@rayden rayden schrieb:und bei einer unfreiwilligen, warum der Täter bereits kurz nach der Entführung so eine Wegstrecke auf sich nimmt.
Wenn FL z. B. in der Gegend um Altenbeken festgehalten worden wäre, hätte der Täter sie dorthin bringen und anschließend nach Nieheim fahren können - das wären ca. 16 km bzw. eine Fahrtzeit von 15 Minuten gewesen. (
https://www.viamichelin.de/web/Routenplaner/Route-Nieheim-33039-Nordrhein_Westfalen-Deutschland-nach-Altenbeken-33184-Nordrhein_Westfalen-Deutschland)
Der Versuch, seine Spuren zu verwischen, wäre das nach meiner Auffassung locker wert gewesen.
@ThoFra ThoFra schrieb:dass es definitiv vom Täter beabsichtigt war, Fraukes Angehörige/Chris durch die Anrufe und SMS zusätzlich zu quälen.
Ich vermute, dass das "Katz- und Mausspiel" von Hoffnung und Enttäuschung vor allem dazu diente, FL seine Macht über sie in aller Intensität zu vergegenwärtigen, und die Machtausdehnung auf Chris und die Angehörigen für ihn von
zusätzlichem "Reiz" war.
Ich glaube nicht, dass diese Einbeziehung des Umfelds von Anfang an geplant war. Wie schätzt Du es ein?
Meine Vermutung ist die:
Der Täter hatte einen Kontakt zu FLs Freundeskreis, ohne zu ihm zu gehören. Dieser Kontakt verschaffte ihm die Vertrauenswürdigkeit, um FL in sein Auto locken zu können - unter dem Vorwand, sie nach Hause zu fahren. Dem vorangegangenen Small-Talk verdankte er die "authentische " Formulierung FLs, die er dann in der 1. SMS verwenden konnte.
Nach der 1. SMS, so vermute ich weiter, hatte der Täter erstmal keine weitere Reaktion geplant. Die schnell einsetzende öffentliche Suche nach FL setzte ihn unter Druck, aber da immer noch ein freiwilliges Verschwinden für möglich gehalten wurde, sah er mit dem 1. Anruf eine Chance, diese Annahme zu unterstützen.
Da ich davon ausgehe, dass der Täter während der Entführung einen völlig unverdächtigen und alltäglichen Kontakt zu einer bis heute ahnungslosen Person hatte, über die er zuverlässige Informationen erhalten konnte, vermute ich weiterhin, dass er von dem Erfolg seines 1. Anrufs erfuhr. (Nach meiner Ansicht war es bereits ein erheblicher Erfolg, dass der sehr seltsame 1. Anruf die Polizei nicht etwa in der Befürchtung eines Verbrechens bestärkte, sondern sie den Anruf
als bloßes Lebenszeichen positiv bewertete.
Daher dann die 2. SMS am Freitagabend, die einen Anruf provozierte, den FL dann "selbst" entgegennehmen konnte. Und am frühen Samstag dann der 3. Anruf.
Mit oder nach diesem 3. Anruf setzt für mich eine Zäsur ein.
Warum die weiteren Anrufe? Mit jedem Anruf wurde das (leicht erkennbare) Muster der Standortwahl deutlicher, und zudem kehrte der Täter am Sonntag und am Dienstag zu dem Standort am Freitag zurück.
Mit dem Anruf am Samstag war der Fall für die Polizei erledigt, und wenn der Täter davon erfuhr (wovon ich überzeugt bin), würde das seinen extremen Leichtsinn erklären.
Warum dann aber noch die Anrufe am Sonntag und am Dienstag?
Vor allem der Anruf am Dienstag: Hier wurde an
mehreren Stellen deutlich, dass FL sich nicht etwa eine "Auszeit" gönnte. Warum ließ der Täter das zu?
Der Einwand, der Täter hätte ja nicht wissen können, was genau FL sagen würde (da sie ja auf Fragen antwortete) überzeugt mich nicht:
Es ging FL sehr schlecht, und dennoch ließ er sie - im Unterscheid zu den früheren Telefonaten - deutlich länger sprechen. Warum?
Es kann doch für den Täter nicht überraschend gewesen sein, dass bei einem längeren Gespräch ihre Verfassung immer klarer zum Ausdruck kam. Warum hat er nach dem ""Wirst du festgehalten?" "Ja ... Nein! Nein!" das Gespräch nicht einfach beendet? Ein abrupter Gesprächsabbruch hätte an dieser Stelle den bereits eingetretenen Schaden (wenn es dem Täter in diesem Gespräch noch auf die Vortäuschung von Freiwilligkeit angekommen wäre) kaum noch vergrößern können.
Aber der Täter lässt sie weiterreden und ihre Verzweiflung noch deutlicher werden.
Dieses Gespräch bringt dem Täter keinen Vorteil. Aber es ist eine Qual für FL und ihre Angehörigen. Er gestatte FL noch einmal eine kurze, aufwühlende und trügerische Nähe zu Menschen, die sie liebt - und dann folgt für sie nur noch die endgültige Verzweiflung. Für ihre Familie und ihre Freunde kann es nach diesem Gespräch keinen Zweifel mehr geben, dass FL in einer grausamen Lage ist - aber sie haben keine Möglichkeit, sie zu retten. Dieses Bewusstsein muss für sie die Hölle gewesen sein.