Mordfall Charlotte Böhringer
25.02.2024 um 15:27fassbinder1925 schrieb:Und für die musikalische Darbietung braucht man nicht so viel Geld. Aber schon sozialen Rückhalt, richtig. Wenn man Gerüchten und BT glauben schenken darf, haben sich da ja wohl die meisten geschlichen. Ist mir auch etwas unverständlich, entweder man kümmert sich um seinen Freund oder man kommt schon ein paar Jahre früher drauf.Also wenn ich "unschuldig" im Knast landen würde, würden sich in meinem Freundeskreis ja vielleicht durchaus auch zwei oder drei mehr oder weniger talentierte Musikanten finden, die sich für mich mit einen Klampfe und einer Blockflöte in die Fußgängerzone meiner Heimatstadt stellen würden, um mir ein Durchhalteliedchen zu singen. Aber mein Bruder hätte halt nicht das Geld, um so einen Auftritt durch einen Terry Swartzberg im Rahmen eines "Kulturfestivals" organisieren zu lassen. Und dann ist eben ja auch fraglich, ob meine Freunde ohne so einen PR-Berater überhaupt auf die Idee kommen würden, so etwas zu tun.
(Das "Konzert" war meiner Meinung eh ein Griff ins Klo. In der Presse stand damals glaube ich was von 50 Zuschauern, von denen wahrscheinlich 49 aus dem Familien- und Freundekreis kamen. Wahrscheinlich hätten meine Freunde in der Fußgängerzone mehr Personen erfreut....
dots schrieb:Naja, 17 Jahre sind eine verdammt lange Zeit.Das klingt alles so romantisch, wenn die Verlobte ewige Treue schwört und öffentlich versichert, dass die auf den zum Justizopfer gewordenen Inhaftierten waren will. Und wenn die Freunde Durchhaltelieder komponieren und Internetseiten betreiben, um dem alten Kumpel die Stange zu halten.
ER saß im Knast.
Draußen geht das Leben, mit allem, was dazu gehört halt weiter.
Freundschaften gehen auch oft ohne Knast in die Brüche.
So außergewöhnlich ist das erstmal nicht.
Noch dazu kommt, wie soll man denn eine Freundschaft mit jemandem aufrechterhalten, der im Knast sitzt?
Da gibts keine gemeinsamen Aktivitäten mehr.
Kein unbefangenes Lachen
Keinen wirklichen unbeobachteten Moment.
Aber praktisch sieht das halt anders aus. Sieht man doch schon im eigenen Freundeskreis. Solange man das selber macht, z.B. zusammen die gleiche Klasse besucht, das gleiche studiert, ein bestimmtes Hobby teilt oder Arbeitskollege ist, ist es leicht, eine Freundschaft zu halten.
Aber schau Dir an, was passiert, wenn die beiden besten Studienkumpels plötzlich jeder einen eigenen Job haben, vielleicht noch in unterschiedlichen Städten. Oder die beste Freundin, die man seit dem Kindergarten kennt, einen Kerl kennenlernt, mit dem man selber nicht viel anfangen kann, heiratet und Kinder bekommt, während man selber vielleicht lieber erst mal an seiner Karriere werkeln will.
Die Gemeinsamkeiten und damit auch die gemeinsamen Themen sind da ziemlich schnell weg, wenn man plötzlich einen Großteil seiner Zeit in einer anderen Welt verbringt als der Freund/die Freundin und damit auch ganz andere Probleme, Sorgen und Freuden hat, die man dann eben auch mit Menschen in dieser Welt teilt.
Wie extrem ist das dann erst, wenn einer im Knast sitzt?! Der dort alle 2 Wochen für 30 Minuten Besuch empfangen darf, wofür aber sicher schon die Eltern und der Bruder Schlange stehen.
Und worüber will man sich dann mit dem unterhalten? Darüber, dass man gerade die ersten zwei oder drei Karriereschritte genommen hat, geheiratet hat, die Ehefrau mit dem ersten Kind schwanger ist und man langsam mal dran denkt, ein eigenen Haus im Grünen zu bauen, damit die Kinder nicht in der Großstadt aufwachsen und mehr FREIHEIT haben?
Der Typ hat halt einfach 17 Jahre seines Lebens verpasst, in denen die anderen sich weiterentwickelt haben. Er hat in einer ganz anderen Welt gelebt.
Klar lädt man den sicher mal zum Essen ein, jetzt wo er draußen ist. Und hört sich dann auch zwei, drei Stunden an, wie schlimm das alles war, wie eisern er seinen Geist und seinen Körper gestählt hat, dass da ansonsten nur Schwerverbrecher und Idioten im Knast waren, er sich aber nicht hat brechen lassen. Und dass sein Anwalt jetzt gerade am 38. Wiederaufnahmeantrag arbeitet, weil vor fast 20 Jahren die Zeugin XY bestimmt gelogen hat und CB am Tag ihres Todes in der Sauna war.
Glar hört man sich das an, lächelt mitleidig und nickt ab und zu bestätigend, ist gedanklich aber wahrscheinlich schon bei dem wichtigen Meeting, was für morgen früh um 10 Uhr im Büro angesetzt ist, denkt drüber nach, ob man der Tochter neben Mathe, nicht auch Nachhilfeuntereicht in Englisch organisieren muss und dass man heute Abend dringend noch die Wäsche aus der Waschmaschine holen muss, weil man sonst übermorgen nichts zum anziehen hat...