Mordfall Charlotte Böhringer

@aberdeen
Und wessen Bruder war es nun der die einzigen "widersprüchlichen" Aussagen machte?
Wurde eigentlich ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen ihn eingeleitet? Wenn nicht war das Gericht mMn sehr großzügig.

@Mermin

Zwei Sachverständige führen auf den S. 142-143 aus, dass weder Fingerabdrücke noch DNA-Spuren des "Zeitungseinpackers" gefunden worden seien. Beide Sachverständige führen aber weiter aus, dass hieraus keinesfalls geschlossen werden könne, dass der "Zeitungseinpacker" die Zeitungen nicht in der Hand gehabt haben könne. Wahrscheinlichkeitsangeben hierzu werden nicht zitiert.

@avatar455
Na, so schnell geht das zum Glück nicht, mit den "uneidlichen Falschaussagen". Man darf sich schon ungenau und auch zum Teil falsch erinnern als Zeuge.
Man kann jetzt aus der Zusammenfassung im Urteil auch nichts über das Zustandekommen der Aussage schließen. Dazu müsste man das Protokoll haben. Eventuell kam die Frage für den Bruder völlig unerwartet und er sagte so etwas wie "Das kann schon mal vorgekommen sein" oder so.

avatar455 schrieb:Wurde eigentlich ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen ihn eingeleitet?

Ist überhaupt jemand vereidigt worden in dem Verfahren? Ich war bei dem Horchheimer Verfahren erstaunt, wie selten von der Möglichkeit einer Vereidigung Gebrauch gemacht wird. Und Verwandte können ja noch nicht mal zur Aussage gezwungen werden.

Das Urteil kehrt das an den entsprechenden Stellen schon deutlich hervor, wie die Aussagen von Verwandten und Freunden in diesem Fall zu werten sind.

Keine Ahnung - ich dachte Zeugen, wenn sie schon aussagen , wären auch wenn sie Verwandte sind der Wahrheit verpflichtet.
Deshalb fände ich sehr großzügig wenn dies nicht geahndet wurde.
Denn soweit ich weiss ist eine uneidliche Falschaussage vor Gericht auch strafbar und wird mit einer Freiheitsstrafe bedroht.
Jedenfalls wurde ich als Zeuge dahingehend vor meiner Aussage belehrt.

avatar455 schrieb:Keine Ahnung - ich dachte Zeugen, wenn sie schon aussagen , wären auch wenn sie Verwandte sind der Wahrheit verpflichtet.
Deshalb fände ich sehr großzügig wenn dies nicht geahndet wurde

Ich glaub kaum, dass falsche Aussagen von Verwandten schwer bestraft werden - ich glaub noch nicht mal, dass der Bruder oder die Verlobte vereidigt wurden.

@KonradTönz1
Vereidigt wird sowieso selten. Ich meinte schon eine uneidliche Falschaussage. DAS wäre doch ein Skandal wenn Verwandte vor Gericht ungestraft lügen dürften! Wozu räumt man ihnen denn ein Aussageverweigerungsrecht ein?

Die Doku ist jetzt übrigens wieder auf YouTube vorhanden.

Zeugen sind schon zur Wahrheit verpflichtet, aber Zeugenaussagen sind generell sehr, sehr, sehr unzuverlässig. Wenn man da jedesmal gleich Strafverfahren einleiten würde, hätte man aber extrem viel zu tun.

Sehr wichtige Zeugen, die möglicherweise auch zu Sachverhalten aussagen, für dies keien weiteren Beweismittel gibt, werden schon vereidigt. Häufig wird die Vereidigung aber auch nur "angedroht", was oft genug dazu führt, dass sich der Zeuge die Sache noch mal "überlegt". In dem Verfahren hätte F. S. gute Chancen auf eine Vereidigung gehabt, wenn sie bei ihrem "Alibi" geblieben wäre.

Die Gerichte sind ja auch darauf angewiesen, dass sich Menschen als Zeugen melden, daher haben die ja kein Interesse dran, abzuschrecken.

Wo Du absolut recht hast, ist, im Zweifelsfall, stat zu lügen, lieber nix sagen.

@aberdeen schrieb:

aberdeen schrieb:Gefunden wurden die Zeitung bei B. T. im Altpapier.

Woher man weiß, dass diese Zeitungen aus der Parkgarage stammen müssen? Das ist tatsächlich ein sehr "schnuckeliges" Indiz, da es wirklich aus einem Colombo-Film hätte stammen können. Die AZ und SZ enthalten wohl für München unterschiedliche Stadtteilausgaben. Die Zeitungen, die bei B. T. gefunden wurden, enthielten aber die Stadtteilausgaben aus dem Gebiet der Parkgarage.

