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Mordfall Hinterkaifeck

51.979 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 02:52
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Im Grunde spricht so ziemlich vieles für Andreas Gruber, allerdings gibt es bei dieser Hyptothese ein gewaltiges Problem: Der Typ, der die Maschine repariert hat, hat den Hund plötzlich angeleint an der Scheune gesehen. D.h da muss der Mörder, der ja noch tagelang vor Ort war, noch dagewesen sein. Da im Anschluss die Söhne Schlittenbauers und schließlich er selbst - am selben Tag - das Anwesen besuchten, kann Andreas Gruber in der Zwischenzeit nicht ermordet worden sein. Das ist ein bisschen schwierig, da viele anderen Indizien für ihn als Täter sprechen.
Bei dieser Hypothese bleibt offen wann der Täter auf den Hof kam. Dass er aber ein zwei Tage nach der Tat noch auf dem Hof verblieben ist, liegt durchaus im möglichen Bereich. Da muss Andreas Gruber auch nicht an dem Tag ermordet worden sein, an dem der Mechaniker den Motor reparierte. Diese doch relativ lange Anwesenheit des Mechanikers auf dem Hof, ohne dass ein Bewohner auftaucht, hat den Täter bewogen, nach dem der Mechaniker den Motor repariert hatte den Hof zu verlassen. Der Täter konnte damit rechnen, dass der Mechaniker in Gröbern berichten wird, dass auf Hinterkaifek niemand präsent war.


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19.07.2022 um 07:57
Ich meine, der plötzlich angeleinte Hund bedeutet, dass der Monteur entweder ihn zunächst nicht bemerkte, oder aber, dass der Mörder in dem Fall nicht Andreas Gruber gewesen sein kann, was ich die ganze Zeit aber für plausibel hielt.

Wie soll A. Gruber zu Tode gekommen sein, wenn er zum Zeitpunkt der Reparatur der Maschine noch lebte als Mörder in einem Familiendrama. Denn am selben Tag hatten ja Schlittenbauer und Konsorten die Leichen entdeckt.


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Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 08:41
Zitat von tottototto schrieb:Das ist allein deine Sache, das betrifft mich in keinster Weise.
Etwas irritiert bin ich aber schon; dass du jetzt nur mehr mit jemanden diskutierst, der deinen eigenen Vorstellungen über Fragen und Antworten entgegen kommt.
Falsch, ich diskutiere nicht mit Leuten, die Fragen nicht beantworten!


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19.07.2022 um 11:54
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Ich meine, der plötzlich angeleinte Hund bedeutet, dass der Monteur entweder ihn zunächst nicht bemerkte,
Guter Punkt, der mich zu meinem grundlegenden Thema bringt. Das ist genau das Problem mit Zeugenaussagen. Der Monteur wurde nicht unmittelbar befragt, es verging Zeit. Vielleicht hat er sich mit dem Hund geirrt? Verifizierbar ist das eben alles nicht mehr. Das ist der Punkt mit vielen anderen Aussagen im Kontext HK: ihr Zeitpunkt (mal näher oder ferner zum Tatgeschehen), die Schwierigkeit „Hören Sagen“ abzugrenzen von „echten“ Erinnerungen der Zeugen, die potentielle Befangenheit in die eine wie die andere Richtung (also z.B. offensichtliche Aussagen, die LS Schaden sollen wie aber natürlich auch seine eigenen begangen sein könnten). Das ist die Crux.


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19.07.2022 um 12:25
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Wie soll A. Gruber zu Tode gekommen sein, wenn er zum Zeitpunkt der Reparatur der Maschine noch lebte als Mörder in einem Familiendrama.
Ich versteh das nicht. Warum gehst du davon aus?


