calligraphie schrieb:Wo ist da eigentlich eine Grenze? Ist es der Vorsitzende Richter, der das irgendwie eingrenzen muss oder gibt es da nach oben keine Grenzen?
Es gibt im Beweisrecht (evidence law) relativ klare Regeln, deren Einhaltung der Richter zu überwachen hat.
So muss ein Experte eben wirklich ein Experte sein, da gibt es Regeln hinsichtlich seiner Ausbildung, Qualifikation, Erfahrung usw.
Dann, und das ist das Wichtigste hier, muss seine Aussage "relevant" sein. Sie muss dazu geeignet sein, der Jury in der Beurteilung der Beweise weiterzuhelfen. Das Relevanzschwert des Richters ist recht scharf, denn wenn er sagt, das ist irrelevant, dann kommt die Aussage nicht in den Prozess. Das bedeutet, bevor das Ganze vor die Jury gelangt, muss derjenige, der den Experten einbringen will, erst einmal dem Richter begründen, dass die Aussage die Jury hier weiterbringen wird.
Drittens (von vielen weiteren Regeln) gibt es umgekehrt noch das Verbot unnötiger Wiederholungen. Wenn z.B. zwei Experten mehr oder weniger das selbe aussagen sollen, dann soll der Richter einen von beiden nicht zulassen. So soll verhindert werden, dass die Jury sich tagelange endlose Vorträge irgendwelcher Wissenschaftler anhören muss, die eh nur das gleiche sagen.
Diese Regeln gelten übrigens für alle Zeugen, nicht nur für Experten.
Allerdings entscheidet jede Seite erst im allerletzten Moment, ob sie einen benannten Zeugen einbringen will. Um die Möglichkeit zu haben, muss ich aber alle potentiellen Zeugen bis zu einem bestimmten Datum vor Prozessbeginn benennen - den beliebten Hollywood-Trick, dass ein bis dato komplett unbekannter Zeuge im allerletzten Moment den Gerichtssal betritt und das Urteil noch einmal um 180 Grad dreht gibt es nur in Hollywood.
:)Ich kann als Staatsanwalt oder Verteidiger es aber umgekehrt machen: ich benenne 10 Zeugen, aber mir geht es eigentlich nur um einen oder zwei. Wenn diese gut durch ihre Aussage kommen und das Kreuzverhör, brauche ich die anderen vielleicht nicht. Dann rufe ich sie einfach nicht auf. Wenn aber z.B. im Kreuzverhör der Zeuge Schwierigkeiten hatte, sich klar auszudrücken, dann sende ich vielleicht noch Zeuge Nr. 3, der noch einmal der Jury klarmachen soll, was sie verstehen soll.
Bei Experten ist das aus Kostengründen zwar eher unwahrscheinlich, da sie auch wenn sie nur stumm im Gerichtssaal sitzen und warten, aufgerufen zu weren, dieses auch voll berechnen werden, aber theoretisch kann ich das mit allen Zeugen so machen - wenn der Richter es erlaubt.
Schliesslich gibt es noch in den Fällen, in welchen die Verteidigung vom Staat bezahlt wird, die Regel, dass hier auch Geldverschwendung vermieden werden soll. Gutachter sind immer das Teuerste am ganzen Verfahren, sie kosten ein Vielfaches mehr als Anwälte. Hier soll ggf. der Richter auch aufpassen, aber die Kriterien sind die Gleichen wie oben beschrieben.