emz schrieb:@regenbogen1
Du schreibst von Moral und Empathie, einem großen Thema im Zusammenhang mit dem Hippokratiischen Eid.
"Hippokratischer Eid" ist viel Mythos, wenig Substanz.
Die weit verbreitete Annahme es sei tatsächlich ein "Eid", den ein Arzt vor seinem Eintritt in den Berufstand leisten muss ist nicht korrekt.
Soweit ich weiß ist nicht mal wirklich geklärt ob Hippokrates da wirklich was mit zu tun hatte bzw wer, das wann genau erstmals abgeferfasst hat.
Aber weil diese Schriften zweifelsfrei alt sind gelten sie als Zeugnis dafür, dass Arzt tatsächlich einer der ersten Berufe war, bei denen extrem früh in der Geschichte schon die Vorstellung keimte, dass jemand der solche Verantwortung trägt an einen definierten moralischen Kompass gebunden sein sollte.
Von manchen Historikern wird der Eid des Hippokrates sogar als "Beginn der Definition einer Berufsethik" gesehen, ich weiß aber nicht was da so der aktuelle Stand ist.
Es ist auch nicht mehr genau zu sagen ob wirklich alles was wir heute als "Medizinethik" kennen, auf diesen Eid zurückzuführen ist, oder ob Ähnlichkeiten zwischen Medizinethik bzw dem Standesrecht und dem Eid des Hippokrates einfach mal vielerorts und öfter als einmal unabhängig voneinander entstanden sind, denn wozu brauch ich Ärzte, wenn sie nicht im Interesse des Patienten handeln.
Interessant ist für diesen Fall aber z.B., dass schon zu Zeiten des "Hippokratischen Eides" (also soweit ich mich Recht erinnere im ersten Jahrhundert) festgehalten wurde, dass z.b. sexuelle Handlungen des Arztes am Patienten inakzeptabel sind.
Die meisten "Argumente", die sich auf diesen Eid berufen beruhen aber auf Irrglaube oder Halbwissen.
Es ist einfach kein "Eid der von Ärzten zu leisten ist".
Wer sich darauf beruft, dass dieser Eid Sterbehilfe verbietet, der vergisst gerne, dass das "Original" Schwangerschaftsabbrüche damit aber gleich setzt und beides verbietet.
Die Diskussion ob der oder die Urheber diesen Eid nicht ganz anders formuliert hätten, wenn sie mal gewusst hätten, was für umfangreiche Möglichkeiten es heute gibt schwerst Kranke auch gegen ihren Willen mit zahlreichen Maschinen usw am Leben zu halten, ist, wie Du Dir vorstellen kannst, auch nicht erst seit gestern sehr lebhaft.
emz schrieb:Du kennst dich da aus? Das kann man wo nachlesen?
Ich hab mal ne interessante Vorlesung dazu gehört, aber soweit ich weiß ist der Wikipedia-Artikel gar nicht so schlecht, das bedeutet meistens, dass darunter gute, lesenswerte Quellen verlinkt sind.
Fazit bleibt aber ziemlich simpel:
Hinter der Vorstellung, die Leute heut zu Tage von diesem Eid haben, steht meist der Wunsch, dass es einen Weg gäbe Menschen in Berufen mit großer Verantwortung irgendwie dazu zu "zwingen", dass sie jede Handlung oder Unterlassung zuvor gründlich moralisch überdenken und hier auch entsprechend hohe Ansprüche an sich selbst haben.
Aber ich denke wir wissen alle, dass der Hase so leider nicht läuft.
Deus_Ex_Machin schrieb:Was ich mir noch gedacht habe: Man kann von Glück reden, dass der Angeklagte für das Medizinstudium zu doof/zu faul war. Gar nicht auszudenken, was er als Ärzt hätte alles anrichten können...
Ich finde es eigentlich viel erschreckender, dass dieser Fall nur einmal mehr beweist, dass Krankenhäuser, obwohl das Problem seit Jahren bekannt ist, immer noch so schlampig vorgehen, dass der TV sehr wahrscheinlich nicht einmal viel kriminelle Energie anwenden oder irgendwelche Sicherheitssysteme austricksen mussten um in Hülle und Fülle an Medikamente zu kommen die aus gutem Grund nur vom Arzt verordnet werden dürfen und teilweise nicht mal für die Verschreibung zur eigenverantwortlichen Einnahme durch den Patienten vorgesehen sind, sondern darauf konzipiert, dass sie dem Patienten auf ärztliche Weisung durch medizinisches Fachpersonal direkt verabreicht werden.
Leider wird meine Erwartung, dass die Nebenklage hier mal anfängt interessante Fragen zu stellen mit denen sich die Staatsanwaltschaft in einem gesonderten Verfahren mal befassen sollte vermutlich enttäuscht werden.
