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Mordfall Hinterkaifeck

51.943 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Bauernhof, Hinterkaifeck ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Mordfall Hinterkaifeck

Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 12:38
Was mich schon länger beschäftigt in Bezug auf die Hypothese, dass die Tat von LS begangen sein worden könnte, ist die Tatsache, dass er Victoria Gabriel nicht heiraten konnte, aufgrund des Widerspruchs von ihrem Vater und das obwohl die beiden, also LS und VG, vermeintlich ein Kind miteinander hatten, den Joseph.

Deshalb heiratet LS ja dann die Anna Schlittenbauer, geb. Dick. Beide bekommen im März '22 die gemeinsame Tochter Anna Schlittenbauer jun.. Diese stirbt aber kurz nach der Geburt und wird am 30.03.22 beerdigt, also einen Tag vor der Tat.
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Personen:_Schlittenbauer_Anna_jun.

Ich sehe den Verlust des Kindes Anna, geht man davon aus, dass die Tat von LS begangen worden ist, als Auslöser der Tat.
So war LS das Zusammenleben mit Viktoria und dem vermeintlich/eventuell gemeinsamen Sohn nicht möglich. Er beginnt sich eine neue, eigene Familie aufzubauen, dies wird vom Tod der Tochter überschattet. Gleichzeitig will Viktoria eine Aussprache und Unterhaltszahlungen...
Eine für LS nur schwer zu ertragende Situation, stelle ich mir vor.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 13:01
@Pot-Shot
Ja, dieser Todesfall des ersten gemeinsamen Kindes als potentieller emotionaler Auslöser für die Tat springt einen förmlich an. Da hat man ein eheliches "moralisch reines" Kind, und es muss sterben, die Ehefrau war wahrscheinlich am Boden, und gleichzeitig ist da die inzestiöse Nachbarin mit dem "Bastard" aus zweifelhafter Herkunft, die fragwürdige Forderungen stellt. Als gottesfürchtiger Mensch würde man sich da wahrscheinlich schon fragen, wie Gott sowas zulassen kann, und das Bedürfnis bekommen, hier selbst moralisch korrigierend einzugreifen.

Es kann aber auch sein, dass LS selbst zu gebrochen war und jemand anders aus der Familie das in die Hand nahm, jemand, der zur Beerdigung anwesend war und das ganze Leid und Elend nicht ertragen konnte, das tote Baby, die gebrochenen Eltern, die zusätzlich noch tyrannisiert werden zeitgleich durch die bloße Existenz des kleinen Josef und Forderungen der Kindsmutter... Auch für nahestehende Verwandte von LS und seiner Frau wäre das ein Motiv, wer hatte noch nie Hass und Wut auf jemanden, der die eigene Mutter, Schwester oder beste Freundin fertig machte und hätte dem gern zukommen lassen, wozu der Betroffene aus Schwäche und Gebrochenheit nicht in der Lage war?


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 13:13
@Comtesse
@Pot-Shot
Ihr dürft nicht den Fehler machen und den Verlust eines Kindes heute mit dem Erleben eines solchen damals verwechseln.
Zitat von Pot-ShotPot-Shot schrieb:Gleichzeitig will Viktoria eine Aussprache und Unterhaltszahlungen...
Zitat von ComtesseComtesse schrieb:die zusätzlich noch tyrannisiert werden zeitgleich durch die bloße Existenz des kleinen Josef und Forderungen der Kindsmutter...
Woran macht Ihr das fest?


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 13:17
@Comtesse
@Pot-Shot
Schließe den Tod des Neugeborenen als Auslöser für die Tat völlig aus. Heutige Maßstäbe kann man nicht anlegen! Kindersterblichkeit war damals schon fast an der Tagesordnung durch die mangelnde Hygiene und Aufklärung über Keime, Bakterien usw. Auf dem Land war das wahrscheinlich noch häufiger.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 13:31
@ Comtesse
@ Pol-Shot

Das Motiv des Haupttatverdächtigen Schlittenbauer war eher anders gelagert.

Der Unterhalt für den kleinen Josef war noch nicht abschließend geregelt.
Nicht nur war der Abfindungsvertrag von 1919 aus verschiedenen Gründen juristisch nichtig, außerdem sprach das Landgericht Neuburg/Donau unehelichen Kindern aufgrund der Inflation eine Zusatzrente zu. Das mischt sich dann mit Kränkung und Abweisung von Victoria, die ihn nur benutzt hatte.

