Tja, die Quadratur des Kreises. Der BGH hat sich mehrfach mit der Frage beschäftigt, wie man nun die "besondere Schwere der Schuld" definieren und vor allem erkennen kann, oder anders gesagt: wie man die Schuld irgendwie quantifizieren kann.
Verschiedene Senate haben verschiedene Antworten gegeben, und alle sind nicht befriedigend. Klar, in manchen Fällen meint man relativ einfach Antworten zu finden: besonders viele Opfer, besonders viele Taten des Täters, besonders brutale Vorgehensweise usw. All das hat der grosse Senat -das zeigt schon die Schwierigkeit dieses Problems - zurückgewiesen, als untauglich eine Norm zu begründen. Jeder dieser Faktoren kann eine Feststellung dieser besonderen Schwere begründen - oder auch nicht.
Insofern stand der BGH hier vor einem unlösbaren Problem und hat es auch nicht gelöst: Er hat die Bürde dieser Entscheidung und ihrer Begründung wieder allein dem Tatgericht aufgelegt. Mit ebenso nebulösen Begriffen wie sie schon vorher bestanden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat nicht geholfen.
Der Tatrichter hat demnach ohne Bindung an begriffliche Vorgabe die schuldrelevanten Umstände zu ermitteln und zu gewichten. Alsdann hat er im Wege einer zusammenfassenden Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit die Schuld daraufhin zu bewerten, ob sie nach seiner Auffassung besonders schwer ist. Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld kann dabei nur dann in Betracht kommen, wenn Umstände vorliegen, die Gewicht haben. Nur dies wird der nach § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB zu treffenden Entscheidung gerecht, die die Möglichkeit eines fünfzehn Jahre überschreitenden Freiheitsentzuges eröffnet. Solche Umstände können beispielsweise eine besondere Verwerflichkeit der Tatausführung oder der Motive, mehrere Opfer bei einer Tat, die Begehung mehrerer Mordtaten oder - im oder ohne Zusammenhang mit dem Mord begangene - weitere schwere Straftaten sein (vgl. BGHSt 39, 208; BGH NStZ 1994, 540, 541). Hierbei ist jedoch stets zu bedenken, daß solche Umstände nicht ohne weiteres, sondern nur im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung zur Bejahung der besonderen Schwere der Schuld führen können (vgl. auch BGHSt 39, 121).
37
Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der Entscheidung eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat, darf aber nicht seine Wertung an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen (BGH NJW 1993, 1724; BGH StV 1993, 344, 346).
Quelle: BGH, Grosser Senat, GSSt 2/94 vom 22.11.1994
Mit anderen Worten: das Tatgericht muss alle möglichen Umstände der Tat und des Täters berücksichtigen. Aber die Entscheidung kann im Wesensgehalt nicht hinterfragt werden.
Mir ist nicht bekannt, ob ein Gericht einmal mit dem Nachtatverhalten die besondere Schwere begründet hat, und wenn, dann mit welchem Verhalten. Möglich wäre es schon, wenn man argumentieren kann, dass sich das Nachtatverhalten aus der Tat oder den Umständen des Täters ergibt. Wie man oben lesen kann, verwendet der BGH hier wieder Begriffe, die ebenfalls sich einer einfachen Definition entziehen, z.B. " besondere Verwerflichkeit," "Umstände von Gewicht" usw.
Meine persönliche Einschätzung ist, dass der Grosse Senat hier aufgegeben hat. Der Gesetzgeber hatte eigentlich eine relativ klare Vorgabe gegeben, aber seit das BVerfG "lebenslänglich" eben nicht mehr als lebenslänglich definiert hat, eine in meinen Augen sehr fragliche Entscheidung, war es eigentlich notwendig, nun mit einer handhabbaren Definition aufzuwarten. Der BGH sagt hier recht deutlich: wir können das nicht.
Insofern liegt der Ball nun wieder im Raum des Tatgerichts. Ich kenne die Regensburger Richter nicht, aber ich vermute, sie werden keine besondere Schwere feststellen.
Ich vermute mal, obwohl der Grosse Senat das eigentlich abgelehnt hat, dass die meisten Richter den Kriterien des 4. Senats, dem sich andere angeschlossen hatten, weiterhin anwenden, weil es keine anderen zu geben scheint:
Der 4. Strafsenat vertritt weiterhin die Auffassung, besondere Schuldschwere liege vor, wenn das gesamte Tatbild einschließlich der Täterpersönlichkeit von den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Mordfällen so sehr abweicht, daß eine Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe nach 15 Jahren auch bei günstiger Täterprognose unangemessen wäre (Beschl. vom 30. November 1993 - 4 ARs 27/93).
Quelle: siehe oben
Wenn man das tut, denke ich wird man keine so ungewöhnliche Faktoren finden.