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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

9.385 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Terrorismus, Aktenzeichen Xy, Gesucht ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 18:51
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Das kann eigentlich nur von irgendwelchen Geheimdiensten, in diesem Fall dann wohl Stasi, ausgestellt worden sein.
Und die Beteiligten, die damit befasst waren, müssten bis heute schweigen. Zumindest wäre es vorstellbar, dass diese Akten weiter oben lagen (und vor der Wende geschreddert wurden) als die der aufgeflogenen RAF Identitäten der Stasi.

Anderweitige echte Papiere könnte ich mir höchstens noch aus dem Ausland vorstellen. Aber damit fällt man womöglich auf, wenn man nicht über entsprechende Sprachkenntnisse verfügt. Die Legende müsste hier sehr gut durchdacht sein. Wobei man mit einem ausländischen Ausweis im Inland immer etwas auffällt.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 19:12
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Ich bin ein bisschen skeptisch, da ein ganzer Haufen ehemaliger RAF Terrorist:innen, die in der DDR unter falschem Namen, ganz entspannt gelebt haben, nach der Wende aufgeflogen sind.
Eben, die sind aufgeflogen, und deshalb vermute ich, dass es falsche echte Papiere ;) waren, also nicht nur gefälschte Papiere mit einer erfundenen Legende, die eben nicht von der Stasii stammen.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 20:06
Zitat von emzemz schrieb:Eben, die sind aufgeflogen, und deshalb vermute ich, dass es falsche echte Papiere ;) waren, also nicht nur gefälschte Papiere mit einer erfundenen Legende, die eben nicht von der Stasii stammen.
Ich verstehe jetzt gerade nicht genau, was du meinst. Kannst du die Begriffe, die du nutzt, mal ein bisschen gegeneinander abgrenzen? Was sind bei dir 'gefälschte Papiere mit einer erfundenen Legende' und was sind "falsche echte" Papiere?

Soweit ich das weiß, hat die Stasi durchaus Namen und Papiere genutzt, von Menschen, die es tatsächlich gegeben hat, und die verstorben sind.
Da drumherum wurde dann die erdachte Legende gestrickt. Wie da im Detail vorgegangen wurde, weiß ich allerdings auch nicht.
Das birgt dann natürlich auch gewisse Risiken.
Und vermutlich hat die Stasi auch verschiedene Strategien gehabt, um Menschen mit Papieren auszustatten.
Aber wie gesagt, ist mir nicht ganz klar, was du unter dem Begriff "falsche echte" Papiere verstehst
Woher kommen die Papiere und was genau an ihnen ist echt und was ist falsch?


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 20:27
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Soweit ich das weiß, hat die Stasi durchaus Namen und Papiere genutzt, von Menschen, die es tatsächlich gegeben hat, und die verstorben sind.
Da drumherum wurde dann die erdachte Legende gestrickt. Wie da im Detail vorgegangen wurde, weiß ich allerdings auch nicht.
Das birgt dann natürlich auch gewisse Risiken.
Man darf aber nicht vergessen, dass eben die Stasi und auch die DDR mittlerweile untergegangen sind. Da sind nicht nur die Unterlagen der Stasi selbst gefunden worden, sondern es muss eben auch kein Standesbeamter mehr Angst haben wenn er sich weigert, irgendeine Eintragung vorzunehmen die gar nicht richtig war. Und auch eventuelle Angehörige von Verstorbenen (um jetzt mal Dein Beispiel zu benutzen) konnten und können nachforschen, was denn damals eigentlich wirklich mit Onkel X oder Tante Y geworden ist, ohne dass plötzlich der Genosse vom MfS vor der Tür steht und ihnen erklärt, sie sollen das lieber lassen wenn ihnen was am Studienplatz für ihre Tochter liegt.