Wenn ein "normalsterblicher Apotheker" es einfach so hin nähme, dass seine Angestellten halt (verschreibungspflichtige) Medikamente klauen für die ER verantwortlich is, damit Missbrauch treiben und dann auch noch raus käme, dass der verantwortliche Apotheker von dieser andauernden Selbstbedienung wusste, dann hätte dieser Apotheker ein ernsthaftes Problem.
Warum müssen Krankenhausapotheker nicht ebenso Verantwortung übernehmen?
Freital schrieb:Was ist mit den Sichtungen auf dem Jakobsweg? Könnte das Opfer dort seinemPeiniger begegnet sein?
Theoretisch natürlich schon, praktisch bzw statistisch betrachtet grenzt die Wahrscheinlichkeit an Null, dass jemand bei Wuppertal oder irgendwo auf dem Jakobsweg auf seinen Mörder trifft, der sein Opfer dann mehrere hundert km zurück Richtung Heimat bringt um die Leiche genau dort einzupflanzen wo der TV mit dem Opfer ohne Probleme mit irgendeinem Zeitablauf gewesen sein kann und zwar direkt nachdem sie das letzte Mal von Menschen lebend gesehen wurde, die sie wirklich kannten und nicht verdächtig werden sie getötet zu haben.
Wenn etwas aussieht wie eine Ente und läuft wie eine Ente, dann sollte man erstmal prüfen ob es nicht vielleicht einfach eine Ente ist, ehe man nach mutierten Schnabeltieren aus dem Weltraum sucht.
Freital schrieb:Die Zeugen Aussagen sind nicht von der Hand zu weisen. Auch die Hunde haben angeschlagen
Ich denke auch nicht, dass das einfach von der Hand gewiesen wurde.
Für mich persönlich erklärt das tatsächlich sogar ein bisschen, warum vor dem Leichenfund nicht in einer Strafsache ermittelt wurde obwohl da bei mehreren Leuten ganze Girlanden von Warnleuchten geblinkt haben.
Einen Mordprozess ohne Leiche zu führen mag theoretisch möglich sein, aber es ist nie einfach.
Diese Sichtungen und das Anschlagen der Mantrailerhunde hätten die Beweisführung, dass Maria wirklich tot ist bzw ihr Lebensumfeld gar nicht freiwillig verlassen hat ganz erheblich erschwert.
Freital schrieb:Das waren professionelle Mantrailer-Hunde. Hunde lügen nicht
Aber sie erzählen eben ihrem Hundeführer bzw dem Richter aus dem Zeugenstand heraus auch nicht wie viele tatsächlich vorhandene Geruchsmarker von wie viel Existierenden sie in diesem Fall als "ausreichend" befunden haben und warum.
Das Mantrailer grundsätzlich unzuverlässig sind ist natürlich Blödsinn.
Aber kein seriöser Hundeführer wird abstreiten, dass sowohl falsch positive als auch falsch negative Ergebnisse selbst bei guten Bedingungen durchaus vorkommen und dass die Bedingungen unter denen nach Maria Baumer "geschnüffelt" wurde (vergangene Zeit, Beschaffenheit und Frequentierung des Gebietes usw) mehr als nur schlecht waren, das stand niemals auch nur zur Diskussion.
Darüber hinaus neigen fast alle Mantrailerhunde die ich kenne dazu "im Feld" weit öfter ein falsch positives Ergebnis anzuzeigen, als beim Training.
Hunde sind einfach mal seit mehreren tausenden Jahren darauf selektiert wurden mit dem Menschen ein Team zu bilden.
Ein Hundeführer
kann vor seinem Hund
nicht verstecken, dass ihm die Auffindung der gesuchten Person bei einem echten Einsatz extrem wichtig ist, während beim Training eher "Präzision" gewünscht wird.
Es ist unmöglich zu vermeiden, dass dieser Wunsch des Hundeführers einen Mantrailer ab und zu verleitet eine Fährte anzuzeigen obwohl der Selbe Hund die Ähnlichkeiten zwischen dieser Probe und dieser Fährte im Training nicht als ausreichend "empfunden" hätte.
Das Augenzeugenaussagen stets mit Vorsicht zu genießen sind ist doch nun echt keine Neuigkeit.
Da brauch man ja nur nach Sichtungen von Elvis suchen oder sich die Masse an Fällen ansehen in denen sich später durch einen Leichenfund beweisen ließ, dass zu dem Zeitpunkt zu dem mehrere Zeugen eine Person "ganz sicher" gesehen haben wollen genau diese Person schon eine ganze Weile tot war.
emz schrieb:Falstaff schrieb:
Allerdings ist unser Kandidat ein überführter Kinderschänder und das wird nicht gerne verziehen.