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Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 12:26
Zitat von DonislDonisl schrieb:Die Arbeit der Ermittler wird immer wieder kritisiert, meistens von TV Kriminologen, die aktuelle Methoden als Massstab ansetzen. Daneben von Leuten, die diesen Fall in und auswendig kennen incl Namen, Verwandschaftsverhältnissen und allen Details.
Ich stimme Dir insofern zu, als man es dem Ermittlern nicht vorwerfen kann, wenn sie damals unbekannte Ermittlungsmethoden nicht eingesetzt haben. Unabhängig von dieser Frage der persönlichen Vorwerfbarkeit ändert das aber nichts daran, das nach heutigen Maßstäben die Ermittlungen zum Teil nicht richtig geführt worden sind. Daher können auch die Ermittlungsergebnisse als solche für sich nicht die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen, sondern sind vielmehr kritisch zu hinterfragen. Das gilt besonders für solche Ermittlungsergebnisse, die auf völlig verfehlten unwissenschaftlichen Annahmen beruhen, namentlich der Ausschluss von LS als Tatverdächtiger aufgrund seines Charakters.

Ferner hat es bei den Ermittlungen aber auch nach damaligen Maßstäben Fehler gegeben.

Als besonders schwerwiegend fällt die fehlende Vernehmung von Albert Hofner ins Gewicht:
Eine Befragung des Monteurs Albert Hofner, zur Zeit in Reichertshausen wohnhaft, ist nicht erfolgt. Die Meldung der Gendarmerie in Hohenwart, daß Hofner früher schon eingehend vernommen worden sei, hat sich nicht bewahrheitet.

Die Staatsanwaltschaft Neuburg a.D. hat deshalb unterm 7. Mai 25 diese Anzeige und den Hauptakt 160/22 an die Polizeidirektion München abgesendet mit dem Ersuchen in dieser Angelegenheit Erhebungen zu pflegen, wer der Monteur eigentlich sei, der damals den Bauern Schlittenbauer die Mitteilung überbrachte, daß in Hinterkaifeck alles ruhig sei und sich niemand sehen gelassen habe, als dort der Motor eingerichtet wurde.
Hofner war ein unglaublich wichtiger Zeuge, weil er als letzter vor den Auffindern auf dem Hof war und seine Angaben zu dem Zustand des Schlosses des Motorenhäuschens - zur Verifizierung der Angaben von LS - sowie der sonstigen Situation auf dem Hof (gerade mit Blick auf einen möglichen längeren Verbleib der Täter am Tatort) hier wesentliche Erkenntnisse hätten liefern können. Es ist geradezu erschreckend - und nicht nur unter Zugrundelegung moderner kriminalistischer Methoden - dass das Fehlen dieser Vernehmung erst im Mai 1925 aufgefallen ist.

Darüber hinaus gibt Renner als erster leitender StA selber zu, dass die örtliche Gendarmerie zunächst nicht gut ermittelte:
Da mir die Gendarmerie des Tatorts (Station Hohenwart und Hauptstation Schrobenhausen) etwas zu schwerfällig arbeitete und nicht genug Initiative entwickelte, hatte sich auf mein Veranlassen Krim.Kom. Neuss von der Polizeidirektion München mit einem weiteren Beamten im April erneut an den Tatort begeben, um die aus den persönlichen und örtlichen Beziehungen der Ermordeten sich etwa ergebenden Spuren gründlich zu klären und weiter zu verfolgen.
Bei der völlig mangelhaften Vernehmung des LS durch Riedmayer 1931 und der nicht weniger mangelhaften Protokollierung der selben kann man darüber streiten, ob das jetzt dem Beamten anzulasten, weil man damals so schlechte Verhöre führte und diese nicht genau protokollierte oder ob es nicht doch damals schon höhere Standards gab. Unabhängig davon ist aber diese Vernehmung deshalb auch leider weit davon entfernt, eine entscheidende Aussagekraft zu besitzen gerade was die Täterschaft des LS betrifft.

