Mord an Frauke Liebs
15.07.2019 um 15:03
Hallo, ich bin quasi neu zu der Runde dazu gestoßen, habe aber versucht, mich nach bestem Ermessen einzulesen, und würde mal versuchen, das Bild, das sich mir nach den gegebenen Informationen und euren Beiträgen, erschlossen hat, aufzuzeichnen.
Zunächst hätte ich jedoch noch eine Frage, da es mir nicht gelang, den genauen Abschnitt, in dem die Sache mit dem "Schrauber", bzw. das Gespräch, in dem F. einen Schrauber erwähnte, wiederzufinden. Wie war das genau, hatte sie ihn am Telefon gegenüber Chris erwähnt, also nach einem Schrauber (aus der Gegend) gefragt? Falls ja, empfinde ich das persönlich als ziemlichen Hinweis auf etwas.
Generell blieben F. jedes Mal anscheinend nur ein paar Sekunden, vielleicht eine Minute zum Telefonieren, da überlegt man sich die wenigen Worte, teilt sie gut ein.
Hellhörig bin ich auch geworden, als F. während des, soweit ich weiß, letzten Telefonats gegenüber Chris auf seine Frage hin, ob sie wen anders kennengelernt hätte und deshalb weg bliebe, erklärte, er glaube doch nicht, sie würde wegen eines Mannes eine Woche fortbleiben. Mein Bauchgefühl sagt mir, das ist sowohl die Wahrheit, als auch gelogen. Ich glaube, F. wollte darauf hinweisen, dass sie und der Täter kein Liebespaar seien; dennoch kann ich mir in diesem Fall nicht vorstellen, dass es sich bei dem Entführer und Mörder um eine Frau handelt. (Oder, für den Fall, dass es sich um mehrere Täter handelt: es war mindestens auch ein Mann daran beteiligt.)
Ich habe mir jetzt alle Punkte einmal aufgeschrieben und mögliche Eigenschaften des Täters dazu notiert. Und ich glaube, die Vermutung, die hier in den letzten Beiträgen schon mal geäußert wurde, nämlich dass es sich bei F.'s Mörder um einen Angstmenschen bzw. jemanden mit sozialen, beziehungsbedingten Ängsten oder Aversionen handeln könnte, mögen richtig sein. Die Tatsache, dass er F. noch mindestens eine Woche am Leben ließ, also (mehr oder weniger aktiv) mit ihr zusammenlebte, deutet m. E. darauf hin, dass er auf diese Weise Nähe suchte, die er anders nicht herzustellen in der Lage war. F. hörte sich am Telefon den Berichten zufolge wie betäubt an. Das könnte sein. Auf diese Weise sollte nichts Falsches von ihr geäußert werden. Ich glaube allerdings, dass der Täter es dabei wahrscheinlich belassen hat, das heißt, dass er zumindest kein Sadist war und er ihr darüber hinaus keine größeren körperlichen Schmerzen zugefügt hat. Ich denke, in dem Fall wären die Telefonate einfach etwas anders abgelaufen; F. wäre aufgelöster, unkonzentrierter gewesen, zudem hätte ein sadistischer Täter auch nicht unbedingt telefonieren lassen.
Ein "klassischer" BTK-Täter (also Bind, Torture and Kill) fällt hier voraussichtlich aus. (Was für F. nur zu hoffen war.)
F.'s Mörder war ihr entweder persönlich zugeneigt, oder er war quasi von seiner eigenen Tat selbst so "überrascht", dass er bis zu F's Tod schwankte, ob er das Richtige tut und wie weit er tatsächlich noch gehen solle.
Die zwei größten Fragen, die sich mir aufdrängen, sind 1.) wann (und wie) wurde die erste SMS, die Chris um 0.49 Uhr erhielt, verschickt?, und 2.) welchen Bezug hatte(n) der (oder die) Täter zu den Industriegebieten, von wo aus F. das Handy benutzen durfte?
Allen Berichten nach zu urteilen, sieht es so aus, als hätte F. die besagte SMS mit dem Akku ihrer Freundin im Pub versendet. Nun gibt es User, die hier auch schon früh davon sprachen, dass die SMS kostruiert wirke und ggf. später, also tätsächlich außerhalb des Pubs, sondern in Nieheim abgeschickt (und somit zeitnah von Chris empfangen) wurde.
Für mich persönlich wirkt sie tatsächlich eher weniger gefaked, vielleicht wegen des Smileys oder des "hdgdl". Was natürich beides auch in einer Nachricht, die unter Zwang entsteht, geschrieben werden kann, den Text hier aber ingesamgt einfach sehr locker wirken lässt. Zudem der Hinweis mit dem England-Spiel. Für mich deutet alles auf ein Verfassen der SMS gegen 23 Uhr herum hin. Also noch im Pub. Wenn die Entfernung zwischen Pub und WG nur 1,3 km betrug, ist von einer überschaubaren Wegzeit auszugehen. Eigentlich kein Anlass, jemandem zu sagen, man komme "später". Was Folgendes bedeuten würde: F. hatte nicht vor, unmittelbar nach Hause zu gehen, sondern sie wollte sich stattdessen noch mit dem potenziellen Mörder treffen.