Von daher glaube ich nicht, dass man sich so unbedingt auf die guten alten DDR-Identitäten verlassen sollte.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 20:57
@emz
Ich habe weiter vorne im Thread schonmal versucht anhand der Quellenlage aufzuführen, warum ich es für eher unwahrscheinlich halte, dass das Trio mit falschen Identitäten der Stasi operiert. Das heißt natürlich nicht, dass das unmöglich ist und sie nicht doch eine haben, aber wenn man die Geschichte des MfS bzw. der HVA und der RAF betrachtet, erscheint es nach derzeitigem Kenntnisstand in meinen Augen weniger wahrscheinlich, dass sie über DDR-Papiere verfügt haben und die nach der Wende in eine falsche BRD-Identität umgewandelt haben:
Zitat von maxvonfaxmaxvonfax schrieb am 10.04.2023:Also an diese falsche Stasi-Identität der Untergetauchten glaube ich einfach nicht. Zum einen sind ja nach dem Mauerfall zehn RAF-Mitglieder der zweiten Generation aufgeflogen und wurden von den DDR-Behörden an die Bundesrepublik ausgeliefert, zum anderen gab es ja bereits davor Probleme mit diesen falschen Identitäten, sodass mindestens drei von ihnen von DDR-Bürgern erkannt wurden und eine neue Legende brauchten und den Wohnort wechseln mussten. Darüber hinaus wurden sie permanent von der Stasi überwacht und es existieren Akten zum gesamten Ablauf. Wären Staub, Klette und Garweg von der Stasi mit einer falschen Identität ausgestattet worden, dann gäbe es dazu doch sicherlich auch Aktenvermerke. Dass es da scheinbar nichts gibt bzw. es so wirkt, als wüsste das BKA nichts von Tarnidentitäten der drei, bedeutet also entweder, dass sie unglaubliches Glück hatten und der MfS diese Akten in der Wendezeit restlos geschreddert hat, oder dass es einfach nicht stattgefunden hat. Ich denke da eher an letzteres.

Dazu schreibt auch Straßner in seiner Dissertation zur dritten Generation der RAF und den Beziehungen zur DDR:
"Nicht zuletzt war die nun auch bei der Stasi Einzug haltende dürftige Materiallage auf ein tatsachliches Abkühlen der beiderseitigen Beziehungen spätestens im Jahr 1984 zurück zu fuhren. Zum einen war das "Mai-Papier" mit seiner Propagierung der "antiimperialistischen Front" den führenden Offizieren der Staatssicherheit nicht mehr zu vermitteln, zum anderen war die DDR angesichts ihrer seit Mitte der siebziger Jahre stark gestiegenen internationalen Reputation massiv an westdeutscher Wirtschaftshilfe interessiert. Nachweisliche Beziehungen zur RAF hatten diesen Bestrebungen diametral entgegen gestanden. Hauptsachlich aber war es die Praxis der dritten Generation, welche den v611igen Bruch der einstmals symbiotischen Verbindung besiegelte. Als bekannt wurde, dass der Mord an dem Soldaten Pimental tatsachlich einem RAF-Kommando zuzuschreiben war, verkündete Major Zaumseil den in der DDR Untergetauchten, dass von nun an kein Mitglied der RAF mehr das "Privileg" zum Ausstieg in die DDR genießen werde."

Dagegen sprechen in meinen Augen auch die vielen Überfälle. Wenn sie doch eine solche Tarnidentität wie anderen RAF-Aussteiger in der DDR erhalten hätten, dann käme die mit Ausbildungsgeschichte und Erwerbsbiographie daher, die ihnen die Möglichkeit gegeben hätte, von staatlichen Hilfen zu leben. In meinen Augen würde es da keinen Sinn machen in diesem Umfang Überfälle zu begehen, die ein enormes Entdeckungsrisiko beinhalten. Klar, könnte es sein, dass die drei Gefallen an solchen Aktionen gefunden haben - es ist ja auch nicht von der Hand zu weisen, dass sie darin sehr gut sind. Ich denke jedoch, dass Bad Kleinen extrem knapp für Klette und Staub war, der Tod von Grams von ihnen als staatlicher Mord gelesen wurde und sie davon ausgingen, dass das ein Schicksal wäre, was auch ihnen zu Teil werden könnte, wenn sie erwischt werden. Immerhin ist auch die sog. Todesnacht von Stammheim seit jeher aus der Perspektive der RAF eine Erzählung vom staatlichen Mord gewesen, in Bekennerschreiben taucht dieses Motiv auch immer wieder auf. Daher ist der Schritt keine Anschläge mehr durchzuführen und letztlich die RAF fünf Jahre später offiziell aufzulösen auch ein Schritt des Selbsterhalts. Im Angesicht dessen trotzdem noch gefährliche Aktionen durchzuführen spricht für mich also eher dafür, dass es keine "offiziellen" Tarnidentitäten gibt und sie keine Möglichkeit haben, anders an Geld zu kommen.



