Mord an Frauke Liebs

AnNevis schrieb:Wenn überhaupt: Frauke war offenbar in einem anderen Umstand und hat in diesem Moment (warum auch immer) eben repetitiv emotional agiert.

Das ist der Punkt: Ist es Zufall, dass sie ausgerechnet auf diese ganz normale Frage in einen repetitiv emotionalen Zustand verfällt?

Das hätte ich dann eher auf die Frage mit dem Typen hin erwartet.

Raissa schrieb:Das ist der Punkt: Ist es Zufall, dass sie ausgerechnet auf diese ganz normale Frage in einen repetitiv emotionalen Zustand verfällt?

Sehe ich auch so. Auf die anderen Fragen antwortet sie im Prinzip "klar" und verständlich. Eigentlich dachte ich auch immer, dass das "Mama" etwas emotionales ist. In der scheinbar ausweglosen Situation und dem psychischen Stress, war es für mich total plausibel. Dazu passt aber irgendwie nicht der Rest des Gesprächs.....

Vielleicht sollte der Verdacht auch auf Chris gelenkt werden? Vielleicht ging der Täter davon aus, dass das Gespräch aufgezeichnet oder mitgehört wird?
Gerade bei diesem Satz:

Chris: „Warum bist du denn weg?"
Frauke: „Das weißt du doch, Chris."

Frau_H schrieb:Vielleicht sollte der Verdacht auch auf Chris gelenkt werden? Vielleicht ging der Täter davon aus, dass das Gespräch aufgezeichnet oder mitgehört wird?
Gerade bei diesem Satz:

Chris: „Warum bist du denn weg?"
Frauke: „Das weißt du doch, Chris."

Dann müsste der Täter in Sekundenbruchteilen Frauke verständlich gemacht haben, was sie sagen soll. Oder Chris wären entsprechende Pausen aufgefallen.

Ich glaube, in die gesamte Kommunikation wird hier sehr viel hineininterpretiert. Naheliegender – wenn auch weniger spannend – ist für mich diese Zusammenfassung:

AnNevis schrieb:Die inhaltlichen Nachrichten/Gespräche von Frauke hierbei ein Mix aus Vorgaben durch den Täter und der entsprechenden Verfassung von Frauke geschuldet.

Wobei 'Vorgaben' dann allgemeine, vor dem Gespräch gegebene Instruktionen bedeuten würde.

FriedrichA.III schrieb:Wobei 'Vorgaben' dann allgemeine, vor dem Gespräch gegebene Instruktionen bedeuten würde.

Aber das Chris fragt, warum Frauke weg bleibt, konnte der Täter sich vermutlich denken?

Aber war auch nur eine Idee, weil Chris es offenbar nicht wusste. Warum sollte sie dann so antworten? Im Prinzip macht es aber auch keinen Sinn. Denn er wurde angerufen und kommt somit schlecht als Täter in Frage.... Sorry. Denkfehler.

Das ist der Gesprächsinhalt, bevor Frauke wusste, dass Karen da ist:

"Hallo Chrissy. Mir geht es gut."
"Wo bist du?"
"Kann ich nicht sagen."
"Komm doch nach Hause."
"Nein, das geht nicht."
"Warum denn nicht?"
"Kann ich dir nicht sagen."
"Wirst du festgehalten?"
"Ja ... Nein! Nein!"
"Hast du Angst?"
"Nein."
"Wer ist bei dir?"
"Kann ich dir nicht sagen."
"Bist du müde?"
"Ja, sehr müde."
"Weißt du, dass die Polizei nach dir sucht?"
"Ja, ich weiß."
"Woher weißt du das?"
"Ich bin ja fast eine Woche weg."
"Warum bist du denn weg?"
"Das weißt du doch, Chris."
"Nein. Hast du einen anderen Typen kennengelernt?"
"Du weißt doch, dass ich nicht wegen ’nem Typen eine Woche weg bleibe. Du kennst mich doch."
"Karen ist bei mir. Wir machen uns alle Sorgen."
"Sind Mama und Papa auch da?"

Quelle: SternCrime

Und danach kommt nichts mehr, bis sie mit Karen spricht. Dieses Gespräch endet nach dem Gedächtnisprotokoll recht abrupt.

Ich frage mich wie man ohne Gesprächaufzeichnung sich an solche relativ genauen Aussagen erinnern kann.
Die Daten sind ja nicht in der nächsten Stunde von der Polizei abgefragt worden.

