Mord an Khadidja O. (23) - der "Doppelgängerinnen-Mord" von Ingolstadt
06.08.2024 um 13:47
Nachgereichter Bericht vom 30.04.2024
Im Zeugenstand sitzt Yusuf D. Es ist ein Freund von Sheqir und kennt diesen schon seit der Kindheit. Schahraban hat er bisher nur einmal gesehen. Er beschreibt Sheqir als guten und höflichen Jungen, der in einer Gruppe der ruhigere Part war. Aggressiv könne er höchstens mal unter Alkohol werden. Diesen konsumierte er im Laufe der Zeit öfter, aber nicht extrem und im Sinne einer Sucht. Den Cannabiskonsum vermutet er nur wenn es dunkel wird, aber täglich.
Der Zeuge war am 16.8 mit Yunus und Abdullah sowie im weiteren Kreis von ein Dutzend Leuten Fußball spielen. Sie begegneten Sheqir, der sie aufforderte in die Peisserstraße zu schauen, was Yunus erledigte. Als Yunus wieder kam und sagte, dass dort nichts los sei sagte Sheqir „Schau gründlicher!“ Yunus kehrte nochmal um und in der Zwischenzeit war viel Polizei dort, Sheqir wollte aber nicht sagen, worum es geht. Der Angeklagte entfernte sich, aber rief nach einiger Zeit Abdullah an und sagte, dass dieser kommen soll. Auf Nachfrage durfte Yusuf mitkommen. Sie sind dann zu einem Spielplatz, wo Sheqir auf einer Parkbank saß. Er führte Selbstgespräche, sprach von einem „unschuldigen Mädchen“ und machte eine Geste, als würde man eine Kehle durchschneiden. Yusuf konnte aber nicht genau zuhören, da er betrunken war und er sich auf sein verschwommenes Display am Handy konzentrierte. Sheqir fragte Abdullah dann nach einem Auto oder Zugricket. Dieser reagierte mit „Wie unschuldig? Und dann willst du auch noch Hilfe?! Verpiss dich!“ Später trafen sie auf Marcello, der erzählte, dass Sheqir ihm das Gleiche sagte.
Sheqir stieg dann bei Baris B. ins Auto, der eigentlich auch zum Fußball vorbeikommen wollte.Der Zeuge traf dann auf Schahraban. Er konfrontierte sie und fragte, warum sie sich noch traut öffentlich rumzulaufen. Schahraban lachte und sagt „Warum? Ich habe doch gar nichts gemacht.“ Er hat sie davor schon ein paar Mal mit Marcello rumfahren sehen und sie wollten, dass er einsteigt, er hatte aber nie Zeit dafür. „Plötzlich war sie dann mit Sheqir unterwegs.“, sagt der Zeuge. Wenn er auf die beiden dann traf, beschworen sie ihn Marcello nichts zu sagen.
Von Marcello hat der Zeuge auch erfahren, dass Schahraban sagte, man müsse jemanden Opfern, damit sie frei sein kann, sie wird verfolgt. Der Vorsitzende fragt, ob Marcello in die Angeklagte verliebt gewesen ist. Der Zeuge schüttelt den Kopf. „Warum nicht?“, fragt Kliegl. Yusuf sagt, dass Marcello überhaupt kein Interesse hatte.
Auf Frage des Beisitzers, ob Sheqir unter Drogen stand, sagt Yusuf, dass dieser nach Drogen gefragt habe, aber keiner was dabei hatte.
Der Sachverständige Schiltz fragt, was denn nun eigentlich das Problem war, dass Sheqir sich mit Schahraban getroffen hat. Yusuf sagt, dass es deswegen schlimm war, weil Sheqir was schönes unternimmt, ohne ihm Bescheid zu sagen.
Psychiaterin Fiedler sagt, dass sie immer noch nicht dahinter gekommen ist, was nun das Problem ist. Der Zeuge sagt, man hat ihn noch nie mit einem Mädchen gesehen und dann wollte er plötzlich nur alleine mit ihr was machen. Ob das Geschlecht also sich eine Rolle spielt? „Ein bisschen schon.“ Der Zeuge fügt an, dass er denkt die Angeklagte hätte Sheqir nur verarscht und er die Tat begangen hat, weil er das Erste Mal die Nähe von einem Mädchen gespürt hat. Sie hätte ihn ausgenutzt, wie Marcello Schahraban ausgenutzt hat. Von Sheqir weiß er noch, dass er gläubig aber nicht streng religiös ist und Kokain mal probiert hat, aber eher nicht regelmäßig genommen hat. Was Waffen angeht, könnte es sein, dass er mal ein Messer einstecken hatte, aber das hat ja jeder Mal. Geprügelt hat er sich nur einmal in der Schule, weil jemand seinen Vater erwähnt hat, was er sich verbittet.