Sorry, wenn ich dazwischengrätsche.
Aber was war im Fall UK (Peggy Knobloch), Freispruch (Mord) durch RA Euler.
Verurteilter Kinderschänder (schuldunfähig) und wie hätscheln den seine Anhänger.
Ich denke nicht, dass die "Stimmung" im Hinblick auf den hier Tatverdächtigen mit der rund um UK vergleichbar ist.
Bei UK haben im Vorfeld schon andere Leute versagt und die "Ermittlungssorgfalt" war mit dem Fall Maria B. kein Stück zu vergleichen.
Man weiß doch nicht erst seit gestern, dass Männer (und auch Frauen) wie UK ausgiebiger Betreuung und "Lenkung" durch qualifizierte "Sexualbetreuer" benötigen, die es ihnen überhaupt möglich machen zu begreifen, dass sie sich in sexuellen Dingen nicht wie Kinder verhalten dürfen auch wenn sie im Kopf großteils welche sein mögen.
Das macht den Missbrauch für das betroffene Kind kein Stück besser, weswegen auch der Aufenthalt in der Geschlossenen sinnvoll ist, aber es berechtigt einen sehr unterschiedlichen Blick auf die Schuld(fähigkeits)frage.
Darüber hinaus wurde im Fall UK u.A. einfach mal verbockt die Sache mit dem Verbleib der Leiche vernünftig und glaubhaft aufzuarbeiten.
Aber der hier TV hat in dieser Hinsicht nichts mit UK gemeinsam.
Im Gegensatz zu UK steht bei C.F. nur zur Diskussion
ob er die Leiche von Maria B. am Auffindeort "beseitigt" hat bzw ob das hinreichend sicher nachgewiesen werden kann.
Daran, dass C.F. über die geistige Kapazität, die körperlichen Voraussetzungen, die Zeit und die logistische Möglichkeit zur Verbringung und "Beseitigung" der Leiche verfügt bzw zum vermuteten Tatzeitpunkt verfügt hat, gibt es doch zumindest soweit ich bisher gelesen habe absolut keine Zweifel.
Auch die Schuldfähigkeit dürfte nicht ernsthaft zur Diskussion stehen.
Das es im Falle eines Schuldspruches zu einem WA Verfahren kommen könnte, das ist nun mal etwas mit dem man bei Indizienprozessen rechnen muss.
Allerdings denke ich, dass hier nur die Argumentation "War die Beweislast wirklich hinreichend?" zünden dürfte.
Der TV ist in diesem Fall gut anwaltlich vertreten bzw sagen wir "seinen Wünschen entsprechend vertreten".
Dass der Richter einen Schuldspruch im Grunde damit "begründen" könnte, dass "jemand der Kinder missbraucht, wohl auch fähig ist seine Verlobte zu töten." steht hier auch soweit ich weiß nicht zur Debatte.
Alle Artikel usw lesen sich so, als sei dieser Richter sehr professionell, gründlich, geduldig und bemüht beiden Seiten Raum zu geben.
Vielleicht mag
@C.RoCkEfElLeR Eindrücke darüber teilen was für einen Eindruck der Vorsitzende Hammer so im Prozess macht?
jada schrieb:Wurde im Verfahren schon thematisiert, ob der Angeklagte Wirkstoffe aus den Medikamenten (Wohnung) intus hatte, bzw. wurde eine Einnahme (ggf. regelmäßig) seinerseits erörtert?
Ich denke nicht, dass das für das Verfahren wichtig ist.
Ob und was der TV bei der Tat selbst möglicherweise im Blut hatte dürfte unmöglich zu rekonstruieren sein.
Es wäre aber nur dann relevant, wenn die Staatsanwaltschaft eine Tötung im Affekt, einen ungewollten Totschlag oder einen Unfall "im Drogenrausch" für wahrscheinlich hielte.
Das sehe ich nicht als gegeben an, offenkundig ist das Ziel ja nicht nur nachzuweisen, dass der TV den Tod von Maria B. zu verantworten hat, sondern auch, dass diese Tat alles andere als spontan oder absichtlich verübt wurde.
jada schrieb:Was glaubt ihr, welches Mordmerkmal, vom Gericht abgehandelt/ angenommen wird?
Ich denke, wenn die Beweislage dem Richter reicht, dann wird Heimtücke definitiv eine Rolle spielen.
Aber auch:
jada schrieb:sonst aus niedrigen Beweggründen
Das kann ja fast alles heißen, allerdings weiß ich nicht, wie man in einem solchen Fall z.B. beweisen wollte, dass der TV u.A. dadurch "motiviert" wurde, weil der sein "Versagen" im Studium nicht zugeben oder die Beziehung mit Maria beenden und mit einem anderen Partner eingehen wollte.