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15.05.2023 um 21:13
Zitat von emzemz schrieb:Dass das Trio gemeinsam in einer Wohnung lebt, das kann ich mir eher nicht vorstellen.
Dass die Drei sich eine Wohnung teilen, kann ich mir auch nicht vorstellen. Dass sie auf einem gemeinsamen Anwesen leben, sehr abgelegen und in dünn besiedeltem Gebiet, ist meine Vermutung.
Zitat von emzemz schrieb:Ich brauche ein Dach über dem Kopf. Wahrscheinlich werde ich das anmieten (nicht kaufen).
Ich denke nicht, dass die Drei ihr Anwesen mieten, sondern, dass es sich um Eigentum handelt. Nur bei Eigentum haben sie die volle Kontrolle über alle Kontakte, die in Zusammenhang mit der Immobilie entstehen. Bei einem Mietobjekt haben sie das nicht in der Hand.

Kontrolle über und Reduktion von Kontakten ist insbesondere für die beiden Männer überlebenswichtig, denn von ihnen gibt es neuere Fahndungsfotos. Sie leben fortwährend mit dem Risiko, dass irgendjemand sie erkennt.

Die Frau dürfte in dieser Hinsicht weniger Probleme haben, da niemand eine Ahnung hat, wie sie heute aussehen könnte.
Ich denke mir, dass die Frau wegen dieses Vorteils die meisten Außenkontakte übernimmt, z.B den Wocheneinkauf erledigt, zum Baumarkt fährt oder das Auto in die Werkstatt bringt.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 21:33
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Das kann ich total verstehen. Es geht mir ein bisschen ähnlich.
Natürlich finde ich, dass die drei auch für ihre Taten zur Verantwortung gezogen müssen. Aber darüber hinaus bin ich ebenso wie du unheimlich neugierig, wie sie es eigentlich geschafft haben ihr Leben im Untergrund über 30 Jahre aufrecht zu erhalten. Ich würde gerne wissen wie und wo sie leben. Ich würde auch gerne wissen, wie das insgesamt so ist, ein Leben im Untergrund zu führen. Hört die enorme Anspannung irgendwann auf, gewöhnt man sich daran? Geht man Beziehungen ein? Und gelingt es dann, das Geheimnis zu wahren?
Ich wüsste auch gerne, ob sie immer noch hinter ihren Entscheidungen und Taten stehen. Oder ob sie vielleicht ihren Lebensweg mittlerweile bereuen.
Für mich ist das auch so ein Fall, wo ich so sehr auf Aufklärung hoffe, weil ich einfach nur wissen möchte, wie die drei es geschafft haben solange unerkannt zu bleiben. Und das vielleicht sogar mitten in Deutschland.
Ich glaube, dass die Lösung in der digitalen Forensik läge. Jedenfalls unter der Annahme, dass es möglich und legal wäre.
Wenn man die Selbstbezichtigungsschreiben und die Leserbriefe der RAF kurz vor ihrer Auflösung liest, wird eines klar: die haben alles gelesen, was sie betrifft und sich aktiv damit auseinander gesetzt, was über sie publiziert wird. Das tun sie sicherlich weiterhin. Wahrscheinlich hängen die auch hier im Forum rum, weil das so vielleicht der einzige, aber definitiv informativste Thread über das Trio ist. Wenn man nur einsehen könnte (und dürfte), wer sämtliche Literatur über das Trio bestellt, alle Podcasts gehört, jeden Nachrichtenartikel gelesen und regelmäßigen Abständen die Namen der drei gegoogelt hat, dann wüsste man ein ganzes Stückchen mehr. (Vorher müsste man vermutlich jedoch alle hier hier anwesenden überprüfen! :D)
Ich muss zugeben, dass ich schon bei Google Trends geschaut habe, ob es in gewissen Regionen in Deutschland ein erhöhtes Suchaufkommen gibt. Das funktioniert aber natürlich nicht und man muss auch einen Gang zurück schalten, wenn das Interesse an einem Thema zur Obsession wird.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 21:34
Zitat von KieliusKielius schrieb:denke nicht, dass die Drei ihr Anwesen mieten, sondern, dass es sich um Eigentum handelt. Nur bei Eigentum haben sie die volle Kontrolle über alle Kontakte, die in Zusammenhang mit der Immobilie entstehen. Bei einem Mietobjekt haben sie das nicht in der Hand.
Verstehe ich nicht.