Bezüglich Schahraban erwähnt er nochmal, dass jeder denken sollte sie ist tot, weil die Schwiegerfamilie Geld fürs Auto will. Sie ist ständig rumgetigert und hat alle paar Minuten den Ort gewechselt.
Verteidiger Wittmann sagt, der Zeuge hat eingangs vom Tatort gesprochen, wo Yunus hinfahren sollte. In Wirklichkeit hat Sheqir aber wohl vom „Möbel Schneitza“ gesprochen. Der Zeuge erwidert, dass er dachte es handelt sich um den Tatort. "Vielleicht hatte er ja auch Angst, dass seine Wohnung brennt.“, meint Wittmann. Der Zeuge gibt ihm recht, dass sowas theoretisch sein könnte. Ob der Angeklagte wirklich nach Drogen gefragt hat, normalerweise fragt man doch nach konkreten Drogen. "Wollen Sie jetzt sagen, dass man das nicht fragen kann?“ - "Können schon, aber ich halte es nicht für realistisch.“ Yusuf meint, dass es darum geht, was Sheqir wirklich gesagt hat.
Woher nun wisse, dass Sheqir gesagt hat, er hätte jemanden umgebracht? Yusuf sagt, er hat es von Abdullah erfahren und er saß daneben. Der Verteidiger hält vor, dass er bei der Polizei gesagt hat, er hat es durch den Funk im Piusviertel erfahren. Und die ihm gesagt haben, dass Sheqir es Abdullah gesagt hat. -"Kann so stimmen.“, sagt der Zeuge. Ob er von Marcello auch wisse, dass sein Mandant in die Frau verliebt war. „Nein, durch viele.“ Wittmann fragt mit verschwörerischer Stimme "Haben sie Angst vor dem Herrn Marcelloooo?“ Der Zeuge meint, er ist gut mit ihm und wird auch danach noch gut mit ihm sein.
Wittmann erklärt nun, dass die Aussagen hauptsächlich auf Interpretationen beruhen und alles Gesagte auf Informationen des Marcello beruhen.
Makepeace sagt, dass der Angeklagte nach Drogen gefragt hat, das ist ein Versuch ein schuldmildernes Mittel heranzuziehen.
"Ein bisschen unspezifisch nur nach Drogen zu fragen.", schaltet sich Wittmann ein. -„Vielleicht eine Generationenfrage.“, erwidert Makepeace.
Der nächste Zeuge ist Urus K. Er erlangte Bekanntheit durch eine Castingshow und weil er Signing des Rappers Bözemann war. Nun wird er im Fixiergurt vorgeführt, weil er im Vorführtrakt randaliert hat. Der Vorsitzende erklärt, dass man den Zeugen festgenommen hat, weil er zweimal nicht erschienen ist. "Danke dafür!“, schaltet sich der Zeuge ein. Der Richter erklärt, dass das leider nicht anders ging, weil man es ein drittes Mal nicht riskieren konnte.
Nachdem er erst die Aussage verweigern wollte, weil er denkt, er hat nichts beizutragen, erzählt der Zeuge dass er Schahraban mal in Anwesenheit von Murathan getroffen hat und sie sich auf Instagram geschrieben haben, weil er sie interessant fand. Man hat sich auch einmal zum Rauchen getroffen, aber die Gespräche waren belanglos. Ob er sie jemals nach einem Killer gefragt hat? Der Rapper sagt, dass er jahrelang in Haft war und manche Dinge aber ein No-Go sind und er kein Fan von der Sache ist.
Nun werden Chats verlesen. Schahraban fragt „Können deine Leute helfen? Ich arbeite dann auch für dich?“ -"Was arbeitest du?“, fragt der Zeuge zurück. Schahraban schickt drei Smileys. "Sowas mache ich nicht!“, entgegnet der Zeuge. -„Ok, war nicht körperlich gemeint.“
„Boah krass!, sagt der Zeuge als er die Verlesung hört. Er könne sich das so erklären, weil viele ihn für einen Rocker und Zuhälter halten würden. Hat die Angeklagte mal nach Waffen gefragt? „Wo soll ich die herbekommen. Am Kiosk?!“ erwidert der.