Aggie schrieb:Die Ermittler hatten den Angeklagten schon bald nach Marias unerklärlichem 'Verschwinden' im Visier.
Eben und bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass diese Ermittler doof oder inkompetent sind.
Es dürfte ihnen also absolut klar gewesen sein, dass das es für den Erhalt eventueller Beweismittel absolut nicht schön ist, wenn der, den sie der Tat verdächtigen, nicht nur in einem der möglichen Tatorte wohnt, sondern Zugriff auf
alles hat bevor es irgendeine Form von Spurensicherung geben konnte.
Ich nehme also an, dass es Gründe gab nicht vorher gegen ihn zu ermitteln, die weit über "aber wir dachten, dass sie nur vermisst wird" hinausgehen.
Deus_Ex_Machin schrieb:Wird "nur" ein Mordmerkmal erkannt, dürfte der Angeklagte möglicherweise um die besondere Schwere der Schuld herumkommen. Und das wäre das Einzige, was es für ihn noch zu gewinnen gäbe.
Kennt sich da jemand aus und weiß ob das auch der Fall ist, wenn bisherige Strafsachen u.A. wegen Körperverletzung vorliegen und zu bedenken geben, dass hier eben nicht plötzlich jemand zum Täter wurde, der zuvor niemals strafbewährt gegen das Wohlbefinden eines anderen Menschen gehandelt hat?
Soweit ich weiß ist der Einbezug vorheriger Vergehen z.B. in Strafmaß doch explizit erlaubt?
dievo schrieb:Hier der neue Podcast der Mittelbayerischen Zeitung:
Also so richtig "neutral" bzw "unvoreingenommen" klingt das aber irgendwie gar nicht mehr.. Schade.. ich finde Schuldsprüche viel "befriedigender", wenn alle "Profis" hübsch sachlich bleiben und nicht einen auf Schmierenkomödie machen und das ständige Gekicher der Reporterin fand ich extrem unangebracht.
So lange sie auf die Unschuldsvermutung hinweist und keine expliziten Anschuldigungen macht soll sie doch einfach zugeben, dass sie dem TV gegenüber kein Stück neutral ist, ist ja nicht verboten aber dieses "Wir berichten neutral." und dann dieses affektierte Gelache wann immer sie eine mögliche, alternative Deutung von Annahmen usw für unglaubwürdig erachtete ist doch unwürdig.
Mr.Stielz schrieb:Wenn die Gedächtnisaussetzer jetzt auch noch zeitlich mit der Internetrecherche korrelieren, dann ist das leider ein weiteres Steinchen im Mosaik.
Ich finde es irgendwie bedenklich, dass so gar nicht angesprochen wird, dass der eine Gedächtnisaussetzer, der schon länger bekannt war natürlich auch z.B. durch Stress ausgelöst wurden sein könnte.
Ich trinke nicht und nehme auch keine Drogen.
Den einzig richtig fiesen "Filmriss" von mehreren Stunden hatte ich mal, als ich zu spät auf die eigentlich naheliegende Idee kam, dass mein genialer Plan "Wenn ich tagsüber arbeite, kann ich ja nachts lernen." irgendwie so genial dann doch nicht war.
Und die Sehstörungen, die ich in einem ähnlichen Kontext hatte haben mich zum Augenarzt getrieben obwohl ich wusste, dass "Dauerglotzen auf Bücher und Bildschirm" sowas verursachen kann und ich mir nur nicht vorstellen konnte, dass Stress und Überanstrengung "allein" ein derart heftiges Echo von Hirn und Augen zur Folge haben können.
Mr.Stielz schrieb:Wenn sich gar zuviele Puzzleteile auf wundersame Weise ineinanderfügen, dann kann das irgendwann kein Zufall mehr sein..
Man muss halt ganz dolle aufpassen, dass man nicht anfängt in allen möglichen und unmöglichen Dingen, die auch total bedeutungslos sein können ein "weiteres Puzzleteil" zu sehen.
Deswegen funktionieren ja auch viele Verschwörungstheorien so gut und ohne dass die Kundschaft verdacht wegen fehlender Quellen schöpft; einfach weil das menschliche Gehirn quasi fest darauf programmiert ist Muster zu erkennen.
Im Gesamtbild denk ich mir:
"Entweder ist der Angeklagte schuldig, oder ein echter Pechvogel, dass all diese Indizien ihm derart zwischen die Füße fallen."
und halte die "Pechvogelversion" für eher unwahrscheinlich.