Das gleiche trifft auf die mangelhaften Vernehmungen zB von Franziska Schäfer (letzte Zeugin, die die Opfer noch lebend sah!) oder Cäzilie Starringer zu.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Was die Spuren und damit deren Sicherung angeht, war der Tatort beim Eintreffen der Kripo weit entfernt von 'unberührt'. Unzählige Füsse hatten jeden Fleck betreten, unbekannte Hände bereits alles angefingert und selbst einige der Opfer lagen nicht mehr dort, wo sie entdeckt worden waren. Von Anfang an waren die Ermittler auf die mehr oder weniger zuverlässigen Aussagen der Auffinder angewiesen.
Hier stimme ich Dir zu. Die Ermittler kamen an einen stark kontaminierten Tatort. Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass uns der Spurensicherungsbericht fehlt. Allerdings macht es die Versäumnisse, gerade die oben erwähnte fehlende Vernehmung von Hofner, umso gravierender.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Unter den gegebenen Voraussetzung haben die Ermittler m.M. solide Arbeit geleistet
In weiten Teilen würde ich dieser Einschätzung zustimmen mit der Einschränkung "nach damaligen Maßstäben", s.o..
Zitat von DonislDonisl schrieb:weil verschiedenen Angaben nach eine nennenswerte Summe Geld im Hof anzunehmen war, welches bis auf einen Fünfer fehlte, liess sich die Raubmord-These aufrecht erhalten.
Grundsätzlich ist es richtig, dass das eine Ermittlung auch in Richtung Raubmord eröffnet. Aber eine Festlegung auf Raubmord wäre zu diesem frühen Zeitpunkt definitiv verfehlt gewesen. Man muss den Ermittlern zu gute halten, dass sie auch noch in andere Richtungen ermittelt haben, dennoch erscheint mir die frühe Führung des Falles als Raubmord problematisch.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Ob der Reingruber wirklich daran glaubte, ist wieder was anderes.
Warum sollte er nicht daran glauben?
Zitat von DonislDonisl schrieb:Jedenfalls hatte er weder einen Tatzeugen noch einen verwertbaren Beweis gegen einen der Tatverdächtigen. Und nachdem keiner von jenen zu einem Geständnis bereit war, hatte man keinen Schuldigen.
Das war ein Hauptproblem, mit dem die Ermittler zu kämpfen hatten. Leider fehlen uns auch wesentliche Unterlagen, die durch den 2. WK untergingen, so sind zB von den Vernehmungen, die Neuss auf Anfrage Renners im April/Mai 1922 durchführte, zahlreiche Aussageprotokolle nicht überliefert. Im HK-wiki gibt es dazu eine Übersicht, die nur einen Bruchteil der verlorenen Akten wiedergibt. Daher lässt sich auch nicht abschließend bewerten, inwiefern die Ermittlungen hinreichend in alle Richtungen getätigt wurden und ob die Verhöre angemessen geführt wurden.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Ich sehe hier keine schlampigen Ermittlungsfehler, vielmehr dürfte man das verbleibende und 1922 hochaktuelle Tatmotiv bzw einen Zusammenhang auf Anordnung von oben nicht mit einbezogen haben.
Statt entsprechende Untersuchungen in Sachen verbotene Waffendepots einzuleiten durfte der Reingruber nach Kerlen wie dem Bärtl fahnden lassen.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Wie auch immer, ich kann mir vorstellen dass der erfahrene Reingruber durchaus wusste, in welcher Richtung die Hinterkaifecker Mörder zu suchen waren. Aber es bestand eben zu dieser Zeit und dazu in München ein weitreichender Interessenkonflikt und durch den bedingt kein echter Bedarf an Aufklärung von Verbrechen, die letztlich begangen wurden um 'die Interessen' zu schützen.
Immer wieder wird in der Diskussion hier Reingruber unterstellt, dass er aus politischen Gründen nicht in Richtung Fememorde ermitteln durfte und sich an eine solche angebliche Weisung auch gehalten hätte. Das halte ich für abwegig und insofern einen nicht weniger schwerwiegenden, aber unbegründeten Angriff auf seine Integrität wie der Vorwurf der stümperhaften Ermittlung. Konkrete Hinweise gibt es darauf nämlich in den Akten keine. Darüber hinaus gehörte Reingruber zu den wenigen Polizisten, die erfolgreich Fememorde aufgeklärt haben, auch wenn die Strafverfolgung dann durch die entsprechenden Justizbehörden zu wünschen übrig ließ. Ulrike Claudia Hofmann, die die Femeorde in ihrem Buch - „Verräter verfallen der Feme!“ Fememorde in Bayern in den zwanziger Jahren - geschichtswissenschaftlich untersucht hat, stellt gerade Reingruber ein positives Zeugnis aus, was die Aufklärung der Fememorde angeht, s. unter anderem S. 183, 186, 192 f., 197 f., 297 f.. Wenn aber Reingruber im Fall Sandmayer 1922 (!) so rigoros und klar in Richtung politisches Motiv ermittelte, obwohl er sogar andere Motive hätte in den Vordergrund stellen und zuerst verfolgen können, dann halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass er ausgerechnet im Fall HK anders gehandelt haben soll. Anders ausgedrückt: Im Fall HK scheint es keine konkreten Anhaltspunkte für einen Fememord gegeben zu haben.