Mein Eindruck ist, dass die Menschen in meinem engeren Umfeld, die ein Eigenheim besitzen, viel mehr Kontakte haben als ich als Mieterin.

Notartermine, Grundbucheintrag, Müllabfuhr, Abwasser, Versicherungen, Grundsteuer, Heizungsanlage, Sanierungen, Straßenreinigung.. hab ich als Mieterin keine Berührungspunkte mit.
Auch gehen hier nicht irgendwelche Leute dauernd durch die Wohnung. Ich würde also sagen, ich habe die volle Kontrolle über meine Kontakte.

Eine Wohnungsgeberbescheinigung braucht man in NDS übrigens auch erst seit ein paar Jahren. Früher konnte man sich einfach so überall anmelden.
Wenn ich jetzt von mir ausgehe: wir haben unsere Wohnung angemietet ohne jemals einen Personalausweis beim Vermieter vorgelegt zu haben, mit einer vagen Angabe darüber, wie hoch unser monatliches Nettoeinkommen ist und was unsere Berufe sind. Mehr wollte der nie wissen. Ob unsere Angaben stimmen wurde nie geprüft.
So verrückt finde ich es also gar nicht, dass die nicht auffliegen bei diesen Dingen. Ich Frage mich eher, wie die durch den Alltag kommen ohne jemals erkannt zu werden.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 21:41
Zitat von EdnaEdna schrieb:Ich Frage mich eher, wie die durch den Alltag kommen ohne jemals erkannt zu werden.
Vermutlich sehen alle drei einfach total harmlos aus. Staub wird bald 70, Klette ist jetzt auch schon 65 und Garweg macht auf mich auch keinen bedrohlichen Eindruck. Wenn die ihr Aussehen ein kleines bisschen verändern, fallen sie vermutlich gar nicht auf. Zumal die RAF mittlerweile total aus den Köpfen der Leute raus ist und ich auch nicht den Eindruck habe, dass bundesdeutsche Fahndungen von so vielen Menschen gesehen werden. Ein Großteil meiner Freundinnen und Freunde würde die drei jedenfalls nicht erkennen, weil sie höchstens mal einen Artikel dazu überflogen haben.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 21:50
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Ich wüsste auch gerne, ob sie immer noch hinter ihren Entscheidungen und Taten stehen. Oder ob sie vielleicht ihren Lebensweg mittlerweile bereuen
Das ist in der Tat auch eine Frage, die ich mir stelle. 30.jahre auf der Flucht müssen unfassbar anstrengend sein. Hat sich das in ihren Augen echt gelohnt?
Zitat von maxvonfaxmaxvonfax schrieb:Ein Großteil meiner Freundinnen und Freunde würde die drei jedenfalls nicht erkennen, weil sie höchstens mal einen Artikel dazu überflogen haben.
Ja. Das hatte ich hier auch schon Mal angemerkt. Ich kenne auch etliche Leute, die mit denen gar nichts anfangen können. Und ich verkehre alleine schon beruflich eher im links-alternativen Millieu.