B. T. gab später an, er habe die Zeitungen bei einer seiner Wohnung nahegelegenen U-Bahnstation gekauft. Das Problem ist allerdings, wie gesagt, dass dort diese Stadtteilausgaben eben gerade nicht erhältlich sind.

Wieder mal eine faustdicke Lüge von B.T., die er den Ermittlern auftischte, um sich herauszuwinden.
Das mit den unterschiedlichen Stadtteilausgaben hatte er vorher sicher nicht bedacht, sonst hätte er die entwendeten Zeitungen sicher anders verschwinden lassen, anstatt sie in seinem Altpapier abzulegen.

Na ja, man hätte sich das als Verteidiger sicher auch anders gewünscht. Auf der anderen Seite sind auch die Aussagen der Belastungszeugen nicht so klar. Der "Zeitungsaufhänger" hat im Prozess wohl auch ganz schön "rumgeeiert"; das Gericht hat sich nur irgendwann entschieden, diesem Zeugen zu glauben.

Ohne Not wird man wohl keinen Zeugen vereidigen lassen - dies würde eine besondere Bewertung ausdrücken

@tayo

Du bist doch glaub ich vom Fach.

Irgendwann hat einer mal folgende Frage in den Raum gestellt:

Angenommen die Tat wäre, wie es teilweise vermutet wird, tatsächlich eine ungeplante Affekttat gewesen und damit also eher Totschlag als Mord. Könnte Bence nun auch im Nachhinein noch eine Reduzierung der Strafe bewirken indem er genau das nachweist? Neue Beweise für ein Wiederaufnahmeverfahren lägen dann ja vor.

Ich glaub nicht dass es eine Affekttat war, weil viele Aspekte einfach zu geplant wirken (wenn auch zum Teil schlecht ausgeführt). Ich glaub auch nicht, dass es möglich ist auf diese Weise ein Strafmaß zu reduzieren. Interessieren würde mich aber, warum das nicht geht.

@KonradTönz1

Bei einem Wiederaufnahmeverfahren kann das Strafmass geändert werden, das ganze Procedere beginnt von vorne - Zeugen u.a. werden erneut vorgeladen - dies ist natürlich kritisch in Bezug auf Erinnerungslücken.

Die andere Problematik besteht darin, dass die Zeugen - wie man es ja schon im Zivilverfahren gesehen hat - von der Verteigung massiv beeinflusst werden.

Sollte es wider Erwarten zu einem Wiederaufnahmeverfahren kommen, wird sich B.T. äussern müssen.

Dann hoffe ich, dass die zuständige Strafkammer, die erforderlichen gezielten Fragen stellt und die Aussagen entsprechend würdigen wird.

@aberdeen schrieb.

aberdeen schrieb:Der "Zeitungsaufhänger" hat im Prozess wohl auch ganz schön "rumgeeiert"; das Gericht hat sich nur irgendwann entschieden, diesem Zeugen zu glauben.

Worin genau bestand dieses "Rumeiern" des Zeitungsaufhängers im Prozess?

@Aggie

2 oder 3 Zeitungen; mit SZ oder ohne SZ war dann doch auf einmal nicht so klar. Hierauf u. a. hebt die Verteidigung im Schriftsatz zur Revision ab. Die SZ sei so schwer, dass müsse man doch gerade genau sagen können, ob diese in der Tüte geweesn sei oder nicht.

@aberdeen
Wie soll man das jetzt verstehen, meinte die Verteidigung es wurde versäumt nach zu wiegen?

@avatar455

So ähnlich. Das Argument der Verteidigung ist, da die SZ so besonders schwer sei, würde man sich an jedem Fall daran erinnern, wenn Sie in der Tüte war. Da sich der Zeuge nicht sicher war, wie schwer die Tüte gewesen sei, könne die SZ nicht drinnen gewesen sein.

@aberdeen
Wow....das war ja mal ein Ansatz der Verteidigung! Also mal ehrlich, bei der Kohle die zur Verfügung stand hätte Bence vielleicht doch einen Anwalt bezahlen sollen.
Meine Oma sagte schon immer, was nix kost taugt nix ;)

@avata455
Beim Skat würde man ja wohl sagen: Lass uns ramschen ... beim Pokern: bluffen?
Was soll der Verteidiger denn machen? Irgendwie muss er versuchen, das Zeitungsindiz zu erschüttern. Wir wissen ja auch nicht, ob die Verteidigung nicht sogar von dem Revisionsantrag abgeraten hat.