Der Fall Tanja Mühlinghaus
06.11.2019 um 01:38
Hallo erstmal.
Ich bin vor einigen Tagen durch Dokus über ungelöste Fälle auf den Fall TM gestoßen und habe mich seitdem durch 198 Seiten geackert. Irgendwie lässt mich das Ganze nicht los, ich denke ständig drüber nach. Habe mir hier nun ein Profil erstellt um ebenfalls meine Gedanken zu der Angelegenheit äußern zu können. Um nicht alles aufzugreifen, was bereits vermutet wird - und was ich auch nicht ausschließen würde oder kann - nenne ich vorerst nur mal eigene Ideen bzw. Ergänzungen oder Abwandlungen bereits vorgestellter möglicher Szenarien. Es wurde in den letzten Jahren ja schon so vieles durchdacht und zusammen getragen :O
- Oft, wenn ich gelesen habe, das TM ihre Mutter vor der Schule telefonisch bat, sie nach der Schule abzuholen und wenn ich mir den Inhalt der Briefe, die TM geschrieben hat/haben soll, vor Augen halte, kommt mir noch ein weitere Gedanke als die hier genannten:
Wenn es z.B. eine Täterperson gab die TM vor ihrem Verschwinden missbraucht/geschädigt hat und/ oder TM zum Zeitpunkt ihres Verschwindens mitgenommen/entführt hat oder sie motivert hat abzuhauen/mitzukommen, um sie zu beseitigen oder (vorerst) mit ihr Zeit zu verbringen oder um sie in irgendeinem Bereich als "menschliche Ressource" einzusetzen, wäre es möglich, das TM die Briefe, ob bereits unter Druck, in Angst oder vorerst freiwillig selbst so geschrieben hat und eine Täterperson nicht befürchten musste, das TM evtl. Hinweise einbaut wenn die Person TM unter Drogen gesetzt hat, die in der richtigen Menge und Mischung ermöglicht haben, das sie der Person vorher einige Fragen wahrheitsgemäß beantwortet, dann den Brief verfasst (dann ist klar, warum nahe Verwandte ihren Stil merkwürdig fanden und er einfach kaum in die ganzen möglichen Szenarien "passt" weil er für diese nicht angebracht wirkt, und kein herzlicher, tragischer, ängstlicher oder anders emotionaler Ton zu erkennen war), in diesem ein -trotz der möglicherweise bereits angst einflößenden Situation- ruhiges Schriftbild bewahrt und keine Hinweise einbaut.
Oft können sich Menschen, die den Einfluss bestimmter Substanzen nie erfahren haben, nicht vorstellen das so etwas hinter "unlogischem" oder "nicht erklärbarem" Verhalten stecken kann. Man ist nicht automatisch auch körperlich geschwächt und zu keinem geraden Satz mehr in der Lage, solange es eben der "richtige" Cocktail war.
- Falls ein Missbrauch im familiären oder der Familie nahe stehenden Umfeld vorlag, und die Person TM beseitigen wollte weil TMs Verhalten in der letzten Zeit darauf schließen ließ das sie es nicht mehr "ertragen" wollte, deswegen "weg wollte", hätte irgendeine sich im Familienumfeld/Freundeskreis befindende Person evtl. sogar fachliches Wissen über o.g. Möglichkeiten zur kognitiven Manipulation durch Medikamente? Oder Zugang zu solchem Wissen/zu solchen Medikamenten?