Der Tod der Tochter könnte ihn aber natürlich noch zusätzlich beeinflusst haben.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 14:19
@jaska
@comtess
@Kurt_Eisner
Damals war sicherlich in erhöhter Erwartung davon auszugehen, dass ein Neugeborenes stirbt - im Vergleich zu heute. Das Erleben ist deshalb, weil unerwarteter, ein anderes als damals. Ich gehe auch nicht zwingend davon aus, dass Schlittenbauer "gebrochen" war (siehe @comtess) oder er und seine Frau " zusätzlich noch tyrannisiert werden zeitgleich durch die bloße Existenz des kleinen Josef und Forderungen der Kindsmutter..." (siehe @comtess). Ich gehe aber davon aus, dass die Situation für Schlittenbauer schwer zu ertragen war - und das nur durch Einfinden in die Situation - dafür oder für Anzeichen eines solchen Empfinden fehlen schon allein die Quellen und es ist Spekulation. Dennoch sehe ich eine für ihn schwierige Situation, die durch den Tod des Kindes noch zugespitzt wird. Und ja auch um 1920 mögen Eltern um ihre toten Kinder schon getrauert haben, auch wenn Kinder häufiger starben als heute.

Dass die Kindersterblichkeitsrate nicht ganz so hoch war, wie @Schissler meint sieht man hier auf Seite 9:

http://ernaehrungsdenkwerkstatt.de/fileadmin/user_upload/EDWText/TextElemente/PHN-Texte/Saeuglingssterblichkeit_historischer_Vergleiche_Linz.pdf

Sie lag also etwa bei 10-11% im Bundesdeutschendurchschnitt, auf dem Land sicherlich höher, als in der Stadt. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sie "fast an der Tagesordnung lag."
@Schissler
Zitat von SchisslerSchissler schrieb:Kindersterblichkeit war damals schon fast an der Tagesordnung durch die mangelnde Hygiene und Aufklärung über Keime, Bakterien usw. Auf dem Land war das wahrscheinlich noch häufiger.
Das Vorhandensein von Bakterien / Keimen / Verschmutzung und Möglichkeiten diese einzudämmen war zu Beginn des 20. Jahrhunderts belegt, da wurde doch sogar schon bald Penizillin als Antibiotikum entdeckt (1928: http://www.geschichte-oesterreich.com/entdeckungen/penicillins.html).

Ignatz Semmelweis führte in den 1840er Jahren den Beweis, dass Desinfektion Erreger vermindert, zwar waren seine Entdeckungen zunächst nicht angesehen, zum Zeitpunkt der Morde von Hinterkaifeck aber schon populär.
Siehe zum Beispiel hier: Wikipedia: Ignaz Semmelweis
Ab ca. 1870, spätestens 1880, gehörte die Desinfektion zum Standart der Ärzte.

Ich meine, dass der Tod der kleinen Anna Schlittenbauer so zeitnah zum Mord an den Hinterkaifeckern liegt, dass er, geht man von einer Beziehungstat aus - für die es hinreichend Indizien gibt - als Tatauslöser in Frage kommt. Es mag weitere Motive, Verstrickungen gegeben haben (@Kurt_Eisner: Wie siehst Du konkret das Motiv angelagert?), aber ich halte es für möglich, dass dies der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte. Hier gebe ich @comtess übrigens recht. Der LS muss deshalb nicht der Täter sein, es können auch andere z.B. Verwandte/Bekannte des LS oder der Anna Schlittenbauer in Betracht gezogen werden - oder auch weitere Bewohner des Dorfes, die diesen Tod als ungerecht empfunden haben mögen und in einer persönlichen Beziehung zu den Opfern standen. (Obwohl das meines Wissens nach ja wenige aus dem Dorf waren, die Familie galt ja eher als isoliert, so wie ich das sehe.)
Den Tod der kleinen Anna in Bezug zum Mord zu setzen ist spekulativ, genauso wie die Frage, ob auf der Beerdigung der kleinen Anna etwas vorgefallen sein könnte? Für all das gibt es keine Belege. Dennoch wollte ich den Tod der Anna, der so zeitnah zu den Morden liegt, mal erwähnen.

