Hallo zusammen !
Zunächst einmal gilt mein Dank
@XYungelöst , der diesen thread eröffnet hat, und allen anderen, die sich hier engagiert an der Diskussion beteiligen. Dieses ungeklärte Verbrechen gehört zu meinen persönlichen "top ten" der XY-Geschichte, und daher beteilige ich mich an dieser Diskussion, auch wenn ich keine neuen Fakten beitragen kann.
Natürlich wären die Artikel der Lokalpresse zu diesem Mord von Interesse, allerdings glaube ich nicht, dass hierin sonderlich viel Erhellendes zu finden ist: schließlich war es zunächst ein Vermisstenfall, zu dem es sicherlich Suchmeldungen und Zeugenaufrufe gab, und über den Leichenfund viel später werden wesentliche Details aus ermittlungstaktischen Gründen zurückgehalten worden sein.
Mein Fundus rekrutiert sich also auch aus der XY-Verfilmung und den Forums-Beiträgen, und manche meiner nun folgenden Gedanken sind so oder ähnlich bereits formuliert worden.
Zunächst stellen sich für mich drei Kardinalfragen:
1. Was machen zwei ortsfremde, wenngleich nicht ortsunkundige junge Männer an einem heißen Junisonntag in Lindenfels, zumal am Tag des Endspiels der Fußball-WM, noch dazu mit deutscher Beteiligung?
2. Was motiviert sie, ihr Auto etwa um 17.45Uhr am örtlichen Friedhof zu parken und zu Fuß in Richtung Waldbad zu gehen?
3. Und woher stammen die Ortskenntnisse von mindestens einem der Täter, wo sie doch in Lindenfels zuvor "noch nie gesehen wurden" (Zitat XY-Film) - oder war nur die Personenbeschreibung zu vage?
Und, ganz entscheidend, was haben die Zeugen, d.h. die junge Mutter und die Friedhofsbesucher tatsächlich mitbekommen und inwieweit ist der Film in dieser Hinsicht korrekt?
Also bei der jungen Mutter spricht es für mich gegen jegliche Lebenserfahrung, dass sie sich nicht mehr in Richtung der Gefahr umgesehen haben soll, nachdem die zwei Männer, die sie als bedrohlich empfunden hat, an ihr vorbei waren. Und normal wäre es für mich auch, sich aus Sorge nach dem Mädchen umzusehen, wenn ich es in Sichtweite hinter mir weiß. Ein aktives Eingreifen erwartet niemand, aber ein derartiges Desinteresse???
Und auch bei den Friedhofsbesuchern habe ich den Verdacht, sie wollten vielleicht aus Angst oder Bequemlichkeit nicht mehr sehen als sie hätten sehen können, und die Diskrepanzen über die Bedeutung der Beobachtungen scheinen für mich durchaus real gewesen zu sein. Ein Detail hierzu: Wie, d.h. in welcher Position lag der einzelne Schuh hinter dem Auto? Könnte es nicht so sein, dass er, wäre er schon vorher da gelegen, zwangsläufig beim Einparken hätte überfahren werden müssen? Da er aber noch unbeschädigt war, müssen die beiden Männer nahezu zwangsläufig damit etwas zu tun haben, erst recht, wenn sie offensichtlich kurz zuvor etwas im Kofferraum verstaut hatten.
Und wann überhaupt hat die Polizei die Zeugen dann vernommen? Wohl doch mit einigem Zeitverzug, sonst wären vielleicht brauchbare Phantombilder zu fertigen gewesen....