Und ehrlich gesagt, wenn mir einer davon jetzt in der Stadt entgegen komme würde, würde ich das vermutlich auch nicht richtig einordnen können.
Aber 30 Jahre sind eine lange Zeit. Das ist schon irre, dass da 30.jahre lang keiner geschaltet hat.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 22:15
Zitat von maxvonfaxmaxvonfax schrieb:Ein Großteil meiner Freundinnen und Freunde würde die drei jedenfalls nicht erkennen, weil sie höchstens mal einen Artikel dazu überflogen haben.
Zitat von EdnaEdna schrieb:Ich kenne auch etliche Leute, die mit denen gar nichts anfangen können.
Das ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Problem der RAF-Opas.
Auch wenn nur einer von 100 oder einer von 1.000 oder gar 10.000 Menschen die Terroristen erkennen würde, ist das Risiko zu groß.

Die beiden Männer können wegen der neueren Fotos von ihnen kein normales Leben führen. Sie müssen es, so gut es geht, vermeiden, von anderen Menschen gesehen zu werden.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 22:23
Zitat von EdnaEdna schrieb:Hat sich das in ihren Augen echt gelohnt?
Ich finde aus diesem Brief an die junge Welt von 1996 kann man schon herauslesen, dass sie bereits in den 90ern zu der Erkenntnis gelangt sein könnten, dass es sich nicht gelohnt hat.
Zu einem anderen Punkt. Vermutlich werden wir noch gescholten werden, weil wir uns gegen das »Labern« in Medien
ausgesprochen haben. Wir haben natürlich nichts dagegen, wenn GenossInnen in Filmen oder Veranstaltungen o.ä. einbringen, wie sie Früheres erlebten, wie sie das heute einschätzen und was daraus gelernt werden kann. Im Gegenteil.
Für uns ist es trotzdem eine problematische Situation, in der für einen großen Teil der GenossInnen die RAF und illegale Organisierung schon Geschichte sind, während wir uns nicht in Luft auflösen können und werden. [...] »Einfach weitermachen« - wie Oliver Tolmein aus unserem Text folgert - ist unsere Sache ganz sicher nicht. Das RAF Konzept ist überholt. Das ist objektiv so. Dabei bleibt es also auch. Alles andere würde völlig an der politischen Situation insgesamt - und unserer speziellen erst recht - vorbeigehen. Es kann auch keine modifizierte Neuauflage des Alten geben.
Quelle: https://socialhistoryportal.org/sites/default/files/raf/0019961209_0.pdf

Ich frage mich auch, ob sie sich möglicherweise Ärgern, sich nicht einfach gestellt haben. Alle anderen Terrorist*innen sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß und leben unbehelligtes Leben, treten teilweise sogar in den Medien auf oder genießen eine gewisse Lokalprominenz, so wie Karl-Heinz Dellwo in Hamburg.
Zitat von KieliusKielius schrieb:Auch wenn nur einer von 100 oder einer von 1.000 oder gar 10.000 Menschen die Terroristen erkennen würde, ist das Risiko zu groß.
Das stimmt. Sie müssen natürlich trotzdem sehr, sehr vorsichtig sein, da sie jederzeit erkannt werden könnten.


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15.05.2023 um 22:35
Zitat von EdnaEdna schrieb:Mein Eindruck ist, dass die Menschen in meinem engeren Umfeld, die ein Eigenheim besitzen, viel mehr Kontakte haben als ich als Mieterin.
Das liegt vielleicht daran, dass du eine Wohnung gemietet hast und kein Anwesen (= Haus oder Gebäude mit Grundstück).
Wenn du ein Anwesen mietest und der Eigentümer auch nur etwas auf Werterhalt seiner Immobilie bedacht ist, dann wird er dir laufend irgendwelche Handwerker und Dienstleister ins Haus schicken.
Bist du selbst der Eigentümer, hast du die Kontrolle, ob und wen du kommen lässt.

Mit dem Notar hat man übrigens nur ein einziges Mal zu tun, und zwar ganz am Anfang beim Erwerb der Immobilie.