Hier noch ein paar Auszüge aus dem Buch:
S. 183
Hofmann S 183
S. 186
Hofmann S 186
S. 193
Hofmann S 193
S. 197
Hofmann S 197
S. 298
Hofmann S 298

Das gilt darüber hinaus auch für Heinrich Kestel, der 1922 noch nicht mit HK befasst war, aber damals in München als Untersuchungsrichter trotz persönlicher Angriffe unbeirrt gegen die Fememörder ermittelte, s. Hofmann aaO, S. 230 ff., 262 ff. Kestel war ab Anfang der 30er Jahre dann leitender OStA in den Ermittlungen zu HK.

@EdgarH
Deinen Beiträgen hier und hier stimme ich zu. Ähnliches hatte ich schon vor Jahren hier geschrieben. wenn man sich der Sache seriös nähern will, sollte man sich an der geschichtswissenschaftlichen Methode zur Bewertung von Quellen orientieren und gleichzeitig auch entsprechende kriminalistische Ansätze heranziehen. Was dann übrigbleibt, sind dann zwei bis drei Theorien, für die es zwar Anhaltspunkte gibt, von denen aber keine auch nur ansatzweise hinreichend bewiesen werden kann. Das mag unbefriedigend sein, wäre aber das wissenschaftlich fundierte Endergebnis.


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Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 13:16
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Wie soll A. Gruber zu Tode gekommen sein, wenn er zum Zeitpunkt der Reparatur der Maschine noch lebte als Mörder in einem Familiendrama. Denn am selben Tag hatten ja Schlittenbauer und Konsorten die Leichen entdeckt.
Das ist natürlich völlig richtig. Mein Punkt steht dem ja auch nicht entgegen- die Problematik von Zeugenaussagen bleibt damit.


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19.07.2022 um 14:47
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Wie soll A. Gruber zu Tode gekommen sein, wenn er zum Zeitpunkt der Reparatur der Maschine noch lebte als Mörder in einem Familiendrama.
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Ich versteh das nicht. Warum gehst du davon aus?
Weil ich angesichts der Mordwaffe, dem Verweilen auf dem Hof und der Art der Tatausführung sowie den Geschehnissen im Vorgang der Tat (Magd verlässt angsterfüllt den Hof, Viktoria / Cäzilia (?) rennt ins Hexenholz und weint; dies alles deutet für mich auf familiäre Probleme hin, die sich zuspitzen) Andreas Gruber mit seiner Persönlichkeit und dem Charakter für einen Tatverdächtigen halte.


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19.07.2022 um 15:28
@deim0s
Die wahrscheinlichere Antwort auf Deine Frage
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Wie soll A. Gruber zu Tode gekommen sein, wenn er zum Zeitpunkt der Reparatur der Maschine noch lebte
Ist in meinen Augen, dass AG eben nicht mehr lebte.


