emz schrieb:Allerdings baut die StA schon mal vor, dass es vielleicht doch länger dauern könnte mit der Anklageerhebung, als die vorgegebenen sechs Monate und verweist auf den NSU-Prozess.
Dort waren die Zeiträume in der Tat länger.
Der Untersuchungshaftbefehl gegen Beate Zschäpe erging am 8.11.2011, siehe
Wikipedia: Beate Zschäpe#Haft, Ermittlungen und Anklage Die Hauptverhandlung begann am 6.5.2013, also über 1,5 Jahre später, siehe
Wikipedia: NSU-ProzessNach dem Urteil in 2018 (bei dem btw. mindestens eine im Forum aktive Person anwesend war) dauerte es bis zur Rechtskraft des Urteils bis 12.08.2021, als der BGH die Revision verwarf, siehe
Wikipedia: NSU-ProzessZschäpe befand sich demzufolge fast 10 Jahre in Untersuchungshaft.
Dies zeigt, eine Untersuchungshaft/Zeitdauer Untersuchungshaftbefehl bis Beginn Hauptverhandlung von weit mehr als 6 Monate ist möglich, aber zu begründen. Dazu beispielhaft aus einer PM des BGH vom 13.09.2012, also nach 10 Monaten U-Haft, zur Fortdauer selbiger:
Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bezüglich der Mitwirkung der Beschuldigten an dem "Nationalsozialistischen Untergrund" sowie der Inbrandsetzung der Wohnung bestehe weiterhin dringender Tatverdacht. Da der Generalbundesanwalt die Fertigstellung der Anklageschrift mit hoher Priorität vorantreibe, so dass mit der Erhebung der öffentlichen Klage deutlich innerhalb der nächsten drei Monate gerechnet werden könne, sei das Verfahren ausreichend gefördert worden. Angesichts der Schwere der Tatvorwürfe und der insoweit bestehenden Straferwartung sei der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch verhältnismäßig.
Quelle:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2012-9&nr=61561&pos=12&anz=20Ich gehe davon aus, dass am Ende die Sachlage im Fall Klette vergleichbar ist, es also auch hier zu einer Anklageerhebenung erst nach deutlich mehr als 6 Monate nach dem Untersuchungshaftbefeh kommen wird, ohne das deshalb der Haftbefehls gegen Klette aufgehoben oder auch nur ausgesetzt wird.
Auch Klette werden eine Vielzahl schwerer Taten zur Last gelegt sowie bei/nach der Festnahme am letzten Aufenthaltsort viele Beweismittel sichergestellt, deren gründliche Auswertung offenkundig nicht trivial ist und dauert. Im Ergebnis wird es eine umfangreiche und komplexe Anklageschrift geben, deren Erstellung auch bei intensiver Bearbeitung dauert - dazu hatte
@emz das passende in
Beitrag von emz (Seite 415) zitiert.
SomertonMan schrieb:Daraufhin wurde vor Gericht lediglich Anklage erhoben und dann ging es wieder in den Bunker, damit die TV nicht entlassen werden konnten wegen den 6 Monaten.
Was meinst Du mit dem Bunker?
Und gibt es Quellen zu dem Fall? Denn, s.o., auch ohne Anklageerhebung läßt sich die Untersuchungshaft in begründeten Fällen sehr weit üer die 6 Monate hinaus ausdehnen.
Leider verhält sich Wikipedia nicht (oder ich finde es nicht) zu etwaigen Fristen im Zwischenverfahren, also der hier mE interessierenden Frage, ob es für den Zeitraum Anklageerhebung bis Begionn Hauptverhandlung eine Frist gibt.
Vgl.
Wikipedia: Strafprozessrecht (Deutschland)#ZwischenverfahrenKlarer ist die Unterbrechung der Hauptverhandlung. Dies kann nur für 3 Wochen oder nach mind. 10 Verhandlungstagen für 1 Monat erfolgen:
§ 229 StPO bestimmt, dass die Hauptverhandlung bis zu drei Wochen unterbrochen werden darf (Abs. 1). Nach § 229 Abs. 2 StPO ist auch eine Unterbrechung der Hauptverhandlung von bis zu einem Monat zulässig, falls zuvor an mindestens zehn Tagen verhandelt wurde.
Quelle:
Wikipedia: SchiebeterminWürde die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der Unterbrechungsfrist fortgesetzt, so müsste sie insgesamt von neuem beginnen (§ 229 Abs. 4 Satz 1 StPO), d. h. der gesamte bisherige Prozessstoff müsste nochmals verhandelt, beispielsweise umfangreiche Zeugenvernehmungen wiederholt werden. Um dies zu verhindern, kann ein Schiebetermin bestimmt werden, der oftmals nur wenige Minuten dauern soll, etwa um eine Beweisurkunde zu verlesen.
Quelle:
Wikipedia: Schiebetermin