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15.05.2023 um 23:22
Zitat von maxvonfaxmaxvonfax schrieb:Wenn die ihr Aussehen ein kleines bisschen verändern, fallen sie vermutlich gar nicht auf.
Meine Theorie ist ja, dass sie im Alltag mit dem Fahrrad (vielleicht: E-Bike) unterwegs sind. Zum einen, weil sie mal mit einer Fahrrad-Tasche im ÖPNV gefilmt wurden. Zum anderen, weil ein Fahrrad in Deutschland kein Nummernschild hat. Mit Helm erkennt einen niemand im Vorbeifahren. Und die Polizei lässt meist fünfe gerade sein und belässt es bei einer Ermahnung, bei Fahrfehlern.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 23:35
@maxvonfax
Interessante Zitate, die du hier einbringen. Ich hatte sie vor einigen Jahren schonmal gelesen - nichtsdestotrotz sehr erhellend erneut zu lesen wie die Drei ihre Vergangenheit einschätzen.

Ich bin sehr sicher, dass die Drei es nicht bereuen. Sie hätten an vielen Punkten die Gelegenheit gehabt sich zu stellen - sie haben es nicht getan. Über die Motive kann man spekulieren. Man kann nicht ausschließen, dass sie Gefallen an dem Katz- und Maus-Spiel gefunden haben und sich für ihre jahrelange Flucht - dem Staat quasi entkommen zu sein auch Zuspruch in linken Kreisen versprechen. Diesen Zuspruch scheint es ja auch zu geben, wenn man sich die Plakate in der Hafenstadt vor einigen Jahren in Erinnerung ruft.
"FREIHEIT UND GLÜCK FÜR BURKHARD, DANI UND ERNST (...)"
https://www.imago-images.de/st/0074506354

Es fasziniert Menschen offenbar, wenn eine kleine Gruppe dem Staat derart auf der
Nase herumtanzt. Ausgeblendet wird derweil das kriminelle Handeln der Flüchtigen - die Faszination des Untertauchens gegen alle Widerstände überlagert also in der Wahrnehmung msncher Menschen die konsequente Ablehnung der Gewalt.


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Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

15.05.2023 um 23:55
Zitat von louis1949louis1949 schrieb:Ich bin sehr sicher, dass die Drei es nicht bereuen. Sie hätten an vielen Punkten die Gelegenheit gehabt sich zu stellen - sie haben es nicht getan
Ich finde eigentlich nicht dass das unbedingt miteinander zusammenhängen muss. Es wäre doch durchaus möglich, dass sie ein Lebensweg bereuen, ohne dass sie sich direkt stellen.
Und Reue kann natürlich viele Hintergründe haben. Auf der einen Seite wäre es möglich, dass sie ihre Taten bereuen, weil sie wissen, dass sie damit Unrecht getan haben, Menschen Schaden zugefügt haben etc.
Es kann aber auch sein, sie einfach ihren Lebensweg bereuen, ohne, dass sie ihre Taten bereuen im Hinblick darauf, dass diese für andere bedeuten. Sondern einfach nur mit Blick auf sich selbst. Denn ihre Entscheidung haben ja zu einem (aus meiner Sicht) sehr unbequemen Leben geführt. In gewissen Sinne (natürlich auch nur aus meiner Sicht) zu einem vermasselten Leben.

Vielleicht haben sie es sogar tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt für sich abgewogen, ob sie sich stellen und sich dann dagegen entschieden. Das ist natürlich auch eine ziemlich Herausforderung, sich zu stellen, wenn man weiß dass man dann für sehr sehr lange Zeit hinter Gittern verschwindet.


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16.05.2023 um 00:10
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Denn ihre Entscheidung haben ja zu einem (aus meiner Sicht) sehr unbequemen Leben geführt. In gewissen Sinne (natürlich auch nur aus meiner Sicht) zu einem vermasselten Leben.
Ein Leben in Freiheit, aber der Preis ist die Unfreiheit, quasi immer auf der Flucht. Man darf natürlich die Taten nicht außer Acht lassen, auch wenn sie lange zurückliegen.