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19.07.2022 um 16:16
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:Andreas Gruber mit seiner Persönlichkeit und dem Charakter für einen Tatverdächtigen halte.
Ich bin da der These gar nicht abgeneigt. Ich halte es für durchaus möglich, dass AG seine Familie getötet hat. Und er später von jemanden getötet wurde.
Zitat von deim0sdeim0s schrieb:dies alles deutet für mich auf familiäre Probleme hin, die sich zuspitzen)
Genau. Und diese familiären Probleme könnten eben sein, dass Viktoria AG gesagt hat, dass er der Vater von klein Josef ist. Oder sie von ihm Schwanger ist.


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Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 16:44
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Ich bin da der These gar nicht abgeneigt. Ich halte es für durchaus möglich, dass AG seine Familie getötet hat.
Wieso hat er sie alle dann nicht einen Tag vorher getötet, sondern hat gewartet, bis die neue Magd kam, um sie gleich mit umzubringen.

Ergibt keinen Sinn.


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19.07.2022 um 16:55
Zitat von DerGreifDerGreif schrieb:Das halte ich für abwegig und insofern einen nicht weniger schwerwiegenden, aber unbegründeten Angriff auf seine Integrität wie der Vorwurf der stümperhaften Ermittlung.
Mit dem Kriminaloberinspektor. Reingruber, der außer dem Antrittsbesuch in Hinterkaifeck durch Abwesenheit glänzte und zusammen mit seinen Vorgesetzen – ja es gab mehrere davon - die wechselten wie andere das Hemd - den Fall Hinterkaifeck „stümperhaft“ verbockten; ja, mit dem hier viel gelobten Kriminal Oberinspektor ist es so eine Sache.

Integrität?!
Dazu der Doppelmord in Diessen am Ammersee:

Im Vorspann der Münchner Akten zum Fall Hinterkaifeck wird man mit einem Doppelmord in Diessen/Ammersee konfrontiert. Der hat sich im Februar 1922 zugetragen.
Dort war es ähnlich, wie in Hinterkaifeck: Reingruber hat den Sachverhalt vor Ort aufgenommen, einige Leute bdfragt und war dann am Tatort nicht mehr gesehen.

Erst nach mehr als einem Jahr gelang es dem Dorfpolizisten, Sicherheitskommissar Sandl von der Gend.-Station Diessen, den schon von Anfang an verdächtigten und auch schon einmal verhafteten, aber wegen Mangels an Beweisen wieder freigelassenen A. Häringer von Diessen, als Doppelmörder zu überführen. Er wurde 1924 (2 Jahre nach der Tat) )in Augsburg hingerichtet.

Reingruber hat zur Lösung des Falles nichts beigetragen.

Als der Dorfpolizist dann einen Teil der ausgesetzten Belohnung beantragte - scheinbar war das damals so üblich - wurde ihm die Belohnung aus Gründen der fehlenden Zuständigkeit versagt und Krim.OI Reingruber wurde für die Lösung des Falles offiziell mit einen Belobigungsschein geehrt.
Ob Reingruber dann auch noch die Belohnung erhalten hat, ist aus den Akten leider nicht zu entnehmen.

PS: den Bericht war ein umfangreicher Obduktionsbericht von beiden Mordopfern beigefügt.

Quelle; Staatsarchiv in München.
Auf der Filmrolle zum Mordfall Hinterkaifeck befindet sich gleich am Anfang der Doppelmord von Diessen/Ammersee.



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Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 17:16
Zitat von SomertonManSomertonMan schrieb:Ergibt keinen Sinn.
Man muss nicht immer nach dem Sinn fragen. Da Streitereien unvermittelt ausbrechen können. Gerade dann wenn ein Tat im Affekt begangen wurde.

Folgt man der Schlittenbauer These wars, antworte ich auf obige Post; der wusste auch, dass eine neu Magd in Hinterkaifeck angestellt wurde.


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19.07.2022 um 17:25
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Da Streitereien unvermittelt ausbrechen können. Gerade dann wenn ein Tat im Affekt begangen wurde.
Zeig mir mal ein Beispiel, wo im Affekt mehr als eine Person umgebracht wurde! Ein Affekt ist nicht ewig andauernd, sondern nach dem ersten Toten bricht man oft selbst zusammen, erschüttert über das eigene handeln.

