Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

Tiergarten schrieb:Ja, warum wohl? Es geht um schnöden Mammon, den man brauchte, um sich über Wasser zu halten und das Leben im Untergrund zu finanzieren - meiner Meinung nach.

Das sehe ich doch auch so.
Ich wollte @emz nur mal wieder davon überzeugen, dass die drei keine Stasi-Identitäten bekommen haben. ;)
Mit ihnen gäbe es in der Theorie doch einen Zugang zum Sozialsystem, was die Überfälle zu einem unnötigen Risiko macht. Für mich deutet die Serie daher eher auf ein Leben im Untergrund ohne echte falsche Papiere und mit all seinen Nachteilen und Kosten, wie du sie beschreibst.

@maxvonfax

Ich glaube, wir können sehr sicher sein, dass die Drei kein unnötiges Risiko durch Überfälle über das zum Lebensunterhalt notwendige Maß hinaus eingehen und an ihrer "Freiheit" so lange festhalten wollen wie es nur geht. Ihre Priorität ist es, nicht im Gefängnis zu landen bzw. weiter ein Leben unter ihren selbstgewählten Bedingungen zu führen.

louis1949 schrieb:Ihre Priorität ist es, nicht im Gefängnis zu landen bzw. weiter ein Leben unter ihren selbstgewählten Bedingungen zu führen.

Da gehe ich mit dir!

Anderes Thema: Ich bin gerade auf der Suche nach Selbstzeugnissen und Zeitzeug*innenberichten auf diesen Artikel der Journalistin Sarah Khan gestoßen. Sie war lose mit Burkhard Garweg befreundet und arbeitete mit ihm in der Redaktion eines linken Schülermagazins.
Da ich den Artikel hier im Thread nicht finden konnte, wollte ich ihn nochmal posten, da hier sicher auch Interesse besteht. Er stammt aus dem Jahr 2007 und scheint mir der einzige persönliche Bericht über jemanden aus dem Trio zu sein.

Generation Unwichtig (2007)

@maxvonfax
Interessanter Artikel. Vom ruhigen Typen zum Terroristen - ging ziemlich schnell die Wandlung des Burkhard G. anscheinend.

Garweg ist 1968 geboren.
Die RAF wurde 1970 gegründet.
Als es 1991 den Haftbefehl gegen ihn gab, war er gerade mal 23 Jahre alt.
Und nun lebt er seit gut drei Jahrzehnten im Untergrund.

Traurig

@emz
Es ist seine freiwillige Entscheidung gewesen dieses Leben zu führen. Natürlich ist es traurig, gerade für die Angehörigen, dass sie sich nicht mit ihm treffen können, sich austauschen könnem, wie es vielleicht in gewöhnlichen Familienkonstellationen möglich ist. Dennoch scheint er es für sich richtig zu finden und wahrscheinlich lebt er unter für ihn akzeptablen Bedingungen - und blendet dabei aus, dass er sein Leben dort mit schweren, streng durchgeplanten kriminellen Handlungen finanziert bei denen er auch nicht davor zurückschreckt auf Menschen zu schießen.
Gerade Letzteres ist in der Tat traurig und es klingt - wenn man das verlinkte PDF liest - als wäre ihm dies eigentlich nicht zuzutrauen gewesen. Zumindest in den späten 80er Jahren.

@louis1949

Mit der Familie scheint er aber in Kontakt zu stehen.

Die drei Verbrecher haben ihr Schicksal selbst gewählt. Ich habe da keinerlei Mitleid. Ich frage mich nur, warum sie so viel Unterstützung bekommen ?! Die ist ja nötig, wenn man so im Untergrund lebt. Ich finde, sie sollten auftauchen und zu dem stehen was sie getan haben. Für mich sind die extrem feige.

@Slaterator

Gibt es Unterstützer, so werden die sich ihre Arbeit vergüten lassen.

Für die Mitglieder der RAF gilt ein Schweigegelübde.

Wer würde es da nicht vorziehen, als feige zu gelten, wenn der Preis Knast im zweistelligen Bereich ist.

@emz
Er könnte Kontakt zu seiner Familie haben, ja. Zumindest hier und da mal ein Brief.

Das Problem ist, wie du sagst, die absolute Aversìon der drei gegen Gefängnisse. Staub war schon von den frühen bis zu den späten 80ern im Gefängnis und er hat zusammen mit Klette und Garweg den Gefängnisneubau in Weiterstadt gesprengt. Das zeigt wohl die ganze Abneigung.
Es könnte ein Grundsatz des Trios sein: "Wir gehen nicht ins Gefängnis"! Sie werden wahrscheinlich Sonstwas unternehmen, um nicht dort zu landen.

@louis1949

Es ist etwas grundsätzlich Menschliches, dass man nicht eingesperrt werden möchte. Diese Aversion konnte man auch in der Nachkriegszeit beobachten, als sich gesuchte Nazis in den Untergrund begaben bzw. ins Ausland absetzten. Derartiges Verhalten hat also durchaus Tradition. Wären die Nazis nicht so feige gewesen, vielleicht hätte es gar keiner RAF bedurft ;)

Nachtrag:

louis1949 schrieb:Er könnte Kontakt zu seiner Familie haben, ja. Zumindest hier und da mal ein Brief.

Da muss schon ein bisschen mehr sein, als hie und da ein Brief, damit es für drei Durchsuchungsbeschlüsse langt.

