil er versucht hat, ein lockeres Gespräch zu führen)
- eine Postbotin, die ihr vollgepacktes Lastenfahrad wegen mir an einem schmalen Duchgang, an dem man nicht nebeneinander durchpasste, am Berg anhalten muss, die mir aber, als ich mich entschuldigt habe gesagt hat, dass das ja kein Problem sei, es habe ja Elektroantrieb
- ein Mann mit einen größeren gelben Hund in Joggingklamotten, der an meiner Einfahrt langging, als ich gerade zurückkam, der dachte, ich wolle vorbeifahren und sich deshalb direkt in die Einfahrt gestellt hat, wobei er fast über den Hunde gestolpert ist. Wir haben uns dann per Handzeichen verständigt, beide freundlich genickt, weil ich mich für die Rücksichtnahme bedanken wollte und er signalisieren wollte, dass er verstanden hat, das ich signalisieren woillte, dass ich in die Einfahrt reinfahren wollte.
Zu keiner dieser drei Personen könnte ich jetzt (Sonntagmorgen, also 3 Tage später) mit Hilfe eines Zeichners ein Phantombild erstellen. Zum Schuster könnte ich sagen, dass er zwischen 60 und 70 Jahren alt war, einen grauen Bart hatte und eher klein war. Zur Postbotin könnte ich zum Aussehen gar nichts beitragen, außer dass es eine Frau war, die halt die typische Postbotinnen-Uniform trug. Zu dem Mann könnte ich noch sagen, dass er mittelalt war, schlank mit einer engen grauen Jogging-Hose und einer Mütze bekleidet und einen gelben, größeren Hund an einer Leine dabei hatte.
Wahrscheinlich würde ich keinen der drei bei einer Gegenüberstellung wieder erkennen, wenn man einigermaßen ähnliche Leute daneben stellen würde.
Ich erinnere mich an die drei nur, weil ich mit ihnen jeweils einen ganz persönlichen Kontakt hatte und kommuniziert haben (verbal oder zumindest mit Handzeichen). Auf dem Weg mit dem Auto in die Stadt und zurück und auf dem Fußweg durch die Stadt bin ich zahlreichen Leuten begegnet, ich könnte mich an keinen einzigen davon erinnern. Ich war noch in zwei oder drei anderen Läden, ich könnte in keinem sagen, wie die Verkäuferin aussah, die mich an der Kasse bedient hat.
Wenn ich heute ein Schild sehen würde, auf dem Zeugen gesucht würden, weil genau seit dem dem Vormittag, als ich in der Stadt war, dort eine junge Frau vermisst würde, könnte ich nicht ausschließen oder bestätigen, ob sie mir über den Weg gelaufen ist.
Und das, obwohl ich sehr selten dort unterwegs bin, der Tag also in meinem Alltag eher eine Ausnahme war. Jemand der jeden Tag da rum läuft, wird sich noch viel weniger an einzelne Personen und vor allem daran, an welchem der letzen 10 Tage, von denen er an jedem in der Innenstadt war, er sie gesehen hat, erinnern können.
SE war vom Äußeren in keinster Weise eine "so auffällige" Frau, sie war fürs abendliche Ausgehen normal gekleidet, jung und hatte lange blonde Haare. Sie war hübsch, aber auch nicht auffällig schön.
Aber wenn jemand im Auto oder zu Fuß an ihr vorbei gegangen wäre, hätte niemand zu seinem Begleiter gesagt: "Wow, hast Du die Frau grad gesehen?!"
Die Suchmeldung stand ja nicht am nächsten Morgen in der Zeitung, sondern Tage später. Und zu dem Zeitpunkt hatte sich vielleicht noch jemand dran erinnert, wenn er auf dem Weg vom STMP zum Bahnhof an Olivia Jones in voller Montur vorbeigefahren wäre (selbst wenn er sie nicht als Promi kennen würde, sondern einfach wegen der Erscheinung). Selbst an Conchita Wurst hätte sich nur jemand erinnert, der ihr zu Fuß entgegen gekommen wäre, von der Silouette und Kleidung gedacht hätte, dass ihm eine Frau entgegen kommt und der dann erstaunt in ein bärtiges Gesicht geschaut hätte. Wer an ihr im Auto vorbeigefahren wäre, ohne dieses herausragende Merkmal zu erkennen, hätte sich schon am nächsten Morgen nicht mehr an die Begegnung erinnern können, weil er an dem Abend an mind. 100 Leuten vorbeigefahren wäre.
Der Rückschluss, dass sie dort eigentlich gar nicht gewesen sein kann, weil sie keiner gesehen hat, ist für mich absolut falsch.