Ne Tat mit so vielen Toten hat eher was von geplant.


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19.07.2022 um 17:28
Zitat von SomertonManSomertonMan schrieb:Ne Tat mit so vielen Toten hat eher was von geplant.
Das ist in dieser Pauschalität unzutreffend. Auch mehrere Opfer können im Affekt erschlagen werden, wenn praktisch wenig bis keine Zeit zwischen den Morden vergeht. Und es kann natürlich auch einen Übergang von einer ersten im Affekt erfolgten Tat zur geplanten Beseitigung von (potentiellen) Zeugen geben.

Unabhängig davon ist natürlich die These, dass A Gruber der Täter war völlig abwegig.


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19.07.2022 um 17:34
Zitat von DerGreifDerGreif schrieb:Unabhängig davon ist natürlich die These, dass A Gruber der Täter war völlig abwegig.
Warum? Und warum Schlittenbauer nicht?


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19.07.2022 um 17:36
Zitat von DerGreifDerGreif schrieb:Das ist in dieser Pauschalität unzutreffend
Ich will das auch nicht in Stein gemeißelt ausdrücken. ;)

Eine Kriminalpsychologin meinte mal zu nem Fall, wo der Täter auf Totschlag im Affekt gehen wollte, dass, wenn jemand 3 Minuten lang jemanden versucht zu erwürgen, eine Affekttat auszuschließen ist. Weil viel eher das Gehirn "umschaltet" und man sich bewusst wird, was man da tut und davon ablassen kann.


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19.07.2022 um 18:00
Zitat von schluesselbundschluesselbund schrieb:Warum? Und warum Schlittenbauer nicht?
Das gesamte Bild am Tatort spricht gegen AGr als Täter. Das fängt damit an, dass er ähnliche Verletzungen wie die anderen Opfer hat, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit der gleichen Tatwaffe erschlagen wurde, sich in ähnlichem Bekleidungszustand wie die Cilli nämlich in Unterwäsche, befand und auf den anderen Opfern im Stadel lag. Für einen Tod AGr's zusammen mit den anderen Opfern gibt es eine stringenten einfache Erklärung, für seinen Tod als Täter selber müssen eine Unmenge von unwahrscheinlichen Zufällen konstruiert werden, für die es nicht einen einzigen Anhaltspunkt gibt.

LS hingegen hatte ein ganzes Motivbündel. Dazu kommen zahlreiche weitere Indizien durch sein Nachtatverhalten. Daher ist er ein möglicher Täter. Sicher kann man das jedoch nicht behaupten. In Betracht kommen auch Raubmörder oder potentielle Erben.
Zitat von SomertonManSomertonMan schrieb:Ich will das auch nicht in Stein gemeißelt ausdrücken. ;)

Eine Kriminalpsychologin meinte mal zu nem Fall, wo der Täter auf Totschlag im Affekt gehen wollte, dass, wenn jemand 3 Minuten lang jemanden versucht zu erwürgen, eine Affekttat auszuschließen ist. Weil viel eher das Gehirn "umschaltet" und man sich bewusst wird, was man da tut und davon ablassen kann.
Wenn Du den Begriff im engeren technischen Sinn verwendest, hast Du natürlich Recht. Ich ging jetzt allerdings nicht davon aus, dass @schluesselbund diese Begriffsdefinition gemeint hatte, auf die Du Dich beziehst, sondern umgangssprachlich und laienhaft im allgemeinen starke Emotionen meinte, die schließlich zu gewalttätiger Aggression eskalieren und in einen Mord münden. Diese extremen emotionalen Zustände können auch über längere Zeiträume anhalten, auch wenn sie die Definition des Affekts als strafrechtlich relevante unkontrollierbare Impulshandlung (mit der Möglichkeit der §§ 20,21 StGB) nicht mehr erfüllen.


