@EDGARallanPOE EDGARallanPOE schrieb:Ich halte die isolierte Erstellung eines Täterprofils, im Göhrde-Fall nicht für zielführend. Nicht zuletzt aufgrund des völligen Fehlens belastbarer Informationen über den Täter. Diese unbefriedigende Ausgangsposition führt meiner Meinung nach zu einem sehr hohen Anteil spekulativer Annahmen.
Im Göhrde-Fall ist meiner Meinung nach die Operative-Fallanalyse gefragt.
Hi,
da stimme ich Dir zu. Ob es bereits eine OFA gibt, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Mit so einer Vorlage wäre es sicher besser für eine Profilanalyse. Ohne geht es aber auch, wenn man von einer Hypothese ausgeht, wie sie offenbar von der Kripo bisher kommuniziert wurde. So weit ich es verstanden habe, geht die Kripo davon aus, dass es sich um nur einen Täter handelt, der beide Doppelmorde begangen hat. Etwas anderes habe ich aus den offiziellen Verlautbarungen bisher nicht gelesen. Spekulativ wäre es demnach, wenn man nun von mehreren Tätern ausgeht oder unterschiedlichen Tätern in den beiden Doppelmorden. Wenn es dazu von der Kripo Verlautbarungen gibt, dann ändert das eigentlich alles und die hier versuchte Täterprofil-Erstellung wäre für die Katz. Also mal her mit solchen Fakten, dann sparen wir uns Arbeit.
Ich lasse meine Gedanken aber trotzdem mal etwas laufen. Manchmal bringt mich das weiter.
Zu den Fahrzeugen der Mordopfer:
das Auto der ersten Opfer aus Hamburg wurde ja in Winsen/L. abgestellt. Es hatte rund 60 km mehr auf dem Tageszähler, als für eine direkte Strecke benötigt worden wäre bis zum Abstellplatz. Dabei können die Umwege auch vom Opferpaar selbst ganz oder teilweise verursacht worden sein oder halt vom Täter, der das Fahrzeug nach Winsen verbrachte. Jedenfalls kann man dadurch einen maximalen Umweg eingrenzen, den entweder Opfer oder Täter gefahren sein können. Es wäre aber auch möglich, dass der Täter den Tageskilometerzähler selbst wieder auf Null gestellt hatte. Die Kripo scheint aber davon - sicher aus guten Gründen - nicht auszugehen. Daher nehme ich das hier als eine gesicherte Faktenlage an. Immerhin bedeutet das in der logischen Schlussfolgerung, dass - sollte der Täter den Umweg mit verursacht haben - sein maximaler Radius, in dem er das Fahrzeug bewegte, eng begrenzt war. Wir wissen nichts darüber, wie der Benzintank noch gefüllt war. Mitunter war das ein oder der Grund, das Fahrzeug nicht länger zu benutzen. Das Auftanken des Fahrzeugs an einer Tankstelle stellte jedenfalls ein erhebliches Risiko für den Täter dar, da schon damals viele Tankstellen Videoüberwacht waren.
Eine weitere logische Schlussfolgerung wäre, dass der Täter einen Führerschein hatte und jedenfalls ein solches Auto (Kupplung oder Automatik?) fahren konnte. Auch scheint er nicht ungeübt gewesen zu sein im Führen eines solchen Fahrzeugs. Das Auto war sauber eingeparkt und zeigte keine frischen Unfallspuren, Beulen oder Kratzer. Auch wurden keine Zeugen gefunden, die eine unsichere Fahrweise bemerkt hätten. Zudem wurde der Fahrer nicht "geblitzt". Daraus lässt sich schließen, dass der Täter kein schlechter Autofahrer gewesen ist und vermutlich selbst einen PKW hatte oder regelmäßig mit einem PKW gefahren ist.
Abstellort war Winsen auf dem Parkplatz einer Bäckerei. Winsen liegt bekanntlich an der Bahnstrecke Hamburg-Lüneburg-Bad Bevensen-Uelzen-Celle-Hannover. Der Täter hätte also mit der Bahn weiterfahren (nach Hamburg?) oder zurück reisen können. Wenn sein eigenes Fahrzeug noch in der Nähe des Tatortes stand, dann hätte ihn die Bahn nach Lüneburg, Bad Bevensen oder auch nach Dahlenburg oder Breese/Göhrde bringen können. Von Dahlenburg-Lemgrabe sind es auch nur wenige Kilometer bis zum Tatort. Das Fahzeug des Täters hätte auch am westlichen Waldrand der Göhrde südlich von Lemgrabe stehen können. Das wären nur etwa 30 Minuten Fußweg auf sehr wenig frequentierten Nebenwegen. Eigentlich eine geradezu optimal Position, um das Täterfahrzeug abzustellen. Müsste man sich mal auf Google-Earth mal ganz genau anschauen.
Das zweite Opferfahrzeug wurde, wenn ich es richtig verstanden habe, in Bad Bevensen abgestellt. Der Täter hatte das Fahrzeug aber diesmal mehrere Tage lang gefahren. Was mir nicht klar ist: wurde neben dem Toyota auch der Mercedes nach der Tat bewegt? Wurde eines der Fahrzeuge nach Lüneburg gebracht? Welches wurde wo genau aufgefunden und wann?
Unabhängig von diesen Details: Bad Bevensen und Lüneburg liegen wieder an der Bahnlinie HH-H. Von Lüneburg aus kommt man bequem bis nach Dahlenburg oder Breese/Göhrde mit der Bahn. Leider werden die Bahntickets nicht auf den Namen ausgestellt. Allerdings sind die Züge von Lüneburg nach Dannenberg nicht besonders gut besucht. Manchmal fahren nur eine Handvoll Fahrgäste mit dem Zug. Damals wie heute. Die Gefahr für den Täter einem anderen Mitreisenden oder einem Schaffner in Erinnerung zu bleiben, ist nicht so ganz klein. Es sei denn, der Täter wäre eine wirklich unauffällige Person gewesen oder als regelmäßiger Fahrgast bereits bekannt gewesen. Im letzteren Fall wäre die Bahnfahrt selbst im sonst leeren Zug für den Täter völlig ohne Risiko geblieben. Für eine zuvor gut durchdachte oder geplante Tat wären solche Bedingungen praktisch unschlagbar günstig.
Ich finde mich selbst gerade erschrocken über diese Möglichkeiten, die meine Gedankengänge, die hier ihren freien Lauf gefunden haben, plötzlich anleuchten. Sollte der Täter womöglich im direkten Umfeld des Bahnhofs Dahlenburg-Lemgrabe gewohnt haben? Wo parken denn die Pendler nach Lüneburg/Hamburg ihre PKWs, wenn sie mit der Bahn ab Lemgrabe fahren? Machte das überhaupt jemand? Eine Handvoll oder gar nur ein einziger?
Ich mache mal eine Pause zum Nachdenken und Verdauen...
Gruß!