Schlüsselfragen
Wie dringen mitleidige Tierfreunde drei Tage lang ohne Gewaltanwendung in das Innere eines Hofes ein, der vier große Tore hat, von denen drei von innen verriegelt sind und nur das Maschinenhaustor offen ist, dann aber das zur Tenne führende Scheunentor wiederum von innen verriegelt ist? Die Stalltüre ebenfalls von innen verschlossen ist und der Haustürschlüssel innen im Schloß steckt. Wie schafften es die Leonhardsjünger bei dieser Ausgangslage trotzdem gewaltlos in den Stall, um dort die verwaisten Rinder und Schweine zu füttern und zu tränken (bekanntlich bekunden beide Tierarten ihren Unmut äußerst lautstark, wenn sie nicht zu den gewohnten Zeiten ihre Rationen erhalten)?
Zuerst dazu die Aussagen von drei Auffindungszeugen:
Der damalige Pertnerbauer sagt am 5. April 1922:
"...Wir fanden sämtliche Türen mit Ausnahme des zum Maschinenhaus führenden Tores verschlossen. Vom Maschinenhaus führt ein Scheunentor in die Tenne. Dieses Tor war verschlossen und zwar von Innen in der Weise, dass in der Innenseite des Tores eine Stange von Tor zum Balken fest angebracht war.
Ich habe dann angeordnet das Tor aufzureißen, was uns auch gelungen ist. In der Mitte der Tenne stand eine Häckselmaschine mit Handantrieb. Die von der Tenne aus links in die Stallung führende Türe war offen und schaute aus derselben ein junges Rind.
…“
Gütler Michael Pöll sagt am 5. April 1922:
"... Im Hause des Gabriel angekommen, fanden wir alle Türen verschlossen vor, nur das zum Maschinenhaus führende Tor, war unversperrt. Vom Maschinenhaus aus, sprengten wir dann das Scheunentor auf und gingen wir alle 3 in die Scheune hinein. Durch die geöffnete Stalltüre schaute ein losgelassenes Rind heraus. ...“
Der damalige Hauserbauer äußerst Ähnliches am gleichen Tage:
".... Gegen 5 Uhr nachmittags kamen wir dann am Hause an, fanden alle Türen, mit Ausnahme der zum Maschinenhaus führenden, verschlossen vor. Wir begaben uns dann in das Maschinenhaus und sprengten dort gewaltsam das Scheunentor auf.
Beim Eintritt in die Scheune bemerkte der Pertnerbauer als Erster durch die geöffnete Stalltüre ein losgelassenes Rind.
...“
Der Reporter Heinz Ulrich im Jahre 1953 (laut
@Badesalz, von mir leicht geändert):
Als der damalige Hauserbauer den damaligen Pertnerbauern wegen des verlorenen und angeblich wieder aufgetauchten Haustürschlüssels verdächtigte und ihn zur Rede stellte, zeigte dieser ihn an. Der Hauserbauer wurde zu einer kleinen Geldstrafe wegen Verleumdung verurteilt. Als ein anderer Nachbar, M. Pöll, ihm in der Öffentlichkeit ins Gesicht schrie: "Die hat niemand anders erschlagen als du!" zeigte ihn der Pertnerbauer jedoch nicht an. …
Ob das nur aus großem Respekt vor dem wesentlich älteren M. Pöll war und weil halt der Hauserbauer doch noch so ein junger, vorlauter Spund war, dem man etwas die Flügel stutzen und zur Raison bringen mußte?
Fragen:
1.Sind die Tierfreunde jedes Mal durch das offene Maschinenhaustor ein- und
ausgegangen? Vermutlich schon.
2. Hat der Gewandteste von ihnen bei Fütterungsbeginn das oben am Querbalken
befestigte und dort vermutlich irgendwie versteckt liegende Seil heruntergeholt -
ist dann daran hochgekraxelt und hat das verriegelte Scheunentor für die anderen
von innen geöffnet? Bei mehreren hätte man den Kraxler noch mittels Räuberleiter
unterstützen können. Außerdem gab es noch Leitern - ob die von der Länge
her ausgereicht hätten kann vielleicht
@hexenholz sagen. Ich hätte eine passende
Leiter vorgezogen und diese nach Gebrauch wieder versteckt.
3. Hat nach Beendigung der guten Tat der Letzte das Scheunentor wieder innen
verriegelt - nachdem die anderen draußen waren - und hat sich dann abgeseilt, das
Seil vielleicht noch irgendwie wieder oben am Balken versteckt und die Scheune
durch das unverschlossene Maschinenhaustor zusammen mit den anderen
verlassen? Damit wäre der allgemeine Verriegelungszustand des Hofes aufrecht
erhalten geblieben.
4. Oder steckte der verloren geglaubte Haustürschlüssel doch nicht innen im
Türschloß, sondern hatte ihn jemand im Sack, wie der damalige Hauserbauer
einmal ziemlich vorlaut meinte - was ihm dann auch eine kleine Geldbuße wegen
Verleumdung eintrug?
Der Haustorschlüssel im Sack wäre natürlich die eleganteste Methode gewesen und man hätte sich den Hoch-das-Seil-Akt etc. völlig ersparen können. Außerdem konnte den Haustürschlüssel jedes Kind im Schloß umdrehen, das Seilklettern war wesentlich schwieriger - , im Grunde Jüngeren vorbehalten. Man könnte sich jetzt auch noch vorstellen, daß bei dieser Methode die Anzahl von Tierfreunden geringer gehalten hätte werden können – sich vielleicht sogar auf einen Tierfreund reduzieren lassen. Der Schlüssel im Sack könnte dann u. U. wohl auch ein Hinweis auf die Tierfreunde bzw. den Tierfreund geben? Nur eine Überlegung - Gewißheit haben wir ja nicht darüber.