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19.07.2022 um 18:23
Zitat von DerGreifDerGreif schrieb:Wenn aber Reingruber im Fall Sandmayer 1922 (!) so rigoros und klar in Richtung politisches Motiv ermittelte, obwohl er sogar andere Motive hätte in den Vordergrund stellen und zuerst verfolgen können, dann halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass er ausgerechnet im Fall HK anders gehandelt haben soll.
Meines Wissens gab es beim Fall Sandmayr alternativ zum Fememord lediglich den anfangs als verdächtig eingestuften Ex-Freund. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren, weil ich mich mit dem Thema nur am Rand befasst habe.

In Ausübung seiner Pflicht musste der Reingruber klarerweise auch diesem Ex-Freund nachgehen, angesichts des "Bekennerschreibens" beim Opfer selbst dürfte sich aber keine allzu große Motivfrage gestellt haben.

Eben an diesem Punkt hinkt für mich der Vergleich mit Maria Sandmayr in Verb. mit Reingrubers diesbezüglichen Ermittlungen. Hatten er in ihrem Fall wirklich eine Wahl?

Draussen in Hinterkaifeck sah das schon anders aus. Nachdem das Ermittlerteam dort keine eindeutigen Anhaltspunkte hinsichtlich illegaler Waffen oder politischem Hintergrund vorfand, musste man solche ja nicht herbeidichten.
Zitat von DerGreifDerGreif schrieb:Donisl schrieb:
Ob der Reingruber wirklich daran glaubte, ist wieder was anderes.

Warum sollte er nicht daran glauben?
Aus dem selben Grund, aus dem viele (selbst Nicht-Kriminaler) das Raubmord-Motiv in Frage stellen. Da erschlägt jemand konsequent bis zum Kleinkind eine ganze Familie und lässt dann einen nennenswerten Teil der Werte liegen, ja schien dieselben nicht einmal zu suchen.

Bei so einer Sachlage wäre es doch nur folgerichtig gewesen, das Spektrum des Tatmotivs zu erweitern. Und das geschah wohl nicht - im Gegenteil, es erscheint wie ein vorsätzliches Versäumnis, dass massgebliche Zeugen erst mit jahrelanger Verspätung oder überhaupt nicht vernommen wurden (okay, wir kennen nur wenige Akten, ich noch weniger) und der Tatort zum Abriss freigegeben wurde.

Wie ist das zu erklären? Entweder war Reingruber unfähig, ich denke seine Erfolge widerlegen das, oder er musste einen Bogen um ein Thema machen, welches mit übergeordnete Interessen in Konflikt gekommen wäre.


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Mordfall Hinterkaifeck

19.07.2022 um 19:56
Zitat von DonislDonisl schrieb:Meines Wissens gab es beim Fall Sandmayr alternativ zum Fememord lediglich den anfangs als verdächtig eingestuften Ex-Freund. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren, weil ich mich mit dem Thema nur am Rand befasst habe.