- oder, TM hat (aufgrund von starken Problemen welcher Art auch immer mit der Familie) einfach wirklich selbst beschlossen, wegzugehen - wollte eigentlich noch mit der Mutter sprechen, wenn diese sie von der Schule abholt, hat dann aber beschlossen das es keinen Sinn macht - sich Hilfe von Einrichtungen holen hatte ja auch nicht geklappt- und ist abgehauen. Verzweifelt, gepeinigt, es war ihr egal was sie an Gepäck dabei hat, sie hat in dem Moment vielleicht einfach nicht klar denken können. Dann hat sie von irgendwo aus die Briefe geschrieben, möglicherweise angetrunken oder unter Schock. So eine Situation könnte ja auch einen psychotischen Schub auslösen oder einen in eine Art Trance versetzen: "Ich brauch ne Pause. Babysitten, Schule, irgendwelche Bestellungen. Ihr macht das schon. Komme wieder, sucht mich ja nicht"
Ich kann mich im TMs Persönlichkeit halt auch nicht hinein versetzen. Deswegen fällt es mir schwer, mir nur mit Hilfe der Vorgeschichte und der Briefe (vor allem dem Briefstil) und ohne sie zu kennen ein Szenario vorzustellen, das hinreichend erklärt, warum TM "freiwillig" abgehauen sein soll. Mit freiwillig meine ich jetzt die Möglichkeit, das sie wegen schlimmer oder als schlimm wahrgenommener Umstände die Familie eigenständig verlassen wollte. Ich meine, sie soll z.B. ja gesagt haben, das auch wenn sie im betreuten Wohnen viel weniger Freiheiten haben würde als zuhause, ihr das egal sei und sie es dennoch vorziehen würde.
- was nun bereits auch im Zusammenhang mit großen innerfamiliären Konflikten/ Missbrauch angesprochen wurde, aber m.A. noch nicht klar genug wurde ist die Rolle des Vaters - in der Familie, in der Situation wo TM evtl. wirklich "weg von der Familie" (um diesen Wunsch jetzt einmal als ernst anzunehmen) wollte, in der Situation wo das einzige Kind vermisst wurde und vermisst blieb:
Klar, es gibt viele Möglichkeiten, mit so etwas umzugehen. Und der Klassiker, das die Mutter drauf "hängen bleibt" und der Vater sich "weiter bewegt" und daran die Ehe evtl. sogar zerbricht, ist eine Möglichkeit.
Aber dazu der Aufruf an TM von der Mutter, "ich bin nicht mehr mit Papa verheiratet" - kann zwar auch eine schlichte Info sein, aber warum an dieser Stelle? Wäre es nicht egal, solange TM auftaucht, außer es gäbe einen Grund für sie, sich dadurch eher zu melden?
Andererseits, hätte ihre Mutter von solchen Dingen gewusst oder im späteren Verlauf erfahren, hätte sie es dann für sich behalten und den Behörden verschwiegen? Nun gut, man kann sich evtl. schämen und es deswegen verschweigen. Oder man denkt, es ist besser, wenn die Behörden eine "entführte" suchen, und keine "weggelaufene" Tochter. Andererseits war sie minderjährig - sie hätte so oder so gesucht werden müssen. Was würde man in so einer Situation tun? Ich denke, eigentlich würde man doch aber dann nicht "Papa" sondern "dein Vater" schreiben - es sei denn, man möchte es eben nicht öffentlich machen aber ihr mitteilen, das sie getrennt sind, oder man denkt so einfach nicht, weil es immer "Papa" war.
Ist denn die Familie offensichtlich von einer Entführung durch Außenstehende ausgegangen anfänglich? Oder hat man erstmal davon gesprochen das Tanja weggelaufen ist? Gab es da eine Meinung zu? Oder zerstreute sich jegliche Idee an den "nicht nachvollziehbaren Briefen"?
Ich möchte auch garnicht auf dem vermutlich armen Vater rumreiten, der sein Kind verloren hat. Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Gedanken überhaupt soweit ausformuliere, weil Familienmitglieder hier mitlesen. Andererseits ist es ja wahrscheinlich in ihrem Interesse, das der Fall aufgeklärt wird, sonst würden sie sich nicht seit Jahrzehnten so heftig reinhängen. Also bitte, nehmt es mir nicht krumm. Für mich ist TM's Vater nur ein Baustein wie viele Andere, ich kenne ihn nicht.