Aber es besorgt mich auch, wie viele Leute hier schreiben, dass ihnen eigentlich einzelne Indizien bereits reichen um den TV wegzusperren und wie oft in diesem Prozess mit zweierlei Maß gemessen wird, indem alles was belastet ganz hoch bewertet wird, während man Unstimmigkeiten der "Gegenseite" unter den Tisch fallen lässt.
Z.B. dürften wir uns einig sein, dass Marias Schwester keine Tatverdächtige ist, das niemals war und wohl auch nicht werden wird.
Trotzdem machen mich manche ihrer Aussagen stutzig bzw lassen mich vermuten, dass sie zu sich selbst ggf nicht immer ehrlich war bzw ist.
Wie kann das Verhältnis zwischen den Schwestern so "zwillingseng, da passt kein Blatt zwischen uns, Maria und ich haben über alles geredet" gewesen sein und trotzdem war es für sie so lange selbstverständlich, dass Maria sich halt eine Auszeit genommen hat und ohne Verbindung mit ihr aufzunehmen weg ist aber ganz sicher wieder auftauchen wird?
Würde der Freund meiner Schwester, mit dem sie zusammenlebt, mir sagen "Die will ne Auszeit nehmen und ist Hals über Kopf weg."
Dann würd ich den am Schlafittchen packen, gegen die Wand ditschen und ihm mitteilen, dass er besser mal einfach ausspuckt, was auch immer er weiß. Ich sage damit nicht, dass das richtig ist oder ich stolz drauf wäre, sondern nur, dass ich das im Leben nicht für eine Minute glauben würde.
Meine Schwester und ich stehen uns nicht grade nahe, sie hat auch durchaus mal "wankelmütige" Zeiten durchgemacht.
Aber sie würde nicht einfach "Mal eine Auszeit nehmen." ohne sich bei unserer Mutter oder mir zu melden.
Maria B. klingt so ganz und gar nicht wankelmütig, die Vorstellung sie könne derart Hals über Kopf eine "Auszeit" genommen haben und das dies der Schwester trotz fehlender Meldung bei ihr glaubhaft erschien ergibt für mich keinen Sinn.
Ich denke nicht, dass Barbara F. irgendwie in der Pflicht steht das "aufzuklären".
Aber genauso finde ich es z.B. auch unangebracht es überzubewerten, wenn Leute sich nicht mehr auf die Stunde genau erinnern, wer bei einem Grillabend, der ja erst nach Marias Verschwinden bzw genaugenommen erst nach der Totauffindung irgendwie bedeutsam wurde, wann gen Heimat aufgebrochen ist.
Auch, dass jemand sagt "Sie hat von einer Telefonzelle angerufen.", weil er weiß, dass sie kein eigenes Handy dabei hatte, aber nicht dran gedacht hat, dass sie sich ggf unterwegs eins geliehen hat sollte für sich genommen niemanden verdächtig machen. Und nein, ich glaube auch nicht, dass es diese Anrufe gab, aber bei dem Ablauf lässt sich leider nicht mehr alles so lückenlos klären wie es wünschenswert wäre.
Manchmal muss man es eben halten, wie dieser Sachverständige für Botanik.
Der war für den Fall wirklich keine große Hilfe, aber er hat super deutlich gemacht, dass Wurzeln, Blätter und Co manchmal einfach nicht die Aussagekraft haben, die man sich erhofft hatte und man dann nicht einfach sagen kann "Ach der Spaten lag bestimmt länger dort, weil der vom Botaniker genannte Zeitrahmen nicht so ganz ins Gesamtbild passt, sondern damit leben muss, dass manche Dinge sich einfach mal auch mit aller Sorgfalt nicht aufklären lassen.
falstaff schrieb:Die Indizienlast ist so gewaltig, dass es mich mittlerweile fast wundert dass die Ermittler nicht schon vor dem Leichenfund eine Anklage versucht haben - es wäre nicht der erste Fall gewesen, in dem eine Verurteilung auch ohne Leichenfund gelungen wäre
In den paar Fällen die ich kenne in denen das geglückt ist gab es aber immer zumindest irgendwas.
Blutspritzer die kein Fachmann für Blutspuren einem versehentlichen Schneiden beim kochen zuordnen könnte, sondern recht sicher Kampf- und ggf Abwehrszenarien (z.B. der klassische Blutpritzer an der Decke, der in dieser Form eigentlich nur aus einer Kopfwunde kommt und auch das nie beim ersten Schlag),
Mitwisser die doch ausgepackt haben usw., verwertbare Abhörbänder,
die Deckung von Handydaten mit dem Auffindeort,
halt irgendwas.
Hier hatten die ja wirklich so gar nichts außer ihrem Verdacht und der Kriminalstatistik, das hätte spätestens nach der Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs vermutlich gereicht um eine Jury zu überzeugen, aber für einen echten, fairen Prozess nach rechtsstaatlichen Prinzipien war das nicht genug und warum einen Freispruch riskieren der dann bedeuten würde, dass man sich nach dem Leichenfund über diese "mangelnde Geduld" gewaltig geärgert hätte.
