@golch @AngRaIch denke, dass wir im Hinblick auf mögliche politischeVerflechtungen in diesem Fall mehrere Möglichkeiten haben, zuspekulieren.
Interessant ist gerade die Info, dass Sebastian Schlittenbauer einerder Mitbegünder der BVP war. In wie weit hier verwandtschaftliche Beziehungen nachGröbern bestehen, kann ich nicht beurteilen. Nur ausführliche Ahnenforschung mit Einblickin die Kirchen- und Strandsbücher könnten hierüber letztlich Auskunft geben.
Es istrichtig, dass die BVP 1922 die meisten Wählerstimmen, vorallem der ländlichenBevölkerung, auf sich vereinigen konnte. Die Partei wird daher auch gewissen Einfluss aufAdministrativorgane gehabt haben. Grundsätzlich denke ich, dass die BVP eine Grossparteider damaligen konservativen Mitte darstellte. Christlich, patriotisch, sicher auchschwärmerisch monarchistisch, aber wenig radikal und keinesfallsrevolutionär.
Wenn ich mir nun hingegen die Führung der Münchener Polizeidirektionansehe, dann stechen Personen mit etwas anderen politischen Überzeugungen geradezu insAuge:
Der Polizeipräsident Ernst Pöhner (*11.01.1870, +11.04.1925)
03.05.1919Antritt als Poliziepräsident
seit 1920 Kontakte zu Adolf Hitler
15.03.1920Regierungsputsch an der Seite von General Möhl
1920 Förderer der Gründung einerEinwohnerwehr
1921 auf Druck Frankreichs Auflösung der Einwohnerwehren
28.09.1921Rücktritt als Polizeipräsident, anschl. Rat am obersten Landgericht inMünchen
08.11.1923 Hitler eröffnet pöhner, dass er in der provisorischen DeutschenNationalregierung als Ministerpräsident vorgesehen sei. Pöhner erklärt sich dazubereit.
09.11.1923 Verhaftung beim "Hitler-Putsch" bei "Marsch auf dieFeldherrenhalle.
01.04.1924 gemeinsam mit Hitler zu je 5 Jahren Festungshaft inLandsberg verurteilt
1924 Mit 39203 Stimmen in den bayerischen landtaggewählt
05.01.1925 Antritt der Haft
31.03.1925 Entlassung aus der Haft unterBewährungsauflagen (!)
11.04.1925 tödlicher Autounfall
Über Pöhners Nachfolgerals Polizeipräsident, Eduard Nortz (1868-1939), habe ich folgendesgefunden:
11.09.1920 Landeskommissar für die Entwaffnung der Zivilbevölkerung vonMinisterpräsident Gustav v. Kahr eingesetzt
04.06.1921 Entwaffnungsbefehl v. Kahrs derEinwohnerwehren. Nur ein kleiner Teil der Schusswaffen wurde unter seiner Aegideeingezogen. Mit dem grössten Teil der Waffen deckte er die geheime Nachfolgeorganisationder Wehren, den Bund "Bayern und Reich" ein.
28.09.1921 Polizeipräsident von München(!)
Der unmittelbare Vorgesetzte vom Hinterkaifeck-Ermittler Reingruber war derzum Zeitpunkt des Verbrechens 62-jährige Josef Ramer, über den ich keine Informationenfinden konnte. Er stand der Kriminalabteilung der Münchner Polizei vor. Er stand kurz vorseiner Pensionierung, als er während einer Vernehmung im Jahre 1923 einen Herzinfarkterlitt und starb.
Sein Nachfolger als Chef der Kriminalabteilung ist dahingehendbeinahe als "prominent" zu bezeichnen:
Wilhelm Frick (*12.03.1877,+16.10.1946)
1919 Leiter der politischen Polizei München
1919 Bekanntschaft mitAdolf Hitler
1920 Verhalf dem verm. Mörder im Mememord an M. Sandmayr durch falschePässe zur Flucht
1923 Beförderung zum Oberamtmann, Leiter des Sicherheitsdienstes undLeiter der Kriminalabteilung der Münchner Polizei
1923 Teilnehmer amHitlerputsch
1924 zu 15 Monaten Festungshaft in Landsberg verurteilt
14.05.1924Reichstagsabgeordneter der Deutschvölkischen Freiheitspartei
01.09.1925 NSDAP-MitgliedNr. 10
1933 Reichsleiter
........weitere Stufen seiner Karriereleiter spare ichmir..........
1946 Verurteilt zum Tod durch den Strang im NürnbergerHauptkriegsverbrecherprozess.
Ich gehe davon aus, dass diese Personen durch ihreantidemokratischen und antiparlamentarischen Bestrebungen, ein völlig anderesweltanschauliches Ideal vor Augen hatten, als die biedere BVP. Sie gelten m. E. alsSteigbügelhalter Adolf Hitlers und vertraten seine Weltanschauung. Dementsprechend werdensie auch den Ermittlungen in allen grösseren Mordfällen Südbayerns radikal ihren Stempelaufgedrückt haben.