- Wurde schon genannt, aber ich möchte die Frage nochmal aufgreifen: Gab es jemanden, der sich evtl. so stark in die Suche reingehängt hat, nur um eine evtl. Täterschaft zu verschleiern? Dass jemand solche Nerven beweist, kann ich mir immer sehr schlecht vorstellen. Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, einen Menschen zu töten.
- ich frage mich manchmal, wie es in der Familie mit Politik aussah. Gab es unterschiedliche Meinungen zu Politik? Gab es die rechts-konservative Familie mit dem Teenie, der sich gerade zum freiheitlichen alternativen Denken mauserte?
- auf S. 184 & 191 wurde u.a. auf den Gedanken eingegangen, wie sich eigentlich die Behörden verhalten, wenn eine (mittlerweile volljährige) vermisste Person zwar wieder aufgetaucht ist/gefunden wurde, aber ausdrücklich wünscht, das kein Kontakt zu den Personen hergestellt wird bzw. die Personen auch nicht darüber informiert werden, die die Vermissten-Meldung ursprünglich aufgegeben haben. Ich frage mich: wurde explizit von den Personen, die die Vermissten-Meldung aufgegeben haben in regelmäßigen Abständen danach gefragt ob sie weiterhin berechtigt dazu sind, von den Behörden sofort informiert zu werden, wenn TM gefunden wurde? Ich weiß, es werden Fragen beantwortet, die Verwandte oder aus dem Umfeld der Familie kommende Menschen den Behörden stellen. Und es gab weiterhin Dokus über den Fall. Aber ich frage mich, ob nicht in beiden Fällen die Bürokratie so gemein sein kann, das es trotzdem sein kann dass TM bereits gefunden wurde/wieder aufgetaucht ist, aber eben nicht möchte, das dies bekannt wird? Wenn es so wäre, müssten die Personen (ich schätze, es waren die Eltern) explizit die Frage an die Behörden richten: "bin ich weiterhin berechtigt, im vollen Umfang darüber informiert zu werden, sollte meine Tochter Kontakt zu Ihnen haben/von Ihnen lebend gefunden worden sein?" So wie ich die Bürokratie und die gesetzliche Regelung dazu einschätze, wäre es mit dieser Frage den Behörden doch erst möglich, durch die Antwort den Eltern zu suggerieren, das TM lebt aber nicht möchte, das es jemand weiß. Und ob die Polizei, wenn ein Mensch aus dem nahen Familienumfeld Fragen zum Fall stellt, antworten würde "ach, sie wurde gefunden - aber darüber dürfen wir nicht sprechen da es die betroffene Person so wünscht" möchte ich bezweifeln. So nach dem Schema "wir lügen nicht - wir sagen aber nicht alles" (Damit möchte ich nicht die Behörden als Lügende darstellen - vielleicht wisst ihr, was ich meine) Stichwort "rechtliche Grauzone"
all diese Gedanken äußere ich in dem Wissen, das Vieles wahrscheinlich von den Behörden bedacht und untersucht wurde, aber jeder Mensch ist fehlbar und es gibt soviele Vermisstenfälle, das evtl. die Polizei nicht alles so durchleuchten kann wie man es sich in so einem Fall doch wünschen würde.
- ich frage mich noch, ob die DNA von beiden Personen, also Tanjas und die der Person an der Briefmarke, in der aktuellen Zeit nochmal durch die Systeme gejagt worden sind. Es könnte ja sein, das mittlerweile die Person von der Briefmarke (sollte es nicht ein Postmensch gewesen sein) in den Datenbänken gelistet ist oder das Tanja sich evtl. strafbar gemacht hat (+ lebt evtl. auf der Straße, keine Personaldaten verfügbar o.ä) und ihre DNA matcht mit der des vermissten Teenagers der sie 1998 war?