Elli24 schrieb:Das ist eine sehr gute Frage. Es wäre schön, wenn hier die Juristen eine Antwort geben würden. Es hat hier mal geheißen, der Angeklagte darf lügen, der Anwalt nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verteidiger das dem Gericht sagen muss. Die Verteidigung hätte sich dann weitgehend erledigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gericht die Möglichkeit hat, alles einfach beim Verteidiger abzufragen. Dann wären die Prozesse schnell erledigt. Es wird sicher eine Schweigepflicht geben - denke ich.
krimilover schrieb:Ja.. Das stimmt. Aber ich frag mich echt wie sich dann so ein Verteidiger fühlt, wenn sein Mandant ihm gesagt hat, dass er den Mord begangen hat, das Gericht ihn aber freispricht, weil er nicht weiter als Täter gesehen wird. Puhhh schwierig. Ich glaube ich würde dem Gericht ganz unprofessionell so versteckte Hinweise geben :D
Aber ich wäre als Verteidiger sowieso ungeeignet, die richtigen werden das sicher profisioneller handhaben.
Meine frühere Antwort wurde ja hier schon zitiert.
Kurz gefasst kann man es so ausdrücken: wenn ich weiss, dass der Mandant schuldig ist, er aber fest vor Gericht behaupten will, er sei unschuldig, dann kann ich ihm das nicht verbieten. Ich würde ihm davon abraten, z.B. abraten sich überhaupt einzulassen, denn meistens haben Lügen kurze Beine, aber wenn er aussagen will, er sei ein Unschuldsengel - das Recht hat er. Unser Fall hier ist ja ein Beweis dafür.
Ich als Verteidiger darf aber das Gericht nicht anlügen, denn als Verteidiger ist man nicht nur Advokat des Angeklagten (von lat. advocare, für einen sprechen), sondern auch, wie es die deutsche Rechtssprache nennt: "Organ der Rechtspflege." Der Anwalt hat also zwei Funktionen: dem Angeklagten eine Stimme geben, und darauf achten, dass das "Recht gepflegt wird," also alles mit Rechten Dingen zugeht. Und das zweite beschränkt in diesem Fall das erste. Wenn ein Anwalt das Gericht belügt, beschädigt er die Rechtspflege.
Was also nun tun in einem solchen Dilemma? Der Anwalt darf nicht die Seite wechseln. Er darf nicht sagen: "Hohes Gericht, mein Mandant sagt zwar er sei unschuldig, aber ich weiss es besser, denn..." Das geht gar nicht.
Ich darf aber auch nicht die Lügen des Mandanten wiederholen oder bestärken. Das Ergebnis ist hier also: der Anwalt muss zu dem Thema schweigen.
Ich darf auch nicht mittelbar die Lügen des Mandanten fördern. Wenn der Mandant mir also sagt: "klar war ich es, aber keine Angst, stellen Sie einfach den Antrag meinen Bruder zu vernehmen, der wird mir ein bombenfestes Alibi geben, der weiss Bescheid" dann darf ich genau das auch nicht tun: den Bruder als Zeugen benennen, denn ich weiss, dass auch der lügen wird.
So kommt man dann an den Punkt wo man sich selbst fragen muss: kann ich den Mandanten hier noch effektiv verteidigen? Und wenn ich das nicht mit ja beantworten kann, dann muss ich mein Mandat niederlegen.
Das ist auch ein Grund warum ich persönlich wissen will, ob und was der Mandant getan hat. Lange bevor eine Verhandlung beginnt. Denn so kann ich ihm vorher schon sagen, dass es mit dieser Verteidigungsstrategie nichts wird, dass ich das Mandat nicht annehmen werde, wenn er dabei bleibt, aktiv lügen zu wollen.
Etwas anderes ist es, wenn er mir gesteht, die Tat begangen zu haben, aber eben dazu komplett schweigen will. Dann kann ich ihn verteidigen, denn dann ist meine Aufgabe darauf zu achten, dass die Staatsanwaltschaft und ihre Polizei wirklich die Schuld beweisen kann. Und darauf kann ich bestehen. Und muss ich bestehen.