@jaska
Gleichzeitig will Viktoria eine Aussprache und Unterhaltszahlungen...Woran macht Ihr das fest?
z.B. hieran:
http://www.hinterkaifeck-mord.de/homepage/html/Unterseiten/Vaterschaft_von_Josef_Gruber_und_entsprechende_Prozesse.html

(das 2. Strafverfahren) nach der Quelle für Versuche für "eine Aussprache" suche ich noch. Das habe ich m.E. gelesen, werde die Quelle heute Abend nachreichen.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 14:20
@Comtesse , meine ich - entschuldige bitte!!


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 14:34
@Pot-Shot
Zitat von Pot-ShotPot-Shot schrieb: Und ja auch um 1920 mögen Eltern um ihre toten Kinder schon getrauert haben, auch wenn Kinder häufiger starben als heute.
Ja natürlich haben sie schon getrauert, aber doch nicht in dem Ausmaß, dass man gleich die Nachbarsfamilie tot schlägt!?
Mit dem Penicillin - schon klar, aber Geburten fanden damals zu Hause statt, ohne Arzt in der Regel, da sich die normale Bevölkerung auf dem Land sicher keinen Arzt leisten konnte.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 15:06
@Pot-Shot
Zitat von Pot-ShotPot-Shot schrieb:Sie lag also etwa bei 10-11% im Bundesdeutschendurchschnitt, auf dem Land sicherlich höher, als in der Stadt. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sie "fast an der Tagesordnung lag."
Eine Kindersterblichkeit von 10% ist schon extrem hoch und damit durchaus zum Alltag zugehörig - damals waren es noch deutlich mehr Kinder, die starben:

http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Kindersterblichkeit
110016a
(Werte für 1901)


Angesichts der Tatsache, dass nahezu jeder Haushalt auf dem Land kinderreich war, war oft auch jede Familie betroffen. Und wenn dann noch ein Fieber oder ein Virus grassierten, dann konnten sogar gleich mehrere Geschwister sterben.

Hinzu kommt aber noch, dass Kinder einen völlig anderen Stellenwert hatten als heutzutage. Aus den Biiografien, die ich aus der Zeit kenne, geht einstimmig hervor, dass Väter die Kinder erst so richtig wahrnahmen, als sie mithelfen konnten. Kleinkinder - da gab es schlicht und einfach kein Verhältnis zwischen Väter und Kind. Sicher gab es Ausnahmen.
Dass Väter hier so dermaßen aus den Fugen kippen wegen des Todes eines Kleinkindes - eher nicht.
Zitat von Pot-ShotPot-Shot schrieb:(das 2. Strafverfahren) nach der Quelle
Das war 2 Jahre vor der Tat.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 15:12
@Schissler

Geburten fanden damals tatsächlich, zumindest auf dem Land noch zuhause statt. Geburtskliniken gab es aber schon in jeder größeren Stadt, in einer solchen hat Semmelweis ja auch seine Beobachtungen zu Krankheitserregern bei Neugeborenen und Frauen im Wochenbett 1840 gemacht.

Penicillin war 1922 noch nicht entdeckt, das kam 1928, nicht dass Du mich da falsch verstehst, hatte ich oben aber auch geschrieben.

Den Keuchhusten, dass ist ja auch eine bakterielle Infektion, muss sich die kleine Anna ja auch irgendwie zugezogen haben, insofern hast Du zumindest recht damit, dass sie zumindest partiell nicht hygienisch genug behandelt wurde. Auf der anderen Seite ist Keuchhusten schon hoch ansteckend, alles werden sie sicher nicht desinfiziert haben, was man hätte machen müssen.

Ich meine nicht, dass LS oder ein anderer zu den Opfern in naher Beziehung stehender nur aufgrund des Kindstodes die Hinterkaifecker erschlug, sondern dieser Kindstodes Auslöser dafür war, angestaute, andere Motive nicht mehr unter Kontrolle halten zu können. Die Tat zeichnet sich ja durch große Aggression aus, die ist sicherlich nicht monokausal entstanden.


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 15:28
@jaska

Die Kindersterblichkeit bezieht sich bei Dir auf 1901.
Also 20 Jahre vor der Tat?
In der oben von mir genannten Quelle, auf der angegebenen Seite siehst Du die Werte für 1920, die sich nach dem 2. Weltkrieg nach unten verschoben haben.

Die Eltern-Kind-Beziehung war sicher 1920 nicht die gleiche, wie heute, obwohl sich Eltern-Kind-Beziehungen schwer verallgemeinern lassen, meines Erachtens.
Eher geht das bei Rollenbildern zu bestimmten Zeiten in bestimmten sozialen Rollen. Ich tue mich schwer mit der Aussage, dass Väter ihre Kinder erst wahrnehmen, wenn diese anpacken könnten. Ich denke dass war von Fall zu Fall anders.