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16.05.2023 um 00:10
Zitat von louis1949louis1949 schrieb:Ich bin sehr sicher, dass die Drei es nicht bereuen. Sie hätten an vielen Punkten die Gelegenheit gehabt sich zu stellen - sie haben es nicht getan. Über die Motive kann man spekulieren. Man kann nicht ausschließen, dass sie Gefallen an dem Katz- und Maus-Spiel gefunden haben und sich für ihre jahrelange Flucht - dem Staat quasi entkommen zu sein auch Zuspruch in linken Kreisen versprechen. Diesen Zuspruch scheint es ja auch zu geben, wenn man sich die Plakate in der Hafenstadt vor einigen Jahren in Erinnerung ruft.
"FREIHEIT UND GLÜCK FÜR BURKHARD, DANI UND ERNST (...)"
https://www.imago-images.de/st/0074506354

Es fasziniert Menschen offenbar, wenn eine kleine Gruppe dem Staat derart auf der
Nase herumtanzt. Ausgeblendet wird derweil das kriminelle Handeln der Flüchtigen - die Faszination des Untertauchens gegen alle Widerstände überlagert also in der Wahrnehmung msncher Menschen die konsequente Ablehnung der Gewalt.
Ich denke, dass du recht damit haben könntest, dass einige das Untertauchen fasziniert und diese dann dazu neigen, die Gewalttaten auszublenden. Das ist aber auch etwas, was in vielen True Crime Formaten passiert. Sei es bei Podcasts wie "Mordlust", die mit ihrem Titel die eigentliche Taten verharmlosen, oder in Foren, in denen man zu wild darüber spekuliert, wie die Täter*innen jetzt ihren Alltag verbringen. Da muss man natürlich aufpassen.
Ich glaube aber, dass das gerade in der "linken Szene" in Deutschland in weiten Teilen nicht mehr zu finden ist. Mitte bis Ende der Neunziger begann eine großen Spaltungsbewegung, bei der die sog. Antideutschen den "traditionellen" Anti-Imps entgegen getreten sind. So formierte sich die Jungle World aus ehemaligen der Jungen Welt, es entstand die Bahamas. Plötzlich wurden die antisemitischen Tendenzen der Altlinken zum ersten Mal in Frage gestellt und man setzte sich kritisch mit dem Antiamerikanismus auseinander. Von alldem war die RAF ja seit ihrem Beginn durchseucht.
In der Roten Flora hätte man spätestens in den 2000ern mit einem Bekenntnis zur RAF jedenfalls an den meisten Abenden keinen Blumentopf mehr gewonnen, meine ich mich zu erinnern. Dass es trotzdem noch 2016 solche Banner gab, spricht meiner Meinung nach weniger für eine breite Unterstützung sondern zeugt von den innerlinken Konflikten. Da gab es sicher viel Diskussion danach.

Ich bin weiß Gott kein Experte auf dem Gebiet, aber ich habe in den 2000ern viele Berührungspunkte zu Menschen in linken Gruppen in Hamburg gehabt und würde daher sagen, dass die RAF da eigentlich keine große Rolle mehr gespielt hat und ihre Taten mindestens mal wegen ihrer "verkürzten personalisierten Kapitalismuskritik" verächtlich gemacht worden sind. Ausnahmen gab und gibt es natürlich immer, aber in den Zeitschriften und Zeitungen, über die die RAF-Mitglieder damals mit der Öffentlichkeit kommuniziert haben, wird man heute auch kaum noch ein gutes Wort mehr über sie lesen. Was auch gut ist.

Und das mit dem Bereuen wissen wir natürlich nicht, aber ich sehe das so ähnlich wie @fischersfritzi
Zitat von fischersfritzifischersfritzi schrieb:Es kann aber auch sein, sie einfach ihren Lebensweg bereuen, ohne, dass sie ihre Taten bereuen im Hinblick darauf, dass diese für andere bedeuten. Sondern einfach nur mit Blick auf sich selbst. Denn ihre Entscheidung haben ja zu einem (aus meiner Sicht) sehr unbequemen Leben geführt. In gewissen Sinne (natürlich auch nur aus meiner Sicht) zu einem vermasselten Leben.