In Ausübung seiner Pflicht musste der Reingruber klarerweise auch diesem Ex-Freund nachgehen, angesichts des "Bekennerschreibens" beim Opfer selbst dürfte sich aber keine allzu große Motivfrage gestellt haben.
Das ist nicht so eindeutig, wie Du denkst. Das Schild hätte ja auch der Freund beschreiben können, um gerade von sich abzulenken. Im Übrigen haben andere Abteilungen und leitende Polizeibeamte viele Mittel und Wege gefunden Ermittlungen zu Fememorden zu verschleppen oder in andere Richtungen zu lenken, die nicht weniger eindeutig waren.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Eben an diesem Punkt hinkt für mich der Vergleich mit Maria Sandmayr in Verb. mit Reingrubers diesbezüglichen Ermittlungen. Hatten er in ihrem Fall wirklich eine Wahl?
Durchaus. Er hätte weiter gegen den Ex-Freund ermitteln können. Oder gegen Dobner, dem man durchaus eine Nähe zu den Waffenlagern unterstellte. Da dieser selber Waffenlager verraten wollte, hätte man sogar evtl. zwei Fliegen mit einer Klappe treffen können. Im Übrigen sieht man auch, wie die StA - nachdem man Dresse von dem Fall entfernt hatte - Schweighart geschützt hatte, und zwar entgegen der von Reingruber und Dresse klar herausgearbeiteten (Mit-)Schuld von Schweighart. Es war auch Reingruber der Dresse Informationen zu dem Hartung-Mord zukommen ließ und damit den Stein bei diesen Ermittlungen wieder ins Rollen brachte. Richtigerweise schätzt Hofmann, immerhin eine renommierte Historikerin, die diese Morde detailliert untersucht hatte, gerade auch Reingruber als integren Beamten ein, ebenso wie Dresse, von Merz, Rahmer und Kestel im Gegensatz zB zu Pöhner oder Glaser.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Draussen in Hinterkaifeck sah das schon anders aus. Nachdem das Ermittlerteam dort keine eindeutigen Anhaltspunkte hinsichtlich illegaler Waffen oder politischem Hintergrund vorfand, musste man solche ja nicht herbeidichten.
Genau! Da triffst Du doch den Nagel auf den Kopf! Das "eindeutige" kannst Du getrost streichen. Es gab keine Anhaltspunkte für einen Fememord. Hätte man in diese Richtung ermittelt, hätte man in der Tat etwas hinzugedichtet! Wie kannst Du diesen Satz ernsthaft schrieben und dann unten was von übergeordneten politischen Interessen erzählen, die eine Ermittlung verboten hätten? Das ist mir völlig schleierhaft.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Aus dem selben Grund, aus dem viele (selbst Nicht-Kriminaler) das Raubmord-Motiv in Frage stellen. Da erschlägt jemand konsequent bis zum Kleinkind eine ganze Familie und lässt dann einen nennenswerten Teil der Werte liegen, ja schien dieselben nicht einmal zu suchen.

Bei so einer Sachlage wäre es doch nur folgerichtig gewesen, das Spektrum des Tatmotivs zu erweitern. Und das geschah wohl nicht - im Gegenteil, es erscheint wie ein vorsätzliches Versäumnis, dass massgebliche Zeugen erst mit jahrelanger Verspätung oder überhaupt nicht vernommen wurden (okay, wir kennen nur wenige Akten, ich noch weniger) und der Tatort zum Abriss freigegeben wurde.
Die userin @irene im hinterkaufeck.net-Forum hat zahlreiche Raubmorde im ungefähren Zeitraum der HK-Morde untersucht, bei denen der Täter gefasst wurde, aber wenig oder keine Beute mitnahm. In einem Fall hatte er sich zum Beispiel so auf eine erwartete Beute fixiert gehabt, dass er, als er diese nicht fand, einfach ohne überhaupt etwas mitzunehmen verschwand. Und im vorliegenden Fall fehlte ja jedes Papiergeld auf HK und es gibt Spuren, die auf eine oberflächliche Suche hindeuten. Wenn der Täter hier also hinreichend Papiergeld vorfand, mit dem er zufrieden war, spricht überhaupt nichts dagegen, dass er mit dieser Beute dann das Weite suchte. Insofern ist die Raubmorduntersuchung auch angezeigt. Reingruber hatte aber auch andere Motive in Betracht gezogen. In einem der wenigen von ihm überlieferten Berichte weist er ausdrücklich auf weitere Motive hin. So zieht er Erbschaft in Betracht und kurzfristig auch Schlittenbauer. Er übersieht bei diesem das Motiv, aber hatte ihn durchaus richtig als potentiellen Tatverdächtigen eingeordnet. Ein weiteres Motiv herbei zu konstruieren, für das es keine Anhaltspunkte gibt, wäre hingegen ein schwerwiegender Fehler gewesen.
Zitat von DonislDonisl schrieb:Wie ist das zu erklären? Entweder war Reingruber unfähig, ich denke seine Erfolge widerlegen das, oder er musste einen Bogen um ein Thema machen, welches mit übergeordnete Interessen in Konflikt gekommen wäre.
Nein, s.o.


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