Meine Oma (geb. 1926…) kommt beispielsweise aus einer Bauernfamilie, sie hat ihren Vater als viel liebevoller in Erinnerung, als ihre Mutter, auch als viel kindgerechter. Auch trauerte er mehr um die verstorbene Schwester meiner Oma, während meine Urgroßmutter dem Geschehen eher mit Kälte gegenüber trat. Das ist aber ein Fallbeispiel, dass auch nicht verallgemeinert werden kann, genauso wie der umgekehrte Fall.


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22.03.2016 um 18:59
@off-peak:
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Schließlich hinterließen die Täter ein Szenario, das nach Raub und Diebstahl aussehen sollte. Und ein Loch im Boden, das nach Suchen aussieht.
Das glaubst Du allen Ernstes? Dass die Täter ein Loch in den festgestampften Lehmboden hauen, nur damit es "nach Raub und Diebstahl" oder gar "Suchen" aussehen soll?


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22.03.2016 um 19:13
Also, auch wenn die Kindersterblichkeit damals noch höher war als heute, kann man doch nicht unterstellen, dass es den Menschen weniger ausmachte, ein Kind zu verlieren. Um 1920 versuchte die Familie meiner Uroma in die USA auszuwandern, sie haben alles verkauft, was sie besaßen, und von dem Geld die Überfahrt für meine Uroma (damals 10, im Alter von Cilli), ihre 5 Geschwister, die im Krieg verwitwete Mutter und deren Eltern zu bezahlen. Auf Elis Island eröffnete man ihnen dann, dass zwei Brüder meiner Uroma nicht einwandern dürfen, da sie körperliche Behinderungen hatten (zu diesen Behinderungen gehörten noch Geschichten der jeweiligen Unfälle, die in der Familie weitergetragen wurden und von der unsagbaren Liebe meiner Urgroßeltern zu ihren Kindern zeugten), der Großvater war zu alt und durfte ebenfalls nicht einreisen. Die Großeltern boten dann an, mit den beiden behinderten Jungs wieder nach Hause zu fahren und meine Ururoma sollte mit den anderen vier Kindern in die USA einwandern. Sie entschied sich dagegen, es kam für sie überhaupt nicht in Frage, zwei ihrer Kinder zurückzulassen.

Lange Rede kurzer Sinn: In unserer gesamten Familiengeschichte der letzten 100 Jahre gibt es nur einen einzigen Fall von Kindstod und dieses eine Kind wurde lebenslang betrauert, obwohl es im Babyalter starb direkt nach der Geburt. Meine Familie war auch eine Bauersfamilie, aber jedes einzelne Kind war gewünscht und geliebt und der Tod eines der Kinder hätte nicht schmerzvoller sein können. Und nur weil rein statistisch viele Kinder starben, ist es doch meist "den Anderen" passiert, und wenn es einen selbst traf, war es ebenso schlimm wie es heute ist für betroffene Familien. Es macht es ja auch nicht besser oder einfacher, wenn man im Krieg lebt, und die Leute sterben, an sowas gewöhnt man sich doch nicht!


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Mordfall Hinterkaifeck

22.03.2016 um 20:23
@Pot-Shot
Meine für 1901 und Bayern knapp 24%, richtig?
Deine Quelle nennt für 1911 15,5% Kindersterblichkeit, richtig? Originalzitat:
In den 1920er Jahren wiesen Württemberg mit zehn und Sachsen mit elf Prozent bereits ein niedrigeres Mortalitätsniveau als Preußen mit zwölf Prozent auf. Bayern zeigt dagegen noch hohe Werte mit 15 Prozent. (vgl. Ehmer 2004, S.92f.)
Wenn ich für 1922 also "deutlich mehr als 10%" annehme, was ist daran falsch?


https://books.google.de/books?id=ei2WBwAAQBAJ&pg=PA164&lpg=PA164&dq=kindersterblichkeit+1920&source=bl&ots=uELvteILhw&sig=BCg-0OyqaMDCsPm0LgAoJUyz9ds&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwijhsyogNXLAhWBchoKHXO9CNg4ChDoAQgfMAI#v=onepage&q=kindersterblichkeit%201920&f=false
Kindersterblichkeit1920