Auch dieser Ansatz wurde bereits angesprochen, und ich halte ihn für zulässig. Auch die Option eines Taxifahrers ist zu bedenken, alllerdings nur, wenn es sich sozusagen um ein "sehr privates" Taxiunternehmen handeln würde, sonst hätte sich da sicher schon eine Spur finden lassen. Soweit sollte die Polizei schon gekommen sein, und eine offizielle Fahrt sollte sich immer rückverfolgen lassen. Da wäre schon ein einzelner Fahrer ohne wasserdichten Nachweis über seine Fahrten in dem Zeitraum auffällig geworden.
Ich kann komplett falsch liegen, aber meine innere Stimme sagt mir, F. kannte ihren Mörder; deshalb war sie die ganze Woche über am Telefon auch relativ ruhig, ob mit oder ohne Medikamente. Sie glaubte, vielleicht wenigstens bis zum letzten Anruf, er würde sie noch gehen lassen.
Wenn sie ihren Mörder kannte, er einigermaßen technikaffin war (siehe Handyortung, etc.) und sie ihn möglicherweise sogar vor ihren Freunden, einschließlich Chris, verheimlich hat, müsste er ungefähr in F.s Alter gewesen sein. Jemand, mit dem sie sich u.U. vorgestellt hatte, etwas anzufangen.
Hatte dieser, und damit käme ich zu meiner zweiten größeren Frage, beruflich womöglich in irgendeiner Form mit den Industriegebieten zu tun - oder kam er ggf. aus der "genau entgegen gesetzten" Richtung, der Medizin?
Es könnte sein, dass der Mörder die Substanzen, die F. wahrscheinlich bekam, selbst einnahm, also Patient war, oder dass er selbst Zugang dazu hatte bzw. hat und wie F. im medizinischen Sektor arbeitet(e).
Daraus schließen sich für mich zwei Varianten. a) F. war mit dem Täter über ihre Ausbildung in Kontakt gekommen (ob durch dasselbe Krankenhaus oder ein anderes) und glaubte ihn daher auch während der Entführung noch einschätzen zu können.
Oder b) der Mörder stammt im weitesten Sinne aus dem Handwerk, ob "Schrauber" oder Monteur, Tischler, Gärtner oder irgendetwas Vergleichbares. Ein Mensch, der das Industriegebiet kennt. Der sich nachts nicht unwohl fühlt. Der möglicherweise sogar von Unruhezuständen und/oder Schlafstörungen sowie sozialen Ängsten getrieben wird und daher sedierende Medikamente bekommt (oder sich ähnlich wirkende Drogen beschafft). Kein geübter Mörder, mehr ein Affekttäter, der ursprünglich eher auf der Suche nach Nähe war - und dem dann alles außer Kontrolle geriet.
Als F.'s Leiche im Wald gefunden wurde, war sie nicht verscharrt, nur etwas bedeckt. Sie sollte nicht sofort, aber sie sollte entdeckt werden. Zudem lag dieses Modeschmuck-Kreuz bei ihr, das ihr wohl selbst nicht gehörte. Meines Empfindens nach sieht dieses nach Buße aus. Der Täter bereute, was er getan hatte, aber er hatte es auch nicht unterlassen können. Handtasche samt Inhalt, inkl. Handy, fehlten. Vielleicht wollte er die Dinge als Erinnerung behalten, obgleich das etwas riskant war. Aus Gründen des persönlichen Bezuges zum Opfer (der sich spätestens während der Gefangenschaft entwickelt haben dürfte) nicht unnachvollziehbar.
Also kurz um: ich persönlich vermute jemanden aus F's. weiterem Bekanntenkreis, den sie ggf. vor ihren engeren Freunden aber noch eher "geheim halten" wollte, welcher damals ungefähr in ihrem Alter gewesen, sprich heute also Mitte/Ende 30 sein könnte, und entweder aus dem gleichen beruflichen, medizinischen Umfeld stammt wie F., oder wiederum aus dem handwerklichen Bereich, bzw. diesem mindestens auffallend als Hobby nachging.
Wie die meisten hier schreibe ich nicht mit den Erfahrungen eines Kriminalbeamten/einer Kriminalbeamtin; ich habe bloß meine persönlichen Erfahrungen aus dem Umgang mit (z.T. schweren) Straftätern und Opfern gemacht und versuche, zusammenzufügen.
Grüße, Aquatikus