Vielleicht interessant:

In der ARD-Mediathek / BR gibt es einen zweiteiligen Bericht zur Entführung und Geiselnahme der Lufthansamaschine Landshut.

https://www.ardmediathek.de/video/kontrovers/die-landshut-entfuehrung-das-geiseldrama-1-2/br-fernsehen/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2VhYmM1MGRhLWRkOTgtNDdjNS04MzU3LTQ2ZjM2NTY2YjJlZA

Die Flugzeugentführung der Lufthansa-Maschine Landshut von Mallorca nach Mogadischu ist der dramatische Höhepunkt im Terrorjahr 1977. Die Kontrovers-Story erzählt die Geschichte aus Sicht der Geiseln. Die Todesangst, die Schmerzen, die Verzweiflung.

Quelle: ARD-Mediathek, Link o.g.

M.M.n. zeigt die Doku, welche Auswirkungen auf OttonormalbürgerIn die RAF der 1. Generation hatten. Auch deren weitreichenden Verbindungen werden dargestellt. In der Doku kommen die Geiseln von 1977 zu Wort. Es wird auch die zeitliche Nähe der Schleyer-Entführung und den Suizid einiger RAF-Terroristen genannt.

Link zur Übersicht:
Wikipedia: Entführung des Flugzeugs „Landshut“

Da sich m.M.n. die zweite und auch dritte Generation der RAF nicht von den Verbrechen verabschiedet oder distanziert haben, wünsche ich ihnen ein Leben in ständiger Angst vor Entdeckung. Nix mit Anwesen mit weitem Auslauf in Vorpommern, Campingfieber in Ostfriesland oder Goldstrand in Bulgarien.

jada schrieb:Da sich m.M.n. die zweite und auch dritte Generation der RAF nicht von den Verbrechen verabschiedet oder distanziert haben, wünsche ich ihnen ein Leben in ständiger Angst vor Entdeckung. Nix mit Anwesen mit weitem Auslauf in Vorpommern, Campingfieber in Ostfriesland oder Goldstrand in Bulgarien.

Du meinst also, da sich Garweg nicht von Taten distanziert, die geschehen sind, als er noch Kind war (1977 war er neun Jahre alt), wünschst du ihm ein Leben in ständiger Angst, um es überspitzt auszudrücken?

Ich denke, dass man da gar nichts wünschen muss. Die drei fürchten sich sicherlich vor Entdeckung.
Für fragwürdig halte ich jedoch, ob ein Gericht genügend stichhaltige Beweise hätte, um dem Trio etwas anderes als die Überfälle nachzuweisen. Das wäre jedoch sicher ein spannender Prozess.

Ich vermute allerdings, dass sie ihr Leben im Untergrund nicht allzu schlecht finden. Ihre psychische Stabilität spricht dafür. Sie planen Überfälle, ziehen diese langfristig durch, das ist nicht zu schaffen, wenn man nicht eine gewisse Selbstwirksamkeitserwartung gepaart mit großem Selbstbewusstsein hätte.

Hat jetzt wenig mit dem vorherigen Thema zu tun, aber ich gabe mir nochmal das Kapitel zum Hergang des Cremlingen-Überfalls in Patrizia Schlossers Buch "Im Untergrund" durchgelesen - die Observation vor dem Überfall hat offenbar Dsniela Klette durchgeführt.
Zumindest erkannten die Mitarbeiter des Dänischen Bettenlagers sie sogar anhand der bekannten Phantomskizze, die ihnen die Ermittler nach dem Überfall vorlegten - die Skizze dürfte also sehr gelungen sein. Allerdings war die Friseur anders - ein Bobschnitt soll es gewesen sein.

louis1949 schrieb:die Observation vor dem Überfall hat offenbar Dsniela Klette durchgeführt.
Zumindest erkannten die Mitarbeiter des Dänischen Bettenlagers sie sogar anhand der bekannten Phantomskizze, die ihnen die Ermittler nach dem Überfall vorlegten - die Skizze dürfte also sehr gelungen sein. Allerdings war die Friseur anders - ein Bobschnitt soll es gewesen sein.

Ja, das ist interessant. Bisher hieß es ja, die Bilder von Klette seien uralt, man wüsste nicht, wie sie aussieht. Und daraus abgeleitet: Sie nähme womöglich deshalb alle Außenkontakte wahr, soweit möglich.

Als einzelner Mann würde man in einem "Dänischen Bettenlager" (heute: JYSK) allerdings auch auffallen. Ich war 1-2mal in einem "Dänischen Bettenlager". Dort kaufen nach meiner Beobachtung (die allerdings nur auf diesen 1-2 Besuchen basiert) überwiegend Frauen oder aber Paare ein.

Allerdings war es doch auch Staub, der in Cremlingen observierte, während er in ein Brötchen biss (trotz desolatem "Esszimmer" - was allerdings auch inszeniert sein könnte) und dabei selbst einer Konversation mit Zeugen nicht aus dem Weg ging, bevor er später im "Dänischen Bettenlager" in die Decke schoss.

@sören42
Staub dürfte nach seiner Entdeckung durch den Zeugen relativ verbrannt gewesen sein für die Observationen bzw. Ausspähungen. Klette wird dann übernommen haben oder parallel andere Dinge ausspioniert haben als Staub.

sören42 schrieb:(trotz desolatem "Esszimmer" - was allerdings auch inszeniert sein könnte)

Ich frage mich eh wie sie es mit medizinischer Versorgung machen. Privatpatient ist Teuer, sie werden auch nicht jünger.
Auch während Corona falls einer krank wurde .....
Für mich ein größeres Problem , in Mietbunkern mit ihrer Anonymität untertauchen sehe ich als leichter an.
Oder sie haben Unterstützung und nutzen fremde Gesundheitskarten ?