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22.03.2016 um 23:04
Zitat von SchisslerSchissler schrieb:Schließe den Tod des Neugeborenen als Auslöser für die Tat völlig aus.
Ich auch, für beide Ehepartner sicherlich eine scheußliche aber keineswegs neue Situation.
1.7 Kinder mit Viktoria Schlittenbauer
Lorenz Schlittenbauer, *1907 - †23.10.1913
Josef Schlittenbauer, *1910 - †25.10.1913
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Personen:_Schlittenbauer_Lorenz
1.7 Uneheliche Kinder
Josef Dick später Schlittenbauer
3 Kinder, starben im Kindesalter
http://www.hinterkaifeck.net/wiki/index.php?title=Personen:_Schlittenbauer_Anna


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Mordfall Hinterkaifeck

23.03.2016 um 13:31
Gestorbene Kinder wurden wohl schon zu allen Zeiten von den Eltern und Angehörigen tief betrauert, egal wie hoch die Kindersterblichkeit war. (Deswegen löscht man doch nicht die Nachbarsfamilie aus) Daraus ein Motiv für den Schlittenbauer zu zaubern sehe ich schon etwas abwegig. Da schwächelt einfach alles: Der Mann ist zu schwach, das Motiv ist zu schwach........Da gibt es andere Tatverdächtige, die viel schlagkräftigere Motive vorweisen können. Nicht mal als Auslöser für eine Tat im Affekt kann ich den Tod eines eigenen Kindes sehen. Der trauernde Vater hat zu diesem Zeitpunkt auch andere Sorgen, als herzugehen und noch ein Kind, das eventuell von ihm ist, gewaltsam aus dem Leben zu reißen, mitsamt dessen ganzer Familie. Auch ein Unterhaltsstreit kann nicht der Grund sein, denn Schlittenbauer hat doch den Josef schon Jahre vor dem Mord anerkannt. Er hätte sicher mit der Viktoria eine Lösung gefunden. Verschmähte Liebe ist auch schon out. Er hätte doch die Viktoria nicht mehr heiraten können, weil er selbst schon wieder verehelicht war. Nach dem ganzen Hin und Her bei Josefs Geburt und der Ablehnung einer Hochzeit war er bestimmt nicht mehr so sehr entflammt für die Nachbarstochter. Alles schwache Argumente für den Schlittenbauer als Täter.


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Mordfall Hinterkaifeck

23.03.2016 um 16:33
@Hathora
Zitat von HathoraHathora schrieb:Da gibt es andere Tatverdächtige, die viel schlagkräftigere Motive vorweisen können.
Wenn wir mal von einer Beziehungstat ausgehen, wer käme da infrage, an wen denkst Du da und welche Motive hätten die?


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Mordfall Hinterkaifeck

23.03.2016 um 22:03
@Schissler
Alle diesbezüglichen Möglichkeiten hier und jetzt aufzuzählen, wäre ein stundenlanges Unterfangen.
Ich habe allerdings schon einige in Betracht kommenden Täter und deren Motive hier andiskutiert vor einiger Zeit. Wenn Du in meinen Beiträgen stöberst, dann findest Du sie. Irgendwie ist das aber jedesmal im Sande verlaufen, bzw wurde von einigen Mitgliedern ironisch kommentiert. Ich muss dazu sagen (habe das auch immer wieder betont), dass ich keinen "Lieblingstatverdächtigen" habe. Vielmehr prüfe ich, wie hoch die Wahrscheinlichkeiten der verschiedenen Verdächtigen sind, dass sie die Täter gewesen sein könnten. Dabei verschieben sich die Namen der Verdächtigen auf meiner Liste sehr oft. Zum Beispiel das Reuthauenversteck, das ich weiter oben ansprach:
Wie wahrscheinlich ist es, dass dieses Versteck (vor dem Mord) dem Schlittenbauer bekannt war? - Unwahrscheinlich
dem Martin Asam - Höchstwahrscheinlich
Karl gabriel - wahrscheinlich
Adolf Gump - möglich
Kreszenz Rieger - wahrscheinlich
Knecht??? - höchstwahrscheinlich
zum Vergleich: Bürgermeister Greger - unwahrscheinlich
Pfarrer Haas - sehr unwahrscheinlich

So gehe ich mit jedem Indiz, jeder Aussage und jedem Hinweis vor.
Noch ein Beispiel:

Warum wurde als Tatwaffe die auf dem Hof vorhandene Reuthaue, bzw auch die Kreuzhacke benutzt?