Außerdem waren die angeblichen Sichtungen und die Mantrailerhunde vor dem Auffinden der sterblichen Überreste auch nicht so nachhaltig zu entkräften, wie jetzt, wo diese Sichtungen einfach mal ganz unabhängig vom TV so gar nicht zum Auffindeort der Überreste passen wollen.
falstaff schrieb:Was aber wäre passiert, wenn die Leiche nicht gefunden worden wäre?
Ich behaupte mal, dass er dann davon gekommen wäre.
Wie sagte mal irgendein Kriminalist dessen Name ich vergessen hab sinngemäß:
"Der perfekte Mord besteht meistens gar nicht so sehr aus einem hochkomplexem Plan, sondern hängt extrem oft nur davon ab, wo wer wie tief gräbt."
Kreuzbergerin schrieb:Die ominöse Stellungnahme von CF steht noch aus. Immer noch ist unklar wann und was der TV über seine Anwälte sagen lassen wird.
Ich fände es super, wenn ich mich irre, aber ich rechne mit irgendeinem Gewäsch, dass absolut nichts Neues zum Prozess beiträgt.
SweetSoul schrieb:Komischweise ist das Datum der Albumveröffentlichung "Zwei Welten" am 25.05.2012; das war der Grillabend.
Komisch find ich eher, dass das vor Gericht so nicht erwähnt wurde.
"Der hat da zu
dem Zeitpunkt an Musik mit Texten rumgemacht in die man
ganz viel reininterpretieren kann."
klingt doch sehr anders als:
"Er hat sich zügig ein frisch erschienenes Musikalbum reingezogen."
Steppel schrieb:Ich höre gerade den Podcast der Mittelbayerischen und es wird gesagt, dass der letzte Brief an den tödlich verunfallten Freund Marias (Benni), der auf einem USB Stick gefunden und auf das Datum des Verschwindens datiert wurde, nur aus einem Satz besteht. Und auf einen Abschiedsgruß hindeutet.
Da versteh ich auch nicht so recht warum das für den Prozess wichtig ist.
Wenn sie die Briefe an den toten Freund nicht als "Tagebuch", sondern als Trauerbewältigung genutzt hat, dann könnte so ein Abschiedsgruß auch einfach nur heißen, dass sie sich durch den heftigsten Teil ihrer Trauer erfolgreich hindurch gearbeitet hat, damit wäre auch ihre "auffallende Fröhlichkeit" gut zu erklären.
Aber egal wie man es dreht und wendet..
Sicher gibt es Leute, die es schaffen ihrem Umfeld Depressionen zu verheimlichen.
Sicher könnte die Suche nach letalen Dosierungen auch von ihr durchgeführt wurden sein, denn dass ihr Verlobter Zugriff auf diese Substanzen hat und wozu man sie nutzen kann wusste Maria.
Aber egal wie man es dreht und wendet:
Sie hat sich nicht selbst dort eingegraben und diese Form der Leichenbeseitigung um einen Selbstmord zu vertuschen ist durch eine fremde Person fast schon undenkbar und durch jemanden aus ihrem engerem Umfeld mindestens extrem unglaubwürdig, denn derjenige hätte sie doch dafür u.A. eher nicht entkleidet.
Einen Selbstmord vertuscht man entweder aus fehlgeleitetem Respekt für die Person/der Sorge um ihr Umfeld und das passt gar nicht zum Entkleiden oder aus Angst man könne unter Mordverdacht geraten, aber bei so einer "Story" wäre das Verteidigungsteam des Angeklagten meiner Ansicht nach ganz anders vorgegangen.
Damit sind diese Briefe an den toten Freund bestenfalls ein "Beweis", dass sie ihrer Schwester und ihrer Cousine gegenüber wohl doch nicht so extrem offen war, sondern sehr wohl einige Dinge mit sich selbst ausgemacht hat.
Aber das erscheint mir ebenfalls komplett unverdächtig, extrem normal und damit belanglos wenn es um ihren Tod geht.
gusti schrieb:In der Podcast Folge werden übrigens nochmals die beiden angeblichen Anrufe von Maria thematisiert, hier hört es sich - im Gegensatz zum Liveblog-eher so an als hätte der SV mit relativ großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass es die Anrufe gab.
Eigentlich nicht wirklich:
gusti schrieb:Nur unter dem Umstand, dass von 1und1 zu 1und1 telefoniert worden wäre, hätte es möglicherweise keine Protokollierung gegeben.