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16.05.2023 um 01:31
Zitat von KieliusKielius schrieb:Dass die Drei sich eine Wohnung teilen, kann ich mir auch nicht vorstellen. Dass sie auf einem gemeinsamen Anwesen leben, sehr abgelegen und in dünn besiedeltem Gebiet, ist meine Vermutung.
Das denke ich auch und zwar im EU-Ausland, wo jeder Euro doppelt oder dreifach länger hält als hierzulande. Beispiel und mein persönlicher Tipp: Bulgarien, Hinterland der "Goldküste".
Da fallen Deutsche nicht weiter auf, weil es einerseits viele deutsche Rentner gibt, die sich dort niedergelassen haben und andererseits eh viele Touristen dort unterwegs sind. Dort im ländlichen Bereich sind die Immobilien- und Lebenshaltungskosten im Gegensatz zu Deutschland ein Träumchen. Da dürfte die Beute locker bis ans Lebensende reichen.


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16.05.2023 um 08:35
Ich bin hinsichtlich des Bereuens auch bei @fischersfritzi und @maxvonfax.
Danke für den Auszug aus dem Brief von 1996, ich kannte ihn tatsächlich noch nicht. Ich finde es durchaus erstaunlich, wie realistisch ihre Einschätzung der Situation ist und die Erkenntnis, dass das Konzept der RAF bereits 1996 überholt war. Ob daraus abzuleiten ist, dass sie ihre Taten bereuen, weiß ich aber nicht. Es könnte auch sagen: "damals war unser Handeln gut, heute wäre es nicht mehr up to date".
Ich kann mir aber vorstellen, dass Gedanken aufkommen wie: "Wenn wir das nicht getan hätten, müssten wir nicht unser Leben lang ein Versteckspiel spielen", oder "wenn wir uns vor 30 Jahren gestellt hätten, wäre es jetzt schon vorbei". Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie die Ideologien von damals immer noch vertreten.
Zitat von KieliusKielius schrieb:Die beiden Männer können wegen der neueren Fotos von ihnen kein normales Leben führen. Sie müssen es, so gut es geht, vermeiden, von anderen Menschen gesehen zu werden.
Genau das meine ich. Dass sie jetzt nicht unbedingt erkannt werden, kann ich nachvollziehen. Allerdings ist dennoch jeder Auftritt in der Öffentlichkeit mit Risiko behaftet. Denn nur ein einziger Mensch, der das richtig verknüpft, reicht.
Zitat von MysteryGuyMysteryGuy schrieb:Da fallen Deutsche nicht weiter auf, weil es einerseits viele deutsche Rentner gibt, die sich dort niedergelassen haben
Ach du, gerade unter deutschen Rentnern gibts vermutlich viele, die die erkennen würden. Mein Vater hat eine Vergangenheit im links-alternativen Millieu, der könnte uns vermutlich genauer als jeder Zeitungsartikel erzählen, was da damals bei der RAF passierte (er war nie Anhänger gewaltvoller Strategien!). Zu der Zeit damals war man in der Gesamtbevölkerung viel politischer als heute. Ich glaube, die Wiedererkennungsrate dürfte unter Rentnern am höchsten sein.
Zitat von maxvonfaxmaxvonfax schrieb:Ich bin weiß Gott kein Experte auf dem Gebiet, aber ich habe in den 2000ern viele Berührungspunkte zu Menschen in linken Gruppen in Hamburg gehabt und würde daher sagen, dass die RAF da eigentlich keine große Rolle mehr gespielt hat und ihre Taten mindestens mal wegen ihrer "verkürzten personalisierten Kapitalismuskritik" verächtlich gemacht worden sind.
Das kann ich so bestätigen. Allerdings verkehre ich auch nicht in der Gruppe der gewaltverherrlichenden Links-Alternativen. Möglicherweise sieht der Zuspruch da doch nochmal anders aus.


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