1 Weil sie in Reichweite (bzw Sichtweite) der Täter hing en - sehr wahrscheinlich
2. weil sie von den Tätern vorher (z.B. zur Verteidigung) ausgesucht wurden -möglich
3. weil sie mitgebracht wurden - unwahrscheinlich
4. in Ermangelung anderer (eigener und vorhandener Waffen) - unwahrscheinlich

Hieraus schlussfolgere ich, dass es keine Auftragsmörder waren. -


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Mordfall Hinterkaifeck

23.03.2016 um 22:46
@Schissler
schlagkräftigere Motive als der Schlittenbauer haben m.M. nach so ziemlich alle anderen Verdächtigen.
Was sind denn die meisten Motive, die der Statistik nach zu Morden führen? Die Rangordnung weiß ich jetzt nicht, aber die läßt sich rausfinden, wer sich wirklich dafür interessiert.
Rache, Eifersucht, Neid, Habgier, Hass, (Befriedigung des Geschlechtstriebs, Mordlust. und andere, die hier keine Rolle spielen....)
Nur mal als Beispiel:
Familie Gabriel:
1. Rache - ja, für erlittenes Leid des Karl, für die Schande und Schmach des unterdrückten Sohnes, der aus der Ehe floh.
2. Neid - ja, die in Hinterkaifeck hatten jetzt das Erbe von Karl
3. Habgier - ja (Sen. Gabriel wollte Alleinerbe sein)
4. Hass - ja, wegen der Schande (Blutschande), die auf ihren Namen gebracht wurden.
Eifersucht - nee

Diese Familie hatte also viele Gründe, die in die Motive hineinspielen.


Schlittenbauer dagegen:
1. Rache weil Vik. ihn drei Jahre vorher nicht geheiratet hat? schwach
2. Neid - auf was denn, er hatte doch einen schönen Hof und Land, war geachtet als Dorfsprecher, hatte keine ehrrührigen Beschuldigungen zu fürchten wie Grubers
3. Habgier - er hätte doch nichts geerbt
4. Hass- könnte sein, dass er auf Grubers "einen Hals" hatte
5. Eifersucht - auf wen denn, Viktoria hatte doch keinen Lover derzeit, oder?
Insgesamt alles viel zu schwach für einen Mord, geschweige denn für eine brutale Ausrottung einer ganzen Familie.

Diejenigen Personen, die alle 4 Motive pefekt bedienen sind offensichtlich im Krieg gefallen. Asam Martin und Gabriel Karl. Angesichts der tatsache, dass so viele Totgeglaubte, Gefangene und Vermißte aus den Kriegen wieder quicklebendig vor der Tür standen, bleibt aber doch ein Rest Skepsis übrig. Nichts desto trotz siedle ich sie ganz unten auf meiner Verdächtigenliste an, neben Schlittenbauer in etwa.

Weit oben steht derzeit der Adolf Gump. Schauen wir seine Motive an:
1. Rache - nicht schwächer als Schlittenbauer, eher stärker, denn Gump war aufbrausend
2. Neid - könnte gut sein, denn der Gruber hat doch geprahlt und Besucher rumgeführt.
3. Habgier - ja, er wollte die Viktoria und alles drum und dran.
4. Hass - er hat auch eine Abfuhr erfahren
5. Eifersucht - er hat erfahren, dass die Viktoria mit ihrem Vater-----
Dazu kommen noch die Mutmaßungen, dass der Josef von ihm sei. (Grubers Bemerkung)
Gump hat demnach als Körbelzeuner auf Hinterkaifeck (und an Viktoria) gewerkelt. Er kennt sich dort aus. Hat er in der Dachkammer genächtigt? Kennt er das Versteck? ---sehr wahrscheinlich. Gump war zur tatzeit nicht weit entfernt. Es wurden auf der Strecke Tatort - Gumps Aufenthaltsort in der Mordnacht Männer beobachtet von der jagdgesellschaft und einem Burschen, der von seiner Freundin heimfuhr.
Insgesamt passen da einige Komponenten, die den Verdacht auf ihn rechtfertigen.


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zilch ehemaliges Mitglied

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Mordfall Hinterkaifeck

23.03.2016 um 22:57
@Hathora

Eine Freude, diese sachliche Herangehensweise. Das Herangehen über Wahrscheinlichkeiten scheint mir auch der einzig zielführende Weg zu sein. Wo steht denn der Bärtl auf Deiner Verdächtigenliste?


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