IamSherlocked schrieb:Für mich (und jeden Psychiater/ Forensiker etc.) ist eine "zeitweilige Psychopathie" oder auch nur Narzissmus ( temporär) nicht möglich, der Täter müsste, falls er so persönlichkeitsgestört ist, noch immer i-wie "aktiv" sein.
IamSherlocked schrieb:Mit dem Zitat wollte ich NICHT sagen, dass er noch immer morden muss! Nur zur Klarstellung. Psychopathie geht auch ganz anders.
"Psychopathie geht auch ganz anders.": Das scheint mit ein sehr wichtiger Punkt zu sein. Es ist natürlich möglich, dass der Täter inzwischen gestorben ist, aber ich fürchte eher, er lebt noch und seine Umgebung wäre vollkommen fassungslos bei seiner Entlarvung.
Ich besitze keine Fachkenntnisse, habe aber den Eindruck, es gibt Psychopathen in sehr unterschiedlicher Ausprägung, und das Einzige, was ihnen gemeinsam ist, ist der außerordentliche Mangel an Empathie und Skrupeln. Und das muss keineswegs jedem auffallen:
Kangaroo schrieb:Psychopathen sind auf den ersten Blick mitunter charmant, sie verstehen es, oberflächliche Beziehungen herzustellen. Dabei können sie sehr manipulativ sein, um ihre Ziele zu erreichen
Es gibt offenbar weitaus mehr Psychopathen als man gemeinhin glaubt (und hofft), aber nur sehr wenige werden zu Verbrechern.
Der Psychologe Jens Hoffmann im Zeit-Interview (
https://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-05/psychopathen-interview-psychologe-jens-hoffmann):
"Neueren Untersuchungen zufolge sind Menschen mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeit etwa drei- bis viermal häufiger in Machtpositionen vertreten als im Bevölkerungsdurchschnitt. Man geht davon aus, dass etwa vier Prozent der Bevölkerung Narzissten sind und etwa ein bis zwei Prozent Psychopathen. Deren Anteil in Führungspositionen beträgt etwa sechs Prozent."
Ein anderer Psychologe, Niels Birbaumer, wird im Focus zitiert (
https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/krankheitenstoerungen/tid-30798/best-of-playboy-psychopathen-test-das-tier-in-mir-ab-in-die-roehre-der-psychopathen-test_aid_969957.html):
"Dass ich noch nie straffällig wurde, beweise jedenfalls gar nichts, sagt Birbaumer. Psychopathen aus gutem Hause und mit ordentlicher Ausbildung, die sich nie körperlich durchsetzen müssen, machten meist blendende Karrieren, weil sie die nötige Kaltblütigkeit für Führungspositionen besitzen. Figuren wie Gordon Gekko in „Wall Street“ sind keineswegs frei erfunden.
Schweizer Psychiater zeigten es 2011 in einer Vergleichsstudie von Börsenhändlern und klinischen Psychopathiefällen. So ein Nadelstreifen-Gangster in Klein könnte auch ich sein. Schlecht sozialisierte Psychopathen aus Problemfamilien hingegen landeten eher im Knast. Ganz unten, bei den Gewaltverbrechern, und ganz oben, bei den Managern, seien Psychopathen mit etwa 20 Prozent überdurchschnittlich häufig zu finden, sagt Birbaumer."
Die unterschiedlichen Zahlen der beiden Psychologen zeigen, glaube ich, die grundsätzliche Schwierigkeit, in diesem Bereich zu präziseren Bestimmungen zu gelangen. Und auch auf die Frage, ab wann jemand als Psychopath zu klassifizieren ist, gibt es unterschiedliche Antworten.
Im Alltag ist es erst recht schwer, einen Psychopathen zu erkennen. Es gibt immer wieder Täter, die ein schweres sadistisches Verbrechen begangen haben und denen von Gerichtsgutachtern eine psychopathische Persönlichkeitsstruktur attestiert wird, und die bis dahin als liebevolle Familienväter etc. galten. Bei anderen Tätern dieser Art gab es eine Vorläuferentwicklung als Brandstifter und Tierquäler.
Und um andere Menschen zu manipulieren und zu demütigen, braucht man auch nicht unbedingt eine berufliche Machtposition.