Zum mutmaßlichen Tathergang möchte ich mich kurz fassen, da insbesondere die Version von
@orakel09 meiner sehr stark ähnelt. Also: Jutta gerät ins Visier der Täter, spätestens beim Verlassen des Bades und dem Einbiegen auf den Waldweg, sie "überholen" sie mit ihrem Auto, stellen es am Friedhof ab und gehen eilenden Schrittes in Richtung Waldbad, wo ihnen zunächst die junge Mutter, dann aber Jutta entgegenkommt. Der Übergriff erfolgt sehr schnell und völlig überraschend, weswegen auch ein Schuh und die Badematte zurückbleiben. Das Mädchen wird mit Gewalt zum Auto verschleppt (ist ja nicht sehr weit) und in den Kofferraum gesperrt, um sie wegzubringen und an anderer Stelle zu vergewaltigen und umzubringen (ist fast zwangsläufig, sie könnte sich ja auch das Kennzeichen einprägen). Da sie aber schreit, als der Kofferraum erneut geöffnet wird, um den Schuh einzuwerfen, wird sie ermordet. Dabei wird das Fehlen des zweiten Schuhs bemerkt; dieser wird geholt. Wieder zurück am Auto, werden die Täter von den Friedhofsbesuchern erneut gesehen. Sie verschwinden eilends und entledigen sich Juttas Leiche im Kofferraum bei der ersten passenden Gelegenheit.
Hieran schließt sich eine Reihe weiterer Fragen an, über deren rege Diskussion ich mich freuen würde:
1. Wie schnell und wie intensiv gestaltete sich die Suche nach Jutta (Plakataktionen, Hunde etc.)?
2. Mit welchem Aufwand wurde von Seiten der Polizei in den ersten Tagen nach Juttas Verschwinden die Fahndung betrieben (meiner Einschätzung nach eher ressourcenschonend...)?
3. In welchem Zustand wurde ihre Leiche gefunden (mMn skelettiert, aber bekleidet) und wo verblieb der Rucksack mit den Badeutensilien? Ich gehe mal davon aus, dass keine verwertbaren Spuren mehr zu finden waren, selbst die Todesursache wird schwerlich festzustellen gewesen sein.
4. Zu welchem Zeitpunkt planten die Täter ihr Verbrechen? Also ich glaube ja, dass der Entschluß, Jutta zu verschleppen und zu mißbrauchen, kurzfristig anhand der günstigen Konstellation (Ortskenntnisse, Einbiegen des Opfers in den Waldweg) entstanden ist. Dafür spricht die eigentlich recht dilettantische Tatausführung und das extrem hohe Entdeckungsrisiko, dem sich die Täter aussetzten. Eine längerfristige Planung hätte dies vermutlich vermieden.
5. Und hieraus ergibt sich für mich eine
zentrale Schlussfolgerung: Wenn dem so war, dann waren die Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit mit ihrem eigenen Auto unterwegs, und dann erhält die "Kennzeichenfrage" eine entscheidende Bedeutung. Wie intensiv und erschöpfend wurde hier ermittelt? Für mich denkbar ist, dass hierbei nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden (hierbei war die zuständige Kripo ja auf Amtshilfe aus Rheinland-Pfalz angewiesen...). Ermittlungsansätze hätte es hier zu Genüge gegeben: gestohlene Kennzeichen, gestohlene Fords der genannten Modelltypen, ähnliche Kennzeichen. Mein siebter Sinn sagt mir auch: allzulange werden die Täter das Tatfahrzeug nicht mehr behalten haben, d.h. welche Granadas/Taunus wurden ab- bzw. umgemeldet? Für mich ist es unverständlich, dass diese Spur so ergebnislos verlaufen ist.
6. Warum wurde Juttas Leiche erst so spät gefunden? Um von ihrem letzten Aufenthaltsort Kofferraum auf ihren Auffindeort Strassenböschung (bei zugegeben schwierigen topographischen Verhältnissen) zu schließen bedarf es nicht der Intelligenz eines Nobelpreisträgers....
7. Ferner gehe ich davon aus, dass die Täter weitere Straftaten begangen haben, möglicherweise sogar sexuell motivierte Übergriffe. Inwieweit ist dieser Personenkreis überprüft worden?
8. Welche Veranstaltungen fanden am Tattag noch in Lindenfels statt, vor allem auf dem Sportgelände?
Auf eine rege weitere Diskussion freue ich mich. Ich bin ja der Ansicht, dass dieses Verbrechen, würde es heute begangen werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgeklärt würde. Insofern ist es besonders bedauerlich, dass dieser Mord wohl nie mehr aufgeklärt werden wird....
Viele Grüße
Ludwig