Nun wird weiter verlesen. Am 06.08 schreibt der Rapper aus dem VIP-Bereich im Viva in Geisenfeld. Ich sehe schon, ich werde nicht drumherum kommen, dem Laden aus Recherchezwecken einen Besuch abzustatten. Wobei ich bezweifle, ob ich dafür Fahrer finde. „Komm Viva. Siehst heute voll heiß aus.“ Schahraban antwortet „Kein Bock. Sehe heute voll hässlich aus. Hast du die Arbeit“ -„Komm habe was für dich.“
Was er für sie hatte, will Kliegl wissen. „Weiß nicht vllt einen Blumenstrauß. Manches geht für mich nicht.“
Der Beisitzer hält dem Zeugen vor, dass er bei der Polizei gesagt hat „Ich war lange in Haft und kenne viele Leute, die durch sind. Aber Schahraban war die Durchste von allen.“ Was er damit meint? Der Rapper sagt, Schahraban hat die ganze Zeit gesagt, dass sie Probleme hat und im Arsch ist. Ob er einen Furkan kennt? Der Zeuge bejaht, Furkan ist ein guter Freund. Ob er weiß, dass das Opfer seine Freundin gewesen sein soll. -„Ne.“
Nebenklagevertreterin Szerafy fragt, wegen was er im Gefägnis war. Es war ein Autounfall und fahrlässige Tötung.
Dr. Schiltz meint, dass ja viele Herzen in den Chats verwendet wurden. Das wirke ja schon sehr vertraut. Der Zeuge sagt, er könne ihm sein Handy zeigen, er schreibt gerade mit 20 Frauen so. Er ist immerhin Musiker und eine Person des öffentlichen Lebens.
Nach der Mittagspause kam ein Beamter aus der JVA. Ivan C. machte ihm gegenüber die Meldung bezüglich der Liste. Ivan sagte ihm, dass ihm K. die Liste gegeben hat und + Tötung bedeutet und - die Zeugen sollen verletzt werden. Der Insasse erzählte auch, dass Sheqir ihm die Tat gestanden hat. Die Liste sollte der Hausarbeiter Jimmy I. rausbringen, wenn er Freigang hat. Der Zeuge hielt Ivan C. für glaubwürdig und es wurde die Durchsuchung der Zelle Sheqirs eingeleitet. Die Liste hat man jedoch nicht gefunden. Als der Häftling das Gespräch suchte, saß er im Arrest und wollte als Begünstigung nicht in seine ursprüngliche Abteilung zurück, wo er als Zinker gilt.
Der Zeuge wird gefragt, ob das in Gablingen üblich ist, dass man gemeinsam Akten liest. Er sagt, dass es nicht so sein sollte, er es aber auch nicht ausschließen kann. Grundsätzlich hätten einige Sachen gestimmt, wenn der Ivan Leute verraten hätte, anderes nicht.
In der Zwischenzeit schreibt Wittmann Mails mit Regierungsräten. Diese schließen aus, dass man gemeinsam Akten liest.
Ob der Beamte was über den Suizid des Simon W. weiß. Sheqir sollte zu dem bereits durch einen Suizidversuch gebeutelten gesagt haben, dass dieser sich umbringen soll. Der Zeuge meint, es wurde viel darüber gesprochen, aber er weiß nicht mehr was. „Wie beim Piusfunk.“, sagt Wittmann.
Wittmann regt an, dass geprüft wird ob Ivan C. nicht schon zur fraglichen Zeit im Arrest saß, es sei denn die Kammer geht davon aus, dass kein gemeinsames Aktenstudium stattgefunden hat, da der Beamte der Erste ist, der von der Möglichkeit berichtet.
Als Nächstes folgt ein Kollege von Khadidja. Dieser könne aber nicht viel sagen, er ist viel mehr mit Freundin Leyla gut bekannt. Er habe am Tattag mitbekommen erfahren, dass sie zu einem Treffen gefahren ist, wo sie nicht alleine hin sollte. Deshalb war helle Aufregung.
Als letzte Zeugen sagen Nachbarn aus Eppingen aus. Sie kennen das Opfer nur von weitem vom Sehen. Eine Frau sah Khadidja in Begleitung von einem Mann und einer Frau. Die Zeugin erinnert sich an einen weißen Mercedes mit Ingolstädter Kennzeichen, der in einer Kurve geparkt hat. Auf Nachfrage des Staatsanwalts, ob die Frauen sehr unterschiedlich aussahen, meinte dass sie da überhaupt nichts mehr in Erinnerung hat.