Im Podcast wird auch nur nochmal anders dargelegt warum sich die Sache mit den Telefonanrufen wohl nicht mehr klären lässt, zumindest nicht, wenn der Telefonanbieter über den die angeblichen Telefonate entgegengenommen wurden zu 1&1 gehört.
Dann steht nur fest, dass solch ein Anruf aufgrund der fehlenden Daten nicht von einer Telefonzelle gekommen sein kann, aber auch nicht mehr oder weniger.
gusti schrieb:Zum Thema Lorazepam und letale Dosis noch etwas, diese Medikamente haben eine sehr große therapeutische Breite. Das heisst die letale Dosis ist eine große Menge.
Ganz so ist es nicht.
Bei Benzodiazepinen gibt es ja die Maximalwirkung ab der eine höhere Dosis keine stärkere Wirkung mehr mit sich bringt.
Die von Dir angesprochene große therapeutische Breite und diese Maximalwirkung sind u.A. für die bemerkenswert hohe Anwendungssicherheit von Benzodiazepinen selbst bei extrem geschwächten Patienten, mit erheblichen Vorerkrankungen und auch in Kombination mit zahlreichen anderen Medikamenten verantwortlich.
Ich denke nicht, dass es sowas wie eine "sicher letale Dosis" bei Lorazepam überhaupt gibt.
gusti schrieb:Da die "Gedächtnisaussetzer" bei Maria schon zuvor stattgefunden haben, deutet das darauf hin, dass mit solchen Dosen bereits herumexperimentiert wurde.
Wirklich "belegt" scheint ja genau ein solch ein Aussetzer von etwa 3 Stunden zu sein.
Der zweite kam auch nicht weniger "mal eben daher", als z.B. der Dachbodenspaten.
Benzodiazepine haben eine so lange Wirk-, Nachwirk- und Halbwertszeit, dass ich Medikamenten"experimente" in derartigen Dosen u.A. nicht damit in Einklang bringen kann, dass ihr Arbeitgeber gar nichts bemerkt hat.
gusti schrieb:unter den Opioiden ist aber bei Tramadol das Risiko einer Atemdepression verhältnismäßig relativ gering.
Ich würde mal sagen "verschwindend gering", da muss man auch einfach mal beachten, dass Maria kräftig und gesund war und Lorazepam gemeinsam mit Morphium (etwa 10x so stark wie Tramal) selbst bei extrem geschwächten Patienten oft über Wochen und Monate hinweg gemeinsam gegeben wird.
Adolphesax schrieb:Ich frage mich gerade, wie er das mit den Medikamenten gehandhabt hat. Gab er ihr diese regelmäßig oder nur sporadisch?
Das wird sich wohl nicht mehr klären lassen.
"Notwendig um eine letale Dosis zu ermitteln" waren vorherige Medikamentengaben aber auch gar nicht.
Adolphesax schrieb:Ihr unbemerkt ein letale Dosis beizubringen, wäre somit immer schwerer geworden.
Nicht wirklich, das steht und fällt ja damit, wie der Tod letztlich herbeigeführt wurde.
Adolphesax schrieb:Das geht fast nur mit einer Infusion, ansonsten merkt man es bei der Einnahme, das hätten zig Tabletten oder Tropfen sein müssen
Das wäre doch aber gar nicht notwendig.
Er hätte sie doch lediglich mit z.B. Lorazepam wehrlos machen müssen (dank dieser Schmelztabletten ist das leider recht einfach) und ihr dann eine tödliche Menge Insulin injizieren, das wäre keine sonderlich hohe Menge.
Aber da Insulin zu den Stoffen gehört, die nach solch einer Zeitspanne nicht mehr feststellbar sind wird sich dieses Rätsel forensisch nicht mehr lösen lassen.
Soweit ich weiß war der TV sogar bei der Hausdurchsuchung noch im Besitz von Insulin, hatte aber ganz sicher Zugang.
Da wäre es gar nicht nötig gewesen Lorazepam und Tramal zu verabreichen und auf einen sehr unwahrscheinlichen Erstickungstod zu warten/zu hoffen (oder festzustellen, dass man eher nicht mal eben über eine Anleitung im Internet lernt, wie man ein Genick bricht).
Auch sie "einfach" manuell zu ersticken oder zu erwürgen dürfte nach einer gewissen Dosis Lorazepam ohne nennenswerte Gegenwehr machbar sein.
Allerdings fällt es mir bei dem Angeklagten leichter mir z.B. eine Insulininjektion vorzustellen, als das ich mir vorstellen kann, dass er wirklich "Hand anlegt".
Ich bin kein Psychologe, aber wer Befriedigung aus sexuellen Handlungen mit Schwächeren und/oder betäubten Personen zieht, den sehe ich eher niemanden erwürgen oder das Genick brechen.
