jada schrieb:Vom Gericht wurde angenommen, dass der Verurteilte Kenntnis darüber hatte, dass das Opfer zum Stammtisch wollte. Warum tötet er sein Opfer zu diesem Zeitpunkt, wenn das Opfer verabredet war/am Stammtisch erwartet wurde? Der Verurteilte hätte doch mit Nachfragen, seitens des Stammtisches, rechnen müssen.
Genau das finde ich auch komisch. Im Grunde ist es alles andere als ein günstiger Zeitpunkt für den Mord, gerade weil sie ja nicht nur unverbindlich zum Stammtisch wollte (wo man ja auch mal fehlt, ohne dass sich jemand Gedanken macht), sondern dort auch noch mit Dr. R. verabredet war.
Übrigens in diesem Zusammenhang ebenso seltsam: Es heißt im Urteil, dass sie wegen dieser Verabredung sicherlich zeitiger losgehen wollte als sonst (wo sie meist erst gegen 19:30 Uhr ankam). Aber Dr. R hat es ja offenbar nicht gerade eilig gehabt, er war in der Sauna und hat mit seiner Sauna-Karte erst um 19:18 Uhr ausgecheckt. Ich bin ein gebürtiges Münchner Kindl (also jetzt nicht mehr Kindl natürlich ;-) - Es dauert, wenn man sich richtig beeilt, immer noch auf jeden Fall 15 Minuten, beim Stammtisch aufzuschlagen, früher kriegt man es nicht hin.
Also mein Eindruck ist, dass Dr. R., der CB gut kannte, davon ausging, dass sie wie üblich erst ca. um 19:30 Uhr auftaucht, ganz egal ob verabredet oder nicht. Außerdem hat sich weder Dr. R. noch ein anderes Stammtischmitglied große Sorgen gemacht, obwohl sie sogar speziell verabredet war. Das zeigt doch, dass sie als eine Frau bekannt war, die sich spontan auch mal anders entscheidet. Ihr kennt das doch sicher selbst: es gibt Leute, die wie ein Uhrwerk sind, wenn die irgendwo nicht auftauchen, weiß man sofort, dass irgendwas los ist. Und andere sind eher spontan, entscheiden sich plötzlich auch mal anders, da macht man sich dann auch keine großen Sorgen, wenn sie nicht da auftauchen, wo man eigentlich dachte.
Allerdings erscheint für mich dann auch diese Zeitungsgeschichte in einem etwas anderen Licht, muss ich sagen. Ich habe mal überlegt: man übernimmt immer sehr schnell solche vorgesetzten Schlussfolgerungen wie:
"Zeitungen verschwinden lassen = keiner ist besorgt = mehr Zeit bis das Opfer gefunden wird". Aber ist das überhaupt so?
Wenn ich mir das Szenario vorstelle: Ziemlich früh am Morgen werden die Zeitungen hingehängt, fehlen nach kurzer Zeit = klare Schlussfolgerung: sie ist da, hat die Zeitungen reingeholt; dann aber: die Putzfrau klingelt (nimmt ja an, CB muss da sein, da die Zeitungen weg sind) und sie macht nicht auf, obwohl doch an dem Tag geputzt werden sollte. Denkt vielleicht zunächst: CB mag gerade duschen o.ä., versucht es später nochmal, ist wieder erfolglos etc. etc., irgendwann wächst die Sorge.
Anderes Szenario: Ziemlich früh am Morgen werden die Zeitungen hingehängt, nach einiger Zeit kommt die Putzfrau, sieht: die hängen immer noch da, klingelt - keine Reaktion, versucht es später nochmal - gleiches Ergebnis (Zeitungen da, keiner macht auf) etc. etc. Was denkt dann die Putzfrau? M.E. denkt sie eher "Frau B ist entweder schon früh weggegangen oder sie hat z.B. woanders übernachtet, jedenfalls ist sie nicht da." Es dauert ziemlich lange, bis man sich da Sorgen macht.