Mord an Frauke Liebs
01.03.2021 um 10:06
Die Sache mit dem vermuteten Code ist ja nicht so dumm, denn sie entspringt ja der Vorstellung, dass das Opfer, weil es nichts mehr zu verlieren hat, ihren Täter verraten will, um ihr Ansehen zu bewahren und der Gerechtigkeit genüge zu tun.
Das Problem, uns fehlt die Audio Datei, und nicht nur das, ich glaube nicht an einen gesendeten Code, wie er auch immer motiviert sein soll.
Ich versuche das einmal näher zu beschreiben, ohne Vollständigkeit zu beanspruchen oder die Möglichkeit, und damit die Chance, dem oder die Täter näherzukommen über einen abgesendeten Code, völlig auszuschließen.
Man kann aber davon ausgehen, dass wenn FL in der Lage gewesen wäre, einen Code zu versenden, dass sie damit einen direkten Hinweis auf den Täter abgegeben hätte. Man muss das auch nicht bis auf die letzte Nachkommastelle über eine Wahrscheinlichkeitsrechnung ermitteln, es reicht klar begründen zu können, dass ein Code abgesetzt wurde.
Also, warum kein Code? Laut den Ermittlungen der Polizei besteht die begründete Annahme, dass die abgesendeten Anrufe und SMSen den Zweck erfüllen sollten, vom eigentlichen Aufenthaltsort des Täters bzw Verbringungsort der Geisel abzulenken. Frauke sollte über Chris und gleichsam Fraukes Angehörige auf ihre baldige Rückkehr "vorbereitet" werden, die aber nie stattfand, weil der Täter sie weiterhin in seiner Gefangenschaft hielt. Ein klassisches Hinhalte- und Ablenkungsmanoever, vllt auch mit der Absicht, sich an dem Leid von Frauke und ihrer Angehörigen zu weiden.
Frauke sollte also im Auftrag des Täters, hinhalten und ablenken und wurde mit ziemlicher Sicherheit unter Gewaltandrohung dazu genötigt. Sie konnte also gar nicht anders, als so zu handeln wie er es wünschte. Es kann auch sein, dass sie selber ein wenig Einfluss hatte, aber nach der Art, wie die Kontaktaufnahme zu Chris stattfand, kann man davon ausgehen, dass der Täter die totale Kontrolle über das Opfer hatte. Er bestimmt Zeit, Ort und Umfang der Kontaktaufnahme.
Er hatte das bestimmt, und sie folgte diesen Anweisungen...
A) um am Leben zu bleiben und Zeit zu gewinnen
B) um ihre Angehörigen zu beruhigen
C) um nicht völlig durchzudrehen
D) um den Täter die Chance zu geben, sie evt doch noch freizulassen.
Nach dem Motto: Da war nichts, wir waren zusammen, du hast mir nichts getan, ich werde darüber schweigen, was vorgefallen ist (deshalb auch immer der Hinweis in den Anrufen, "ich komme heute Abend nach Hause"), du hast nichts von mir zu befürchten.
Frauke war in also einem Dilemma. Wenn sie sich nicht an die Anweisungen des Täters hielt - das wäre so ein versendeter Code - , würde er sie nicht mehr freilassen, was einem Todesurteil gleichgekommen wäre. Um noch in irgendeinerweise eine Chance zu haben aus der Nummer rauszukommen, musste sie sich völlig fügen. Gleichzeitig wollte sie aber auch ihre Angehörigen nicht beunruhigen, denn würde sie sie beunruhigen, wäre der Täter alarmiert, was wiederum ihre Lage weiter gefährden würde. So wagte sie also den Spagat, den Täter zufrieden zu stellen und ihre Angehörigen zu beruhigen. Das passt auch zu ihrem Psychoprofil. Frauke ist sehr empathisch, sozial eingestellt, eher vermittelnd und ausgleichend als konfrontativ und selbstbewusst. Anders ausgedrückt, ihr fehlte ein gewisses Maß an Egohärte, um einen starken eigenen Willen herauszubilden. Denn den hätte es gebraucht, um sich bewusst zu werden, dass hier jemand auf seine Kosten gekommen ist, dem es galt mit irgendwelchen Tricks sein perverses Vergnügen zu verderben - sei es zu Lebzeiten oder nach dem wahrscheinlichen Ableben.