@Kohlhaas Kohlhaas schrieb:Was Ulvi K. betrifft, können eventuelle Schmerzensgeldansprüche ohnehin verjährt sein, ohne dass dann noch im einzelnen geklärt werden müsste, ob eine Mittäterschaft vorliegt.
Soweit und sofern sich etwaige Schadensersatzansprüche gegen UK auf die Tötung von Peggy stützen, sind diese nicht verjährt. Gem. § 197 Abs. 1 Nr. 1, 199 Abs. 2 BGB verjähren solche Ansprüche in 30 Jahren von der Begehung der Tat an. Mithin verjähren etwaige solche Ansprüche gegen UK am Ende des Jahres 2031. Eine Verjährung sehe ich hier nicht. Problematisch ist allerdings auch hier die Anspruchsgrundlage.
Kohlhaas schrieb:Bei Manuel S., dessen eventuelle Tatbeteiligung Susanne Knobloch erst seit dem Ermittlungsverfahren gegen ihn bzw. seit dem Teilgeständnis bekannt sein kann, ist eben die Frage, was das schädigende Ereignis ist und was dadurch bei Susanne Knoblauch an gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgelöst worden ist. Ist schädigendes Ereignis hier das Teilgeständnis? Ist es der Widerruf dieses Teilgeständnisses?
Ich gehe nach den Artikeln davon aus, dass als schadensauslösendes Ereignis die Verbringung von Peggy Leiche genannt worden ist. Durch das Verstecken des Leichnams wurden psychische Qualen durch die daraus resultierende Ungewissheit verursacht. Die Frage ist, was hier ans Anspruchsgrundlage in Betracht kommt.
Eine Analogie zu § 844 Abs. 3 BGB wäre denkbar. Das müsste ich mir nochmal genauer anschauen. Die Norm ist relativ "neu" (eingeführt im Juli 2017). Die Neueinführung nach der Ermordung und Verbringung von Peggy macht die Anwendung auch problematisch, weil dem das Rückwirkungsverbot im Wege stehen könnte.
Oder § 823 Abs. 2 BGB iVm § 168 StGB oder § 258 StGB. § 823 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass gegen "ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz" verstoßen wurde, sog. Schutzgesetz. Dazu hatte ich schon mal etwas geschrieben:
Bei § 168 StGB dürfte bereits die Verwirklichung des objektiven Tatbestands schwierig werden. Variante 1 setzt Wegnahme aus dem Gewahrsam voraus. Da ist bereits hoch umstritten, wer Gewahrsam an einer Leiche hat, wenn der Verstorbene einen Unfall hatte und in das Krankenhaus eingeliefert wird. Wie das bei Mord ist, ist schwer zu sagen, insbesondere wenn die Angehörigen von dem Mord nichts wussten. Nach meinem (zugegebenermaßen veralteten Kommentar) soll sich aus dem Obhutsrecht der Angehörigen gerade nicht der Gewahrsam ableiten lassen. Variante 2 ist sehr wahrscheinlich nicht erfüllt, weil schon das Zerstückeln einer Leiche zwecks Beseitigung nicht ausreichend sein soll, um den Tatbestand zu erfüllen. Es soll gerade auf eine missbräuchliche tabuverletzende Motivation ankommen, die mE im konkreten Fall nur schwer nachweisbar ist und vermutlich auch nicht vorlag. Würde man aber einen der beiden Tatbestände bejahen, dann würde mE auch ein Schutzgesetz vorliegen, das auch PKs Mutter vom Schutzzweck her miterfasst.
Das Problem wäre dann die Verjährung. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist 3 Jahre. Beginn ist mit Kenntnis des Anspruchsgegners. Das wäre dann erst 2018, aber es gibt eine objektive Deckelung von 10 Jahren ab Entstehung, § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Das heißt der Anspruch wäre 2011 verjährt. Die Deckelung ist länger bei Verletzung der Gesundheit, aber das ist mE definitiv nicht mehr Schutzzweck der Norm. Man könnte diskutieren, ob der Anspruch trotz anderem Schutzzweck auch auf der Tötung beruht und daher auch die lange Verjährungsfrist der §§ 197 Abs. 1 Nr. 1, 199 Abs. 2 BGB eingreift. Halte ich aber für schwierig.
Bei § 258 StGB ist mE schon fraglich, ob die Norm ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt. Primäres Schutzgut scheint mir hier die gesicherte Rechtsverfolgung und der Rechtsfrieden zu sein. Das dient also primär dem Schutz der Allgemeinheit. Mglw. könnte man auch zu einem individuellen Schutz der Opfer bzw. Angehörigen kommen. Sofern es dabei auch um das seelische Wohl der Angehörigen ginge, käme man dann um das Verjährungsproblem herum.
§ 823 Abs. 1 BGB als Generalklausel umfasst auch und gerade die Gesundheit. Hier könnte man ggf. argumentieren, dass die psychischen Belastungen durch die Unkenntnis vom Aufenthaltsort der Tochter und deren Schicksal eine solche Gesundheitsverletzung darstellen und MS - sollte er tatsächlich der Verbringer gewesen sein - diesbezüglich zumindest Eventualvorsatz hatte oder zumindest wusste, dass PKs Mutter leidet. Da dieser Anspruch dann wegen der höheren objektiven Deckelung erst in 30 Jahren nach Entstehung verjährt, § 199 Abs. 2 BGB, wäre er auch durchsetzbar. In Betracht käme als Schadensersatz der immaterielle Schaden, § 253 Abs. 2 BGB, das sog. Schmerzensgeld. Die Rechtsprechung war hier aber auch bei Tötungen schon immer sehr zurückhaltend, was unter anderem zur Einführung des § 844 Abs. 3 BGB geführt hat, s.o..
Insgesamt ein schwieriger und komplexer Sachverhalt, der das Zeug dazu hat, zu einer wegweisenden BGH-Entscheidung in Sachen Schmerzensgeldansprüche im Rahmen von Tötungsdelikten zu führen.
Kohlhaas schrieb:Persönlich halte ich es für durchaus nicht so einfach, den Schmerzensgeld Anspruch zu begründen, auch wenn ich Peggys Familie natürlich sehr wünsche, dass die Vorgänge um Peggys Tod weiter aufgeklärt werden.
Dem kann ich mich so anschließen, s.o.