Allerdings hoffe ich ein bisschen, dass solch eine schwache Persönlichkeit (diese sexuelle Vorliebe kann ich mir nur bei einer schwachen Persönlichkeit vorstellen) im Falle das er schuldig ist ggf doch dem Druck nicht gewachsen ist und es doch noch zu einem Geständnis kommt, allerdings würde das halt auch irgendwie "Eier" brauchen von denen ich nicht so sicher bin ob sie in der Form beim Angeklagten vorhanden sind.
Seidenraupe schrieb:Lange Zeit habe ich tatsächlich gedacht, dass MB auf und davon gelaufen ist. Um sich Ihrer Gefühle klar zu werden, zb.
Ich finds immer wieder spannend wie unterschiedlich solche Eindrücke sein können.
Ich konnte zwar nur sagen, dass ich den Verlobten irgendwie nicht mag, aber nicht ob er ihr was getan hat.
Aber das Maria eher nicht zurückkommt und sei es, weil ihr etwas passiert ist als sie "Nur mal raus wollte" um den Kopf frei zu kriegen und abends oder allerspätestens nach einer Übernachtung wieder zurückkehren wollte, den Eindruck hatte ich seit mir der Fall bekannt ist.
Tage- oder gar Wochenlang auf nem Selbstfindungstripp ohne einmal ihre Schwester zu kontaktieren, der sie so nahe stand klang für mich (sofern man Fremde da überhaupt einschätzen kann) nicht glaubhaft.
saro schrieb:Der Zeuge war über Marias Fröhlichkeit überrascht - "sie sei ungewöhnlich aufgedreht, fast schon zu fröhlich gewesen" sagte der langjährige Freund.
Möglicherweise war dieses ungewöhnliche Verhalten zu diesem Zeitpunkt bereits der Eingabe verschiedener Medikamente geschuldet.
Dafür reicht aber auch schon ein rezeptfreies Antihistaminikum der 1. Generation aus.
Und ich kenne auch Leute, die von Tramal alleine so "fröhlich beschwingt" fast schon "feuchtfröhlich" sind.
@emz hatte hier einen Artikel verlinkt in dem stand, dass auch Maria eine Ausbildung zur Krankenpflegerin gemacht hatte.
Das wusste ich bisher nicht.
Wenn sie diese Ausbildung durchlaufen hatte, dann wusste sie sehr wahrscheinlich, dass die übliche Dosis Tramal gegen ihre Regelschmerzen viel weniger gefährlich gewesen wären als die "Bis zu 2g Ibuprofen" von der ihre Gynäkologin sprach.
Adolphesax schrieb:Man wollte scheinbar abklopfen, was Aussenstehende über die Sexualpraktiken gewusst haben.
Oder nachfragen wie viel "Blatt Papier" wirklich zwischen die Schwestern ging, wenn sie sich doch angeblich so nahe standen, Barbara F. aber einfach so hinnahm, dass Maria sich eine Auszeit nimmt ohne sich bei ihr zu melden.
Allerdings wüsste ich nicht, was die Verteidigung mit solchen Infos anfangen will.
Selbst wenn man mal annähme, dass Barbara ihre Schwester nicht oder nicht mehr so gut kannte wie sie glaubte und es natürlich möglich ist, dass jemand depressiv ist, Selbstmord in Erwägung zieht oder gar begeht obwohl dessen Familie felsenfest davon überzeugt ist, dass das nicht möglich ist.
Dann bliebe immer noch die Tatsache, dass irgendwer Marias Leiche nach einem Suizid in diese Grube verbracht haben muss, und die "Probleme", dass ein Fremder so gar keinen Grund dazu hat, es bei einem Nahestehenden aber schon mehr als unüblich wäre, dass er die Leiche zuvor entkleidet und sich solch eine Grube wie die in der die Überreste gefunden wurden eher nicht spontan "mal eben" ausheben lässt.
emz schrieb:Und was wäre gewesen, wäre S. nicht zur Polizei gegangen und hätte die Betäubung mit Tavor und seine Handlungen an ihr nicht zur Anzeige gebracht? Hätte er dann weitergemacht?
Mal OT und so rein hypothetisch, weil ich dem Angeklagten sicher nichts vorwerfen möchte, dass nicht bewiesen ist; aber bei solchem Täterverhalten bzw dem sich abzeichnenden Opferprofil ist es kriminalstatistisch betrachtet eher wahrscheinlich, dass es weitere Missbrauchsopfer gibt, die sich entweder aus Scham nicht gemeldet haben oder vor dem Vergehen unbemerkt so nachhaltig medikamentös "angegriffen" wurden, dass ihnen (konkrete) Erinnerungen an diesen Missbrauch fehlen.