Dazu ist es verwunderlich, dass Karen als Schwester die ganze Zeit nichts sagt.
Normalerweise macht man sich große Sorgen und hat 1 Woche keinen Kontakt zu seiner Schwester, da spricht man doch normalerweise sofort mit ihr, oder bittet Chris den Lautsprecher anzumachen oder übernimmt das Handy von ihm.

bura007 schrieb:... oder bittet Chris den Lautsprecher anzumachen oder übernimmt das Handy von ihm.

@bura007
Ich weiß nicht mehr genau wo es stand, aber ich habe gelesen, das bei dem Gespräch das Handy auf Lautsprecher gestellt war.

bura007 schrieb:Ich frage mich wie man ohne Gesprächaufzeichnung sich an solche relativ genauen Aussagen erinnern kann.
Die Daten sind ja nicht in der nächsten Stunde von der Polizei abgefragt worden.

Ich hätte versucht mitzuschreiben. Zumindest stichpunktartig.

Frau_H schrieb:ch frage mich wie man ohne Gesprächaufzeichnung sich an solche relativ genauen Aussagen erinnern kann.
Die Daten sind ja nicht in der nächsten Stunde von der Polizei abgefragt worden.

Ich denke, sie haben den Inhalt des Gespräches sofort aufgeschrieben - wenn es nicht doch eine Aufzeichnung gibt.

bura007 schrieb:Dazu ist es verwunderlich, dass Karen als Schwester die ganze Zeit nichts sagt.
Normalerweise macht man sich große Sorgen und hat 1 Woche keinen Kontakt zu seiner Schwester, da spricht man doch normalerweise sofort mit ihr, oder bittet Chris den Lautsprecher anzumachen oder übernimmt das Handy von ihm.

Als ich den Gesprächsinhalt zum ersten Mal las, ohne in den Fall eingelesen zu sein, dachte ich, Frauke habe unerwartet angerufen und es wäre den Angehörigen nicht klar, dass sie festgehalten wird.

So wirkte dieses Gespräch auf mich, als ich noch unbefangen war. Aber dann habe ich irgendwo gelesen, dass man sich für dieses Telefonat eine Taktik überlegt habe. Weiß nicht welche, aber auf mich wirkt die Gesprächsführung seltsam, unnatürlich.

Ich denke, dass Karen sich wegen dieser Taktik zunächst zurückgehalten hat.

In einem Interview mit dem Stern wurde gesagt, dass der Lautsprecher an war. Zudem ist doch gar nicht gesagt, dass Karen und Chris nicht direkt aufgeschrieben haben, was gesagt wurde. Immerhin waren die beiden zu zweit und konnten ihre Erinnerungen zusammenstellen. In dem gleichen Interview sagt Chris auch, dass er sich auf das Gespräch vorbereitet hat, eine Fragestrategie hatte, an die er sich halten wollte. Natürlich wird das Protokoll dem nicht 1 zu 1 entsprechen, aber es sollte insgesamt doch recht nahe dran sein.

bura007 schrieb:Ich frage mich wie man ohne Gesprächsaufzeichnung sich an solche relativ genauen Aussagen erinnern kann.

Also ich würde schon sagen, dass man das Gespräch im Groben schon wiedergeben kann wenn man sich nach dem Telefonat Notizen macht, aber nicht bis ins Detail. Daher ist es schwierig, sich (wie es hier teilweise geschehen ist) an einzelne Worte und Formulierungen zu hängen. Dafür ist die Sache zu unsicher.

Bestimmte Dinge, die sehr charakteristisch sind, dürften dagegen schon richtig in der Aufzeichnung wiedergegeben worden sein, eben weil sie so auffällig waren, wie z. B. das dreimalige "Mama" auf eine Frage, wo es eigentlich als Antwort nicht passt.

Ob man aber aus

"Nein. Hast du einen anderen Typen kennengelernt?"
"Du weißt doch, dass ich nicht wegen ’nem Typen eine Woche weg bleibe. Du kennst mich doch."

ableiten kann, dass "nicht wegen 'nem Typen" bedeuten könnte "wegen einem Mann nicht, aber wegen einer Frau" ist schon fraglicher.

Vielleicht hieß es im Gespräch ja z. B. auch "Nein. Hast du einen anderen Typen kennengelernt?"
"Du weißt doch, dass ich nicht wegen ’nem Typen [den ich gerade erst kennengelernt habe], eine Woche weg bleibe[n würde]. Du kennst mich doch."

