HansM schrieb:Warum sich mit Details belasten, wenn man aufgrund der vom Obersten Gerichtshof gewährten Freiheiten ein komplett neues Szenario erfinden kann.
Alessandro Crini hat damit die Grenze des Unverschämten weit überschritten. Wenn ich Berichte über seinen Auftritt richtig interpretiere, dann hat er z.B. folgendes zum Besten gegeben:
we don’t need to figure a reason for a kitchen knife to be carried from one apartment to the other..
Aha, sie brauchen also keine plausible Erklärung beizubringen, warum das Küchenmesser zum Zeitpunkt der angeblichen Tat im Haus Villa della Pergola 7 war. Das ist ja interessant. Wo werden italienische Juristen eigentlich ausgebildet? In der Clownsschule? Der Staatsanwalt hat offensichtlich vergessen, daß es ein rechtsstaatliches Prinzip ist, eine Tat über jeden begründbaren Zweifel hinaus zu beweisen, bevor man einen Schuldspruch fällen kann. Daß er sich keinen plausiblen Grund für die Anwesenheit des Messers hat einfallen lassen können, ist weit mehr als nur ein begründbarer Zweifel. Das stinkt derart zum Himmel, daß sich derzeit eine miasmatische Wolke über ganz Florenz ausbreiten muss. Und da ist noch überhaupt nicht eingerechnet, daß die angebliche DNA-Spur des Opfers unter extrem merkwürdigen Bedingungen ermittelt worden ist und deshalb viele Ursachen abseits eines Mordes haben kann, daß das Messer nicht zu den Wunden passt und erst recht nicht zu dem blutigen Abdruck auf der Bettdecke. Zu letzterem hat der Staatsanwalt übrigens folgendes behauptet:
The print on the bed sheet is compatible with the kitchen knife.
Nein ehrlich? Warum ist das bloß keinem vor ihm in den letzten sechs Jahren aufgefallen? Bemerkt eigentlich jemand den inflationäre Gebrauch des "weasel words" "kompatibel" in den Texten der verschiedenen Staatsanwälte? Ein Wort, daß den Eindruck eines harten Beweises vermitteln will, genau betrachtet jedoch nichts, aber auch gar nichts aussagt. Ein Fußabdruck ist "kompatibel" mit dem Fuß einer Person? Na gut, aber gleichzeitig wird der Umstand verschwiegen, daß er kompatibel ist mit den Füßen von hundertausenden weiterer Menschen ist, was ihn als Beweis so gut wie wertlos macht.
Hat Staatsanwalt Crini seine Behauptung über den Messerabdruck vor Gericht untermauern können? Hat er Bilder davon gezeigt, wie das verdächtige Küchenmesser diesen Abdruck erzeugen könnte? Ich denke nicht. Ich denke er hat schlichtweg mit Lügen gearbeitet, weil ihm nichts Besseres zur Verfügung stand.
Drei Möglichkeiten fallen mir für eine solche Handlungsweise ein:
1. Alessandro Crini ist schlichtweg ein Idiot, der an das glaubt, was er sagt und einfach nicht merkt, welchen Blödsinn er fabriziert. Italien scheint dann wohl eine Fülle solcher Idioten hervorzubringen. Armes Italien!
2. Er weiß, daß er nichts in der Hand hat und füllt lustlos die Rolle aus, die man ihm in dieser schlechten Komödie zugeschoben hat. Der Ausgang der Verhandlung ist ihm egal. Dagegen spricht, daß er dem Gericht mit seinem Vortrag immerhin zehn Stunden Lebenszeit gestohlen hat.
3. Er kennt bereits das Urteil, welches Richter Nancini fällen wird. Er weiß zwar, daß er sich keine Mühe mit seinen Argumenten machen muss, will die Täuschung für die Öffentlichkeit aber mehr schlecht als recht aufrechterhalten, indem er fehlende Qualität durch Quantität ersetzt.
Fällt jemandem noch etwas anderes ein...?
Oder sieht sich hier vielleicht irgendwer berufen und in der Lage, die fadenscheinigen Argumente des Staatsanwalts Crini zu verteidigen?