Das ist jetzt natürlich Spekulation, und ich habe das Zitat willkürlich verändert, aber es zeigt doch, dass selbst kleine Ungenauigkeiten beim Niederschreiben schon bestimmte Ideen unwahrscheinlich machen können.

Die Frage ist aber auch, wo ist die andere Hälfte des Gesprächs abgeblieben? Ich vermute mal, es wurde nicht alles veröffentlicht, dass sie beiden sich daran nicht mehr erinnern können, hoffe ich nicht.

Man hat der Öffentlichkeit wohl nur sie auffälligsten oder wichtigsten Passagen zur Verfügung gestellt, vielleicht wurde auch etwas wegen Täterwissen zurück gehalten.

So ist es aber natürlich für uns schwierig das zu analysieren, da der Inhalt dadurch ja auch verfälscht wird, wenn Teile davon fehlen.
Ich finde man sollte nicht alles zu sehr auf die Goldwaage legen und nicht zu viel in einzelne Aussagen hinein interpretieren.

Ich verstehe nicht, warum hier einige davon ausgehen, dass FL darüber bestimmen konnte, wer Adressat ihres Anrufs war. Meiner Ansicht nach hatte der Täter jederzeit die Herrschaft über die Anrufziele.

@NRW76
Ich denke, dass auch dieser Umstand zumindest teilweise durch das Interview im Stern erklärbar ist. Dort beschreibt Fraukes Mutter, warum sie es für am Plausibelsten hält, dass Frauke Chris anruft. Und ihre Argumente erscheinen nachvollziehbar. Es klingt zumindest für mich so, dass auch sie davon ausgeht, dass Frauke wählen durfte, wen sie anruft. Das muss nicht der Realität entsprechen, aber wie hätte der Täter denn ausschließen können, dass noch mehrere Personen dabei sind, selbst wenn er darauf bestanden hätte, dass sie Chris anrufen muss?

@Merricat
Meine Überlegung ist Folgende: Er hat in der Absicht, eine Ermittlung zu unterbinden, Frauke gefragt, wo sie zu diesem Zeitpunkt vermisst werden könnte. Nachdem sie Chris genannt hat, ließ er sie bei ihm anrufen. Im Vertrauen darauf, dass hiermit ihr Umfeld beruhigt sein würde, hat er Frauke in der Folge nur nioch bei Chris anrufen lassen. Er wollte den Kreis der "Zeugen" nicht erweitern. Natürlich konnte er nicht wissen, ob es nach dem 1. Anruf nunmehr Mithörer gab, allerdings wären es SICHER mehr Zeugen gewesen, wenn er ihr einen anderen Anruf erlaubt hätte.

@NRW76
Ich glaube, deine Überlegungen unterscheiden sich gar nicht so sehr von denen anderer User hier. Auch in deiner Variante hätte Frauke ja eine Art "Wahl" gehabt, wen sie nennt.

Wie erklärst du dir, dass sie den Anruf ihres Bruders annehmen durfte?

@Merricat
Sie hatte in meiner Theorie eigentlich keine Wahl, denn der Täter hätte vor dem Hintergrund der 1. SMS (freiwillig oder nicht) jeden anderen Adressaten als "Fluchtversuch" betrachten müssen. Nur Chris war ein stimmiges Anrufziel. Den Anruf ihres Bruders kann ich nicht einordnen. Mir fehlt momentan die zeitliche Einordnung. Ich lese mich da noch mal ein.

Der Bruder erhielt doch nach meinem Kenntnisstand eine Nachricht auf sein Handy, dass Frauke wieder erreichbar wäre. Und da hat er sofort zurückgerufen. Und das passierte wohl so schnell, das für den Täter (oder Täterin) die Zeit zum Ausschalten von Fraukes Handy nicht gereicht hat. Und dann ließ er (sie) den Anruf einfach zu. Vielleicht weil eine abrupte Unterbrechung Verdacht erregt hätte. Und vielleicht konnte/wollte er (sie) das Gespräch gar nicht unterbinden, weil Frauke schon den Anruf angenommen hatte.

OK. Dann spricht das für eine Situation der Überforderung, denn er hätte den Anruf einfach "ins Leere" laufen lassen können. Vielleicht wollte er aber unbedingt den Eindruck erwecken, dass Frauke freiwillig Gespräche annehmen konnte. Er musste innerhalb von Sekunden das Absurde zum Normalen machen und sie das Gespräch annehmen lassen.